Eule hat geschrieben:Wie Bummler schon richtig festgestellt hat, spielt die Nacktheit als solches und damit also auch die FKK in der kath. Theologie keine Rolle.
Stimmt – doch das nur deswegen, weil der Begriff Nacktheit zu spezifisch ist; mit dem schwammigen Begriff „sittlich“ bzw. „unsittlich“ lässt sich besser „arbeiten“. Das gleiche gilt auch für den Begriff „Moral“ oder „Unmoral“.
Eule hat geschrieben:Du erwartest jetzt von mir hier eine Darstellung, die ich im Jahr 2008 in diesem Büchlein veröffentlich habe.
Ja – und es wäre dir ein Leichtes, die entsprechende Passage zu kopieren und hier reinzustellen: Das Verfahren nennt sich Copy+Paste.
Eule hat geschrieben:Wenn sich die kath. Kirche, auch in ihrer geschichtlichen Vergangenheit, mit der Nacktheit oder den Orten der Nacktheit befasste, so standen immer die gleichen Sachverhalte im Fokus. Es war die mit der Sünde belastete Nacktheit, der Wollust. Unmoralisch war nicht die Nacktheit als solches, sondern die Art der Präsentation und das entsprechende Handeln im Sinne der Wollust.
Ich kenne diese Art von Einwänden, aber Fakt ist, dass die Kirche, gemäß des Dekrets des tridentinischen Konzils über die Verehrung der Heiligen – ich habe das
hier zitiert –, die Geschlechtsteile der Menschen, die Michelangelo in Fresken an die Wand der Sixtinischen Kapelle gemalt hatte, übermalen oder gar abschlagen und neu verputzen ließ, obwohl da keine
mit der Sünde belastete Nacktheit oder gar
Wollust dargestellt war. Und es mussten fast 400 Jahre vergehen, bis die Kirche den Mut fand, diese gewöhnliche, nichtsexuelle Nacktheit wieder zuzulassen.
Ich weiß, du redest solche Ereignisse, die dir nicht in den Kram passen, gern klein, aber die Kirche denkt anders darüber. So sagte am Sonntag, 30. April 1995 der damalige Papst Johannes Paul II. in Trient aus Anlass des 450. Jahrestags des tridentinischen Konzils u.a.
Folgendes (übersetzt mittels DeepL):
Der Einfluss des Konzils ging über die Grenzen der Kirche hinaus und wurde zu einem bestimmenden Faktor für die Zivilisation in Europa und, durch die große Ausweitung der Missionstätigkeit, in der übrigen Welt. Die Väter von Trient waren zwar empfänglich für die positiven Gärungen, die die Geburt der Moderne begleiteten, wiesen aber auf eine Rückkehr zu den christlichen Wurzeln der Kultur als notwendige Bedingung für den Aufbau eines authentischen Humanismus hin. Deshalb kann man mit Fug und Recht sagen, dass in Trient die entscheidenden Grundlagen für jenen "christlichen Humanismus" gelegt wurden, der Filippo Neri, Pietro Canisio, Franz von Sales und so viele andere großartige Zeugen Christi inspirierte, die in der Gesellschaft ihrer Zeit eine so große Ernte des Guten einfahren konnten. Dazu sage ich: In Trient wurden nicht die entscheidenden Grundlagen für den "christlichen Humanismus" gelegt, sondern für den christlichen Konservatismus. Dieser Konservatismus hatte in der Folge nicht nur die Errungenschaften der Renaissance rückgängig gemacht, sondern die moralischen und sittlichen Maßstäbe noch hinter jene im Hochmittelalter geltenden gesetzt.
Eule hat geschrieben:Wenn jetzt kleingeistige Theologen und Bürger in ihrer undifferenzierten Angst und Sorge jegliches Nackt-Sein als eine Vorstufe zur Wollust erkennen wollen und dann dagegen polemisieren, dann kann ich dieses nur als einen großen Quatsch und Unsinn zur Kenntnis nehmen und dagegen Position beziehen.
Ein Konzil, den die Kirche selbst als den bestimmenden Faktor für die Zivilisation in Europa bezeichnet, kannst du nicht als kleingeistig bezeichnet werden, und wenn doch, dann maßt du dir ein Urteil aus heutiger Sicht über das Gestern an, was du mir oft unterstellst, obwohl ich dergleichen nicht tue.
Eule hat geschrieben:Und wenn du mir hier immer wieder deine Beweise und diese völlig losgelöst aus ihrem Sinnzusammenhang, als Beleg vorlegst, um zu sagen, wie die kath. Kirche in ihrer Lehrmeinung denke und lehre, dann muss ich leider sagen, du irrst dich.
Ich habe richtig zitiert und nichts unterschlagen. Wenn du anders darüber denkst, dann muss du mir das nachweisen.
Eule hat geschrieben:Ich habe dir schon vor geraumer Zeit die Informationsquellen genannt. Du wolltest diese nur nicht nutzen. Wenn du also wegen der Unkenntnis der Informationen aus diesen Quellen eine falsche Botschaft verbreitest, dann kannst du nicht von mir erwarten, dass ich dir jegliche Information beschaffe, aufarbeite und dann vorlege.
Umgekehrt wird ein Schuh draus: Ich habe dir Beweise vorgelegt und es liegt an dir, sie zu widerlegen oder zu bestätigen. Wenn du das nicht kannst, dann musst du schweigen.
Eule hat geschrieben:Die Auffassung, was nun sittlich oder unsittlich sei, ist einem ständigen Wandel ausgesetzt.
Das ist kalter Kaffee, meine liebe Eule, denn wäre es anders, wären die Fresken in der Sixtinischen Kapelle nicht für fast 400 Jahre aus sittlichen Gründen übermalt gewesen. Das nur als Beispiel, weil es allen bekannt ist.
Eule hat geschrieben:Bedenke, auch Kleidung kann als moralisch verwerflich beurteilt werden, wurde so bewertet und wird zukünftig auch weiterhin so bewertet werden können. Aber deswegen kann ich nicht die Kleidung insgesamt als moralisch verwerflich bezeichnen. Ebenso verhält es sich mit der Nacktheit.
Das ist richtig. Aber hier geht es um die Frage, warum die Mehrheit der Menschen die simple Nacktheit auch 120 Jahre nach beginn der FKK-Bewegung immer noch als moralisch verwerflich ansieht. Ich meine, bei den Miniröcken gab es einen kurzen Aufschrei der Konservativen – hier tat sich besonders die Kirche hervor, die darin den Untergang des Abendlandes sah –, jetzt haben sich beinahe alle daran gewöhnt und gut ist. Aber bei der Nacktheit, auch der simplen, gibt es nach wie vor Vorbehalte, die, wie ich schon schrieb, Menschen vor Gericht bringen
können.
Hans H. hat geschrieben:Aria hat geschrieben:Aber egal ob christlich oder nicht, wir wissen trotzdem alle, was das bedeutet: Gehorcht man nicht dem ominösen Sittengesetz, wird die Polizei aktiv. Dazu genügt eine Beschwerde eines Bürgers, der sich durch eine nackte Person auf der Straße belästigt fühlt.
Nicht immer.
Natürlich nicht immer – siehe dazu auch meinen letzten Satz in meiner Antwort an Eule.
Hans H. hat geschrieben:Es kommt einerseits auf die Umstände an und leider andererseits auch darauf, wer am Ende darüber urteilt. Einer nackten Reiterin bei Berlin vor Jahren hatte man das nicht verboten, weil es unsittlich sei, sondern weil es eine Verkehrsgefährdung sei, weil sie vor Allem die männlichen zu sehr von der Konzentration auf den Straßenverkehr ablenke.
Das sehe ich anders: Der Grund waren die unsittlichen Gedanken der Männer. Aber weil wir in einer männerdominierten Gesellschaft leben, ist im Zweifel immer die Frau schuld.
Das ist nicht weit von den Gerichtspraxis in den 1950-60er Jahren, die bei einer Vergewaltigung der Frau zumindest eine Mitschuld gab, wenn sie sich – nach damals geltender Moral – zum Tatzeitpunkt freizügig kleidete und damit den armen Mann quasi zu der Tat verführte.
Tim007 hat geschrieben:Im Familienrecht etwa wüsste ich nicht, wie man ohne den Begriff des "Kindeswohls" arbeiten wollte.
Und trotzdem gewähren diese Begriffe einem Richter keine Narrenfreiheit.
Die Richter urteilen nicht so autonom, wie man das gern glauben möchte: Sie sind vom Zeitgeist abhängig, d.h. einmal glaubten und urteilten sie, in dem sie Kindeswohl mehr in Erziehungsanstalten sahen, und zu anderen Zeiten sahen und sehen sie Kindeswohl mehr bei der Familie selbst dann, wenn diese nicht ganz den Ansprüchen einer guten Erziehung genügte, weil auch eine schlechte Mutter besser sei als keine Mutter.
Diese gewaltigen Unterschiede in der Beurteilung des Kindeswohls macht schon nachdenklich, ob es richtig sei, einen so schwammigen Begriff wie Kindeswohl in der Rechtsprechung zu haben. Ich meine, es müsste doch möglich sein, konkrete Kriterien zu benennen, die erfüllt werden müssten, um ein so oder anders geartetes Urteil zu fällen.