Manix hat geschrieben:Im übrigen kann ich mich nur wiederholen, ich bin für ein Nacktbade-Gebot an solchen Seen, besser generell an öffentlichen Gewässern. Offensichtlich ist Nacktbaden die umweltfreundlichte Art zu Baden, bzw. zu Schwimmen.
Da bin ich mir auch ziemlich sicher. Dabei ist schließlich der unsinnige Rohstoffverbrauch für die bei vielen Menschen jährlich erneuerte Badekleidung (aus Modegründen) zu berücksichtigen und der Waschmittelverbrauch für das Waschen (in der Regel) nach jeder Benutzung. Da kommt schon so einiges zusammen, auch wenn in einem Sportforum mal ganz andere Meinungen dazu geschrieben wurden wie: es sei marginal und ohne messbaren Umwelteinfluss. Wenn wir noch die ganze, eigentlich überflüssige Sportmode in Fitnessstudios, bei Lauftreffs etc. dazu nimmt, ist das bestimmt nicht marginal.
Manix hat geschrieben:Wie sieht es dann mit einem Eintrag durch die Luft aus? Wäre das möglich?
Möglich ja, spielt aber nur beim Reifenabrieb eine größere Rolle. Also bei Seen in Autobahnnähe wird man sicher silikon-haltige Mikroplastikpartikel finden. Man findet sie aber auch im Gemüse, das in Straßennähe (< 300 m) geerntet wird.
Ein Problem haben wir mit dem Begriff. Es gibt keine Festlegung für die Größe der Partikel, die in den Begriff fallen. Problematisch sind aber nicht die Teilchen im Bereich von 1/10 bis 1 mm, die durch Bruch, Abrieb etc. von größeren Kunststoffteilen entstehen, sondern die Teilchen unterhalb 1 Mikrometer (1/1000 mm). Das sind genaugenommen Nanopartikel, weil die Größe in der Dimension nm (Nanometer) gemessen wird (Bereich 1-999 nm, 1000 nm ist ein Mikrometer).
Diese Partikel (bis einige hundert nm) gehen leicht in Körperzellen hinein, auch in Nervenzellen und das Gehirn. Bei Mikroplastik in Kosmetika und auch anorganischen Mikropartikeln (auch oft in Sonnenschutzmitteln) handelt es sich zum großen Teil um diese Nanopartikel (nicht bei Mikroplastik in Zahnpasta - die sind größer). Das gute Eindringen in die Hautzellen ermöglicht Wirkungen, die sonst nicht erreichbar sind. Soweit die Stoffe dann im Körper abgebaut werden, ist das unproblematisch, aber das trifft nicht für alle in Kosmetika zu, und für die wenigsten, die als Bruchstücke der Mikrofasern entstehen oder beim Zerfall von Plastikfolien in der Sonne. Bei Letzteren dauert das Jahrzehnte, hat aber diese Zeit für die Massenabfälle im Meer längst erreicht.
Jetzt sind sie in allen Meeresprodukten, werden von uns aufgenommen, in den Zellen angereichert und zerfallen darin möglicherweise ganz langsam weiter. Was passiert bei völlig ungiftigen Polyester, wenn dann sehr giftige Monomere freigesetzt werden? Dieselbe Frage lässt sich mit der Gruppe der Polyacrylate und verwandten Kunststoffe stellen. Es gibt ja auch Textilien aus dieser Gruppe: die Wolle-ähnlichste Kunstfaser, und zwar immer beim Waschen (deshalb spielt da der Weg durch die Luft kaum eine Rolle - was an Faserenden brüchig ist, geht beim Waschen raus und kaum bei der viel geringeren Belastung des Materials beim Tragen.) Weiterhin sind die Mikro-Bruchstücke von Polyurethan (z.B. Matratzen auf Deponien) wegen giftiger Monomere, die freigesetzt werden könnten, riskant, weniger dagegen Polypropylen (auch in Sportkleidung) und Polyethylen.
Das ganze kann eine "Zeitbombe" sein, muss aber nicht - wir wissen es nicht.
Was ist, wenn nach 50 Jahren der Belastung auf einmal Gehirnerkrankungen in großer Zahl auftreten, weil es chronische Vergiftungen der Nervenzellen durch weitere Abbauprodukte gibt? Die Hersteller glauben nicht daran, weil es heute keinen Nachweis für einen solchen weiteren Abbau in den Zellen gibt. Das Gegenteil kann bisher auch nicht bewiesen werden. In den 1960er Jahren hatte man auch keinen Nachweis für die Auslösung von Hautkrebs durch zu viel UV-Licht. Da hat man wenig Sonnenschutz genommen und sich in die harte Strahlung der damaligen Solarien begeben.
Das war so eine Art "Zeitbombe" wie ich sie meine. Es lief immer nach dem Motto: "Was ich nicht weiß, macht mich nicht heiß." Es wäre sehr fahrlässig, hier so weiterzumachen, weil man nicht weiß, ob etwas passieren wird. Auch bei Contergan wussten die Pharmakologen vorher nicht, dass es überhaupt Fruchtschädigungen durch Medikamente geben kann. Bei Rückverfolgung des biologischen Wissens zu dieser Zeit eine grobe Dummheit, nicht früher darauf geprüft zu haben.
Ich kann nur hoffen, dass die Gesellschaft aus solchen Fehlern mal lernt und nicht weiter alles als harmlos betrachtet, wo man Langzeitfolgen noch nicht kennt. Übrigens, da weiter vorn die Frage kam, ob ich Daten hätte, nur zur Info: es waren immerhin 27 J. meiner beruflichen Tätigkeit (nach der Zeit im Pharmabereich), in denen die Umweltanalyse, Umweltbewertung und Sicherheitseinstufung von Produkten inkl. zahlreicher internationaler Kommissionen, Arbeitskreise und auch der lästigen Normungsgremien zu meinen Kernthemen zählten. Damals haben wir solche Themen im Schnitt 20 Jahre früher thematisiert, als dass sie von Medien aufgegriffen wurden.
Heute ist diese Zeitspanne viel kleiner. Aber auch die ersten ernsthaften Warnungen zu Mikroplastik und Messungen im Meer liegen schon viele Jahre zurück. Wie will man gegen Multi-Milliarden-Geschäfte angehen nur mit der Aussage, es könnte schwerwiegende Spätfolgen für viele Menschen haben, aber wir wissen es nicht genau?
Wir (jedenfalls ein Gremium in einer der wissenschaftlichen Fachgesellschaften) haben auch vor Jahren gewarnt, bestimmte Kunststoff-Nanopartikel könnten in das Gehirn gelangen. Die große Masse der Lobbyisten hat gesagt, das sei völlig unmöglich wegen der Blut-Hirn-Schranke. Jetzt ist bewiesen, dass sie in das Gehirn gelangen. Was Wunder - hätten die Fachleute nie vermutet, heißt es. Doch das ist gelogen, denn man hat nur einseitig die Lobbyisten als einzige Fachleute angehört. Aus biochemischer Sicht war es naheliegend, dass es passieren würde.