Eule hat geschrieben:Es ist nur wichtig zu wissen, dass der Begriff der Nacktheit mit dem Verlust des Felles verbunden ist und nicht mit dem Tragen oder Nichtragen von Kleidung. Weiter sollten wir wissen, dass das Tragen der Kleidung die Folge unseres zivilisatorischen Prozesses ist, es also keine natürliche Begründung hierzu gibt.
Kleidung hat ja nicht nur den Zweck, die Nacktheit zu verdecken. Und es ist doch völlig egal, ob man ein Fell hatte, oder später sich Kleidung als Ersatz anfertigte, um nicht nackt zu sein, weil beides als Schutz diente. Bis zu einem bestimmten Zeitpunkt hatte die Kleidung keinen anderen Zweck. Und bis dahin hatte die Kleidung für den Menschen einen natürlichen Zweck. Erst als religiöse , politische und soziale Zwecke der Kleidung dazukamen, und auch der Begriff der Scham, der ja vor allem durch die Bibel aufkam, änderte sich das. Das Tragen der Kleidung ist also nicht die direkte Folge unseres zivilisatorischen Prozesses, sondern gab es schon vorher. Und zwar in den KLimazonen, die das erforderlich machten.
Es reicht also nicht, nur bis in die Anfänge der Zivilisation zurückzuschauen, sondern schon in die Zeit vorher. Der Verlust des Felles ist ja nicht gleichzeitig der Anfang der Zivilisation.
Daß das eine mit dem anderen nichts zu tun hat, sieht man besonders bei den indigenen Völkern, die zwar auch längst kein Fell mehr haben, aber trotzdem weit entfernt von unserer Zivilisation lebten, zumindest, bis diese auch dort angekommen war.
Die australischen Ureinwohner lebten z.b. so unbeeinflußt von irgendwelchen Zivilisationen, daß sie nie einen Staat bildeten, keine Regierung brauchten, keine Herrscher brauchten, und somit auch nie irgendwelche äußeren Zeichen brauchten, um sich als Häuptlinge oder Herrscher zu kennzeichnen. Und ihr Weltbild enthielt auch keinen Grund für eine Scham der Nacktheit wegen. Und das gilt auch für alle anderen, die total abgeschirmt und unentdeckt lebten - bis eben die "Weißen" anrückten.
Warum das in den kälteren Zonen der nördlichen Halbkugel anders war, zeigte ja die Geschichte. Man war also da gezwungen, sich zu kleiden und so entwickelte sich mit der Zeit bzw neben Religion und Politik auch noch die anderern Zwecke, auch die Mode und die standesgemäße Kleidung.
Auch wir unterscheiden noch zwischen standesgemäßer Kleidung, wenn auch nicht mehr so kraß wie früher. Heute liegt es meist an der Gesellschaft, am Geldbeutel und an den beruflichen Ebenen.
Aber die Nacktheit im Sinne der FKK, die im Verhältnis zur Gesamtbevölkerung relativ wenige Leute ausleben wollen, die bewußt auf Kleidung verzichten, hat mit der ursprünglichen Nacktheit nichts zu tun. Und auch nicht mit der Nacktheit der indigenen Völker.
Hier handelt es sich nur um ein Umdenken, daß man sich doch eigentlich nicht für seinen Körper schämen muß und das schaffen längst nicht alle Leute. Und wenn, dann nicht immer und überall. Warum und woher das auch immer kommen mag.
Für die indigenen Völker stellte sich eine solche Frage nie, weil sie nie anders lebten. Aber auch sie haben bestimmte Dinge, wegen denen sie sich schämen, wenn sie fehlen oder eben nicht ihren Sitten entsprechen.