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Nacktheit- Schamgefühl- Gruppendynamik

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Re: Nacktheit- Schamgefühl- Gruppendynamik

Beitrag von Zett » So 4. Nov 2018, 23:34

MH hat geschrieben:
Campingliesel hat geschrieben:Ja, Scham im Sinne von Anstand, Rücksicht und Empathie.

Ich meine nicht, dass Scham etwas mit den anderen drei Verhaltensweisen zu tun hat, denn das sind im Gegensatz zur Scham bewusste Dinge.
Man kann sich nur für etwas schämen, von dem man meint, es gehöre sich nicht. Voraussetzung dafür ist die Verinnerlichung sittlicher Normen wie Anstand und Rücksicht - oder eben auch sittliche Normen zur Nacktheit, die sagen, wo Nacktheit "normal" ist, wo es "unklar" ist und wo es eindeutig "verboten" ist.
Wer - z.B. aufgrund fehlender Erziehung - keinerlei sittliche Normen verinnerlicht hat, kennt keine Scham - mindestens ein trauriges Beispiel haben wir ja hier im Forum.

 
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Re: Nacktheit- Schamgefühl- Gruppendynamik

Beitrag von MH » Mo 5. Nov 2018, 05:23

Zett hat geschrieben:Man kann sich nur für etwas schämen, von dem man meint, es gehöre sich nicht. Voraussetzung dafür ist die Verinnerlichung sittlicher Normen wie Anstand und Rücksicht - oder eben auch sittliche Normen zur Nacktheit, die sagen, wo Nacktheit "normal" ist, wo es "unklar" ist und wo es eindeutig "verboten" ist.

Nein, das sehe ich etwas anders.

Ja, Scham ist anerzogen, sonst würden sich nicht unterschiedliche Völker oder sogar einzelne Menschen für unterschiedliche Dinge schämen. Das ist unbestritten.

Aber: Scham ist eine emotionale Reaktion, die unbewusst in verschiedenen Situationen kommt.

Viele Menschen schämen sich, sich nackt zu zeigen. Selbst da, wo es eventuell nötig ist, z.B. beim Arzt. Sie können es noch so sehr einsehen, dass es nötig ist, sie schämen sich trotzdem.

Ich schäme mich (wie wohl alle hier) nicht meiner Nacktheit wegen. Ich könnte mich überall ausziehen, ohne dass die Scham-Reaktion kommt. Auch mitten in der Fußgänger-Zone. Ich tue letzteres trotzdem nicht, weil es sich "nicht gehört". Das ist ein bewusster, rationaler Vorgang. Ich weiß, dass andere Menschen daran Anstoß nehmen könnten oder es mindestens mit argem Kopfschütteln quittieren mögen, also tue ich es nicht.

Nehmen wir mal ein ganz anderes Beispiel, denn man schämt sich ja auch für andere Dinge als für Nacktheit: Mensche Menschen schämen sich dafür, wenn sie irgendwas Dummes oder Falsches gesagt haben und es ihnen bald danach auch klar wird. Also für etwas, was passieren kann, was objektiv betrachtet vielleicht nicht klug war, aber eben auch kein Drama. Dennoch verursacht es bei solchen Menschen eine große emotionale Reaktion, die der Sache gar nicht angemessen ist.

Scham ist eine emotionale Reaktion, die uns hemmen kann, bestimmte Dinge zu tun, selbst wenn sie nötig wären, und sie kann sogar von anderen Menschen missbraucht werden, um uns zu steuern, indem sie von diesen bewusst hervor gerufen wird.

Anstand ist eine rationale Angelegenheit, die uns davor bewahrt, bestimmte Dinge zu tun, die zumindest im jeweiligen Kontext sozial nicht akzeptiert sind. Weil das rational ist, ist es dennoch steuerbar, kann quasi Situations-bedingt "abgeschaltet" werden und auch im Gegensatz zur Scham nicht zu unserer Manipulation eingesetzt werden.

 
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Re: Nacktheit- Schamgefühl- Gruppendynamik

Beitrag von Campingliesel » Mo 5. Nov 2018, 16:22

@ MH: Ja, das finde ich sehr gut und differenziert erklärt.

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Re: Nacktheit- Schamgefühl- Gruppendynamik

Beitrag von Zett » Di 6. Nov 2018, 07:35

MH hat geschrieben:Viele Menschen schämen sich, sich nackt zu zeigen. Selbst da, wo es eventuell nötig ist, z.B. beim Arzt. Sie können es noch so sehr einsehen, dass es nötig ist, sie schämen sich trotzdem.
Wie kommt denn die Verinnerlichung der Einstellung zur Nacktheit zustande? Da sitzt nicht das Kind am Tisch und erfährt, dass man vor diesem und jenen nicht nackt zu sein hat aber beim Doktor manchmal nackt sein darf. So läuft es doch nicht ab. Die Einstellung zur Nacktheit wird geprägt, indem man das Kind vor (möglichen) Blicken anderer, mitunter sogar engster Familienmitglieder verbirgt. Damit kommt das Kind zu der Einstellung: Man hat sich nicht nackt vor anderen zu zeigen. Und da nützt es auch wenig, wenn man einer so ungewöhnlichen Situation wie dem nackt vor dem Doktor stehen das Prädikat "erlaubt" gibt, die Anti-Nacktheit-Prägung ist stärker.
In Familien mit FKK-Erfahrung läuft das um einiges anders ab, aber auch da spürt das Kind, wo Nacktheit erlaubt ist, wo es unter bestimmten Voraussetzungen erlaubt ist und wo es sich "nicht gehört" und in dieser Weise geprägt.

 

Re: Nacktheit- Schamgefühl- Gruppendynamik

Beitrag von hajo » Di 6. Nov 2018, 08:42

Gegen Expertenwissen kommt niemand an.

 
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Re: Nacktheit- Schamgefühl- Gruppendynamik

Beitrag von Campingliesel » Di 6. Nov 2018, 11:45

hajo hat geschrieben:Gegen Expertenwissen kommt niemand an.


Ganz richtig!

Und wer nichts weiß, muß das ja nicht durch unflätige, großmäulige und böse Bemerkungen demonstrieren, sondern lieber mal still sein.

Wer schreit denn dauernd nach Beweisen und Belegen? Wenn er sie dann bekommt, paßt es auch wieder nicht. Für allgemeines Wissen ist Wikipedia eben heute die einfachste und beste Möglichkeit der Information. Und umfangreich genug, um zu wissen, was man wissen sollte und wollte.
Man muß ja nicht gleich zu hochwissenschaftlicher Fachliteratur greifen, die ohnehin kaum einer versteht.

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Re: Nacktheit- Schamgefühl- Gruppendynamik

Beitrag von Klausi60 » Di 6. Nov 2018, 16:33

Leute merkt euch doch mal eins :
Hier im gesamten Forum gibt es zu jedem Thema (anscheinend selbst ernannte) EXPERTEN
:-) wie zum Beispiel Zett und hajo und Konsorten :-)
Wir, der Rest die sich noch beteiligen wollen können weder BELEGE bringen noch FACHWISSEN aufweisen.
( glauben diese Personen jedenfalls)

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Re: Nacktheit- Schamgefühl- Gruppendynamik

Beitrag von HTJ » Mi 7. Nov 2018, 16:57

Ich komme heute mal wieder dazu zu diesen Thema was zu schreiben.

@ werner76
Gut,daß du auf das Thema Penis kommst. Das ist nämlich auch so ein Fall von Schamgefühl. Ich bin zwar sonst nicht so alle Probleme in Sachen FKK auf die Sexualisierung zu schieben. Aber hier ist das nun eindeutig der Fall. Oder besser gesagt es kommt von der Pornografie. Wie werden denn Pornodarsteller ausgewählt. Hier ist es wichtig wie groß ist sein bestes Stück. Dadurch haben wir alle eine verzerrte Wahrnehmung. Keiner weiß heute noch wie groß ein durchschnittlicher Penis eigentlich ist. Was passiert nun mit allen Männern die keinen Penis wie ien Pornodarsteller haben: Richtig, man(n) schämt sich. Ich kann mich noch erinnern, daß zu DDR- Zeiten die Größe des Penis niemand interessiert hat.

Überhaupt ist das ja so ein Thema: perfekter Körper. Beim Mann ist es der Penis, bei Frauen dieses oder jenes Speckröllchen. Warum war FKK in der DDR so erfolgreich. War es Protest? Unsinn! War es Freiheit, die wir sonst nicht hatten. Dazu muß man FKK erstmal als Freiheit empfinden, also muß erstmal das Schamgefühl weg. Also auch Unsinn! Nein- man hat nicht so ein Kult um seinen Körper gemacht.

@Eule
Ich denke auch, daß Schamgefühl anerzogen bzw. im sozialen Umfeld erworben ist. Wenn man das als Argument bringt klingt das für mich immer so: Das Schamgefühl ist nicht vorhanden. Nein, es ist vorhanden. Dieses Gefühl kann so groß sein, daß es z. B. Opfer von Vergewaltigungen in dan Selbstmord treibt.
Da ich ja relativ neu in diesen Forum bin habe ich mir einige Sachen durchgelesen. Ich fand es eine gute Idee das ganze Thema Nacktheit als Zukunftswerkstatt zu behandeln. Ich habe aber einige Anmerkungen. Z. B. glaube ich daß ich nicht einmal das Wort Schamgefühl gelesen habe. Wenn man Akzeptanz von Nacktheit behandelt muß man sich zuerst mit dem Schamgefühl befassen.
Ich denke, daß das Schamgefühl leider gesetzmäßig ensteht. Da die Menschen abseits vom Äquator Kleidung als Schutz brauchten waren sie Nacktheit irgendwann nicht mehr gewöhnt. Dadurch wurde Kleidung zur sozialen Norm. Dieses kann man auch bei den Kindern von FKKlern sehen. Meist wir FKK nur im Sommer gemacht. Im Winterhalbjahr ist man bekleidet. Plötzlich wollen die Kinder nicht mehr nackt sein im nächsten Sommer.

@ alle
Oft wird auch die Frage diskutiert, ob Sex zum FKK gehört oder nicht. Hier ist die Frage zu klären was es heißt: es gehört dazu. Dazu ein Beispiel: Ein Paar ist im Süden im Urlaub am Textilstrand. Plötzlich haben sie Lust auf Sex und gehen in ihr Hotelzimmer und haben Sex miteinander. Nach manchen Diskussionen müßte jetzt ein Aufschrei kommen: Textilbaden und Sex gehören nicht zusammen. Richtig! Denn das Textilbaden und der Sex haben hier keinen Bezug zueinander. Wenn diese Geschicht am FKK-Strand passieren würde und das Paar sich zurückziehen könnte wäre das auch nichts anderes. Ich glaube daß hier auch viele Missverständnisse entstehen weil manche das Gleiche meinen aber sich unterschiedlich ausdrücken.
Genauso ist es mit Nackheit und Reiz. Ich hatte mich ja da schon mit Zett mißverstanden. Man muß aber ganz deutlich sagen: Die Ansicht, daß ein nackter Körper vollständig ohne Reiz ist wäre die Lebenslüge des FKK.
Oft hört man ja von Menschen die sich FKK überhaupt nicht vorstellen können: Nacktheit ist meine Intimsphäre. Intim heißt eigentlich: vertraut. Und vertraut hat etwas mit Vertrauen zu tun. Hier ist nämlich die Frage der Menschen: Kann ich den Menschen in meiner Umgebung und der Gesellschaft vertrauen. Im Normalfall haben ja die Menschen kein Problem sich ihren Partner nackt zu zeigen. Also fehlt das Vertrauen anderen Menschen gegenüber. Ich kann hier auch keine fertige Erklärung liefern. Vieleicht ist es ja die Medienlandschaft die sich seit der 1990er Jahren herausgebildet hat. Sie alle buhlen um Aufmerksamkeit. Sei es der Kinderschänder, der sein Unwesen treibt (Kinder ja nicht mehr nackt baden lassen), die neusten Modetipps oder (schlank in ... Tagen, zum Traumkörper). All die Medien beeinflussen uns. Das wäre das was anders ist seit den 1990er Jahren.

 

Re: Nacktheit- Schamgefühl- Gruppendynamik

Beitrag von hajo » Mi 7. Nov 2018, 17:08

Interessante Gedanken.
Jedenfalls ein nachdenklicher Umgang mit den hier angesprochenen Fragestellungen.

HTJ hat geschrieben:... Vieleicht ist es ja die Medienlandschaft die sich seit der 1990er Jahren herausgebildet hat...

Vor allem muss man ja heute immer damit rechnen, fotografiert oder videografiert zu werden. Wer anscheinend oder scheinbar telefoniert, mag real vielleicht mal schnell seine Aufnahmen machen.

Wenn das unter Jugendlichen passiert, ist mit Sicherheit damit zu rechnen, dass Einiges davon im Netz landet...
Man kann auch vermuten, dass das nicht unkommentiert geschieht.

 

Re: Nacktheit- Schamgefühl- Gruppendynamik

Beitrag von guenni » Mi 7. Nov 2018, 17:59

@htj,

wieviel größer als ein durchschnittspenis ist denn jener von pornodarstellern?
du bewertest m.e. das thema penis vollkommen über. es ist vielleicht in der pubertät von besonderer bedeutung. ansonsten hat es "im westen" auch niemanden interessiert und tut es heute gesamtdeutsch auch nicht.

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