@Eule: Zunächst einmal, dass es nicht so aussieht, ich wolle dir in allen Punkten widersprechen: Zu den ersten Absätzen mit den Antworten auf die Beiträge von Zett und Bummler hast du meine volle Zustimmung. Aber bei der Diskussion mit Aria möchte ich doch manches etwas relativieren.
Zunächst hierzu:
Eule hat geschrieben:Aria und weitere streiten mit dir über volks- und betriebswirtschaftliche Fragen, ohne über die entsprechenden Detailwissen zu haben. Vorurteil wird gegen Vorurteil gesetzt. ...
Dazu möchte ich mal behaupten, dass diejenigen, die in dieser Zeit in der freien (hier natürlich kapitalistischen

) Wirtschaft tätig waren, da noch etwas mehr Detailwissen mitbringen, als diejenigen, die im öffentlichen oder Sozialbereich aktiv waren. Ich kenne da schon eine ganze Menge an Details sowohl wie Firmen im Westen agiert haben, als auch über einige der Firmen im Osten. Aber auch das ist ein Ausschnitt! Selbst Volkswirtschaftler, die sich Jahre mit der Thematik beschäftigt haben, kennen nicht alle Fakten sämtlicher ehemaliger Ost-Unternehmen und sind sehr in ihren Aussagen von den Beispielen gesteuert, die sie genau kennen. Deshalb gibt es auch gegensätzliche Wertungen unter diesen Fachleuten (das hat mir ein Diplomvolkswirt, der sich über Jahre damit beschäftigt hat, selbst so gesagt).
Eule hat geschrieben:Die kapitalistische Wirtschaft produziert immer einen leichten Überschuss, um auf dem Markt stets präsent zu sein. Und über die Werbung wird oftmals erst ein Bedarf "geweckt".
Mit dem Wort "immer" ist diese Aussage definitiv falsch. Hättest du geschrieben "in vielen Bereichen" und das besonders auf die kapitalstarken Großunternehmen bezogen, wäre die Aussage richtig gewesen. Gerade im Mittelstand, und das ist nach wie vor der größte Motor unserer Wirtschaft, wird überwiegend darauf geachtet, keinen Überschuss zu produzieren. Im B2B-Geschäft ist ohnehin seit Jahren die elektronisch gesteuerte "just in time" Herstellung und Lieferung genau nach Bestellung üblich. Man plant also nicht ins Blaue eine Menge, sondern genau nach Bedarf und das Risiko besteht nicht mehr in der eventuellen Überschussproduktion, sondern in der eventuellen Fehlplanung des Personalbedarfs dafür. Davon leben heute die Leiharbeitsfirmen so gut. Auch im Endverbrauchergeschäft planen gerade die Hersteller der höherpreisigen Produkte keinen Überschuss, denn sie haben kein Interesse an sinkenden Preisen. Nur im billig-Massengeschäft stimmt die Aussage mit der regelmäßigen leichten bis manchmal deutlichen Überproduktion.
Auch die Aussage
Eule hat geschrieben:Die Produktion ist immer vor dem Bedarf da.
ist deshalb nur für bestimmte Bereiche richtig, aber keinesfalls mit dem Wort "immer".
Niemand, absolut niemand investiert absichtlich in Überkapazitäten, weil diese immer niedrigere Marktpreise und damit auch niedrigere oder gar keine Gewinne zur Folge haben.
Das Zitat war im Eintrag von Eule ohne Namen zitiert, Ich denke, das kam von Aria. Auch dazu möchte ich die absolute Aussage sehr in Zweifel ziehen. Viele tun das nicht, aber manche schon. Und eigenartigerweise sind es zum Teil ganze Branchen, die sich in Überproduktionen stürzen, ohne sich zuvor die Folgen vollständig klar zu machen. Kann man im Fall der niedrigpreisigen Textilproduktion aus asiatischen Drittländern oder im Fall der europäischen Milchwirtschaft sagen, die hätten nicht ahnen können, wohin das führt? Da hat ganz klar die Absicht dahinter gesteckt, durch Masse (also absichtliche Überproduktion) und billigere Preise andere vom Markt zu verdrängen. Der Bumerang hat dann viele aber am Ende selbst stark getroffen.
Eule hat geschrieben:Warum ist das Risiko im Ausland größer , als dieses im Inland der Fall sein soll?
Weil viele zunächst einmal die Sprache nicht gut genug verstehen. Wenn man z.B. in Frankreich auf englisch verhandelt, unterhalten sich die Franzosen zwischendurch in ihrer Sprache. Ich hatte in den ´80ger Jahren immer alles meinem Chef übersetzt, wenn die sich in ihrer Sprache unterhalten haben. Die haben lange gebraucht, das zu bemerken, bis sie dann gefragt haben, was ich ihm denn zwischendurch auf deutsch gesagt habe. Da hatte ich dann in Französisch geantwortet und die waren einigermaßen erschrocken

.
Kritischer noch ist es in Asien, da viele die Mentalität nicht gut genug kennen. Wenn man da Fehler macht, ist man schnell nicht mehr im Geschäft. Das wurde von vielen lange unterschätzt. Aber es gibt da jetzt spezielle Berater, die die Landessprachen und Gebräuche beherrschen (Sehr hohe Gagen bekommen die Berater für China, die Sprache und Gebräuche beherrschen).
Eule hat geschrieben:Ein großer Markt gibt eine stabilere Grundlage für die Rechnungslegung.
Die Rechnungslegung? Die läuft doch heute über die Programmmodule, die das für weltweit jeden Staat automatisiert nach dem jeweiligen Recht liefern. Sei es SAP bei den größeren Firmen oder z.B. Sage im Mittelstand. Die Rechnungslegung ist auch für Märkte außerhalb Europas für Firmen kein Problem, die sich die entsprechende Software leisten können. Bei Kleinunternehmern, die mit Taxware und ähnlichen kämpfen müssen, sind natürlich die Möglichkeiten begrenzter. Aber eine einheitliche Währung wie der Euro gibt eine stabilere Grundlage für die Kalkulation! Nicht vorhergesehene Währungsschwankungen haben oft erhebliche Wirkungen auf die Bilanzen.
Eule hat geschrieben:Dass in diesem Verkaufen nicht alle in der EU so erfolgreich sind wie Deutschland, liegt am unterschiedlichen Können bzw. Mentalitäten.
Das ist eine Mär. Die deutsche Wirtschaft wurde durch die Agenda 2020 modernisiert und auf stabilere Beine gestellt.
So ganz als Mär abtun kann man diese Aussage nicht. Der letzte Satz ("Die deutsche Wirtschaft ... ") ist voll richtig und für viele durchschnittliche Unternehmen war das entscheidend, aber wir haben doch (hier und auch in einigen angrenzenden Nachbarländern und Skandinavien) eine ganze Reihe Firmen, die in der Qualität Weltmarktführer sind und aufgrund ihres Könnens von anderen nicht eingeholt werden. Eins der bekanntesten Beispiele ist der "Schraubenkönig" R. Würth. Die Mentalität spielt insoweit eine Rolle, dass man immer, wenn die anderen näher kommen, einen Ehrgeiz entwickelt, wieder noch besser zu werden. Erst wenn ein technischer Grenzpunkt erreicht ist, den keiner überschreiten kann, geht hin und wieder eine Produktion an Länder mit niedrigerem Lohn verloren. In manchen Bereichen halten sich dann noch die absoluten Hochpreisprodukte in Europa, mit denen sich die asiatischen Massenproduzenten nicht abgeben (z.B. die neue Hasselblad für ca. 9500 Euro zuzüglich Objektiv).
Zum Umtauschkurs und dem Thema "massenhafte Abwanderung": Man hat ja auch berechnet, was sie Folgen für die Wirtschaft in der ex-DDR gewesen wäre mit z.B. einem Kurs 1:2. Die Rechenmodelle der Wirtschaftswissenschaftler hatte recht katastrophale Folgen ergeben, die schlimmer waren, als mit 1:1. Da nimmt man dann doch besser das geringere Übel, wenn auch keine einzige der denkbaren Lösungen für jeden optimal sein konnte. Es gab jedenfalls kein Modell, das einen schnelleren Aufschwung hätte bewirken können, außer noch mehr Geld aus dem Westen hineinstopfen. Da allerdings war die Belastung mit dem "Soli" für viele Menschen in den unteren Einkommensregionen schon grenzwertig. Die Rechnung mit dem Kurs 1:2 musste auch berücksichtigen, dass dann zunächst alle eingeführten Waren doppelt so teuer gewesen wären. Das hätte die Wirtschaft sehr stark blockiert, so dass man auch für die eigenen Waren so wenig Geld übrig gehabt hätte, dass damit keine längerfristige Verbesserung der Umsätze der eigenen Produktion vorausberechenbar war (nur wenige Monate, aber weniger als 1 Jahr hätte man manche Betriebe noch länger erhalten können - keinen auf dauer, der es mit 1:1 nicht geschafft hat). Gut, die Modell-Rechnungen waren sehr viel umfangreicher und ich kenne da zu wenige Details um mehr dazu zu sagen und Bummler wird entgegnen, dass es "Wessis" waren, die diese Rechnungen durchgeführt haben. Wenn man denen grundsätzlich nicht traut, kann man an der Stelle aber nicht weiter argumentieren.
Zett hat geschrieben:Weniger Sex und "verantwortungsvollen Umgang" (oder besser gesagt: Panik vor Sex) sind nicht - oh Wunder - trotz Porno, sondern wegen Porno.
Quatsch! Das hat damit nun gar nichts zu tun, sondern allein mit den Infektionsgefahren, die heute von der Jugend sehr ernst genommen werden. Es ist ja nicht nur HIV, sondern auch HBV, EBV, HPV ..... die in vielen Fällen langwierige Folgen haben. Übrigens ist die Anzahl der über Sexualkontakte übertragenen tödlichen HBV Infektionen größer, als diejenige der HIV-Infektionen.
Bummler hat geschrieben:Aber ich will auch mal ein Beispiel für den Wandel anbringen.
So habe ich gestern ein "Sparpack" Druckerpatronen gekauft: ....
für 115,99 Euro!
Das Geschäftsmodell ist klar, verdient wird nicht mehr am Gerät, sondern an den laufenden Kosten.
Das sollte man sich mal besser überlegen, bevor man einen Drucker kauft! Der Kunde bestimmt schließlich im Endeffekt, ob eine Firma damit Erfolg hat. Mein Drucker druckt vollkommen gleich gut, wie die HP-Drucker, aber bei mir funktionieren Patronen von Peach einwandfrei (im Text- und Fotodruck vollkommen gleichwertig, wie das Original), bei denen ich 20 Euro für ein fünfer-Pack mit 2 x 15 ml Schwarz und 3 x 10 ml in den drei Farben zahle. Außerdem war der Drucker noch eine Kleinigkeit günstiger, als der vergleichbare von HP. HP hat den Nachbau in einer Weise patentrechtlich geschützt, dass es nur Nachfüllungen, aber keine Fremdpatronen gibt. Die Nachfüllungen sind aber qualitativ nicht gleichwertig.
Weiter hinten schreibst du, dass der Drucker ohne Vorwarnung aufhört. Meiner nicht: auch mit den Peach-Patronen zeigt er zuverlässig den Füllstand sowohl am Displax als auch am PC über das Druckmenü und warnt bei Druckaufträgen ungefähr ab dann, wenn eine nur noch unter 20% hat. Angezeigt wird dann jedes Mal der Füllstand aller Patronen.
Shiva205 hat geschrieben:Den Jugendlichen wird heutzutage zwar (fast) nichts mehr explizit verboten, aber das tabumäßige Totschweigen kindlich-jugendlicher Formen von Sexualität ist vielleicht sogar noch schlimmer als ein Verbot, weil es eine diffuse Angst generiert, die sich tief im Unbewussten einpflanzt.
Unsere Kinder haben da aber als Jugendliche sehr viel mehr mitbekommen, als wir damals. Von Totschweigen kann da nun wirklich keine Rede sein.
[quote="Bummler"]Außerdem, ich habe von "mündigen Bürgern" die "Autoritäten in Frage stellen" mitunter die Nase voll. Nämlich dann, wenn sie sich an keine Regel mehr halten und grundsätzlich protestieren.
Oder, wie jetzt in Guben mal eben 4 Polizisten krankenhausreif schlagen, die nur einen Beziehungskonflikt schlichten wollten.[quote] Was hat denn das jetzt mit "mündigen Bürgern" die "Autoritäten in Frage stellen" zu tun??? Wer Gewalt anwendet, stellt die Demokratie in Frage. Deshalb bin ich da für ein sehr viel härteres Vorgehen gegen solche Leute, als es getan wird. Autoritäten in Frage zu stellen heißt aber, kritische Fragen zum Beispiel im Unterricht zu stellen - um beim zuvor genannten Beispiel der Lehrer zu bleiben. Wir haben seinerzeit für kritische Fragen schnell mal eine 5 eingetragen bekommen! Selbst in Fällen, wenn man zu einer Interpretation eine andere Meinung verteidigt hat, kam das vor!