von BOeinNackter » Do 3. Aug 2023, 14:15
Sei stets wie das Veilchen im Moose,
So sittsam, bescheiden und rein,
und nicht wie die stolze Rose,
die stets bewundert will sein.
Sittsam ist man, wenn man sich an die Sitten hält und hier wird einem Mädchen erklärt, wie sich eine anständige Frau verhält.
Natürlich gab es auch die Rosen unter den Frauen, aber die wurden und werden weniger geachtet,
vielleicht aber bewundert und begehrt. Mancher Frau wurde und wird auch zugestanden, stolz und anspruchsvoll zu sein, weil sie aus einer edlen Familie stammt und mit einem wohlhabenden, hochgeachteten Mann verheiratet war.
Frauen, die selbst Karriere machen, wurden lange deutlich weniger geachtet, vielleicht weil sie gegen die Stte verstießen, das Frauen bescheiden sein sollen.
Das Sitte etwas ist, das sehr unterschiedlich aussehen kann, kennt man aus der „Fledermaus“ von Strauß, in dem es in einem Lied eines Prinzen Orlowski heißt:
„Das ist bei mir so Sitte, Chacun à son goût,“ Jeder nach seinem Geschmack.
Darin erklärt er auch ganz ungeniert, dass er anderen nicht das gleiche Recht zugesteht, wie sich selbst.
Um Sitte ging es auch den Aufklärern, die Moral und Sitte frei von religiösen Glaubensinhalten begründen wollten. Der kategorische Imperativ ist das Beispiel für solche Versuche. Er überlässt ja den Handelnden, über die Sittlichkeit ihres Handelns zu befinden.
Daraus wurden tatsächlich Sittengesetze entwickelt und versucht, sie allgemeinverbindlich durchzusetzen, was auch immer wieder gelang.
Merkwürdigerweise wurde in der katholischen Kirche ein Sittengesetz entwickelt, dass sich auf sog. Naturrecht und weniger auf theologischen Gründen aufbaut. Da haben sie wieder versucht, weltliche Philosphie und Religion in Einklang zu bringen.
Sitte meint auch Verhaltensweisen, die in einer Gesellschaft, einer gesellschaftlichen Klasse oder einer Berufsgruppe allgemein für angemessen gehalten werden. Man hält sich nach Benimmregeln, wie bei Knigge, kleidet sich ordentlich usw.
Sittenlosigeiten oder unsittliches Verhalten, damit ist meist etwas aus dem Bereich der Sexualität gemeint. Wozu natürlich auch die anständige Kleidung gehörte.
Bei Sittenstrolchen, die sich sittlicher Vergehen schuldig gemacht hatten, kam schon das Strafrecht ins Spiel. Der Begriff Sitte kommt heute in Gesetzen kaum noch vor. Wir kennen heute das öffentliche Ärgernis oder den Verstoß gegen die sexuelle Selbstbestimmung.
Immerhin gibt es noch den Verstoß gegen die guten Sitten im BGB. Ein Vertrag, dessen Zustandekommen oder dessen Form und Inhalt gegen die guten Sitten verstößt, ann für nichtig erklärt werden.
In Bezug auf FKK, also auf öffentliche Nacktheit, wird das Wort Sitte oder Unsittlichkeit also unter der Schwelle von sexuellen Straftaten oder Ordnungswidrigkeiten benutzt. Klarist, dass gemeint ist, dass man so nicht handeln sollte.
Da wir keine ewigen göttlichen Gesetze, keine Herrscher von Gottes Gnaden oder ein irgendwie naturgegebenes Recht haben, sondern in einer Demokratie leben, kann sich die Auffassung unserer Gerichte oder unserer Gesetzgeber*innen verändern und es ist möglich den Prozess zu beeinflussen. Nacktwanderer haben schon viel für eine Veränderung der Sitten erreicht und die Sitten und Gepflogenheiten gehen meist den Gesetzen voraus.
Auch unter Naturist*innen können unterschiedliche Sitten gelten. Auch die haben keine ewige Gültigkeit.