Das Selbstbewusstsein wie das Körperbewusstsein kommt nicht von selbst, ist also nicht in der "Erbmasse" enthalten. Diese beiden Bewusstseinszustände bilden sich mit dem ersten Trotzalter, also gegen Ende des 3. Lebensjahres. Diese beiden Bewusstseinszustände werden nicht von Außen angetragen, also durch die Erziehung. Es ist das Ergebnis eines Prozesses der Selbsterfahrung im Sinne des sich Trennens aus dem bisher erlebten Naturzusammenhang und des Lernen, eine eigene Person zu sein. Die Erziehung kann hier nur durch die Setzung von zu engen Grenzen oder keiner Grenzen störend eingreifen. Kinder brauchen Grenzen, um sich selbst erfahren zu können. Nur wenn diese Grenzen zu eng gesetzt werden, wird das Kind verunselbständigt und dadurch verkümmert das Selbstbewusstsein. Erhält das Kind keine Grenzen, so erfährt es nicht die Ränder seiner Möglichkeiten und das Kind wird verunsichert, weil es seine Grenzerfahrungen nicht machen konnte.
Dieses gilt auch für die Entwicklung des Körperbewusstseins. Wenn das Kind lernt, sich in seiner Körperlichkeit voll und ganz anzunehmen, entwickelt es ein gutes Körperbild von sich, welches sich auf das Selbstbewusstsein stärkend auswirkt. Wenn dem Kind immer wieder gesagt wird, dass bestimmte Stellen des Körpers "Pfui" sind, so erlebt das Kind einen Mangel, etwas Schlechtes an seinem Körper und sein Körperbild wird deshalb gestört. Warum soll ich an mir etwas als naturgegeben akzeptieren, wenn dieses, aus der Sicht des Kindes - warum auch immer? - schlecht ist. Somit wird das eigene Körperbild zu einem Teil negiert und das Kind läuft mit einem Makel herum, welches abgelehnt wird. Somit wird sein Selbstbewusstsein mit einem Makel versehen, ohne dass das Kind erkennt, warum? Es lernt nur, ich bin nicht ganz ok und dieses liegt an mir, dass ich nicht ok bin. Diese so verunsicherten Menschen tuen sich natürlich schwer damit, ihren Körper als Ganzes zu akzeptieren. Es wird auch eine Blockade gesetzt, gerade diese Körperteile, die ja "Pfui" sind, offen zu zeigen. Im Jugend- und Erwachsenenalter haben sie dieses Wissen verloren, aber die Blockade bleibt als ein unangenehmes Gefühl bestehen, welches nicht einfach zu erklären ist.
Manch eine übertriebene Schamhaftigkeit, manch eine hysterische Reaktion in diesem Bereich führe ich auf dieses frühkindliche Erleben und Lernen zurück.
Bummler, deine Kapitalismuskritik mag dir so einleuchten erscheinen. Aber sie geht einfach oft fehl. Das, was du da so anführst, muß nicht unbedingt falsch sein. Aber richtig ist es trotzdem nicht. Du solltest dir einfach mal überlegen, ab wann man vom Kapitalismus spricht und was zu einem normalen Wirtschaftsleben gehört, ohne dass man dieses als Kapitalismus bezeichnet. Ich habe den Eindruck, bei dir ist alles, was negativ ist, vom Kapitalismus geprägt worden. Wie gesagt, ich habe diesen Eindruck. Körperbewusstsein und Selbstbewusstsein sind aber Gegenstände, die ihren Ursprung und ihre Bedeutung nicht aus dem Wirtschaftsleben haben und beziehen. Es sind Begriffe, die aus der Welt der Psychologie und der Pädagogik kommen und dorthin gehören.
Dieser Satz ist so pauschal, dass dieser einmal richtig und ein anderes mal falsch ist. Hier musst du schon sagen, um welche Probleme bzw. Problemlösung es gehen soll.Und wer meint, man müsse doch bloß mehr Selbstbewusstsein aufbringen um das Problem zu lösen, der ist an der Lösung des Problems nicht interessiert.