von BOeinNackter » Fr 7. Feb 2020, 20:39
@campingliesel
Die Regeln und das Verständnis von Freikörperkultur war nie einheitlich, offiziell noch irgendwie ewig haltbar.
Der Zulauf, den es von den 60ern bis in die 70er Jahre gegeben hat, geschah in einem engen, spießigen, sittenstrengen und verlogenen Umfeld. Die Mehrheit der Menschen staunte sicher über manche Freizügigkeiten, über die sie erfuhren, die sie selbst aber nie für sich selbst in Erwägung zogen. Die Vereine formierten sich damals um die Idee der Familie, der klassischen, bürgerlichen, patriarchalischen Familien. Dazu passten keine unverheirateten Paare, keine Schwulen, keine Einzelmänner, auch keine Jugendlichen mit Einverständnis der Eltern.
Für viele Menschen war die zeitweilige Nacktheit in solchem Rahmen ein passendes Stück Ausbruch aus dem bürgerlichen Alltag. Heute gibt es solche Familien, wie ich sie als Kind und Jugendlicher erlebt habe, zum Glück kaum noch. Warum sollen heutige Kinder einen Verein toll finden, in dem noch die Traditionen aus jener Zeit gepflegt werden oder sich Naturisten zugesellen, die noch ältere Traditionen wieder beleben wollen.
@Eule
Der RFK ist in die NS-Organisation aufgegangen, die am Ende des Krieges mit allen anderen Organisationen der NSDAP aufgelöst wurde. Die Geschichten, wie die noch bestehenden Gelände weiterbetrieben wurden, ist nur ganz wenig dokumentiert. Eigentlich mussten die Vereine irgendwann neu gegründet werden. Viele Personen, die die NS-Zeit begeistert mitgemacht haben, werden weiter gewirkt haben. Auch darüber gibt es wenige Berichte, die einzelne Personen in Vereinen mal gesammelt haben. Wie sicher solche Zeugnisse sind, kann man kaum beurteilen.
In der DFK-Geschichte wird kurz die Gründungssituation geschildert, in der man auf eine Aufsplitterung in verschiedene Richtungen verzichtet habe. Was war die Intention bei der Idee eines Einheitsverbandes, den es ja vorher während der Nazizeit auch schon gab? Als Pioniere wurden unter anderem auch Ungewitter und Surén geehrt.
Hans Surén stand besonders für die Stählung des nackten Körpers als Ziel der Bewegung. Damit hatte er viel Anklang gefunden und der Bund für Leibeszucht hat dies sicher weiter befördert. Konsequent wurde der DFK bald Mitglied im deutschen Sportbund und es gab große Hoffnung, die FKK in diese Richtung weiter entwickeln zu können. Der Sport als Kampf, Ringen um Leistung und Wettkampf geriet in den Vordergrund. Andere Vorstellungen von einer Nacktkultur, auch von Bewegung, gerieten in Vergessenheit.
Atem- und Bewegungspädagogen, wie Adolf Koch, haben Sport als Exerzierübung (Gymnastik, Aerobic), als Körperoptimierung (Bodyforming) oder als Kampf um den Sieg kritisch betrachtet. Auch das isolierte Ziel der Gesundheit passte nicht zu deren ganzheitlichen Vorstellungen.
Der DFK war natürlich keine direkte Nachfolgeorganisation des RFK. Der Bund für Leibeszucht, als Organisation aller lokalen Organisationen lag zeitlich und nach Zuständigkeit näher und es wird manche Kontinuitäten gegeben haben.
Die Sache mit der Antimodernität sehe ich in Ideen der Zeit, häufig in der Lebensreformbewegung, die dem radikalen Wandel zum ungewohnten städtischen Leben, mit einer Hinwendung zu Natur, Leben auf dem Land, Besinnung auf alte Sitten und Gebräuche aber auch Ideen wie Rassereinheit und Misstrauen gegen Demokratie, entgegenwirken wollten.
Man kann manches davon sinnvoll finden. Dann sollte man aber sehen, wie wir heute, mit unserem heutigen Wissen, menschengerechter, naturverträglicher, kreativ und sinnerfüllt leben könnten. Dabei geht es um Neues, nicht um ein Zurück in die Welt von Vorgestern.