Beim Lesen der letzten zwei Seiten des Threads bekomme ich den Eindruck, manch einer sieht nur Schwarz oder Weiß und nichts dazwischen. Ich meine die gegensätzlichen Forderungen: Regulierung wird gebraucht - Regulierung soll ganz unterbleiben.
Da ist doch erst einmal zu fragen, wer oder was soll reguliert werden? Der einzelne Bürger (wie in dem von Aria verlinkten Beispiel aus Japan) oder Lebensmittelhersteller oder auch Kantinenbetriebe? Wir finden uns doch nur dann in der persönlichen Freiheit eingeschränkt, wenn die Regulierung den einzelnen Bürger betrifft. Da bin ich auch der Meinung, dass dies auf Ausnahmefälle beschränkt bleiben muss, bei denen sich der Einzelne nicht nur selbst, sondern auch andere schädigt (Beispiel: Begrenzung des Rauchens auf Raucherzonen - das finde ich, war richtig).
Beim Thema Ernährung und Sport wäre es aber für den Einzelnen eine große Hilfe ohne Einschränkung, wenn es mehr Regulierungen der Lebensmittelhersteller, Kantinenbetriebe und Sport-Dezernate der Kommunen gäbe. In meiner Ex-Firma gab es die letzten fast 10 Jahre, die ich dort war immer neben drei anderen Auswahlgerichten auch eins im Sinne einer besonders gesundheitsbewussten Ernährung. Viele haben das Angebot angenommen, die zuvor kaum noch in die Kantine gegangen waren. Also: eine Maßnahme (hier veranlasst durch die medizinische Abteilung, die aber durchaus auch mit Regulierungen allgemein gefördert werden könnte), die für viele eine große Hilfestellung war - und das waren nicht nur die Herz-und Kreislaufkranken!
Beim Sport wäre schon lange eine Regulierung erforderlich, die es Vereinen ermöglichte, sehr kostengünstige Angebote für Jugendliche im Programm zu haben. Hier wurden in der Zeit vor rund 10-15 Jahren viele Hallen-Ballsport-Angebote gestrichen, weil die immer teureren Hallenkosten zu Beiträgen geführt haben, die viele Eltern für die Sportvereine für ihre Kinder nicht mehr zahlen konnten. Wenn man aber kaum noch alternative Angebote hat, bleibt die Jugend natürlich vor den Spielkonsolen hängen.
hajo hat geschrieben:Was mich viel mehr stört, dass ich heute keine Dose Erbsen oder Bohnen etc. mehr erwerben kann, ohne auch eine gehörige Menge Zucker mit zu kaufen. Den will ich gar nicht. Falls doch, wäre ich sehr wohl in der Lage selbst zu süßen.
Gegenfrage: Warum kaufst du Dosen? Meine letzten Dosen habe ich während meines Studiums gekauft. Seit ich verheiratet war (noch in der Zeit an der Uni), waren Dosen tabu! Auch reinen Zucker, gesüßten Joghurt etc. haben wir seit über 40 Jahren nicht mehr gekauft, Ketchup nur dann, wenn Gäste kommen, süße Nachspeisen aber schon gelegentlich, dann aber in hoher Qualität. Wenn man so gewohnt ist, sich zu ernähren, kann man so süße Joghurt wie die von Bauer nicht essen. Das gilt auch für alle gezuckerten Getränke und Säfte. Die Geschmacks-Sensibilität ist so hoch, dass man die als extrem übertrieben süß empfindet. Das war während meines Studiums noch ganz anders und manche Andere haben mir bestätigt, dass sie schon nach wenigen Monaten einer Umstellung auf zuckerarm diese hohe Sensibilität haben und viel mehr Feinheiten in vielen natürlichen Geschmacksrichtungen empfinden können. Also ist das im Endeffekt ein ganz klarer Gewinn an Genuss-Möglichkeiten. Da aber diese Gewöhnung an Zucker und damit Abnahme der Süß-Empfindung schnell stattfindet, wollen die meisten Menschen immer mehr und mehr Süßes (Billig-Schokolade, die außer Süß überhaupt kein gutes Aroma hat wird deshalb in Massen gekauft - meine Frau sagt dazu nur igitt!). Die Industrie nutzt das und hat in den letzten 50 Jahren zunehmend immer mehr Zucker überall hineingebracht, weil immer das, was etwas süßer war, mehr gekauft wurde. Es ist also eine von den Menschen eigentlich ganz klar nicht gewollte und ganz unbewusst eingetretene Entwicklung zu dieser Geschmacks-Abstumpfung und dem Kauf immer stärker gesüßter Produkte. Wenn das nicht ein Punkt ist, wo zum Schutz der Menschen längst erhebliche Regulierungen bei den Herstellern erforderlich gewesen wären, dann erklärt mir mal warum nicht!
Hinzu kommt auch noch das Thema Geschmacksverstärker, die tatsächlich im direkten Vergleich vieler Produkte zu einem intensiveren Geschmacksempfinden führen. Aber die haben die Nebenwirkung, dass das normalerweise natürlich sich einstellende Sättigungsgefühl ausbleibt. Man fühlt sich erst dann satt, wenn der Magen die Dehnungsgrenze erreicht hat. Also essen viele zu viel, ohne es eigentlich wirklich zu wollen, und das nur, weil die Industrie bessere Gewinne macht mit den Produkten, die beim Vergleich nebeneinander erst einmal dieses verstärkte Geschmackserlebnis bieten. Hätte man den Vergleich nicht, würde das niemand vermissen. Es ist also ein Konkurrenzkampf der Lebensmittelkonzerne, der auf Kosten der Gesundheit der Verbraucher ausgetragen wird. Und da ist keine Regulierung sinnvoll?
Also wie gesagt: keine Regulierung der einzelnen Menschen, aber deutliche Regulierung der Hersteller! Nur wie soll das möglich sein, solange wir Minister haben, die keine Ahnung von dem haben, wofür sie zuständig sind? Lest nur mal dieses Beispiel, was der Minister sagt, und was der Ernährungs-Experte (weiter unten auf der Seite) dazu sagt:
http://www.medicum-hamburg.de/files/ima ... konsum.pdfBei uns werden eben die Minister beliebig hin und her geschoben, egal, ob einer von der Sache was versteht.
Zu dem Beispiel aus Japan muss man allerdings die dortige Kultur verstehen. So wäre das hier unmöglich, passt aber zur dortigen Kultur. Hier brauchen wir viel mehr Möglichkeiten, die die Menschen ohne erheblichen Mehraufwand annehmen könnten. Information gibt es schon viel, vielleicht aber auch noch nicht genug (zu viele wissen z.B. noch nichts über die Schädlichkeit der Cola-Getränke für Herz, Kreislauf, Diabetesauslösung und Knochenschwund wegen der Phosphate). Angebote zur gesundheitlich kontrollierten sportlichen Betätigung, die für die durchschnittlichen Einkommensgruppen bezahlbar sind, werden viel mehr gebraucht. Fittneszentren in großen Firmen (Lufthansa zählte zu den ersten), die Mitarbeiter günstig nutzen können, werden sehr gut besucht. Wo es die nicht gibt, haben die Leute "geloost". Klar, es geht auch sehr kostengünstig, wird Zett jetzt einwenden wollen. Das ist auch richtig, aber zum Gesundheitslaufen dieser Art bekommen wir die meisten Menschen nie.
Dann müsste es Möglichkeiten geben, auch ohne die Mehrkosten in Biomärkten, gesundheitsorientiert hergestellte vorgefertigte Lebensmittel kaufen zu können. Selber machen ist natürlich immer besser und kann auch billiger sein. Aber auch dazu bekommen wir die meisten Menschen nicht mehr. Ohne eine Regulierung für jeden Hersteller, einen bestimmten Prozentsatz nach klar definierten gesundheitlichen Gesichtspunkten herzustellen und so zu kennzeichnen, wird es die Industrie nicht machen.
Noch nie! Wirklich. Ich kaufe nicht, was ich nicht will. Sonderangebot, Grabbeltisch oder was auch immer.
Das kann ich auch bestätigen! Aber das heißt nicht, ich würde nie ein Sonderangebot kaufen, allerdings nur dann, wenn ich genau dasselbe Produkt sonst vielleicht zu einem anderen Zeitpunkt auch kaufen würde, niemals jedoch etwas, was ich sonst nicht kaufe.