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Re: Coronavirus Covid 19

BeitragVerfasst: Di 9. Jun 2020, 12:08
von Bummler
Woran erkennt man eigentlich ein Problem? Also ab wann oder ab welchem Schaden reden wir davon, dass wir ein Problem haben, wo wir reagieren müssen? Gibt es da irgend welche Faustregeln oder so was?

Beispiel:
In den USA gibt es hunderttausend Tote durch das Corona Virus. Mehr oder weniger sind alle geschockt, aber gegen die unzureichenden Maßnahmen der Regierung protestieren überschaubar wenige.

Nun gibt es einen Toten durch Polizeigewalt und plötzlich protestieren hunderttausend Leute gegen Rassismus in den USA.

Das überrascht mich ein wenig. Denn wenn ich so die Todeszahlen vergleiche, dann ergäbe es doch ein anderes Bild. Oder wo hakt es bei mir?

Re: Coronavirus Covid 19

BeitragVerfasst: Di 9. Jun 2020, 13:07
von riedfritz
Hallo Bummler,

du stellst hier eine ganz nachdenkenswerte Frage!
Einer der Gründe dürfte sein, dass die Covidkranken mehr oder weniger anonym, also für Nichtbetroffene unbemerkt, sterben. Auch wenn täglich die Zahlen veröffentlicht werden, das Problem ist weit weg. Das Leiden vorher in der Intensivstation bekommen nur wenige Menschen mit und wenn dann noch das Alter der meisten Verstorbenen genannt wird, ist das Mitgefühl auf Sparflamme.
Im Falle von Floyd hat jeder über den kurzen Videoausschnitt direkt miterleben können, wie schnell ein Schwarzer in den USA ums Leben kommen kann, zumal dies ja nicht das erste mal passierte.
Dies macht wahrscheinlich den Unterschied aus.

Viele Grüße,

Fritz

Re: Coronavirus Covid 19

BeitragVerfasst: Di 9. Jun 2020, 13:28
von Aryan
Bummler hat geschrieben:Nun gibt es einen Toten durch Polizeigewalt
(Hervorhebung durch mich)

Hier hakt es. Weil es eben nicht nur einer ist. Es wird allerdings nicht besonders oft auf Bild gebannt und es ist selten bedrückender als in diesem Fall. Rassismus ist in den USA ein gesamtgesellschaftliches Problem und es wird gerade vielen Menschen wieder bewusst, dass dieses eben immer noch nicht gelöst ist. Die Existenz von "The Talk" z.B. war vielen Weißen nicht bewusst und es tut einfach weh, sich sowas mit all ihren Konsequenzen vor Augen zu führen. Da wird eine komplette Bevölkerungsgruppe systematisch unterdrückt und benachteiligt. Und dabei geht es auch nicht nur um die Anzahl der Toten.

Einfach mal Nachrichten schauen und zuhören ;)

Und dabei bloß nicht wegducken: Auch bei uns in Deutschland existiert Rassismus weiterhin.

Re: Coronavirus Covid 19

BeitragVerfasst: Di 9. Jun 2020, 13:29
von Arko
Auch ist das Virus eine sehr abstrakte, wenn auch ziemlich reale und tödliche Bedrohung.
Man weiß eben noch längst nicht alles über das Virus, man lernt aber stetig dazu, wenn das auch nicht für alle gilt.

Es soll ja Leute geben, die streiten kategorisch ab, dass es Corona überhaupt gibt.
Es gibt Leute, die glauben, man kann gegen das Virus einfach Desinfektionsmittel injizieren.
Für einige hilft es, hinter einem imposanten Eichenholzschreibtisch zu sitzen.
Oder drei Schnellfeuergewehre zu besitzen.
Nur Masken tragen will man nicht so gerne, sieht halt nicht cool und stark aus.

Was mit Floyd passiert ist, war wohl nur der Tropfen, der in einer angespannten Situation das Fass zum Überlaufen gebracht hat. Wir haben gerade den perfekten Sturm in den USA: Pandemie, Wirtschaftskrise, Rassismus, Präsidentenwahl - das alles zusammen kann zu sonst was führen, zu Bürgerkrieg, Revolution, tiefgreifenden Reformen, was auch immer.

Ein einfaches “Weiter so!“ ist dagegen eher unwahrscheinlich.

Re: Coronavirus Covid 19

BeitragVerfasst: Di 9. Jun 2020, 13:53
von riedfritz
Arko hat geschrieben: ........tiefgreifenden Reformen,
Man kann nur hoffen, dass es zu Reformen führt, alles Andere wäre schrecklich! Dass in den Südstaaten noch heute Farbige massiv an der Teilnahme bei Wahlen gehindert werden, ist ja hoffentlich bekannt, dass auch die Sheriffs gewählt werden, wahrscheinlich weniger.

Viele Grüße,

Fritz

Re: Coronavirus Covid 19

BeitragVerfasst: Di 9. Jun 2020, 14:07
von Arko
Habe zufällig was Interessantes auf CNN gesehen, da hatten sie den einzigen afroamerikanischen NASCAR-Profi Bubba Wallace im Interview. NASCAR ist die amerikanische Rennserie mit den bunten sponsor-beklebten Autos, die mit 300kmh immer im Kreis fahren und wo es gerne mal Massenkarambolagen gibt.
Ein “Sport“ für den sich vor allem die Rednecks aus den Südstaaten begeistern, NASCAR ist dort fast wichtiger als Football oder Baseball.

Nun haben sich bei NASCAR die anderen Fahrer und auch Offizielle hinter Black Lives Matter gestellt, es gab Schweigeminuten und man hat über die aktuelle Solidarität hinaus bekundet, mehr schwarze Fahrer in Zukunft zu fördern und Profis werden zu lassen und darüberhinaus auch bei den Rennen selber Dinge verändern. So sollen Südstaatenflaggen (ein Symbol für die Sklaverei) auf den Zuschauerrängen verboten werden. Das wäre schon ein Meilenstein, wenn man sich mit der eigenen Fanbasis anlegt.

NASCAR ist in den USA eine große Nummer, sehr beliebt, aber eben auch strukturkonservativ.
Wenn selbst da jetzt alte Gewissheiten und Gewohnheiten wanken, dann ist das schon eine Hausnummer.

Re: Coronavirus Covid 19

BeitragVerfasst: Di 9. Jun 2020, 15:11
von Aria
ostfriesenpaar hat geschrieben:
Aria hat geschrieben:
ostfriesenpaar hat geschrieben:Zum Beispiel haben viele Länder mit höheren Corona Sterblichkeitsquoten auch eine höhere Lebenserwartung, und haben somit eine ältere Bevölkerung, wodurch auch die Chance zu sterben höher ist.
Du wirst doch nicht behaupten wollen, dass z.B. Niederlande und Schweden so höhere Lebenserwartung haben als Deutschland, damit die 3 Mal so hohe Covid-19-Sterblichkeitsrate bei denen gerechtfertigt ist?
Ich schrieb "zum Beispiel"...
Ich auch. Aber abgesehen davon: Bleibst du bei deinem Lob für die Behandlung der Covid-19-Pandemie durch die niederländische Regierung?

Bummler hat geschrieben:In den USA gibt es hunderttausend Tote durch das Corona Virus. Mehr oder weniger sind alle geschockt, aber gegen die unzureichenden Maßnahmen der Regierung protestieren überschaubar wenige.

Nun gibt es einen Toten durch Polizeigewalt und plötzlich protestieren hunderttausend Leute gegen Rassismus in den USA.

Das überrascht mich ein wenig. Denn wenn ich so die Todeszahlen vergleiche, dann ergäbe es doch ein anderes Bild.
"Der Tod eines einzelnen ist eine Tragödie, der Tod von Millionen Statistik" – dieser Zitat dürfte dir bekannt sein. Ist angeblich von Josef Stalin, weil sehr nah an seinen sonstigen zynischen Äußerungen.

Re: Coronavirus Covid 19

BeitragVerfasst: Di 9. Jun 2020, 15:25
von Arko
Wie sagte Trump ? (Allerdings waren es da “nur“ 50.000 Covid-19 Tote)

“Even one is too many. But we gotta reopen the country. We need to reopen the country.“

Naja, sind ja auch Wahlen dieses Jahr, Tausende Virustote kann man irgendwie schönreden, mit einer am Boden liegenden Wirtschaft lassen sich schwer Wahlen gewinnen.
Aber jeder Corona-Tote hatte Familie, Freunde, Kollegen.
Da entsteht dann eine sehr wütende, an Zahl wachsende Wählerschaft. Die dann auch noch extrem angewidert ist von Rassismus und Polizeiwillkür. Gefährliche Mischung. Für Trump. Und die USA insgesamt.

Re: Coronavirus Covid 19

BeitragVerfasst: Di 9. Jun 2020, 18:10
von Ha-Be
Also ich kann den Hype um den gestorbenen kriminellen Schwarzen absolut nicht versehen.
Dann auch noch bei uns. Verrückt. Mediengesteuert, das ganze.
Natürlich verurteile ich die Polizeigewalt, nicht mehr oder weniger war das, aber ich frage mich, wo waren die Massendemonstrationen, als ein Schwarzer ein 8-Jähriges unschuldiges Kind in Frankfurt vor einem einfahrenden Zug schubste? Das ist für mich schlimmer. Viel schlimmer.

Re: Coronavirus Covid 19

BeitragVerfasst: Di 9. Jun 2020, 18:22
von Arko
Schlimmer ? Ich weiß nicht, beides Menschen, die auf brutale Weise aus dem Leben gerissen wurden. Lässt sich schlecht vergleichen oder in eine Rangliste packen.
Im übrigen wurde bei dem Fall in Deutschland natürlich darüber berichtet, was auch sonst ?
War das Verbrechen eines psychisch gestörten Mannes. Der kriegt sein Gerichtsverfahren und seine Strafe.

Der Polizist in Minneapolis auch.