@ NeuerWind
Ich schreibe grundsätzlich in der Ich-Form und nicht in der Man-Form. Wenn ich persönlich betroffen bin, dann mache ich dieses in der Regel kenntlich.
Die Aussage, dass jemand über einen Macht bekäme, wenn er einen unbekleidet sehe, ist eine Aussage, die ich öfters gehört habe. Ich selbst habe diese Angst nicht und halte sie auch nicht für Stichhaltig. Für mich stellt diese Angst eine Reaktion darüber dar, dass man entgegen der allgemeinen Norm unbekleidet gesehen wurde und diese „Normübertretung“ einem vorgehalten werden könne.
Eule hat geschrieben:
Ich glaube, dass diese Erklärungen heute keine große Wirkung mehr haben.
Was meinst du damit?
Hier wäre es sinnvoll gewesen, die Aussage, auf den sich dieser Satz bezieht, mit zu zitieren. Also, wenn du ein Bild von mir herumzeigen würdest, auf dem ich unbekleidet abgelichtet wurde, so denke ich, dass dieses heute keine Wirkung gegen mich erzielen würde. Du würdest wohl ehr gefragt werden, wie du an dieses Bild gekommen wärst.
Dein Beitrag vom 19.11.2023, 14:39 Uhr halte ich für zu einfach gedacht. Denn beim Anblick eines unbekleideten Menschen geht es nicht darum, dass dieser keine Waffe verstecken kann und daher ungefährlich sei. Die in deiner Theorie gezogene Schlüsse sind zu simpel. Sie können zutreffen, müssen es aber nicht.
Bezüglich der Scham ist zu bedenken, dass es hier zwei Ansätze gibt. Der erste Ansatz sagt aus, dass das Schamverhalten, also die Schamreaktion, genetisch angerlegt ist. Dieses Schamverhalten ist bei allen Menschen gleich, also universal.
Der zweite Ansatz sagt aus, dass der Grund, weswegen man sich schämen soll, ein Produkt unserer Erziehung ist. Der Grund zur Scham ist von Gesellschaft zur Gesellschaft und von Zeit zu Zeit veränderlich und kann durch ein Umlernen verändert/überwunden werden.
Wenn wir über die Scham, Schamlosigkeit oder Natürlichkeit reden, so haben wir stets den zweiten Ansatz im Fokus.
Problematisch bei der Nacktheit als solches ist, dass wir hier ein selektives Verhältnis hierzu haben. Auch wenn wir unbekleidet geboren werden, so wird uns nach der Geburt sofort Kleidung angelegt, als Ergebnis unseres zivilisatorischen Prozesses. Auch wenn wir as Unbekleidet-Sein als einen natürlichen Zustand betrachten, so kennen wir doch viele Situationen, wo das Tragen von Kleidung angebracht oder erforderlich ist. Weiter müssen wir sehen, dass es einen nicht kleinen Teil der Bevölkerung gibt, die sich ein Ablegen der Kleidung in der Öffentlichkeit nicht gestatten und ein kleiner Teil, die dieses wünschen. Neben dem geschriebenen Gesetzestext, in dem ein Kleidungszwang nur bedingt vorgeschrieben ist, gibt es die sog. ungeschriebenen Gesetze, Sitte, Tradition oder Anstand genannt. Hier kann, muss aber nicht, das Ordnungsrecht eingreifen. Die Schwierigkeit besteht darin, dass hier das Ordnungsrecht unbestimmt formuliert ist und somit eine weite Auslegung zulässt.
Ich denke, dass dir hier deutlich wird, wie schwierig es ist, hier eine einfache und kurze Theorie zu entwickeln. Was für dich klar und logisch ist, muss für mich nicht so sein. Und eine Theorie ist nur solange existent, solange sie nicht widerlegt wurde. Weiter benutzt du den Begriff „Stamm“, der in unserer Gesellschaft heute keine Bedeutung hat und durch die NS-Zeit derartig missbraucht wurde, sodass dieser Begriff in Verruf geraten ist.