Zunächst mal OWiG, mit ein paar Müsterchen, was da in 135 §§ geregelt sei:
http://www.gesetze-im-internet.de/owig_ ... E001271309Zweiter Abschnitt
Verstöße gegen die öffentliche Ordnung
§ 116 Öffentliche Aufforderung zu Ordnungswidrigkeiten
§ 117 Unzulässiger Lärm
§ 118 Belästigung der Allgemeinheit
§ 119 Grob anstößige und belästigende Handlungen
§ 120 Verbotene Ausübung der Prostitution, Werbung für Prostitution
§ 121 Halten gefährlicher Tiere
§ 122 Vollrausch
§ 123 Einziehung, Unbrauchbarmachung
Dritter Abschnitt
Mißbrauch staatlicher oder staatlich geschützter Zeichen
§ 124 Benutzen von Wappen oder Dienstflaggen
§ 125 Benutzen des Roten Kreuzes oder des Schweizer Wappens
§ 126 Mißbrauch von Berufstrachten oder Berufsabzeichen
...
Das deutsche OWiG, eine Art Gerümpelkammer für allerlei Bruchstücke,
die in anderen Gesetzen keinen Unterschlupf fanden, ist weltweit
einmalig. Es enthält unter anderem Regeln gegen den Missbrauch
des schönen Wappens meiner Heimat, unzulässigen Lärm und das
Herstellen von Druckstöcken für banknotenähnliche Papierfetzen.
Auch einen Artikel zur Regelung von Kleidung enthält es, in der unter
anderem zwar das unbefugte Tragen von Habit und Kutte untersagt wird,
nicht aber von Dienstgewändern und Kopfbedeckung von Imamen und Mullahs.
Einen Artikel, der die Nacktheit pönalisiert, gibt es in diesem Gesetz
nicht. Das Kleidungsgebot ist eine Kopfgeburt dumpfer Richter.
Spanien hat zwar kein OWiG, aber es ist sicher, dass etwa folgende
Ordnungswidrigkeiten durchaus ähnlich geregelt sind, jedoch verteilt
über verschiedene Erlasse:
§ 111 Falsche Namensangabe
§ 112 Verletzung der Hausordnung eines Gesetzgebungsorgans
§ 113 Unerlaubte Ansammlung
§ 114 Betreten militärischer Anlagen
§ 115 Verkehr mit Gefangenen
Das Land ist kein Bund autonomer Länder wie A, CH oder D, sondern ein
Zentralstaat, der seinen Provinzen mehr oder weniger Autonomie gewährt.
Absolut keine Autonomie geniessen die Provinzen aber im Geltungsbereich
des
Leje Costal , des nationalen Küstengesetzes. Dieser Bereich ist
im Gelände stets klar ausgezeichnet mit meist geweisselten Grenzsteinen.
Seeseits dieser Grenze, die meist hinter den Stränden und bei Steilküsten
oben auf dem Plateau verläuft, gilt das
Leje Costal ohne jede
Möglichkeit von Provinz, Kreis (
Cabildo) und Gemeinde (
Ayuntamiento),
dort eigene Regelungen zu treffen.
Im Leje Costal gibt es keine Kleidungsvorschriften.Was dahinter liegt, ist Provinz-, Kreis- und Gemeindeland. Dort wird es
unübersichtlich, wie etwa an der neuen Regelung der Nacktheit in
Barcelona gezeigt wird, aber das ist ja nicht so wichtig:
Wer will schon nackt durch Städte latschen?
Es gibt aber auch Städte, etwa Las Palmas auf GC, die versuchten, die
Benutzung der Strände zu regeln und Kleidungsvorschriften durchzusetzen,
und es gibt Gemeinden, etwa Valle Gran Rey auf La Gomera, die einfach
inoffiziell irgend einen abgelegenen Strand für den
Naturismo 'freigeben'
und daraus ableiten wollen, überall sonst sei das verboten.
Solche Versuche sind selbstverständlich nicht legal, werden aber gelegentlich
von Polizei und Zivilgarde durchgesetzt. Da hilft dann meist die Frage nach
der Gesetzesgrundlage, und die Uniformerten ziehen wütend ab;
Manchmal aber erst, nachdem man sein Höschen angezogen hat.
Ein dreiwöchiger Badeurlaub reicht nicht, ein Verfahren gegen so einen
Kleidungszwang oder gar ein illegal kassiertes Bussgeld durchzuziehen.
Man ist also gelegentlich, wie auch in Deutschland, wo die Strände ohne
Rechtsgrundlage von den Gemeinden penibelst reguliert werden, abhängig
von der Willkür lokaler Granden und deren Hilfskräften.
Glücklicherweise sind die spanischen Nackten nicht in einem Verband
organisiert, der sich hinter Thujahecken und "Erlaubnis"-Tafeln an
Stränden verschanzt, sondern der mangels eigener "Gelände" offensiv
die Freiheit, insbesondere die Textilfreiheit einfordert und auch erhält,
etwa in Las Palmas, Ténerife oder der gesamten Südküste von GC.
Guck:
http://www.naturismo.org/legal.htmlEtwas Anderes ist, wo, wann und ob man das Höschen weglassen
wolle. Wo wir am Hotelstrand auf GC morgens mit Genuss unser
Frühstück samt Morgenbad nackt genossen haben, würden wir
am Nachmittag eher nicht nackt Federball spielen wollen, denn es
macht keinen Spass, dauernd missbilligenden Blicken ausgesetzt zu
sein oder gar angepöbelt zu werden: "hieä is abba nich Äffkackah!".
Oder am dicht besetzten Hafenstrand von Los Christianos würden
ich mein Warten auf die Fähre nach SS de la Gomera kaum nackt
verbringen wollen: Eine Auseinandersetzung ums Höschen könnte
schlimmstenfalls die Abfahrt der letzten Fähre ohne mich zur Folge haben.
Auch an der Seepromenade von Rapperswil-Jona oder dem sonntäglich
begangenen Thur-Uferweg in Uzwil würde ich nicht nackt spazieren wollen,
obwohl ich selbst daran beteiligt war, das diesbezügliche Recht durchzusetzen.
Fazit:
Es ist sinnvoller, die Nacktheit dort zu geniessen, wo man mit eingermassen
Augenmass ohne Reibereien durchkommt, als auf Rechtspositionen zu
pochen, an deren Durchsetzung etwa Peter Niehenke, Siggi Grawert oder
schlussendlich auch Petrullo gescheitert sind.
Soziale (Selbst-)Kontrolle ist kein schlechter Leitfaden, denn es macht nunmal
keinen Spass, einen Tag am Strand zu verbringen in feindlicher Umgebung.
Fuerteventura mit seinen langen Stränden gibt sich da deutlich freier, als etwa
La Gomera, wo die wenigen kurzen Strändchen meist unmittelbar vor den
Siedlungen liegen. Auch dort kann man mal nackt baden, aber bitte nicht in
die deutsche Bäckerei jenseits der Promenade gehen zum Brezel kaufen (die
allerbesten südlich des 45. Breitengrades).
Sorry, das war jetzt etwas viel, Details zu einzelnen Stränden, Provinzen und
Orten mögen Wissende zufügen bitte. Calcit z.B. kennt sich bestens aus im
gewonnenen Streit um den Tejita-Strand auf Tenerife und die Folgen für
die übrigen Strände der Insel.
Puistola