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Darf Nacktheit auch Provokation sein?

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Re: Darf Nacktheit auch Provokation sein?

Beitrag von Eule » Mo 9. Dez 2019, 15:34

@ Bummler
Manchmal verstehe ich dich nicht. Vor allem, wenn du den letzten Schluss nicht ziehst, nämlich dass die Bewertung von Nacktheit in Beziehung zur sexuellen Moral steht und die eben Öffentlichkeit überwiegend negativ beurteilt.
Die Tolerierung von Nacktheit kann also nur gelingen, wenn die Trennung von der Sexualität gelingt.
Wo ist das Problem? Wenn ich zu einen FKK-Strand gehe, wenn ich in der Sauna bin, bewege ich mich dort unbekleidet. Ich habe dort nicht die Absicht, mir "Appetit" für eine sexuelle Handlung zu suchen noch nach einer Sexualpartnerin Ausschau zu halten. Natürlich bin und bleibe ich als Mensch ein sexuelles Wesen. Aber meine Sexualität spielt hier keine Rolle. Auch kann ich mich an den Anblick schöner Menschen aller Altersgruppen erfreuen. Und dieses ohne den Wunsch oder Gedanken, sexuell mit diesen verkehren zu wollen. Wenn ich mich mit meiner Nacktheit an sich, also völlig von sexuellen Interessen befreit, mich somit völlig natürlich, bewege, dann ist dieses doch ok so.

Die Tolerierung von Nacktheit kann also nur gelingen, wenn die Trennung von der Sexualität gelingt.
Aber davon sind wir meilenweit entfernt und entfernen uns immer weiter.
Dann sollten wir uns dafür einsetzen und darum Werben, dass es so wird. Dieses ist mein Credo in dieser Frage. :D

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Re: Darf Nacktheit auch Provokation sein?

Beitrag von Aria » Mo 9. Dez 2019, 17:58

Bummler hat geschrieben:Vor allem, wenn du den letzten Schluss nicht ziehst, nämlich dass die Bewertung von Nacktheit in Beziehung zur sexuellen Moral steht und die eben Öffentlichkeit überwiegend negativ beurteilt.
Die Tolerierung von Nacktheit kann also nur gelingen, wenn die Trennung von der Sexualität gelingt.
Nein, man muss die Sexualität enttabuisieren, sprich ihr das innenwohnende Gefühl, sie sei etwas Privates, nehmen, dann wird auch die Nacktheit nicht mehr negativ beurteilt.

Erinnert euch: Einst war die öffentliche Nacktheit genauso ein Tabu wie die Sexualität immer noch ist. Dass die Nacktheit inzwischen enttabuisiert ist, nützt ihr nicht viel, weil sie in den Köpfen der meisten Menschen immer noch mit der Sexualität verbunden wird. Diese Verbindung aufzuheben wird es nicht gelingen – heute noch weniger als gestern.

 
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Re: Darf Nacktheit auch Provokation sein?

Beitrag von Eule » Mo 9. Dez 2019, 19:38

@ Aria
Bummler hat geschrieben:
Vor allem, wenn du den letzten Schluss nicht ziehst, nämlich dass die Bewertung von Nacktheit in Beziehung zur sexuellen Moral steht und die eben Öffentlichkeit überwiegend negativ beurteilt.
Die Tolerierung von Nacktheit kann also nur gelingen, wenn die Trennung von der Sexualität gelingt.

Nein, man muss die Sexualität enttabuisieren, sprich ihr das innenwohnende Gefühl, sie sei etwas Privates, nehmen, dann wird auch die Nacktheit nicht mehr negativ beurteilt.
Diese deine Meinung kann ich nur soweit mittragen, dass wir die Sexualität enttabuisieren sollen und müssen. Warum ich der Sexualität ihren Charakter als etwas Privates nehmen soll, kann ich nicht nachvollziehen.

Dass die Nacktheit inzwischen enttabuisiert ist, nützt ihr nicht viel, weil sie in den Köpfen der meisten Menschen immer noch mit der Sexualität verbunden wird.
Dann sollten wir diesen Irrglauben, der der alten Moral des 19.-Jahrhunderts entspricht, endlich auflösen und nicht mit neuen Forderungen, die zumal nicht begründet sind, überfrachten. Der privaten Sexualität steht die öffentliche gegenüber. Die Grenze der in der Öffentlichkeit praktizierten Sexualität sehe ich dort, wo es zu direkten sexuellen Handlungen kommt. Diese gehören nach meiner Auffassung nicht in die Öffentlichkeit, es sei denn, wir könnten unseren Sexualtrieb nicht beherrschen.
Diese Verbindung aufzuheben wird es nicht gelingen – heute noch weniger als gestern.
Warum nicht? Ich denke, wenn wir nachhaltig argumentieren, dass die Nacktheit als solches mit der Sexualität nichts zu tun hat, der Unbekleidete nicht zu sexuellen Handlungen auffordert und der Bekleidete in seinem Bekleidet-Sein nicht angegriffen wird. Die Nacktheit als solches ist einfach nur der natürliche Zustand, ohne eine bestimmte Handlungsabsicht oder Handlungsaufforderung. Hier müssen wir natürlich ein sehr dickes Brett bohren, aber dieses dicke Brett kann durchaus durchbohrt werden.

 
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Re: Darf Nacktheit auch Provokation sein?

Beitrag von Tim007 » Mo 9. Dez 2019, 19:40

Aria hat geschrieben:Dass die Nacktheit inzwischen enttabuisiert ist, nützt ihr nicht viel, weil sie in den Köpfen der meisten Menschen immer noch mit der Sexualität verbunden wird. Diese Verbindung aufzuheben wird es nicht gelingen – heute noch weniger als gestern.


Wenn das so zuträfe, wäre Deine Schlussfolgerung konsequent, Aria.

Ich persönlich habe meine Zweifel, ob das sinnvoll ist.

Was ist einfacher hinzubekommen:
1. Die Auflösung der Verbindung zwischen Nacktheit und Sexualität (die es, wie Aria zu recht anführt, bei vielen gibt)
oder
2. die Enttabuisierung der Sexualität und damit der Nacktheit als "Junktim"?

Mehr noch: Könnte es sein, dass der verzweifelte Versuch, die Sexualität zu enttabuisieren, die Enttabuisierung der Nacktheit erschwert? Ich fürchte, dass dem so ist.

Ferner: Ist die Enttabuisierung der Sexualität überhaupt gewollt, oder führt das Geheimnisvolle gerade zum gewissen Kribbeln?

Mir reicht es schon, wenn ich nackt in meinen Lieblingssee springen kann. Ich würde es aus liberaler Sicht auch bevorzugen, wenn es gesellschaftlich jedem unbenommen bliebe, sich so zu kleiden oder zu entkleiden, wie er es für wünschenswert hält. Die Zeiten, in denen alles von oben herab diktiert wird (diesmal verzichte ich auf einen Schlenker in die Politik, damit R. schlafen kann) sollten in einer freien Gesellschaftsordnung der Vergangenheit angehören.

 

Re: Darf Nacktheit auch Provokation sein?

Beitrag von Ralf-abc » Mo 9. Dez 2019, 20:35

Tim007 hat geschrieben:Die Zeiten, in denen alles von oben herab diktiert wird (diesmal verzichte ich auf einen Schlenker in die Politik, damit R. schlafen kann) sollten in einer freien Gesellschaftsordnung der Vergangenheit angehören.
Dumm nur, dass sich diese freie Gesellschaftsordnung gerade selber abschafft, weil in der Vergangenheit zu viele Menschen der Meinung waren, dass sie in dieser freien Gesellschaftsordnung zwar alle möglichen Rechte haben (Selbstverwirklichung ohne Rücksicht auf Verluste), aber keine Verplichtungen (Rücksicht auf andere Menschen, Bewahrung der Umwelt etc.).

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Re: Darf Nacktheit auch Provokation sein?

Beitrag von Aria » Mo 9. Dez 2019, 21:50

Um die Verbindung der Nacktheit mit der Sexualität abzuschaffen haben mehr als 100 Jahre der FKK-Bewegung nicht ausgereicht und es sieht nicht danach aus, als ob das je gelänge – jetzt noch weniger als vor 40 Jahren.

Es ist auch nicht die Privatheit allein, der Sexualität haftet nicht zuletzt die Sündhaftigkeit an, der man ihr in den letzten 2000 Jahren angedichtet und in die Menschen eingebläut hatte: Die sogenannte Fleischeslust wird seit Augustinus in unserer Kultur verachtet bzw. als notwendiges Übel angesehen. Natürlich nicht von allen, aber wenn das über so lange Zeit als unumstößliche Wahrheit galt, kann man nicht erwarten, dass sich das auflöst, nur weil Freud sich da ein paar Gedanken über die Treibunterdrückung gemacht hatte.

Diese negative Bewertung der Sexualität strahlt auf die Nacktheit ab, da hat Bummler schon recht. Nur kann die Lösung nicht sein, die schon bisher erfolglose Trennung weiter zu betrieben bzw. zu forcieren, sondern versuchen, das Grundübel zu beseitigen, d.h. der Sexualität die ohnehin falsche Negativität nehmen.

 
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Re: Darf Nacktheit auch Provokation sein?

Beitrag von Tim007 » Di 10. Dez 2019, 01:20

Aria hat geschrieben: Wir sollten versuchen, "das Grundübel zu beseitigen, d.h. der Sexualität die ohnehin falsche Negativität (zu) nehmen."


Das sehe ich genauso.

Aus meiner Sicht, die bekannt ist, sind Menschen Gottes Geschöpfe. Auch die Sexualität ist den Menschen geschenkt worden, so dass sie wohl kaum schlecht sein kann.

Richtig ist, dass einige Kirchenväter anderer Meining waren, was sicherlich auch was mit dem Zölibat zu tun hat. aber es gab auch andere. Luther etwa brach, wie andere Reformationen, mit dieser unheilvollen Auffassung, heiratete eine Nonne und sah Sex nicht nur als Mittel der Vermehrung, sondern auch der Lust an. Es ist immer noch erquickend, sogar in unserer angeblich so fortschrittlichen Zeit, seine Äußerungen über Sexualität zu lesen.

Nacktheit wurde und wird mit Sexualität verbunden, aber nicht nur. Wenn ich meinen Alabasterkörper Sonne und Wind und Wasser aussetze, hat das keine sexuellen Hintergründe, die überdies verräterisch wären.

Was ich mir wünschte, wäre etwas mehr Gelassenheit bei allem, was Nacktheit und Sexualität betrifft.

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Re: Darf Nacktheit auch Provokation sein?

Beitrag von Bummler » Di 10. Dez 2019, 10:44

Aria hat geschrieben:Nur kann die Lösung nicht sein, die schon bisher erfolglose Trennung weiter zu betrieben bzw. zu forcieren, sondern versuchen, das Grundübel zu beseitigen, d.h. der Sexualität die ohnehin falsche Negativität nehmen.


Wieso erfolglos?
M.E. war die Trennung sehr erfolgreich und hat über 100 Jahre funktioniert. Das war ja der eigentliche Witz an der Sache, das eigentlich Unglaubliche wahr zu machen. Die Frage ob diese Trennung geht ist beantwortet und zwar mit Ja. Hunderttausende FKK-ler, Nudisten und Naturisten zucken doch dabei nur verständnislos mit den Schultern, klar geht das. Man macht das seit Jahrzehnten.

Und ich sehe auch nicht wie man das "Grundübel" beseitigen könnte, neben der Tatsache, dass man das auch nicht beseitigen müsste.
Das es nun eine Klientel gibt, die öffentliche Sexualität im Sinne des kategorischen Imperativs als schadlos für die Gesellschaft einschätzt und damit eine Enttabuisierung wünscht, ist mir schlicht egal. Ich brauch das nicht. Deswegen werde ich mich auch darum nicht kümmern, sondern genau das Gegenteil machen, nämlich die erfolgreiche Trennung weiter betreiben.

Zumal ich ja mittlerweile die Hoffnung habe, dass eine junge selbstbewusste Generation nachkommt und weiter macht, spätestens dann wenn wir ausgestorben sind. Und so wie es aussieht ist die neue Generation auch nicht wegen der sexuellen Komponente an Nacktheit interessiert, sondern weil sie einfach Spaß macht.

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Re: Darf Nacktheit auch Provokation sein?

Beitrag von Shiva205 » Di 10. Dez 2019, 10:47

Ich finde es interessant, wie sich hier zwei Lösungswege abzeichnen:
(1) Trennung von Nacktheit und Sexualität
(2) Enttabuisierung der Sexualität

Die erste Möglichkeit scheint nicht zu funktionieren, und ich finde sie sollte auch nicht funktionieren, weil wir dann die Sexualität zu stark unterdrücken müssten um eine neue Prüderie aufbauen. Der nackte Körper hat mit seinen primären und sekundären Geschlechtsmerkmalen eine natürliche Auslöser-Funktion. Das liegt in der Biologie des Menschen - wir sind einfach sexuelle Wesen. Das heisst nicht, dass wir immer sexuelle Fantasien bekommen müssen, wenn wir einen nackten Körper sehen. Und je öfter wir uns ungezwungen nackt begegnen, desto "normaler" wird es irgendwie.

Was die zweite Möglichkeit anbelangt, so steht hier, glaube, vor allem ein Kommunikations-Defizit im Weg. Die Enttabuisierung der Sexualität bedeutet für mich nicht automatisch sie überall und immer zu praktizieren, sondern erst mal frei darüber zu kommunizieren. Ein Tabu ist kein einfaches Verbot, es verbietet nicht nur die sexuelle Handlung an vielen Orten, es behindert vor allem die Kommunikation darüber. Das eigentliche Problem ist vermutlich der weit verbreitete Mangel, die sexuelle Ausgehungertheit, aus der heraus eine Notgeilheit entsteht, die unterdrückt werden muss, so dass wir mehr oder weniger ein Volk der Unterdrückten sind. Könnten wir frei darüber kommunizieren, dann könnten wir nach Lösungsmöglichkeiten suchen, vielleicht ähnlich wie wir auch sonst Lösungsmöglichkeiten diskutieren, z.B. bei der Güterverteilung oder beim Zugang zu bestimmten Ressourcen. Aber ich geb zu, dass es auch da noch blöde Tabus gibt, die wir überwinden müssen.

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Re: Darf Nacktheit auch Provokation sein?

Beitrag von Bummler » Di 10. Dez 2019, 10:52

Tim007 hat geschrieben:Was ich mir wünschte, wäre etwas mehr Gelassenheit bei allem, was Nacktheit und Sexualität betrifft.


Tja das wünschte ich mir auch. Aber eben von den Textilen. Und solange es diese Ungleichheit gibt, dass Textile am FKK keine Ordnungswidrigkeit begehen, Nackte am Textilstrand aber schon, sehe ich den schwarzen Peter bei den Textilen.
Die diskriminieren eine Minderheit und das mitten in Deutschland im 21.Jahrhundert, mit einer jahrhundertalten Tradition im Nacktbaden, die eigentlich zum kulturellen Erbe gehören sollte.

Es ist zum resignieren.

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