Campingliesel hat geschrieben:Erst neulich war im TV ein interessanter Bericht über Dialekte, warum viele fast verschwunden sind, nun wieder in den Schulen neu zum Leben erweckt werden.
Als Dialektsprechender (Alemannisch) finde ich, der Dialekt habe an der Schule nichts
verloren. Entweder ist die Kultur des Dialekts stark genug, sich im Alltag gegen die
Schriftsprache durchzusetzen, wie in der Deutschschweiz, oder eben nicht, wie in
den alemannischen Gebieten jenseits des Rheins, wo das Alemannische innert
weniger Jahrzehnte fast vollkommen vom Bildungsdünkel weggeputzt wurde wurde.
Was soll ein Zugereister aus Berlin oder Djarbakir mit einem Dialekt, der in der Schule
ohnehin nicht in seiner lokalen Form gelehrt wird, sondern als von irgendwelchen
Linguisten zurechtgezimmerte Kunstsprache, die so kein Mensch je sprach.
Kürzlich bin ich mit der S-Bahn Zürich nach Schaffhausen gefahren. Alle sprachen
Alemannisch (wenn nicht grad Kurdisch oder eine afrikanische Sprache). Dann
stiegen in Jestetten und Lottstetten (BaWü) zahlreiche Gewerbeschüler zu, die nach
Konstanz oder Singen in die Gewerbeschule wollten. Keiner sprach auch nur mit
einem leichten Badischen Akzent, geschweige denn Dialekt. Dieses Kulturgut ist
nun mal zerstört, auch am äussersten Rand der BuRep.
An der Schule wäre Badisch so sinnvol wie Sanskrit.
Platt ist übrigens keine eigene Sprache, denn es gibt dazu keine Grammatik
und keinen einheitlichen Wortschatz. Von Ostfriesland bis Pommern ist das
ebenso vielfältig, wie das Alemannische von Strassburg bis Vaduz. Im übrigen
liegt Platt viel näher an der Schriftsprache als die Alemannischen Dialekte.
Das Moselfränkische wurde in Luxemburg als einziger deutscher Dialekt verschriftlicht
und zur Amtssprache gemacht und wird in Schulen gelehrt. Aber die Leute schreiben
lieber Französisch und sprechen ihren lokalen Dialekt, aber keineswegs diese amtliche
Kunststprache. Mit 'Kultur' haben solche Kunstsprachen wenig zu tun, umsomehr mit
Politik und Abgrenzung. Siehe dazu auch das Zwangsgälisch an Irischen Schulen
oder das Rumantsch Grischun, das in Zürich erfunden wurde, nicht in Rätien.
Puistola