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Ist das Sittengesetz tatsächlich tot?

Kurioses, Lustiges, Aufmunterndes was unsere Forengemeinschaft interessieren dürfte
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Ist das Sittengesetz tatsächlich tot?

Beitrag von Aria » Mi 25. Dez 2019, 18:26

Aus aktuellen Anlass, sprich aus einem anderen Thread:
CHICO hat geschrieben:Das in Artikel 2 GG angesprochene „Sittengesetz“ – was das auch immer ist - spielt in der aktuellen Rechtsprechung schon viele Jahre keine Rolle mehr. Es ist ein Relikt aus „grauer Vorzeit“.
Das sehe ich anders: Im Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 26. Februar 2008, das sich mit dem Beischlaf zwischen Geschwistern befasst, wird auf dieses Sittengesetz zurückgegriffen. Es wird sogar auf Kodex des Hammurabi, die Bibel und das islamische Recht verwiesen, um zu begründen, dass das Verbot der Geschwisterliebe rechtens sei, weil ein „Verbrechen und Vergehen wider die Sittlichkeit“.

Es ließe sich dazu Einiges sagen, aber ich verweise hier lediglich auf die „abweichende Meinung des Richters Hassemer zum Beschluss des Zweiten Senats vom 26. Februar 2008“, die sich gegen das Ende des verlinkten Dokuments findet.

Was meint ihr: Ist das Sittengesetz, von dem im Art. 2 GG gesprochen wird, tatsächlich tot?

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Re: Ist das Sittengesetz tatsächlich tot?

Beitrag von nordnackt » Mi 25. Dez 2019, 19:41

Nein, die sittlichen Grundlagen, Vorgaben, Gepflogenheiten und Erwartungen unterliegen jedoch einem steten Wandel. Dabei gibt es regional und individualsubjektiv sehr große Abweichungen. Nur besonders streitige Fälle von grundlegender Bedeutung schaffen es mit sehr großer Zeitverzögerung zu den Obergerichten. Regelmäßig fällt es dann schwer, die abstrakten Würdigungen wieder auf Einzelfälle herunterzubrechen. Schwachsinnige Kuriositäten schaffen es dagegen in die Gazetten und verblöden die Gesellschaft.

 
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Re: Ist das Sittengesetz tatsächlich tot?

Beitrag von Tim007 » Mi 25. Dez 2019, 20:45

Die Frage ist spannend, zumal das Formulierungen sind, die oft überlesen werden.

Ich bin bei meiner Recherche auf Kant gestoßen. In Kap. 34 der "Kritik der praktischen Vernunft" bin ich auf folgendes gestoßen:

Zwei Dinge erfüllen das Gemüt mit immer neuer und zunehmender Bewunderung und Ehrfurcht, je öfter und anhaltender sich das Nachdenken damit beschäftigt: Der bestirnte Himmel über mir, und das moralische Gesetz in mir. Beide darf ich nicht als in Dunkelheiten verhüllt, oder im überschwenglichen, außer meinem Gesichtskreise, suchen und bloß vermuten; ich sehe sie vor mir und verknüpfe sie unmittelbar mit dem Bewußtsein meiner Existenz. Das erste fängt von dem Platze an, den ich in der äußern Sinnenwelt einnehme, und erweitert die Verknüpfung, darin ich stehe, ins Unabsehlich-Große mit Welten über Welten und Systemen von Systemen, überdem noch in grenzenlose Zeiten ihrer periodischen Bewegung, deren Anfang und Fortdauer. Das zweite fängt von meinem unsichtbaren Selbst, meiner Persönlichkeit, an, und stellt mich in einer Welt dar, die wahre Unendlichkeit hat, aber nur dem Verstande spürbar ist, ...


Den Anfang kennen wir alle. Ich habe das lange Zitat deshalb gepostet, weil es uns zweierlei lehrt:
1. Moralisches Gesetz und Sittengesetz sind für Kant Synonyme.
2. Das moralische Gesetz ist nicht nur in der Theologie von Relevanz, sondern auch in der Philosophie ...

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Re: Ist das Sittengesetz tatsächlich tot?

Beitrag von Zett » Do 26. Dez 2019, 20:05

Meiner Meinung nach beinhaltet der §118 OWiG einen Großteil des Sittengesetzes - wobei natürlich mit der Zeit andere Vorstellungen darüber entstehen werden, was "grober Unfug" ist.

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Re: Ist das Sittengesetz tatsächlich tot?

Beitrag von HTJ » Fr 27. Dez 2019, 08:06

Ich denke, dass es zu allen Zeiten so war und immer sein wird, dass es sich nach dem aktuellen Zeitgeist richtete, was für Gesetze beschlossen wurden und wie sie von Gerichten ausgelegt wurden. Deshalb befürchte ich, das vielleicht die Zukunft nichts Gutes bringt was Nacktheit betrifft.

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Re: Ist das Sittengesetz tatsächlich tot?

Beitrag von Aria » So 29. Dez 2019, 18:51

Das befürchte ich auch.

 
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Re: Ist das Sittengesetz tatsächlich tot?

Beitrag von Tim007 » Mo 30. Dez 2019, 10:14

HTJ hat geschrieben:Ich denke, dass es zu allen Zeiten so war und immer sein wird, dass es sich nach dem aktuellen Zeitgeist richtete, was für Gesetze beschlossen wurden und wie sie von Gerichten ausgelegt wurden. Deshalb befürchte ich, das vielleicht die Zukunft nichts Gutes bringt was Nacktheit betrifft.


Warum so negativ?
Zunächst einmal ist es zu begrüßen, dass sich die Gesetze den neuen Gegebenheiten anpassen. Allein die straf- und familienrechtlichen Veränderungen der letzten 100 Jahre sind spektakulär und größtenteils zu begrüßen.

Hinsichtlich der faktischen Situation liegt es auch an uns, Einfluss zu nehmen, etwa durch eigenes Vorleben oder sogar Proteste, s. Hooksiel (?; Ostfriesenpaar wird mehr dazu sagen können).

 

Re: Ist das Sittengesetz tatsächlich tot?

Beitrag von HaJo » Mo 30. Dez 2019, 11:25

Tim007 hat geschrieben:Warum so negativ?
Zunächst einmal ist es zu begrüßen, dass sich die Gesetze den neuen Gegebenheiten anpassen.
Naja...
Gesetze passen nicht "sich" an, sie werden angepasst.
Blick zurück in unsere Vergangenheit - Ermächtigungsgesetz -, blick nach Polen, Ungarn etc.

Blödsinn ist leicht geschrieben.
Die Folgen der sich anpassenden Gesetze wiegen bisweilen schwer.

Aber, Hauptsache, du GLAUBST an etwas!

 
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Re: Ist das Sittengesetz tatsächlich tot?

Beitrag von Tim007 » Mo 30. Dez 2019, 14:02

Wurdest Du auch als Lehrer von dieser notorischen Übellaunigkeit geplagt?

 

Re: Ist das Sittengesetz tatsächlich tot?

Beitrag von HaJo » Mo 30. Dez 2019, 18:09

Tim007 hat geschrieben:Wurdest Du auch als Lehrer von dieser notorischen Übellaunigkeit geplagt?

Wenn nichts mehr geht, folgt der Tritt in die Eier?

Mann...

Oder warum interessiert die jetzt meine Vergangenheit? Zudem mit einer Unterstellung, die wie der sprichwörtliche Dreck wohl schon kleben bleiben wird.

Im Ernst - und nicht übellaunig:
Ich bin froh und glücklich, nicht deiner Weltanschauung anzugehören!
Sehr froh!

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