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Haarsträubende Unkenntnis in der „Welt“

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Haarsträubende Unkenntnis in der „Welt“

Beitrag von Waldkauz » Sa 20. Aug 2016, 09:29

Eckhard Fuhr spricht sich in der „Welt“ gegen ein Burka-Verbot aus und zieht absurde und auch noch unlogische Parallelen:
Die Welt hat geschrieben:Wenn eine Frau nackt durch die Stadt läuft, wird man sie zwingen, sich etwas anzuziehen, um dieses "öffentliche Ärgernis" zu beenden. Kaum jemand wird sich für ein Recht dieser Frau auf öffentliche Nacktheit in die Bresche werfen und den Polizistinnen in den Arm fallen, die sie in eine Decke hüllen. Man darf jemanden zwingen, sich zu bekleiden. Das ist allgemein akzeptiert. Eine in eine Burka gehüllte Frau stellt allerdings auch ein öffentliches Ärgernis dar. Die Vollverschleierung ist nun einmal kein Faschingskostüm, sondern steht für ein Geschlechterkonzept, das unseren gesellschaftlichen Konventionen und unserer Rechtsordnung fundamental widerspricht.

Man kann aber niemanden zwingen, sich zu entblößen. Wer wollte ihrer Trägerin die Burka vom Leib reißen, worauf es ja hinausliefe bei einem so blickdichten Kleidungsstück, das noch nicht einmal das Lüften eines Schleiers erlaubt? Wie also sollte ein Burkaverbot praktisch durchgesetzt werden?

Zum vollständigen Kommentar

Natürlich würde ein Burka-Verbot nicht dadurch durchgesetzt, daß jemand bei Verstößen die Burka herunterreißt, sondern indem die Betroffenen ein Bußgeld aufgebrummt bekommen.

Ich bin auch gegen ein Burka-Verbot, weil das Thema nicht wichtig genug ist, vor allem aber auch deswegen, weil ich finde, daß jeder selbst entscheiden können soll, was er anzieht oder eben nicht. Demnach könnte es nicht strafbar sein, nackt zu sein - grundsätzlich. Ausnahmen würden dort gelten, wo auch so schon aus Sicherheits-, Hygiene- oder sonstigen triftigen Gründen Bekleidungsvorschriften gelten, wie in Küchen, Krankenhäusern, auf dem Bau, bei Polizei und Militär usw.

Mit teils ebenso falschen Argumenten fordern in derselben Zeitung einige (meist eher konservative) Aktivistinnen ein Burka-Verbot: „Vollverschleierung greift Frauen in ihrer Würde an“
Gesicht zeigen hat geschrieben:So, wie überall nackt herumzulaufen in Deutschland und Europa verboten ist, weil es unserem Sittengesetz widerspricht, sollten auch die eher tribalistisch denn religiös herleitbare Burka und der Nikab in Deutschland, ähnlich wie in Frankreich, Belgien oder im schweizerischen Tessin, verboten werden.

Es gibt auch gute Gründe für ein Verbot der Vollverschleierung, insbesondere in bestimmten Zusammenhängen. Für beide Seiten gibt es gute und schlechte Argumente. Daß es verboten sei, nackt durch die Stadt zu laufen und Frauen ggf. daran gehindert würden, ist nicht nur falsch, sondern in dem von Eckhard Fuhr verwendeten Kontext auch unlogisch, denn das würde ja für das Verschleierungsverbot sprechen: Wenn man das eine Extrem verbieten kann und soll, kann und soll man auch das andere Extrem verbieten. Er zieht aber den gegenteiligen Schluß daraus.

Wie dem auch sei: Wer möchte zu den beiden Artikeln einen Leserkommentar schreiben und den Irrtum ein wenig gerade rücken? Zu dem einen Artikel habe ich schon etwas geschrieben. Je mehr Leser sich in unserem Sinn äußern, umso mehr geraten Falschinformationen in den Hintergrund.

Möglicherweise würde dieses Thema auch zu „FKK und Recht“ passen. Ich werde dort jedenfalls einen Verweis anbringen.

Grüßle
Waldkauz

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Beitrag von holgi-w » Sa 20. Aug 2016, 12:44

Waldkauz hat geschrieben:(...)
Natürlich würde ein Burka-Verbot nicht dadurch durchgesetzt, daß jemand bei Verstößen die Burka herunterreißt, sondern indem die Betroffenen ein Bußgeld aufgebrummt bekommen.
(...)


Nun, nicht gerade "vom Leib gerissen" aber im Schweizer Kanton Tessin wurde das dort bestehende Burkaverbot durch die Polizei an einer Urlauberin durchgesetzt. Wie man in diesem Artikel, den ich heute auf GMX gefunden habe, nachlesen kann ist die Urlauberin der Aufforderung der Polizei anstandslos nachgekommen. Ob sie ihren Aufenthalt anschließend unverschleiert fortsetzte ist nicht überliefert. Wäre allerdings interessant zu erfahren.

 
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Re: Haarsträubende Unkenntnis in der „Welt“

Beitrag von Waldkauz » Sa 20. Aug 2016, 13:02

Na ja, und ganz so leicht, wie ich es geschrieben habe, ist es nur in der Theorie, denn wenn man die Identität des oder der Vollverschleierten nicht kennt, weiß man ja auch nicht, wem man den Bußgeldbescheid zustellen soll. (Das ist so, wie wenn man ohne Nummernschild fährt.) Hinzu kommt, daß es sich nicht selten um Touristen handeln dürfte, die hier gar keine Heimatanschrift haben und daher auf "frischer Tat" festgehalten werden müßten, und die im Zweifel so steinreich sind, daß sie jedes denkbare Bußgeld, ohne mit der Wimper zu zucken, aus dem Kleingeldbeutel zahlen würden.

Aber ich wollte das nicht vertiefen, denn mein Thema war ja die Verbreitung falscher Behauptungen über die Strafbarkeit nackter Tatsachen. Daher habe ich es etwas verkürzt.

Zum Verhüllungsverbot möchte ich aber noch nachtragen, daß führende Rheinländer bereits vor den Auswirkungen auf Fasching und Karneval gewarnt haben. Nicht nur Masken, Pappnasen, Perücken und falsche Bärte könnten von dem Verbot erfaßt werden, sondern man könnte sich auch nicht mehr als Burka-Trägerin verkleiden, um dieses Kleidungsstück in kritischer Weise zu reflektieren und aufzuspießen. Selbst wenn man außer dem Gesichtsschleier nichts anhätte und somit klar wäre, daß kein religiöser Fundamentalist am Werk ist, bliebe es dabei, daß das Gesicht nicht erkennbar ist.

Ebenso kämen Motorradfahrer zwangsläufig mit dem Gesetz in Konflikt: Mit Helm verstießen sie gegen das Verhüllungsverbot, ohne Helm gegen die Helmpflicht. :?

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Beitrag von holgi-w » Sa 20. Aug 2016, 13:33

Ok, ohne jetzt zu weit vom Thema abschweifen zu wollen...
An der Einganstür meiner Lieblingstankstelle prangt ein Aufkleber mit einem durchgestrichenen Motorradhelm. Begründet durch mehrere Überfälle, bei denen sich die Täter mit Helmen getarnt hatten (und somit die Videoaufzeichnung nicht hilfreich war).
Die Intention des Pächters ist für mich durchaus nachvollziehbar. Stehe ich mit meinem Helm unter dem Arm an der Kasse neben einer Burka-/Nikabträgerin (ich denke zumindest, dass da eine Frau druntersteckt..) komm ich mir trotzdem ziemlich blöd vor.

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Re:

Beitrag von Puistola » Sa 20. Aug 2016, 14:54

holgi-w hat geschrieben:in diesem Artikel, den ich heute auf GMX gefunden habe, nachlesen kann ist die Urlauberin der Aufforderung der Polizei anstandslos nachgekommen.


GMX hat geschrieben:In großer Zahl kommen auch betuchte Touristen aus arabischen Ölstaaten in den Kanton.


'betucht' ist was anderes als 'verschleiert'.

Das Miese an dieser Polizeikontrolle am Grenzposten in Chiasso ist, dass
dort kaum "Urlauber", sondern Flüchtlinge über die italienische Grenze kommen
und schickaniert werden. Vor den Luxushotels in Lugano wartet keine Polizei auf
den Scheich mit seinem vertuchten Harem, um ihm pro Frau CHF 100.- abzuknöpfen,
wie ich bei meinem heutigen Augenschein in der Stadt feststellen konnte.

Puistola

 
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Re: Haarsträubende Unkenntnis in der „Welt“

Beitrag von riedfritz » So 21. Aug 2016, 08:35

holgi-w hat geschrieben:An der Einganstür meiner Lieblingstankstelle prangt ein Aufkleber mit einem durchgestrichenen Motorradhelm. Begründet durch mehrere Überfälle, bei denen sich die Täter mit Helmen getarnt hatten (und somit die Videoaufzeichnung nicht hilfreich war).
Dieses Schild kenne ich auch von Bankeingängen vor Bankautomaten.

Im übrigen kommen die "betuchten" :D Touristen ja über die Flughäfen und dort sind ihre Namen jederzeit über die Passagierlisten nachprüfbar.


Viele Grüße,

Fritz

 

Re: Haarsträubende Unkenntnis in der „Welt“

Beitrag von Sauna » So 21. Aug 2016, 09:27

Eine interessante Frage wäre in diesem Zusammenhang, wie eine Burkaträgerin gebüßt werden soll. Zum Ausstellen der Buße gehört zunächst mal die Personenfeststellung. Wie kann nach dem Vorweisen des Ausweispapiers die Identität mit der Fotografie im Ausweis sichergestellt werden? Ist die Fotografie mit bedecktem Kopf und hinter einer Gaze versteckten Augen erstellt worden? Jede Burka sieht identisch aus, egal, wer dahinter steckt.

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Re: Haarsträubende Unkenntnis in der „Welt“

Beitrag von PundV » Fr 2. Sep 2016, 20:13

Grundsätzlich denke ich, jeder sollte entscheiden können, was er anzieht. Ob Burka oder FKK, jeder soll nach seiner Facon glücklich werden.

Dies gibt es aber in keinem Land der Welt. In jedem Land entscheidet die Mehrheit (auch in Diktaturen entsprechen die Regeln hierzu meistens die Mehrheitsmeinung), was alle zu tragen haben bzw. tragen dürfen. Wenn also FKK in der Fußgängerzone verboten wird, weil die Mehrheit dies nicht will, kann und soll man mit derselben Begründung die Burka/Hijab/Nikab verbieten.

Gefährlich ist, Ausnahmen zu machen, nur weil sie religiös begründet werden. Das führt dazu, dass die Scharia über dem Grundgesetz stehen könnte.

In Frankreich gibt es jetzt die Burkini-Diskussion. Vor nicht all zu langer Zeit ging es um oben ohne am Stadtstrand in Paris. Wurde verboten, weil die Mehrheit dies nicht wollte. Keine Diskussion.

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Re: Haarsträubende Unkenntnis in der „Welt“

Beitrag von knipser » Mo 5. Sep 2016, 03:32

@PundV: "...weil die Mehrheit dies nicht wollte. Keine Diskussion." Ganz so einfach ist es - so glaube ich - nicht. Der Schutz von Minderheiten ist bedeutsam. Wir dürfen zuweilen eben DOCH nackt herumlaufen auch wenn die Mehrheit dieses vielleicht ablehnt.

Der entscheidende Satz ist für mich: "(Eine Burka) steht für ein Geschlechterkonzept, das unseren gesellschaftlichen Konventionen und unserer Rechtsordnung fundamental widerspricht." Wir werden bei jedweder Sache erleben, dass Befürworter auch "gute "Gründe" angeben - selbst bei der Mädchenbeschneidung habe ich davon gehört. Sie ist aber mindestens in unserem Kulturkreis inakzeptabel.
Die grundsätzliche "Verschieden-Betrachtung" von Frauen und Männern ist bei uns inakzeptabel - ganz gleich, wie diese religiös begründet wird und ob selbst Trägerinnen dies "freiwillig" tun (um z. B. dem befürchteten göttlichen Zorn zu entgehen).

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Re: Haarsträubende Unkenntnis in der „Welt“

Beitrag von Aria » Mo 5. Sep 2016, 12:03

Es geht hier nicht um die gesellschaftlichen Konventionen, sondern darum, ob alle Religionen gleich behandelt werden sollen. Es geht schlicht um die Toleranz.

Jeder weiß, dass ich mit allen Religionen auf Kriegsfuß stehe, aber wenn christliche Religionen bei uns Privilegien genießen dürfen und staatliche Unterstützung bekommen, die alle Steuerzahler Millionen kostet – alle Kardinäle, Bischöfe und sonstige Prälaten werden nicht aus der Kirchensteuer, sondern direkt vom Staat bezahlt –, darf dieser Staat keine Vorschriften erlassen, wie sich die Angehörigen anderer Religionsgemeinschaften zu kleiden haben.

Besonders befremdet es mich, dass sich unter dem Vorwand, für Frauenrechte einzutreten, gerade jene aus dem rechten Rand der Gesellschaft mit der Agitation gegen Niqab hervortun, die sich sonst gegen die Gleichstellung der Frauen in der Gesellschaft wenden und für das als überwunden geglaubte traditionelle Frauenbild eintreten, das bekanntlich bisher nur von den christlichen Fundamentalisten gefordert wurde: Kinder, Küche, Kirche.

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