Aktuelle Zeit: Sa 20. Apr 2024, 00:44

FKK-Freunde.info

Das deutsche FKK-Forum

Dokumente des gesellschaftlichen Wandels

Kurioses, Lustiges, Aufmunterndes was unsere Forengemeinschaft interessieren dürfte
Benutzeravatar
 
Beiträge: 4816
Registriert: 17.06.2006
Wohnort: Hessen
Geschlecht: Männlich ♂

Re: Dokumente des gesellschaftlichen Wandels

Beitrag von Hans H. » Mi 22. Mär 2017, 02:43

@Aria: In welchem Zusammenhang du da die AFD einbringst auf meinen Hinweis, dass man auch unbequeme Maßnahmen in der Politik braucht, um die Schere zwischen der oberen und unteren Einkommensschicht nicht immer weiter aufklaffen zu lassen, das habe ich jetzt nicht verstanden. Ich hatte jedenfalls nicht an irgendwelche Ideen der AFD gedacht, da die mir allein von den im Fernsehen gehörten Äußerungen her so fremd ist, dass ich mich auch nicht mit deren Programm weiter beschäftigt habe.

@Zett: Deine erste Bemerkung "Ist ja richtig süß, wie Du hier den Naiven spielst" zeigt mir nur, dass du nicht die geringste Ahnung davon hast, wie es in großen Unternehmen in Deutschland zugeht. Wenn du die Darstellungen der knallharten Fakten als naiv bezeichnest, ist das deine Sicht, aber eine, die total an der Realität vorbeigeht.

Deine zweite Anmerkung: "Doch, doch, ich bekomme es gerade wieder mal voll ab, und Du bist auch wieder mit dabei!" ist nicht nachvollziehbar. Wieso bekommst du es damit voll ab? Wie überempfindlich bist du denn eigentlich? Es ist nun mal eine Tatsache, dass man so in Firmen nicht diskutieren kann, und es ist eine noch klarere Tatsache, dass Mobbing etwas anderes ist, als das, was du so bezeichnest. Wenn ich solche banalen Dinge hier nebenbei (nebenbei, da nicht Kernthema) klar stelle, bekommst du es voll ab? Das ist mir dann doch etwas rätselhaft, wie du das jetzt wieder wertest.

Dein dritter Kommentar zeigt mir, dass du nicht verstanden hast, was ich da geschrieben habe. Lies das doch mal genau durch. Ich hatte von den vielen Menschen am unteren Ende der Wohlstands-Skala gesprochen, für die es nicht spürbar ist, dass der durchschnittliche Wohlstand sich verbessert hat, weil die davon nichts abbekommen haben. Deine Antwort bezieht sich auf etwas ganz anderes, was ich nicht geschrieben habe. Aber das ist jetzt nicht gegen dich gerichtet, sondern nur eine Korrektur eines Missverständnisses. Das muss ich ja dazu schreiben, damit du nicht wieder meinst, dass du es gerade wieder mal voll abbekommst.

Dann zum Schluss, dass du die Erfahrungen von vielen Menschen über die gesellschaftlichen Änderungen der letzten 10 oder 15 Jahre einfach so als "Neoliberaler ideologischer Unsinn!" abtust, zeigt mir nur, dass du doch über deine Situation ziemlich verbittert bist, und keinesfalls hören willst, dass es Chancen zu mehr Erfolg gibt, die andere umgesetzt haben. Wenn du mal genauer hinsiehst, dann erkennst du auch den Kern meiner Aussage. Der lag nämlich darin, dass seit ungefähr der Jahrtausendwende immer mehr Firmen Arbeiten auslagern und von Externen durchführen lassen, für die sie vorher eigene Leute beschäftigt haben. Der Slogan "Konzentration auf das Kerngeschäft" hat sich extrem breit gemacht. Dass daraus sehr viele neue Chancen für Kleinunternehmer und auch für einzelne Selbstständige gewachsen sind, ist eine Tatsache, die man nicht so einfach mit so einem "Totschlagargument" vom Tisch wischen kann.

Dein Satz in Klammern zeigt mir, dass du dich angesprochen gefühlt hast mit meiner verallgemeinerten Aussage, bei der ich dich keineswegs angesprochen hatte. Von arbeitslos hatte ich ohnehin nicht einmal in dem verallgemeinerten Text gesprochen und von selber schuld sowieso nicht. Das ist deine ganz persönliche Deutung!

Deine Annahme, die du damit zum Ausdruck bringst: "Dass Du dann Dir noch die Mühe machst, einige Beispiele aus Deinem Umfeld zu nennen" ist vollkommen falsch. Mit meinem Umfeld hat das nun gar nichts zu tun. Ich lese aber Nachrichten der IHK und in Gründerforen und ich komme mit vielen Menschen zusammen. Meine Kunden sind verteilt auf 29 Standorte in Deutschland, davon 12 in den neuen Bundesländern (6 davon übrigens in Sachsen). Bei so rund 500 Kontaktpersonen im Jahr sind natürlich ständig viele Fluktuationen dabei, und immer wieder kommen Fälle vor, dass einer in die Selbstständigkeit gegangen ist oder umgekehrt wieder zurück ins Angestellten-Leben.

Über Gründerforen habe ich auch eine ganze Zeit lang über die Erfahrungen auf den verschiedensten Gebieten der Dienstleistungen von Ein- bis Zweimannbetrieben gelesen und diskutiert. Ich spreche also nicht von Leuten in meinem Umfeld, sondern ganz verteilt in Deutschland, und vor allem von der gelebten Realität. Aber du darfst das ruhig ignorieren und als "Neoliberalen ideologischer Unsinn" bezeichnen, wenn viele Menschen auf diesem Weg in den letzten Jahren recht guten Erfolg hatten. Dann machst du denen und mir wenigstens keine Konkurrenz :-) Mit "American way of life" hat das jedenfalls nicht das Geringste zu tun. Dafür läuft hierzulande alles viel zu sehr reglementiert ab.

 
Beiträge: 5398
Registriert: 08.07.2009
Geschlecht: Männlich ♂

Re: Dokumente des gesellschaftlichen Wandels

Beitrag von Eule » Mi 22. Mär 2017, 02:58

@ nettermann-hsk
Dein Beitrag vom 20.03.17, 00:20 Uhr ist mir völlig unverständlich. Was soll diese völlig unmotivierte, zumindest für mich ist es so, Aggression?

@ Bummler
Es gibt sicher Leute die intellektuell und vor allem auch psychisch in der Lage sind solche Chancen zu nutzen, aber es gibt auch jede Menge Leute die das nicht können und somit ganz real chancenlos bleiben.
Die Gruppe der real Chancenlosen ist erheblich kleiner, als du dieses zu meinen scheinst.
Das muss man auch sehen und vor allem nicht so tun als würde es an jedem Einzelnen selbst liegen, wenn er das nicht kann.
Hier ist es äußerst wichtig, ohne Schuldzuweisungen, weder an sich oder andere, zu arbeiten. Dann können meistens sehr überraschende Lösungswege gefunden werden.
Manchmal gibt es tatsächlich wirklich nichts...was sich auch lohnt.
Die Frage, ob es sich lohnt, an der Veränderung seiner eigenen Situation zu arbeiten, ist für mich noch niemals ein zulässige Frage gewesen. Es ist jedoch die Frage, was mit dem Begriff "sich lohnen" gemeint ist.
Diese Realität zu verharmlosen ist problematisch.
Diese Realität ist jedoch nicht so statisch, wie du dieses hier zum Ausdruck bringst.

Ich kann nicht gleichzeitig die Würde des Menschen als den höchsten Wert in unserer Gesellschaft propagieren und einer ganze Schicht, Millionen von Menschen, die Freiheit der Selbstbestimmung verwehren. Ob in Form von Almosen oder in Form von Zwangsarbeit. Das kann nicht gut gehen. Und an den heftigen Reaktionen hier merkt man auch, wie aufgeladen die Stimmung teilweise schon ist. Ich finde das nicht gut, aber auf Leute die mit dem Rücken an der Wand stehen auch noch drauf zu hauen, das ist auch nicht gut.
Eine sehr problematische Aussage von dir. Denn sie ist einerseits völlig richtig und anderseits verkehrt und nicht haltbar. Aber ich kann die hier nur das Prinzip der eigenen Verantwortung entgegen halten.

Ich hatte schon mal darauf hingewiesen, das sich in Davos plötzlich Ökonomen mit dem BGE beschäftigen.
BGE ist kein Ersatz für staatliche Transferleistungen! Wer das glaubt, der hat den Sinn von BGE nicht verstanden.

@ Dunkler
Hat der Regierungstroll Arius schon mal erzählt, was er für eine Ausbildung und für einen Beruf hat ? Wäre mal interessant zu wissen war er da vorzugeben gedenkt...
Hiermit äußerst du ein massiv gestörtes Verhältnis zu Aria und eine mangelnde Bereitschaft, dich mit ihr sachlich auseinander zu setzen.

Benutzeravatar
 
Beiträge: 4816
Registriert: 17.06.2006
Wohnort: Hessen
Geschlecht: Männlich ♂

Re: Dokumente des gesellschaftlichen Wandels

Beitrag von Hans H. » Mi 22. Mär 2017, 03:06

Bummler hat geschrieben:Es ist ja auch ein gesellschaftlicher Wandel, wie Arbeitslosigkeit und Armut gewertet werden.
... ... ...
Das Problem, das in deinem verlinkten Beitrag aufgezeigt wird, habe ich nie angezeifelt - ganz im Gegenteil - und das ist in keinster Weise geeignet als Argument gegen meine Aussagen. In dem Artikel geht es um die Armut durch fehlende Bildungschancen, die sehr verbreitet ist und ein echtes Problem in Deutschland darstellt. Und es geht darum, dass die fehlenden Bildungschancen bei uns sozusagen "vererbt" werden. Hatte ich nicht auch erwähnt, dass die Politik dringend etwas tun muss, die Schere zwischen Arm und Reich nicht weiter aufklaffen zu lassen? Da steht das Thema der Bildung für Kinder aus armem Haus mit an erster Stelle der notwendigen Maßnahmen! Aber solche Teile im Text überliest man ja immer gern, wenn man der Aussage pauschal entgegentreten will.

Dieses Thema der Armut wegen Bildungsmangel ist aber ein anderes, als das, wovon ich gesprochen hatte. Es hat deshalb auch nichts mit den Menschen zu tun, die ich gemeint hatte mit denen, die "mit Überzeugung und Sachverstand an ihre Sache herangehen". Falls es irgend jemand nicht erkannt haben sollte: Ohne eine gewisse Bildung ist das nicht möglich! "Sachverstand" braucht schon ein gewisses Maß an Bildung! Aber eigentlich hatte ich vorausgesetzt, dass man diesen gewissen und sehr wichtigen Unterschied ohne eine solche Extra-Erläuterung erkennen kann.

Benutzeravatar
 
Beiträge: 3196
Registriert: 05.12.2005
Wohnort: Lübben im Spreewald
Geschlecht: Männlich ♂
Alter: 68

Re: Dokumente des gesellschaftlichen Wandels

Beitrag von Bummler » Mi 22. Mär 2017, 09:50

Hans H. hat geschrieben:
Bummler hat geschrieben:Es ist ja auch ein gesellschaftlicher Wandel, wie Arbeitslosigkeit und Armut gewertet werden.
... ... ...
Das Problem, das in deinem verlinkten Beitrag aufgezeigt wird, habe ich nie angezeifelt - ganz im Gegenteil - und das ist in keinster Weise geeignet als Argument gegen meine Aussagen.


Das stimmt. Der Link war auch mehr zur Erläuterung von Zetts Reaktion gedacht, also seine Überspitzung, das die "Arbeitslosen selber schuld wären".

Deshalb habe ich auch nur für dieses Thema die Zitate selektiert. Das in dem Interview noch andere Sachen angesprochen werden und Lösungsansätze versucht werden, die deine Meinung stützen will ich nicht unter den Tisch kehren.
Allerdings bin ich auch der Meinung das wir uns die Taschen voll hauen, wenn wir glauben mit dieser Art der Lösung von Armut, also Selbstinitiative und Bildung, wirklich weiter zu kommen. Einfach weil die ökonomischen Veränderungen, die schon da sind, zu gravierend sind und vor allem die technologischen Änderungen die uns noch bevorstehen, jetzt jedoch schon absehbar sind, alles was wir an derzeitigen Lösungsoptionen haben als Makulatur erscheinen lassen.

Dazu ein Interview aus der Süddeutschen mit Yuval Harari:

Was werden wir also einmal tun, wenn Computer unsere Jobs übernehmen?

Die Wahrheit ist, dass wir es nicht wissen. Die größte ökonomische Frage des 21. Jahrhunderts ist: Warum benötigst Du Menschen in der Wirtschaft? Die hat sich zuvor noch nie gestellt, denn wer sollte den Weizen ernten oder in den Fabriken arbeiten, wenn nicht Menschen? Eine Antwort auf die Frage lautet also: Wir brauchen Menschen als Produzenten. Wenn das der Fall ist, sind wir in ziemlichen Schwierigkeiten. Die andere, recht amerikanische Antwort lautet: Wir brauchen die Menschen als Konsumenten. In der Praxis wird das bedeuten, dass wir nicht mehr arbeiten werden, sondern nur noch konsumieren, das ist dann unser Job. Die USA entwickelt sich gerade in Richtung dieser Idee, doch es gibt ein Problem: Sie widerspricht jedem ökonomischen Modell in der Geschichte der Menschheit. Du bräuchtest dafür ein neues Modell, das noch nicht existiert.


http://www.sueddeutsche.de/digital/univ ... -1.2337102

Wobei das mit dem Modell, was noch nicht existiert, ja nicht so stimmt. M.E. haben die Skandinavier mit ihrem Hochsteuersystem auf Waren und Dienstleistungen da schon einen Weg gefunden, der sich anscheinend bewährt.
Trotzdem ist richtig, das die Veränderungen die sich seit ein paar Jahrzehnten abspielen unser Leben umfassender verändern werden als wir glauben. Und damit meine ich nicht irgendwelche gesellschaftlichen oder politischen Veränderunge, sondern die ökonomischen Grundlagen.

Das Modell, nachdem wir unser Leben über die Arbeit gestalten werden, wird wohl früher oder später Geschichte sein.

Benutzeravatar
 
Beiträge: 5133
Registriert: 24.01.2012
Wohnort: München
Geschlecht: Weiblich ♀

Re: Dokumente des gesellschaftlichen Wandels

Beitrag von Aria » Mi 22. Mär 2017, 14:48

Hans H. hat geschrieben:In welchem Zusammenhang du da die AFD einbringst auf meinen Hinweis, dass man auch unbequeme Maßnahmen in der Politik braucht, um die Schere zwischen der oberen und unteren Einkommensschicht nicht immer weiter aufklaffen zu lassen, das habe ich jetzt nicht verstanden.
Nun, du hast in deinem Beitrag von der „massiv unzufriedenen ‚unteren Schicht‘“ gesprochen und das ist jene, für die sich angeblich AfD stark macht, in Wirklichkeit aber davon nichts wissen will, was sich auch aus ihrer Klientel erklärt. Aber das nur am Rande.


Bummler hat geschrieben:Allerdings bin ich auch der Meinung das wir uns die Taschen voll hauen, wenn wir glauben mit dieser Art der Lösung von Armut, also Selbstinitiative und Bildung, wirklich weiter zu kommen.
Das ist eine weitverbreitete Meinung, aber der steht die Geschichte der Menschheit entgegen: In der Historie waren Selbstinitiative und Bildung immer entscheidend für die Prosperität einer Gesellschaft – natürlich abgesehen von Gesellschaften, die zufälligerweise in Gegenden siedel(t)en, die verborgene Schätze bargen. Die Bildung war und ist wichtig und wird dies auch bleiben, denn nur sie ermöglicht langfristige Lösungen von Problemen, egal welcher Art.


Bummler hat geschrieben:Einfach weil die ökonomischen Veränderungen, die schon da sind, zu gravierend sind und vor allem die technologischen Änderungen die uns noch bevorstehen, jetzt jedoch schon absehbar sind, alles was wir an derzeitigen Lösungsoptionen haben als Makulatur erscheinen lassen.
Das ist ein äußerst pessimistisches Blick in die Zukunft. Fakt ist vielmehr, dass wir Menschen für jedes Problem früher oder später eine Lösung gefunden haben – warum sollte das in der Zukunft anders sein.


Bummler hat geschrieben:Dazu ein Interview aus der Süddeutschen mit Yuval Harari:
Was werden wir also einmal tun, wenn Computer unsere Jobs übernehmen?

Die Wahrheit ist, dass wir es nicht wissen. Die größte ökonomische Frage des 21. Jahrhunderts ist: Warum benötigst Du Menschen in der Wirtschaft? Die hat sich zuvor noch nie gestellt, denn wer sollte den Weizen ernten oder in den Fabriken arbeiten, wenn nicht Menschen? Eine Antwort auf die Frage lautet also: Wir brauchen Menschen als Produzenten. Wenn das der Fall ist, sind wir in ziemlichen Schwierigkeiten. Die andere, recht amerikanische Antwort lautet: Wir brauchen die Menschen als Konsumenten. In der Praxis wird das bedeuten, dass wir nicht mehr arbeiten werden, sondern nur noch konsumieren, das ist dann unser Job. Die USA entwickelt sich gerade in Richtung dieser Idee, doch es gibt ein Problem: Sie widerspricht jedem ökonomischen Modell in der Geschichte der Menschheit. Du bräuchtest dafür ein neues Modell, das noch nicht existiert.
Yuval Harari unterschlägt hier, dass wir ähnliche Probleme in der Vergangenheit schon gemeistert hatten – ein Beispiel: Mit der Erfindung von (dampfgetriebenen) Maschinen wurden so gewaltigen Massen an menschlichen Arbeitskraft überflüssig, dass manche meinten, man müsse gegen Maschinen, die ihnen die Arbeit wegnahmen, mit Gewalt vorgehen. Statt das Gute in den Maschinen zu sehen, sah man nur das Schlechte.

Wie man weiß, siegte am Ende das Gute, denn die Maschinen änderten die Arbeitswelt im positiven Sinn: Sie befreiten die Menschen von schwerer körperlicher Arbeit und eröffneten ihnen dadurch neue Möglichkeiten. Diese konnten jedoch nur von Menschen genutzt werden, die entsprechend ausgebildet wurden. Es ist daher kein Zufall, dass die Einrichtung weiter führenden Schulen gleichzeitig mit der industriellen Revolution stattfand.

Daraus folgt: Die Computerisierung der Arbeitswelt sollten wir als etwas begreifen, das der Menschheit nutzt. Die Computer sind letztlich auch nur Maschinen, die uns wie früher das Arbeiten und das Leben erleichtern. Allerdings agieren sie auf einem höheren Level, deshalb brauchen wir jetzt auch eine neue Bildungsoffensive, die den Menschen befähigt, mit der neuen Situation umzugehen. Gymnasien und Universitäten nach dem humboldtschen Bildungsideal waren die Antwort auf die Herausforderung des Industriezeitalters. Deutschland hatte das in vorbildlicher Weise gelöst, so dass es zu führenden Industrienation aufsteigen konnte.

Doch diese Zeiten sind vorbei, schon seit geraumer Zeit bestimmen die amerikanischen Unis, wohin die Reise geht: Die Innovationen finden dort statt – vielfach auch durch deutsche Forscher! –, aber nicht mehr in Deutschland. Das muss sich ändern, auf dass in einem halben Jahrhundert wieder gesagt werden kann, was Charles Sanders Peirce, ein US-amerikanischer Mathematiker und Philosoph, im Jahr 1898 sagte: „Die deutschen Universitäten sind das Licht der ganzen Welt.“

 
Beiträge: 5398
Registriert: 08.07.2009
Geschlecht: Männlich ♂

Re: Dokumente des gesellschaftlichen Wandels

Beitrag von Eule » Mi 22. Mär 2017, 23:43

Wir sollten uns mal mit dem Gedanken beschäftigen, dass die sog. 3. oder 4. industrielle Revoluton eine völlig neue Gesellschaftsstruktur hervor bringen wird. Das Ziel dieser neuen Gesellschaft wird nicht mehr die Vollbeschäftgigung ihrer arbeitsfähigen Bevölkerung sein, sondern den nicht gewerblich tätigen Menschen eine Möglichkeiut zu bieten und zu schaffen, ein positives Gefühl ihrer Selbst entwickeln und umsetzen zu können.

Die Versuche, die Armut über eine Lohnpolitik bekämpfen zu können, ist gründlich fehlgeschlagen, weil ein falscher Ansatz genutzt wurde. Bevor der Staat und der Gesetzgeber hier normativ eingreift, sollten sich die Tarifpartner erst einmal ihrer Verantwortung bewusst werden und das gesamte Entlohnungssystem, also der tariflich gebundenen Entlohnung und der tariflich nicht gebundenen Entlohnung, neu ordnen und reformieren. Bislang wurde nur am unteren Ende des Lohnsystems herum gewerkelt, denn weder die Gewerkschaftsleitungen noch die Bosse der Industriebetriebe haben ein Interesse daran, am oberen Ende etwas zu verändern. Das Ungleichgewicht der Entlohnung entsteht nicht in den unteren und mittleren Einkommensbereichen, sondern nur in dem oberen. Wenn jetzt die Entlohnung von Dax-Vorständen aus 10 bzw. 6 Millionen je Jahr gedeckelt werden soll, so ist dieses nur eine kosmetische Aktion, die an der ungerechten Schieflage der Einkommensverteilung nichts ändert.

Wir müssen unser ganzen Denk- und Empfindungschemata verändern und neu ordnen. Das ist die Aufgabe, vor der wir individuell und als Gesamtgesellschaft stehen und leisten müssen.

 
Beiträge: 5398
Registriert: 08.07.2009
Geschlecht: Männlich ♂

Re: Dokumente des gesellschaftlichen Wandels

Beitrag von Eule » Mi 22. Mär 2017, 23:44

@ Aria
Ich wollte dir nur sagen, dass dein letzter Beitrag meine volle Zustimmung erfährt. Ich finde diesen sehr gut. :D

Benutzeravatar
 
Beiträge: 4816
Registriert: 17.06.2006
Wohnort: Hessen
Geschlecht: Männlich ♂

Re: Dokumente des gesellschaftlichen Wandels

Beitrag von Hans H. » Do 23. Mär 2017, 02:47

Dem schließe ich mich voll an!
Insbesondere nachdenklich hat mich dieser Abschnitt gemacht:
In der Historie waren Selbstinitiative und Bildung immer entscheidend für die Prosperität einer Gesellschaft – natürlich abgesehen von Gesellschaften, die zufälligerweise in Gegenden siedel(t)en, die verborgene Schätze bargen. Die Bildung war und ist wichtig und wird dies auch bleiben, denn nur sie ermöglicht langfristige Lösungen von Problemen, egal welcher Art.

Da frage ich mich, wie die arabischen Länder ohne Öl heute da stehen würden. Hätte der Fundamentalismus überhaupt eine Chance gehabt, sich so zu entwickeln? Hätte man mit der Scharia als staatliches Gesetzbuch überhaupt eine nennenswerte Bedeutung in der Weltwirtschaft erreichen können? Jede Antwort kann spekulativ sein, aber die Welt sähe anders aus, wenn die Haupt-Ölvorkommen in anderen Ländern gewesen wären.

Zu Vorstands-Gehältern: Man sollte sich mal die Frage stellen, um wie viel mehr die Arbeit und Verantwortung der Vorstände wert ist, als die Arbeit der einfachen Arbeiter der Fabriken. Der Unterschied zwischen einem Bereichsleiter und einem Facharbeiter auf unterer Ebene erreichte in meiner Branche ungefähr den Faktor vier (je nach Alter und Zugehörigkeit darunter oder darüber). Die bestellten Geschäftsführer (nicht Eigentümer) in den mittleren Unternehmen lagen höchstens um den Faktor 1,5 über den Bereichsleitern und haben eine Verantwortung, die sich nicht mehr groß von den Vorständen der AGs unterscheidet. Die Vorstände liegen nach der Deckelung aber noch um den Faktor 30 über diesen Geschäftsführern bzw. um den Faktor 180 über dem Facharbeiter. So einen unterschiedlichen Wert können Menschen bzw. die Leistung der Menschen nicht haben! Meine Meinung ist, dass die Deckelung so sein müsste, dass der Vorstandsvorsitzende einer AG und der Geschäftsführer eine GmbH jeweils nicht mehr als das 10fache des geringst bezahlten Vollzeit-Mitarbeiters desselben Unternehmens bekommen dürfte. Dann würden die Oberen natürlich aufpassen, dass der geringst Bezahlte nicht zu wenig bekommt, damit das Limit des Zehnfachen auch höher liegt.

 

Re: Dokumente des gesellschaftlichen Wandels

Beitrag von hajo » Do 23. Mär 2017, 04:24

Eule hat geschrieben:Das ist die Aufgabe, vor der wir individuell.... leisten müssen.
Wow!

Benutzeravatar
 
Beiträge: 3196
Registriert: 05.12.2005
Wohnort: Lübben im Spreewald
Geschlecht: Männlich ♂
Alter: 68

Re: Dokumente des gesellschaftlichen Wandels

Beitrag von Bummler » Do 23. Mär 2017, 10:31

Aria hat geschrieben:
Bummler hat geschrieben:Allerdings bin ich auch der Meinung das wir uns die Taschen voll hauen, wenn wir glauben mit dieser Art der Lösung von Armut, also Selbstinitiative und Bildung, wirklich weiter zu kommen.
Das ist eine weitverbreitete Meinung, aber der steht die Geschichte der Menschheit entgegen: In der Historie waren Selbstinitiative und Bildung immer entscheidend für die Prosperität einer Gesellschaft – ..... Die Bildung war und ist wichtig und wird dies auch bleiben, denn nur sie ermöglicht langfristige Lösungen von Problemen, egal welcher Art.


Dann ist Armut also zwangsläufig (gottgegeben), da es Menschen gibt, die weder zur Selbstinitiative neigen noch zur Bildung fähig sind. Die haben dann einfach Pech. Wobei Glück und Reichtum ja auch nicht zwangsläufig ein Paar sind.


Bummler hat geschrieben:Einfach weil die ökonomischen Veränderungen, die schon da sind, zu gravierend sind und vor allem die technologischen Änderungen die uns noch bevorstehen, jetzt jedoch schon absehbar sind, alles was wir an derzeitigen Lösungsoptionen haben als Makulatur erscheinen lassen.
Das ist ein äußerst pessimistisches Blick in die Zukunft. Fakt ist vielmehr, dass wir Menschen für jedes Problem früher oder später eine Lösung gefunden haben – warum sollte das in der Zukunft anders sein.



Ja, das ist richtig, weil wir eine Lösung finden müssen. Freilich erkennt man an der Tagespolitik nicht, dass daran gearbeitet wird. Auch in den politischen Programmen findet man nichts.


Bummler hat geschrieben:Dazu ein Interview aus der Süddeutschen mit Yuval Harari:...


Yuval Harari unterschlägt hier, dass wir ähnliche Probleme in der Vergangenheit schon gemeistert hatten – ein Beispiel: Mit der Erfindung von (dampfgetriebenen) Maschinen wurden so gewaltigen Massen an menschlichen Arbeitskraft überflüssig, dass manche meinten, man müsse gegen Maschinen, die ihnen die Arbeit wegnahmen, mit Gewalt vorgehen. Statt das Gute in den Maschinen zu sehen, sah man nur das Schlechte.



Ja und bis heute gibt es keinen Ausgleich für die Leute, die durch den technologischen Fortschritt benachteiligt werden. Das ist nicht nur ein Skandal, sondern behindert sogar manchmal den technologischen Fortschritt, wie man an der Braunkohlediskussion sehen kann.

Aber auch zu dieser Problematik, also der Freisetzung von Arbeitskräften, gab es ja schon Visionen. So schrieb John Maynard Keynes um 1930:

...meinte Keynes, dass aufgrund des Fortschritts, der immer höheren Produktivität und des steigenden Vermögens „das wirtschaftliche Problem innerhalb von hundert Jahren gelöst sein dürfte“. Die Menschen werden im Jahr 2030 von den „drückenden wirtschaftlichen Sorgen erlöst sein“, ihr größtes Problem werde es vielmehr sein, „wie die Freizeit auszufüllen ist“. Denn „Drei-Stunden-Schichten oder eine Fünfzehn-Stunden-Woche“ seien völlig ausreichend, um die Lebensbedürfnisse zu befriedigen.


http://diepresse.com/home/wirtschaft/in ... nes-Vision

Das ist nicht eingetreten. Und warum nicht?
Die Länge der Arbeitszeit hängt dabei nicht mit der Produktivität zusammen ..., sehr wohl aber mit der Höhe des Einkommens. Und genau das sei maßgeblich für Keynes' Irrtum verantwortlich, meint IHS-Chef Keuschnigg: „Die untere Hälfte der Einkommensbezieher lebt nicht im Überfluss. Bei ihrem Lohn und den Lebenskosten haben sie nicht die Wahl, weniger zu arbeiten.


Also das Problem ist, dass obwohl alle bescheid wissen, niemand wirklich das Problem, nämlich die unteren Einkommen angeht.
Eule weist ja auch seit Jahren darauf hin. Nur wird er ja immer abgetan.

Eule hat geschrieben:Die Versuche, die Armut über eine Lohnpolitik bekämpfen zu können, ist gründlich fehlgeschlagen, weil ein falscher Ansatz genutzt wurde....


Genau gründlich fehlgeschlagen. Der Kreis schließt sich. Und erstaunt blicken die Leute auf Brexit, Trump und Co.

Aria hat geschrieben:Daraus folgt: Die Computerisierung der Arbeitswelt sollten wir als etwas begreifen, das der Menschheit nutzt.


Ob wir das begreifen oder nicht ist egal. Was technisch geht, wird auch gemacht, unabhängig von unseren Wünschen. Wir müssen dann damit leben, ob wir das wollen oder nicht. Insofern ist von uns eine Anpassung gefordert. Dies als Chance zu sehen ist mal wieder eine positive Verdrehung eines negativen Sachverhaltes.
Den "Berufskraftfahrer" wird es in absehbarer Zeit nicht mehr geben. Die ersten LKWs, Busse und Loks fahren bereits probeweise autonom. Das System funktioniert und es ist nur noch eine Frage der Zeit bis es eingeführt wird.
Die KI ist ebenfalls marktreif. Das BIM wird demnächst in meiner Branche richtig selektieren.
Die Kohlekraftwerke werden wahrscheinlich bis 2030 abgeschaltet. Das ist technisch schon eher machbar, wird aber von der Politik noch gepuffert, weil ... eben weil keine Alternativen DA sind.
Außer dem Niedriglohnsektor. Diese Alternative IST da.


...schon seit geraumer Zeit bestimmen die amerikanischen Unis, wohin die Reise geht: Die Innovationen finden dort statt – vielfach auch durch deutsche Forscher! –, aber nicht mehr in Deutschland. Das muss sich ändern,...


Kann man DAS überhaupt ändern?
Außerdem, finden zwar die Innovationen im elektronischen Bereich in den USA oder Asien statt, aber im Bereich Maschinen- und Anlagenbau sind deutsche Firmen weltweit Marktführer. Die Exportstärke beruht ja nicht nur auf der Grundlage der günstigen finanziellen Bedingungen, sondern eben auch auf Spitzenpositionen im technischen und technologischen Bereich. Das deutsche Firmen außerdem Spitze sind, gerade in der Anwendung von elektronischen Systemen (z.B. Bosch),
Wikipedia hat geschrieben:Die Automobilzulieferersparte von Bosch war lange der weltweit größte Zulieferer von Automobilelektronik und -mechatronik, fiel jedoch im Jahr 2012 hinter Denso und Continental Automotive auf den dritten Platz zurück.[4] Im Jahr 2015 konnte Bosch die Spitzenposition zurückerobern.[

sollte man ja auch nicht unter den Tisch kehren. Da sind wir Deutschen schon nicht schlecht, also in der Anwendung von Spitzentechnologie. Was übrigens die Chinesen dazu veranlasst alles an deutschen Firmen zu kaufen was geht.

Nun ja. Schauen wir mal was passiert. Richtig ist, ändern können wir es ja doch nicht. Wir können uns nur anpassen.

VorherigeNächste

Zurück zu Sonstiges

Wer ist online?

Mitglieder in diesem Forum: 0 Mitglieder und 38 Gäste