@ Arno
Es ist aber auch so, dass es Gründe gibt, warum ein Mensch normalerweise bekleidet ist, selbst wenn die Temperaturen bzw. das Wetter Kleidung als unnötig erscheinen lassen.
Wenn man das Thema der Bekleidung angeht, dann muss man sich fragen, welche Aufgabe hat die Bekleidung und seit wann gibt es sie. Bei Wikipedia findest du unter dem Stichwort Bekleidung folgende Aussagen:
Kleidung dient zum einen dem Schutz vor belastenden Umwelteinflüssen und/oder Gefahren in der Arbeitsumgebung, zum anderen in ihrer jeweiligen Gestaltung der nonverbalen Kommunikation.
Somit wird festgestellt, die Bekleidung dient im ersten Ansatz zum Schutz vor den Unbilden der Natur. Später wurde die Kleidung auch zu einem Instrument zum Schutz vor den Gefahren aus dem Arbeitsleben. Der zweite Ansatz der Bekleidung ist die nonverbalen Kommunikation. Ja, Kleidung wurde schnell zu einem Statussymbol. Wir erinnern uns, dass es im Mittelalter eine Kleiderordnung gab, die vorschrieb, wer welche Kleidung tragen durfte. Mit der Kleidung zeigte man seinen sozialen Status an. Als diese Kleiderordnung seine Gültigkeit verlor, kam die Mode. Die Mode ging über die Kleidung insofern hinaus, als hierdurch auch der Körper in gewissen Formen gezwängt wurden.
Damit hat sie sich entsprechend den klimatischen, individuellen und modischen Bedürfnissen des Menschen kultur- und zeitabhängig sehr unterschiedlich entwickelt.
Weil im Rahmen unserer kulturellen Entwicklung die Kleidung in den verschiedenen Kulturkreisen eine unterschiedliche Entwicklung genommen hat, beschränken wir uns, um uns nicht zu verzetteln, auf die Entwicklung in unserem Kulturkreis.
Die nächsgte Frage ist, seit wann gibt es die Kleidung? Hierzu sagt Wikipedia:
Nach Auffassung des Anthropologen Alexander Pashos lässt sich der geschichtliche Zeitpunkt, seit dem Menschen regelmäßig Kleidung trugen, aus dem Auftreten der Kleiderlaus schätzen. Daraus gefolgert deuten aktuelle Genanalysen auf einen Entstehungszeitraum vor etwa 75.000 Jahren hin. Darüber hinaus existieren jedoch auch andere Auffassungen, nach denen bereits bis vor ca. 650.000 Jahren die Vorfahren des heutigen Menschen Kleidung trugen. Aus dem Mittelpaläolithikum von Neumark-Nord, einer ca. 200.000 Jahre alten Fundstelle aus der Zeit des Neandertalers an einem ehemaligen Seeufer bei Frankleben in Sachsen-Anhalt, stammt ein Steingerät mit anhaftenden Resten von Eichensäure in einer Konzentration, die nicht natürlich auftreten kann und deshalb als ein Hinweis auf das Gerben von Tierhäuten gedeutet wird.
Die Datenlage bezüglich des Auftretens der Kleidung ist nicht eindeutig. Es gibt keine Exponate der ersten Kleidung und so ist man auf Indizien angewiesen. Die Spanne ist hier sehr weit. Sie reicht von 75.000 bis 200.000 Jahre und ggf. noch weiter zurück. Aber mit dem Auftreten der Kleidung begann unser zivilisatorische Prozess zur Nacktheit und seiner Bewertung.
Wir dürfen es als gesichert annehmen, dass die Nacktheit an sich keine moralische Größe war. Sie entsprach unserem So-Sein. Mit der Kleidung wurde das Fehlen der Kleidung zu einem gesellschaftlichen Problem, weil man dann im gesellschaftlichen Rang zur niedrigsten Stufe eingruppiert wurde. Bezeichnend ist, dass die Nacktheit immer etwas fehlendes beschreibt. Für die Nacktheit als das So-Sein, als Abbild unseres natürlichen Körpers haben wir in unserer Sprache kein Wort. Die zivilisatorische Entwicklung liegt soweit zurück, so dass wir das Fehlen von Kleidung als einen erheblichen Mangel erleben und daher das Wort "Nackt" hierfür verwenden. Mit dem Begriff der Nacktheit als Ausdruck unseres natürlichen So-Seins bezeichnen wir die Nacktheit, die mit keiner weiteren Aufgabe verbunden ist.
Lass uns jetzt nicht die Ansicht über die Nacktheit in den verschiedenen Jahrhunderten diskutieren. Gehen wir direkt auf die Problematik der Nacktheit in der heutigen Zeit ein. Das Bild er Nacktheit ist heute geprägt von der frühindustriellen Zeit. Diese Zeit entfremdete den Menschen von der Natur und hatte sehr große Nachteile für die Bevölkerung. Diese Erkenntnis führte im ausgehenden 19. und beginnenden 20. Jahrhundert zu einer Reformbewegung unter dem Leitwort: „Zurück zur Natur!“ Alle Menschen sollten wieder Kontakt mit der Natur bekommen und so körperlich und geistig gesunden. In der Mode sollten alle Elemente verschwinden, die den Körper beengten und einschnürten. Es entwickelten sich Reformkleider. Bei den Wanderungen in der Natur badete man ohne Kleidung, also in seinem natürlichen So-Sein. Frauen und Männer, Mädchen und Jungen gemeinsam und dieses ohne moralische Bedenken. Moralische Bedenken sind hier auch nicht erforderlich, weil hier die Nacktheit kein Mittel der Demonstration seiner sexuellen Kompetenz darstellt, nein, man ist so wie man ist und das ist gut so.
Ja, der Mensch ist ein sexuelles Wesen und er bleibt dieses zeitlebens. Dieses bedeutet jedoch nicht, dass der Mensch stets auf die Befriedigung sexueller Lüste aus ist. Die sexuellen Kräfte im Menschen sind unabhängig davon wirksam, ob der Mensch nun bekleidet ist oder nicht. Dass die Sexualität und die Nacktheit zwei unterschiedliche Gegenstände sind, macht folgendes Beispiel deutlich. Wenn das Objekt der sexuellen Begierde dir unbekleidet, also nackt, entgegenkommt, können in dir sexuelle Impulse aktiviert werden. Dieses bedeutet jedoch nicht, dass das Objekt der sexuellen Begierde dir entsprechende Signale übermittelte, auf die du dann so reagiertest. Das Objekt der sexuellen Begierde kann sich also völlig in ihrem natürlichen Soi-Sein befinden, sexuell inaktiv zu sein und dementsprechend keine Signale senden. Völlig unabhängig von der Intention des Objektes der sexuellen Begierde entstehen diese sexuellen Bedürfnisse/Wünsche. Diese sexuellen Bedürfnisse/Wünsche können jedoch ebenso entstehen, wenn das Objekt der sexuellen Begierde bekleidet ist. Solche Impulsregungen sind völlig natürlich, sie treffen uns alle. In unserem zivilisatorischen Entwicklungsprozess haben wir gelernt, diese Impulse zu beherrschen, ihnen also nicht unkontrolliert nachgeben zu müssen.
Natürlich kann das Objekt der sexuellen Begierde auch in seiner Nacktheit sexuelle Reize aussenden. Aber dieses ist nicht Gegenstand unserer Betrachtung. Weiter ist festzustellen, dass die Nacktheit und die Sexualität in der Form von sexuellen Aktivitäten zusammengebracht werden können. Aber beide Sachverhalte verschmelzen hierbei nicht zu einer untrennbaren Einheit. Den nach dem Abschluss der sexuellen Aktivitäten trennen sich beide Sachverhalte wieder, ohne dass einer der Sachverhalte etwas von seiner eigenen Eigenschaft verloren oder eine fremde hinzugewonnen hat.
Zum Schluss eine kurze erläuternde Bemerkung. Es vermag für denjenigen, der es nicht gewohnt ist, mit der wissenschaftlichen Sprache umzugehen befremdlich wirken, wenn ich eine Person als Objekt der sexuellen Begierde bezeichne. In der Kommunikation wird immer von einer Objekt-Subjekt-Beziehung gesprochen und der Begriff des Objektes und des Subjektes wechselt immer wieder die entsprechende Person. Es handelt sich hier nur um die Charakterisierung der Richtung der jeweiligen Kommunikation.