Wir sollten auch mal darüber nachdenken, warum sich je nördlicher man in Europa kommt, Menschen mit zunehmend heller Haut evolutionär durchgesetzt haben. Bedeutet dies nicht, dass Dunkelhäutigere oft vor der Pupertät gestorben sind bzw. zumindest so krank wurden, dass sie zeugungsunfähig waren?
So einfache teleologische Betrachtungsweisen sind in Erklärungsversuchen der Evolution bisher fast immer vollkommen gescheitert. Statt das Endergebnis als scheinbares Ziel für den Evolutionsvorgang zugrunde zu legen, muss man nämlich sehr detailliert in vielen Einzelschritten überlegen, was zu jedem einzelnen Zeitpunkt der Evolutionsgeschichte der gerade aktuelle Selektionsvorteil war, der zu einem Zwischenergebnis geführt hat und dann die Schritte zu einem Verlauf zusammenfügen, um das Endergebnis in seiner Gesamtheit zu verstehen.
Hier ist u.a. zu berücksichtigen, dass die Hellhäutigkeit auf Verlustmutationen beruht, die sehr häufig und leicht eintreten, während der umgekehrte Vorgang der genauen Wiederherstellung einer Genstruktur um eine (je nach Gengröße) über hundert bis tausendfach geringere Wahrscheinlichkeit vorkommt. In Zentralafrika hat also der ständige hohe Selektionsdruck der hohen Sonneneinstrahlung dafür gesorgt, dass diejenigen bevorzugt Nachkommen gezeugt haben, die bis zum Aufwachsen des Nachwuchses ohne wesentliche Sonnenschäden gesund blieben. Also wurden die Verlustmutationen zu hellerer Haut durch den Selektionsdruck ständig ausgemerzt.
Wo dieser Selektionsdruck wegfällt, wird jede Bevölkerung über Zeiträume einiger hunderttausend Jahre hellhäutig, weil eben die Verlustmutationen dauernd und vielfach häufiger als umgekehrt stattfinden und die helleren Menschen sich dort ohne Probleme weiter vermehren konnten. Es gibt sogar Hinweise darauf, dass in vielen Regionen die bevorzugte Partnerwahl auf die Helleren fiel, weil man in heller Haut etwas ganz Besonderes gesehen hat.
Auch wenn es tatsächlich so ist, dass sehr dunkelhäutige Menschen in Skandinavien nur mit dauerhafter Vitamin-D-Einnahme überleben können, hatte das keinen Einfluss auf die Evolution, weil sie tatsächlich in diesen erdgeschichtlichen Zeiten dort überhaupt nicht hin kamen.
Warum gibt es die meisten rothaarigen Menschen in Schottland? Versucht man das mit so einer simplen Theorie der guten Vitamin-D-Bildung bei der geringen Sonnenmenge zu erklären, dann scheitert man sofort an der Erklärung, warum es die Rothaarigen in Skandinavien kaum gibt. Da spielen auch komplexe Zusammenhänge der Bevölkerungsbewegungen in vergangenen Zeiten eine Rolle, die man nicht in drei Zeilen erläutern kann. Aber es gibt schöne Grafiken dazu in Völkerkundemuseen, die man auch versteht, wenn man sich etwas Zeit nimmt.
Du verschließt die Augen davor, dass mit der enormen Zunahme von verkauften "Sonnenschutzmitteln" auch die Anzahl der Erkrankungen mit schwarzen Hautkrebs stark gestiegen ist
Wer so aus Parallelbeobachtungen gleich einen kausalen Zusammenhang ableitet, muss auch glauben, dass die Babys vom Klapperstorch gebracht werden, denn es wurde ja schon vor einigen Jahrzehnten bewiesen, dass es in den Regionen mit mehr Störchen damals auch eine höhere Geburtenrate gab.
So haben auch mal die Anbieter von Säuglingsschwimmen dafür mit dem Argument geworben, dass die Kinder später intelligenter würden, die beim Säuglingsschwimmen waren. Die Statistik ergab eine hohe Signifikanz! Aber es war leicht zu beweisen, dass keinerlei ursächlicher Zusammenhang vorlag, sondern eine vorgelagerte gemeinsame Ursache für Beides. (In dem Fall als gemeinsame Ursache für Beides, dass nur solche Eltern zum Babyschwimmen gingen, die sich auch sonst über die gesamte Entwicklungsphase des Kindes überdurchschnittlich intensiv um die Förderung der Entwicklung gekümmert haben).
Wie diese Beispiele zeigen sollen, ist es grundsätzlich in der Wissenschaft falsch, aus signifikanten Parallelbeobachtungen einen Zusammenhang abzuleiten. Nur das Gegenteil ist zulässig, den Zusammenhang für nicht vorhanden zu erklären, wenn es keine statistische Signifikanz gibt. Gibt es die aber, heißt es weiter forschen um die Ursachen beider Beobachtungen zu ergründen. Und bevor man einen Zusammenhang als bestehend behauptet, muss man schon sehr genau alle Randbedingungen und Erscheinungen untersucht haben.
Für die Beobachtung in dem Zitat ist die Erklärung für den zeitlich parallelen Ablauf ohne jeglichen Zusammenhang der beiden Beobachtungen gar nicht so schwer zu finden. Man muss nur ein Wenig darüber nachdenken, ohne immer gleich Böses hinter industriellen Produkten zu suchen.