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Dokumente des gesellschaftlichen Wandels

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Re: Dokumente des gesellschaftlichen Wandels

Beitrag von Eule » Mi 27. Mai 2015, 02:24

Die Medien haben eine Doppelfunktion. Einerseits haben sie eine berichtende Funktion und der Bericht als solcher ist eigentlich wertfrei, wenn dieser gut ist. Anderseits haben sie auch eine meinungsbildended Funktion, nämlich durch die Schwerpunktsetzung in ihren Berichten.

Mode folgt einigen Grundregeln, die immer gleich sind.
1. Regel, die Sommerbekleidung wird mit hellen und bunten Farben ausgestattet, die Winterkleidung mit bedeckten bis dunklen Farbtönen.
2. Regel, die farbliche Mischung wird jedes Jahr verändert.
3. Regel, der Schnitt wird jedes Jahr etwas anders gesetzt.
4. Regel, die Stoffe werden jeweils aus anderen Fasermischungen zusammen gestellt.
Diese vier Regeln ermöglichen eine derartige Gestaltungsvielfallt, so dass modische Wiederholungen erst in der nächsten bis übernächsten Generation zu erwarten sind. Wenn man sich die Geschichte der Mode und ihre Veränderungen ansieht, so stellt man fest, dass der Zyklus der Veränderungedn jetzt erheblich kürzer ist und dieses nicht zwingend auf eine Veränderung der Auffassung von Sexualität in der Bevölkerung hinweist. Gleiches trifft auf die Literatur und die bildgebenden Künste zu.

Aria, es trifft auch zu, dass aus Einzelmeinungen sich ein Trend entwickeln kann. Wir unterscheiden uns nur in der Bewertung der Einzelmeinung. Es hat stets sog. Ausreißermeinungen gegeben, mal in der einen und ein anderes Mal in die andere Richtung. Mir scheint es so, dass du diese Ausreißerfunktion (ein Begriff aus der Statistik) nicht berücksichtigst.

Europa war schon einmal sehr frei: Als sie sich vom Joch der christlichen Kirchen befreite, die bis dahin das Sagen in moralischen Frage hatte. Das war die Zeit der Aufklärung.
Und Europa ist in dieser Hinsicht immer noch frei. Aber die Aufklärung war weniger eine Befreiung der Moral, es war eine Befreiung der Wissenschaft. Die Befreiung der Moral erfolgte über die Philosophie und später daraus folgend aus der Pädagigik. Es trifft jedoch zu, dass die Theologie dieser Entwicklung stets nachhinkt.

Die Freiheit wurde aufs Neue mit alter, bisweilen noch rigoroseren Moral ersetzt – man nannte es hinterher das viktorianisches Zeitalter.
Ich kann hier deinem Gedankengang nicht folgen. Die Aufklärung hat keine moralische Lehrsätze gesetzt, aufgehoben oder umformuliert. Schau dir doch die Haltung von Rousseau an, die er in seinem Buch "Emil oder Über die Erziehung" veröffentlich hat. Die heutige Pädagogik hat hier eine andere Einstellung, die jedoch nicht von der Theologie in der einen oder anderen Richtung beeinflusst wurde. FKK war eine Bewegung einer kleinen Minderheit und hatte zu keinem Zeitpunkt eine durchschlagende Wirkung auf die Gesamtgesellschaft. Die Reformgedanken wurden durch den Faschismus abgewürgt. Die sog. sexuelle Revolution hat zu keiner echten Veränderung der moralischen Auffassung der Bevölkerung geführt. Man redet jetzt mehr oder weniger offen über Sexualität, aber eine Verhaltensänderung oder Neuberwertung der Sexualität hat nicht oder wenn dann kaum stattgefunden. Ich kann jetzt wirklich keine Veränderung in der moralischen Auffassung der Prüderie der 50ger Jahre sehen und erkennen.

Was ich jedoch deutlich sehe, ist eine sehr starke Verunsicherung aufgrund der neuen Medien. Da mag Einiges beim oberflächlichen Betrachten so aussehen, als ob man in die vergangene Prüderie zurück fallen würde. Wenn man aber genauer hinsieht, so stellt sich dieser Sachverhalt von der inneren Motivation anders dar.

Dort, wo du eine Abkehr von der christlichen Moralvorstellung feststellen kannst, war der Kommunuismus in seinen Anfangszeiten, deutlich in der UdSSR und Kuba. Dort wurde aber die Freizügigkeit relativ schnell wieder kassiert, und dieses ohne Einfluss von religiösen Vorstellungen.

Eule hat geschrieben:
Den von Aria befürchteten gesellschaftlichen Wandel in die Prüdedrie der 50ger/60ger Jahre des vergangenen Jahrhunderts sehe ich nicht. Ich sehe lediglich eine sehr starke Verunsicherung der Menschen wegen der neuen Medien, der Nutzung der neuen Medien und der Unmöglichkeit, Nachrichten aus den neuen Medien entfernen zu können.


Auch das ist falsch, Eule, denn dieser Wandel setzte ein als es die sogenannten neuen Medien noch nicht gab.
Jede betonte Vorwärtzbewegung wird später in einem gewissen Teil wieder zurück genommen, ohne dass dieses gesellschaftspolitisch Bedeutsam ist. Es kommt eben nicht nur auf das äußere Bild an, es kommt auf die Motivation an. Welche gesellschaftspolitische Bededutung hat es für die Gesamtgesellschaft, ob in einem abgeschlossenem FKK-Gebiet in einem Laden nackt oder mit gewisser Grundbekleidung eingekauft wird? Da spielt sich etwas innerhalb eines geschlossenen Raumes ab, was außerhalb dieses Raumes nicht zur Kenntnis genommen wird. Verdammt noch mal, wo liegt hier der gesellschaftspolitische Wert für die Gesamtgesellschaft? Es hat ja auch für dich keine Bedeutung, ob in einem Kloster in der Klasur die Möncher eine Kutte tragen oder nicht. Und weil du dieses nicht wahrnimmst und nicht wahr nehmen kannst, hat dieses doch für dich keine Bedeutung. Und genauso verhält es sich mit der Frage, ob die Nudisten innerhalb eines abgeschlossenen FKK-Geländes in einem nur dort zugänglichen Laden nackt einkaufen oder nicht. Auch wenn Campingliesel diese Beobachtung im alten Forum berichtete und ich zweifel die Richtigkeit des Berichtes von Campingliesel nicht an, das ändert doch nichts an der fehlenden Außenwirkung auf die Gesamtgesellschaft. Denke doch bitte den Gedanken zu ende und bleibe nicht bei dem formalen Bild hängen.

Zett hat geschrieben:
Hinzu kommt wahrscheinlich ein ohnehin ständiger Wechsel, weil Kinder dazu neigen, den Ansichten der früheren Generation entgegenzustehen.


Das trifft die Sache schon eher: Es sind die neuen Generationen, die den Zeitgeist bestimmen. Konkret auf die FKK bezogen: Waren die älteren Generationen prüde, war das die Jugend nicht – und umgekehrt.
Der Bezug auf FKK ist hier nicht richtig gesetzt. Es gibt eine zeitweilige, also Entwicklungsperiodisch bedingt, Abkehr der Jugendlichen vom FKK. Viele kehren später zum FKK zurück. Damit ist die gefällte Aussage im Bezug auf FKK nicht unbedingt richtig und daher falsch.

 

Re: Dokumente des gesellschaftlichen Wandels

Beitrag von Friedjof » Mi 27. Mai 2015, 13:01

Eule hat geschrieben:@ Friedjof
Arias Sorge der Rückentwicklung unserer Gesellschaft zur Prüderie orientiert sich nicht an modische Erscheinungen.

Die von mir genannten Beispiele, die auf eine zunehmende Prüderie in unserer Gesellschaft hindeuten (rund ein Dutzend) sind keine Modeerscheinungen. Mode kommt und geht. Sie wechselt mitunter innerhalb eines halben Jahres. Die Veränderungen, die ich aufzählte und bestimmt noch ergänzt werden können sind Verhaltensänderungen in der Gesellschaft, die über Jahre „gewachsen“ sind und mit Modetrends nichts zu tun haben. Derart schleichend über viele Jahre hat sich keine Mode und kein Trend entwickelt.
Nein, die von mir genannten Verhaltensänderungen in unserer Gesellschaft bezgl. Sexualität und der Einstellung zur Nacktheit hat andere Ursachen. Eine Modeerscheinung ist das nicht.
Eule hat geschrieben:Aria nutzt Beispiele, die auf eine innere Einstellung der Menschen zeigen. Um die These von Aria belegen zu können, musst du das gesamtgesellschaftliche Umfeld und die technischen Möglichkeiten sehen. Ebenso wie Aria hast du dieses jedoch nicht im Blickfeld und daher geht dein Schluss fehl. Du musst also nicht nur sehen, wo verändert sich etwas, sondern auch, warum verändert sich dieses.

Ausgehend von der Annahme, dass der sich seit vielen Jahren vollziehende Prozess der Veränderung hin zu einer sexualfeindlichen Gesellschaft eben nicht von einem Modetrend bestimmt oder beeinflusst wird bin ich geneigt, Arias These der inneren Einstellung der Menschen zum Sexualverhalten und Nacktheit zu folgen. Natürlich gibt es Gründe für die sich vollziehende Veränderung hin zu einer körperfeindlichen, Sex und Nacktheit tabuisierende Gesellschaft. Nur sehe ich die nicht allein den Errungenschaften der modernen Technik geschuldet.
Eule hat geschrieben:Den von Aria befürchteten gesellschaftlichen Wandel in die Prüdedrie der 50ger/60ger Jahre des vergangenen Jahrhunderts sehe ich nicht.

Nicht? Da sind wir doch längst wieder. Zumindest eilen wir mit riesigen Schritten zurück in diese Zeit. Manchmal habe ich den Eindruck als lebe ich in einer einzigen großen Tabuzone.
Eule hat geschrieben:Ich sehe lediglich eine sehr starke Verunsicherung der Menschen wegen der neuen Medien, der Nutzung der neuen Medien und der Unmöglichkeit, Nachrichten aus den neuen Medien entfernen zu können. Aber dieses ist eben ein Problem, welches sich nicht mit der Sorge von Aria deckt.

Die neuen Medien, mit denen ich bestens vertraut bin, haben sicherlich zu der sich vollziehenden Veränderung der Gesellschaft hin zur Prüderie beigetragen. Fast ausnahmslos alle junge Menschen sind mit einem Smartphone ausgestattet, mit dem ruck-zuck jede Situation aufgenommen und mit ein paar Klicks an Freunde weitergeleitet oder für die Ewigkeit im Netz gespeichert werden kann. Das macht Angst, Angst vor Bloßstellung. Ich denke aber, dass diese Angst vor den Möglichkeiten, die die neuen Medien bieten nicht der ursächliche Grund für die weiter zunehmende körperfeindliche Einstellung der Bevölkerung darstellt. Eben deshalb, weil dieser Veränderungsprozess kein „Modetrend“ ist sondern sich innerhalb der letzten ca. 30 Jahre vollzogen hat. Damals gab es noch nicht mal ein Handy.
Eule hat geschrieben:Aria hat dieses Problem leider noch nicht auf ihrem Schirm. Entweder sieht sie dieses Problem nicht oder sie unterschätzt dieses.

Ich denke, dass Aria auch das Problem oder besser die Möglichkeiten der neuen Medien in ihre Betrachtungen und Überlegungen mit einbezieht. Das mache ich auch. Dennoch kommen wir zu einem anderen Schluss.
Eule hat geschrieben:Dir kann ich auch nur raten, das Problem der neuen Medien in der Betrachtung mit einzubeziehen, um nicht zu einem Fehlschluss zu kommen.
Das was Aria beobachtet und berichtet ist ebenso richtig, wie das, was du anführst. Nur eueren Schluss, den ihr daraus zieht, der geht fehl.

Diese beiden letzten Sätze von dir finde ich überheblich. Auch wenn weder Aria noch ich einen Beweis für unsere Hypothesen erbringen können kannst du unsere Aussagen nicht wiederlegen. Von daher bleibt die Frage, wer von uns hier zu einem Fehlschluss gekommen ist. Immerhin haben Aria und ich unsere Hypothesen begründen können. Bei deinen Aussagen vermisse ich da etwas. Deine Behauptungen wie etwa „…ist so nicht richtig“ oder „…geht fehl“ entbehren handfeste und nachvollziebare Begründungen. Du machst es dir zu einfach wenn du immer nur behauptest, dass der andere mit seiner Meinung danebenliegt. Ich sage dir ja auch nicht, dass du mit deinen Theorien falsch liegst. Vielleicht liegen wir beide ja gar nicht so falsch, wobei mir deine „Modetheorie“ bzw. die Angst vor den neuen Medien noch nicht schlüssig erscheint.

 

Re: Dokumente des gesellschaftlichen Wandels

Beitrag von Friedjof » Mi 27. Mai 2015, 13:01

Eule hat geschrieben:... Jede betonte Vorwärtzbewegung wird später in einem gewissen Teil wieder zurück genommen, ohne dass dieses gesellschaftspolitisch Bedeutsam ist. Es kommt eben nicht nur auf das äußere Bild an, es kommt auf die Motivation an. Welche gesellschaftspolitische Bededutung hat es für die Gesamtgesellschaft, ob in einem abgeschlossenem FKK-Gebiet in einem Laden nackt oder mit gewisser Grundbekleidung eingekauft wird? Da spielt sich etwas innerhalb eines geschlossenen Raumes ab, was außerhalb dieses Raumes nicht zur Kenntnis genommen wird. Verdammt noch mal, wo liegt hier der gesellschaftspolitische Wert für die Gesamtgesellschaft? Es hat ja auch für dich keine Bedeutung, ob in einem Kloster in der Klasur die Möncher eine Kutte tragen oder nicht. Und weil du dieses nicht wahrnimmst und nicht wahr nehmen kannst, hat dieses doch für dich keine Bedeutung. Und genauso verhält es sich mit der Frage, ob die Nudisten innerhalb eines abgeschlossenen FKK-Geländes in einem nur dort zugänglichen Laden nackt einkaufen oder nicht. Auch wenn Campingliesel diese Beobachtung im alten Forum berichtete und ich zweifel die Richtigkeit des Berichtes von Campingliesel nicht an, das ändert doch nichts an der fehlenden Außenwirkung auf die Gesamtgesellschaft.

Wahrscheinlich beziehst du dich hierauf:
Campingliesel hat geschrieben:und nochwas: Ich habe mich nur sehr gewundert, als ich 2002 wieder das 1. mal seit langer Zeit (also 20 Jahre später) auf Koversada war, und gesehen habe, daß einige Leute neuerdings zum Sport etwas angezogen haben oder im Supermarkt es nicht mehr erwünscht war, nackig einzukaufen.

Dazu muss ich aber sagen, dass wir gerade in FKK-Anlagen im ehemaligen Jugoslawien diese Erfahrung bereits Anfang der 1980er Jahren machten. In aller Regel war es untersagt, die Lebensmittelmärkte in FKK-Anlagen nackt zu betreten.
Ich kann mich an ein Gespräch mit einem Einheimischen erinnern, der in Deutschland als „Gastarbeiter“ lebte und von daher relativ gut Deutsch sprach. Der sagte mir damals, dass für die Bevölkerung FKK zwar kein Problem sei aber nur, soweit sie nicht ständig mit den nackten Touristen konfrontiert werden. Für nicht wenige Männer sei es ein Problem, ihre Frauen oder Töchter auf einem FKK-Campingplatz arbeiten zu lassen. Nur sei es eben so, dass Arbeitsmöglichkeiten knapp seien und insbesondere Frauen annehmen müssten, was sich ihnen bietet.
Das Nacktverbot in den Lebensmittelmärkten der FKK-Anlagen ist demnach also ein Zugeständnis an die Moralvorstellungen der einheimischen Bevölkerung (90% katholisch).

 
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Re: Dokumente des gesellschaftlichen Wandels

Beitrag von Eule » Mi 27. Mai 2015, 23:33

@ Friedjof
Nein, die von mir genannten Verhaltensänderungen in unserer Gesellschaft bezgl. Sexualität und der Einstellung zur Nacktheit hat andere Ursachen.
Hat es wirklich eine signifikante Veränderung unserer Einstellung zur Sexualität durch die sog. sexuelle Revoluition gegeben? Ich sehe nur folgendes: wir reden heute freier über Sexualität, wir kommen heute leichter an Nacktbilder und werden nun hemmungslos mit Pornographie zugeschüttet. Hat dieses etwas an unserer inneren Einstellung zur Nacktheit verändert? Der sesxuelle Vollzug, das Liebesspiel im engeren Sinne ist nach wie vor eine private Sache und nicht für die Öffentlichkeit. "Wir leben ja nicht wie die Karnickel!"

Ist die Nacktheit enttabuisiert worden? Wirklich? Ja, es war mal in, im Urlaub Nackt am Strand zu sein. Man geht in die Gemeinschaftssauna und bekennt sich dazu. Und jetzt ist dieses etwas zurück gegangen. Ist dieser Rückgang nicht einer normalen Entwicklung geschuldet? Nach einer Befreiung bewegen sich alle gemäß der neuen Freiheit, halten dieses aber nicht lange durch, weil eben diese neue Freiheit nur formal erlebt und nicht mit einem tieferen Sinn gefüllt wurde. Die Menschen liegen nicht mehr nackt an den Stränden, nicht weil sie jetzt moralische Bedenken haben. Nein, es ist einfach nicht mehr in. Man izeigt durch die Nacktheit nicht mehr seine Modernität. Aber dieses ist doch kein Rückschritt in die Prüderie der 50er-Jahre!

Die neuen Medien, mit denen ich bestens vertraut bin, haben sicherlich zu der sich vollziehenden Veränderung der Gesellschaft hin zur Prüderie beigetragen. Fast ausnahmslos alle junge Menschen sind mit einem Smartphone ausgestattet, mit dem ruck-zuck jede Situation aufgenommen und mit ein paar Klicks an Freunde weitergeleitet oder für die Ewigkeit im Netz gespeichert werden kann. Das macht Angst, Angst vor Bloßstellung.
Diese Angst und die Unsicherheit im Wissen, was den heute erlaubt ist, wo Grenzen überschritten werden und wann es gefährlich (ersatzpflichtig und/oder strafbar) werden kann, wenn man nackte Personen und hier insbesondere nackte Kinder fotografiert, hat zu einer übervorsichtigen, jas sogar hysterisch-abwehrenden Verhalten geführt, welches aber moralisch keine Veränderung in Richtung Prüderie bedeutet.

Ich will es hier mal mit drei Beispielen aufzeigen:
Bild 1: http://b6.za.icdn.ru/t/teeny4girl/5/40285025omm.jpg Ein harmoles FKK-Kinderbild. Ist dieses Bild noch erlaubt oder nicht?
Bild 2: http://b6.za.icdn.ru/t/teeny4girl/8/42931288NKD.jpg Ein Bild, was du heute in vielen Schwimmbädern sehen kannst. Ist dieses ein harmoles Bild oder hat dieses Bild schon einen sexuelle aufreizenden Charakter?
Bild 3: http://b6.za.icdn.ru/t/teeny4girl/2/42931292gbp.jpgEin Foto, bei dem sich die Geister scheiden. Einige mögen dieses Bild als völlig harmlos ansehen. Man sieht ja nichts. Andere werden entgegnen, dass dieses ein aufreizendes Bild ist. Die Haltung des Kindes ist nicht Kindgerecht und die Bildkomposition deute eindeutig auf einen sexuellen Hintergrund hin. Man sehe zwar nichts. Aber es werde die Erwartung an dem Verborgenem geweckt und angestachelt.
Die Bilder 1 und 2 hätterst du so auch in den 50er-Jahren gesehen. Beim Bild 2 hätte man aber gesagt, dass das Kind unbedingt einen neuen Badeanzug bednötigen würde. Das Bild 3 war in den 50er-Jahren nicht zeigbar. Es wäre als pornographisch eingestuft und entsprechend behandelt worden.

Aber bitte, wo ist die Rückentwicklung in die Prüderie der 50er-Jahre? Ich sehe sie wirklich nicht.

Ich denke aber, dass diese Angst vor den Möglichkeiten, die die neuen Medien bieten nicht der ursächliche Grund für die weiter zunehmende körperfeindliche Einstellung der Bevölkerung darstellt.
Das sehe ich auch so. Aber im Unterschied zu dir und Aria sehe ich diese neuen Medien als einen erheblichen zusätzlichen Faktor der Verunsicherung.

Ich kommde zu dem Schluss, dass du und Aria in eurer Meinung fehl geht, weil ich die Situation der 50er- und 60er-Jahre, also diese Prüderie, in meiner Kindheit und Jugend erlebt habe. Ich war damals in der kirchlichen Jugendarbeit aktiv und habe auch Jugendgruppen geführt. Mir ist die Thematik dieser und der Folgejahre durchaus noch präsent, weil ich ja als Sozialpädagoge im Studium und im Beruf immer wieder mit diesen Themen konfrontiert wurde. Ich sehe eure Sorge ja als berechtigt an, nur bewerte ich diese nicht so negatgiv, wie ihr es macht.

 
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Re: Dokumente des gesellschaftlichen Wandels

Beitrag von Eule » Mi 27. Mai 2015, 23:50

@ riedjof
Dazu muss ich aber sagen, dass wir gerade in FKK-Anlagen im ehemaligen Jugoslawien diese Erfahrung bereits Anfang der 1980er Jahren machten. In aller Regel war es untersagt, die Lebensmittelmärkte in FKK-Anlagen nackt zu betreten.
Das glaube ich dir unbenommen. Dieses hat mit den neuen Medien nichts zu tun, jedoch auch nicht mit einer veränderten moralischen Grundauffassung. Dieses dürfte wohl hygienischen Gründen geschuldet sein.

Ich kann mich an ein Gespräch mit einem Einheimischen erinnern, der in Deutschland als „Gastarbeiter“ lebte und von daher relativ gut Deutsch sprach. Der sagte mir damals, dass für die Bevölkerung FKK zwar kein Problem sei aber nur, soweit sie nicht ständig mit den nackten Touristen konfrontiert werden.
Touristen sollen sich auch innerhaslb des textilen Bereich in Hotels entsprechend anziehen und nicht in Badebekleidung Essen gehen. Das hat aber nun nichts mit Moral zu tun.
Für nicht wenige Männer sei es ein Problem, ihre Frauen oder Töchter auf einem FKK-Campingplatz arbeiten zu lassen. Nur sei es eben so, dass Arbeitsmöglichkeiten knapp seien und insbesondere Frauen annehmen müssten, was sich ihnen bietet.
Vor einigen Jahren gab es zu diesem Thema einen Film, sehr gut gemacht. Genau dieses Aussage wurde dort thematisiert.
Das Nacktverbot in den Lebensmittelmärkten der FKK-Anlagen ist demnach also ein Zugeständnis an die Moralvorstellungen der einheimischen Bevölkerung (90% katholisch).
Dieses würdest du auch nach dem Sehen des Filmes so sagen. Jedoch wird hier eine andere Aussage getroffen. Sie zeigt auf eine sehr alte, dort ansässige Vorstellung von der Stellung der Männer und Frauen. Diese archaischen Vorstellungen werden über die Religion abgearbeitet, haben jedoch mit der Religion im engeren Sinne nichts zu tun. Also nicht nur formal an das Problem heran gehen, sondern nach den Hintergründen forschen und sehen. So werden Irrtümer vermieden.

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Re: Dokumente des gesellschaftlichen Wandels

Beitrag von Aria » Do 28. Mai 2015, 13:46

Eule hat geschrieben:Hat es wirklich eine signifikante Veränderung unserer Einstellung zur Sexualität durch die sog. sexuelle Revoluition gegeben?
Ja, siehe Wikipedia – Zitat: Der Aufschwung der FKK-Bewegung ging zeitlich mit der gesellschaftlichen Liberalisierung der 68er-Bewegung einher.

Eule hat geschrieben:Ich sehe nur folgendes: wir reden heute freier über Sexualität, wir kommen heute leichter an Nacktbilder und werden nun hemmungslos mit Pornographie zugeschüttet.
Wir werden mit Pornografie zugeschüttet? Nein, man muss auch im Internet nach Pornografie suchen. Und dass wir heute freier über die Sexualität reden, hat nichts damit zu tun, wie man zur Nacktheit und Sex steht.

Eule hat geschrieben:Ist die Nacktheit enttabuisiert worden? Wirklich? Ja, es war mal in, im Urlaub Nackt am Strand zu sein. Man geht in die Gemeinschaftssauna und bekennt sich dazu. Und jetzt ist dieses etwas zurück gegangen. Ist dieser Rückgang nicht einer normalen Entwicklung geschuldet? Nach einer Befreiung bewegen sich alle gemäß der neuen Freiheit, halten dieses aber nicht lange durch, weil eben diese neue Freiheit nur formal erlebt und nicht mit einem tieferen Sinn gefüllt wurde. Die Menschen liegen nicht mehr nackt an den Stränden, nicht weil sie jetzt moralische Bedenken haben. Nein, es ist einfach nicht mehr in.
Eben: Es ist nicht mehr in. Du sagt mit anderen Worten das gleiche wie Friedjof und ich: Die Zeiten haben sich geändert. Und dass das eine normale Entwicklung ist, sage ich schon von Anfang an – zuletzt in meinem vorigen Beitrag, in dem ich über die Zeit der Aufklärung und das nachfolgende viktorianischen Zeitalter schrieb.


Eule hat geschrieben:Diese Angst und die Unsicherheit im Wissen, was den heute erlaubt ist, wo Grenzen überschritten werden und wann es gefährlich (ersatzpflichtig und/oder strafbar) werden kann, wenn man nackte Personen und hier insbesondere nackte Kinder fotografiert, hat zu einer übervorsichtigen, jas sogar hysterisch-abwehrenden Verhalten geführt, welches aber moralisch keine Veränderung in Richtung Prüderie bedeutet.
Dass heute keiner mehr weiß, was erlaubt ist und was nicht, haben wird den veränderten Gesetzen zu verdanken. Und diese Gesetze sind Folge einer veränderten Meinung in der Bevölkerung über die Nacktheit und Sex insgesamt. Aber diese Diskussion haben wir schon mehrmals in diesem und anderen Threads geführt, es lohnt nicht, das wieder aufzuwärmen. Wer will, kann das nachlesen - z.B. auf den ersten Seiten dieses Threads.

Eule hat geschrieben:
Friedjof hat geschrieben:Dazu muss ich aber sagen, dass wir gerade in FKK-Anlagen im ehemaligen Jugoslawien diese Erfahrung bereits Anfang der 1980er Jahren machten. In aller Regel war es untersagt, die Lebensmittelmärkte in FKK-Anlagen nackt zu betreten.
Das glaube ich dir unbenommen. Dieses hat mit den neuen Medien nichts zu tun, jedoch auch nicht mit einer veränderten moralischen Grundauffassung. Dieses dürfte wohl hygienischen Gründen geschuldet sein.
Den hygienischen Gründen geschuldet? Nein, denn als es wohl üblich war, in FKK-Camps-Supermärkten und -Kiosken nackt einzukaufen bzw. Kaffee zu trinken, dürfte man das Gemüse und Obst nicht selbst anfassen. Jetzt darf man das, aber das andere nicht mehr. Der Grund: Die Hygiene hat sich verbessert, aber die Moral ist strenger geworden.


Eule hat geschrieben:
Friedjof hat geschrieben:Das Nacktverbot in den Lebensmittelmärkten der FKK-Anlagen ist demnach also ein Zugeständnis an die Moralvorstellungen der einheimischen Bevölkerung (90% katholisch).
Dieses würdest du auch nach dem Sehen des Filmes so sagen. Jedoch wird hier eine andere Aussage getroffen. Sie zeigt auf eine sehr alte, dort ansässige Vorstellung von der Stellung der Männer und Frauen. Diese archaischen Vorstellungen werden über die Religion abgearbeitet, haben jedoch mit der Religion im engeren Sinne nichts zu tun.
Natürlich hat das mit der Religion zu tun, denn die unterstützt ja diese archaischen Vorstellungen von der Stellung von Mann und Frau, und natürlich auch die Vorstellung, dass die Nacktheit nicht die Öffentlichkeit gehört – siehe dazu auch die Reaktionen der (katholischen) Polen an den deutschen Ostseestränden nach der Öffnung der Grenzen.

 
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Re: Dokumente des gesellschaftlichen Wandels

Beitrag von Tim007 » Do 28. Mai 2015, 14:12

Zumindest die letzten Ausführungen sind Unsinn, Aria.

Die Bedeutung der Religion nimmt in Europa (leider) ständig ab.
Nach Deiner Theorie, Aria, müsste die Freizügigkeit dann zunehmen.

Außerdem ist zu beobachten, dass FKK in Ländern, in denen Religion unterdrückt wurde/wird, nicht automatisch aufblüht. Albanien und China llassen grüßen.

Insofern war Eules Analyse schon sehr treffend.

 

Re: Dokumente des gesellschaftlichen Wandels

Beitrag von Friedjof » Do 28. Mai 2015, 15:03

Ich glaube, dass Eule schlicht vor den gegebenen Tatsachen die Augen verschließt. Ich will das Thema gar nicht wissenschaftlich betrachten oder die Gründe für die zunehmende Sexual- und Körperfeindlichkeit suchen. Ich stelle nur fest, dass sie da ist und wie es aussieht, nicht nur temporär. Zudem entwickelte sich diese langsam, über einen Zeitraum von schätzungsweise dreißig Jahren.
Ende der 1960er, Anfang der 1970er Jahre hatten wir die s.g. sexuelle Revolution. Oswald Kolle und Co. hatten Hochkonjunktur und in den Schulen wurde Aufklärungsunterricht angeboten. Die Frauen warfen ihre BHs in den Müll und zeigten, was sie hatten anstatt ihre Brüste unter strammen BHs zu verstecken. An den Stränden gaben sie sich freier als das heute der Fall ist. Auch FKK hatte Hochkonjunktur. Das Angebot der großen Reiseunternehmen an FKK-Reisen war riesig. Anfang der 1980er Jahre begann es dann aber bereits: Nacktheit in der Öffentlichkeit, oben ohne am Strand oder gar FKK wurde von Jahr zu Jahr weniger. Die Frauen fingen wieder an sich zu verhüllen. Plötzlich wurde es wieder selbstverständlich, einen BH zu tragen, Badeanzüge und Bikinis wurden wieder züchtiger und erhielten Einlagen bzw. Cups. Die Brüste mußten wie früher wieder gut verpackt werden. Durchscheinende Brustwarzen, zuvor teilweise noch als schick empfunden galten nun wieder als obszön.
Wie in einem anderen Thread schon mal von jemand anderem geschildert gab es in Jugoslawien und den vorgelagerten Inseln früher bestimmt 50 FKK-Campingplätze und Bungalowanlagen, wahrsch. noch mehr. Was ist davon geblieben? Ich habe gerade festgestellt, dass die Anlage "Monsena" neben der ebenfalls langsam abbröckelden FKK-Fassade "Valalta" zur Textilanlage umfunktioniert wurde. Und es geht immer weiter.

Nein, wir haben es hier mit einer sehr langsamen Entwicklung zu tun, die unabhängig von modischen Tendenzen oder technischem Fortschritt und damit evtl. vorhandenen Unsicherheiten sich etablierte. Und diese Entwicklung scheint noch lange nicht am Ende. Kürzlich las ich einen Artikel über angeblich zuviel Sex und nackter Haut in der Fernsehwerbung. Dies wurde im Zusammenhang mit dieser Almased-Werbung gebracht:
https://www.youtube.com/watch?v=5o3JSoEFuxE
Verschiedene christliche Organisationen sollen an den Deutschen Werberat herangetreten sein, damit dieser derartige sexistische Werbung unterbindet. Und die Politik treibt da ja derzeit auch seltsame Blüten.

Nein nein Eule, so wie es scheint haben wir schneller wieder die Sexualmoral der 1950er Jahre als wir wir uns sexuell befreien konnten. Wahrscheinlich kommen wir Menschen mit zu viel an Freiheit auch einfach nicht klar und brauchen einfach ein wenig Prüderie (z.B).

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Re: Dokumente des gesellschaftlichen Wandels

Beitrag von Aria » Do 28. Mai 2015, 16:00

Tim007 hat geschrieben: Die Bedeutung der Religion nimmt in Europa (leider) ständig ab.
Nach Deiner Theorie, Aria, müsste die Freizügigkeit dann zunehmen.
Ich will diese leidige Diskussion über die Rolle der christlichen Religion in Sachen Nacktheit und Sexualität nicht wieder führen, aber wenn Eule diese Rolle einfach abstreitet, und Du eine Milchmädchenrechnung aufmachst (die Freizügigkeit müsste zunehmen, wenn die Rolle der Kirche zurückgeht), dann muss ich dem widersprechen. Z.B. mit diesem Zitat über die Sexualethik:

Bis zum 18. Jahrhundert war die Sexualethik in Europa praktisch mit der christlichen Morallehre identisch. Im 18. und 19. Jahrhundert und am Anfang des 20. Jahrhunderts, wo der Begriff Sexualethik erstmals in der Literatur verwendet wird, ist sie von der Auseinandersetzung mit christlicher Moral, bürgerlichen Moralvorstellungen und der Frage nach einer natürlichen Sexualmoral (Biologismus) geprägt.

Unter dem Einfluss des Feminismus, der Antibabypille und der Sexuellen Revolution begann ab den 1960er Jahren eine Liberalisierung der Sexualmoral die zu einem Wandel in der Sexualethik führte.


Aber zumindest die katholische Kirche machte diesen Wandel nicht mit, denn sonst wäre das nicht nötig - Zitat:

Wenn Bischöfe aus aller Welt am 5. Oktober 2014 im Vatikan zu einer zweiwöchigen Familiensynode zusammenkommen, werden Deutschlands Katholiken besonders aufmerksam nach Rom schauen. Die Erwartungen des Kirchenvolks sind hoch. Viele Gläubige hoffen auf ein Zeichen, dass ihre Kirche endlich wahrnimmt, dass die Morallehre mit der gesellschaftlichen Realität kaum noch in Einklang zu bringen ist.

Wie man weiß, ist daraus (noch) nichts geworden, denn die Synode hat sich auf dieses Jahr vertagt. :D

 

Re: Dokumente des gesellschaftlichen Wandels

Beitrag von guenni » Do 28. Mai 2015, 16:36

Aria hat geschrieben:Die Erwartungen des Kirchenvolks sind hoch. Viele Gläubige hoffen auf ein Zeichen, dass ihre Kirche endlich wahrnimmt, dass die Morallehre mit der gesellschaftlichen Realität kaum noch in Einklang zu bringen ist. [/i]

Wie man weiß, ist daraus (noch) nichts geworden, denn die Synode hat sich auf dieses Jahr vertagt. :D


ja und? auch das verhalten der katholiken, d.h. das überwiegende nichtbeachten der morallehre, ist "gesellschafliche realität". was das kirchenvolk erwartet ist, dass das dieses verhalten von der amtskirche akzeptiert wird.
der einfluss der kath. morallehre schwindet mit oder ohne synodalbeschlüsse, s. irland...

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