Aktuelle Zeit: Do 28. Mär 2024, 19:35

FKK-Freunde.info

Das deutsche FKK-Forum

Dokumente des Gesellschaftlichen Wandels II

Kurioses, Lustiges, Aufmunterndes was unsere Forengemeinschaft interessieren dürfte
 

Re: Dokumente des Gesellschaftlichen Wandels II

Beitrag von Ralf-abc » Do 21. Mär 2019, 11:31

riedfritz hat geschrieben:Triebfeder für den Einkauf ist immer noch der (evtl. vermeintliche) Bedarf und der Wunsch wieder mal etwas Neues zu haben,

Diese Aussage ist im Ansatz richtig, trifft aber dann doch nicht den Punkt.

Bedarf - das gab es früher mal. Da hat man sich das gekauft, was man braucht. Das wurde dann noch mehrfach repariert und erst wenn es wirklich kaputt war, gab es etwas neues. So etwas gibt es heute doch nur noch bei Hartz IV-Empfängern. Bei allen anderen bestimmt nicht der Bedarf den Einkauf, sondern das reine Bedürfnis. Wer trägt denn heute noch seine Kleidung auf, bis die wirklich kaputt ist? Nein, statt dessen wird alle paar Wochen etwas neues gekauft, nur weil es einem gefällt. Fast in jedem deutschen Kleiderschrank hängen Sachen, die nur gekauft wurden, weil die im Geschäft so schön aussahen, aber die dann niemals getragen werden. Und jedes Jahr ein neues Handy - dafür gibt es auch keinen Grund. Selbst bei Lebensmitteln wird doch weit mehr gekauft, als wirklich gebraucht wird (sonst würden nicht so viele Lebensmittel weggeworfen). Und dieses Konsumverhalten - weg vom Bedarf hin zum reinen Bedürfnis - das ist etwas, das ist nicht von selbst entstanden, sondern durch die psychologische Manipulation der Verbraucher durch immer stärkere Werbung.

Benutzeravatar
 
Beiträge: 3196
Registriert: 05.12.2005
Wohnort: Lübben im Spreewald
Geschlecht: Männlich ♂
Alter: 68

Re: Dokumente des Gesellschaftlichen Wandels II

Beitrag von Bummler » Do 21. Mär 2019, 12:35

riedfritz hat geschrieben:Warum hat die Planwirtschaft nicht funktioniert? Weil die Planer nicht in der Lage waren, den Bedarf rechtzeitig einzuschätzen und die gewünschten Produkte zu liefern.


Aha.
Übrigens hat sich Frau Merkel 1 Million E-Autos bis 2020 gewünscht.
Sind ja noch ein paar Monate Zeit.

Benutzeravatar
 
Beiträge: 5133
Registriert: 24.01.2012
Wohnort: München
Geschlecht: Weiblich ♀

Re: Dokumente des Gesellschaftlichen Wandels II

Beitrag von Aria » Do 21. Mär 2019, 18:12

Ralf-abc hat geschrieben:Die Industrie erzeugt erst durch ensprechende Werbung die Kundenwünsche, denen Sie dann folgt.
Nimm als Beispiel doch nur mal die PKW-Gattung SUV:
Vor 10 Jahren hätte kein Mensch gedacht, dass das heute die meist verkaufte PKW-Art ist. Weil (abgesehen von Handwerkern etc. die so etwas wirklich als Lastenfahrzeug haben wollten, oder Förster, die wirklich ins Gelände müssen) kein Mensch vor 10 Jahren der Meinung war, dass man so ein völlig überdimensioniertes Auto braucht. Erst durch entsprechende Werbung wurden diese Teile in den Markt gedrückt.
Das wird gern erzählt, ist aber trotzdem falsch. Bevor entschieden wird, etwas zu bauen, wird umfangreiche Marktforschung betrieben. Erst wenn festgestellt wird, dass ein Markt für so und so viele SUVs potenziell besteht, werden Investitionen in Milliardenhöhe getätigt, denn bis ein völlig neues Auto zur Marktreife entwickelt wird, vergehen mindestens 5 Jahre. Der erste Hersteller auf dem Markt sahnt ab, der zweite schon weniger, die anderen können nur noch mit viel Werbung etwas verkaufen. Und das ist der jetzige Zustand, der den Blick dafür vernebelt, wie das mit den SUVs angefangen hat.

Ralf-abc hat geschrieben:Aber mit den SUV hat die Autoindustrie ein Fahrzeug kreiert, dass sich auf eine Art und Weise bewerben lässt, wie kein anderes. Die reine Größe und Motorleistung und die Optik dieser Fahrzeuge verleiht ein Gefühl der Überlegenheit. Das biete einen so gewaltigen Ansatzpunkt für hochemotionale Werbung - da kann ein einfacherer Kombi oder Kompaktvan einfach nicht mithalten, obwohl diese Fahrzeuge (zumindest für mich) eine weitaus größere Alltagstauglichkeit haben. Und spätestens bei der Parkplatzsuche sind die Teile doch nur von Nachteil.
Die Nachteile nehmen die Käufer dieser Fahrzeuge offenbar gern in Kauf, sonst würden sie nicht so viel Geld dafür ausgeben: Das Gefühl der Überlegenheit ist halt stärker. Das ist klar eine menschliche Schwäche, die hier ausgenutzt wird, aber um hier erfolgreich dagegen zu steuern, müsstest du einen anderen Menschen kreieren.

Okay, man könnte diese Fahrzeuge per Steuergesetzgebung künstlich verteuern, aber dann könnten sich diese nur noch reiche Leute leisten, was das Gefühl der Unterlegenheit bei den übrigen, die noch viel zahlreicher sind, verstärken würde: Das kann keine demokratische Regierung wollen, das geht nur in den Diktaturen, weil ihnen die eigenen Menschen egal sind und zudem andere Mittel haben, sie künstlich groß zu machen: Indem man ihnen einredet, sie seien groß – aktuelle Beispiele dafür sind Russland (durch die Krim-Annexion: uns kann keiner was) und Ungarn (als christliches Bollwerk Europas gegen „islamische Überfremdung“); Beiden geht es wirtschaftlich nicht gut, trotzdem steht die Bevölkerung hinter ihren Regierungen, weil sie in geeigneter Weise emotional angesprochen worden ist.

Benutzeravatar
 
Beiträge: 3196
Registriert: 05.12.2005
Wohnort: Lübben im Spreewald
Geschlecht: Männlich ♂
Alter: 68

Re: Dokumente des Gesellschaftlichen Wandels II

Beitrag von Bummler » Di 2. Apr 2019, 09:02

Was mir aufgefallen ist, muss ich auch in der Süddeutschen lesen:

Der Aprilscherz ist nicht mehr das, was er mal war


Was früher ein "Scherz" war, ist wohl heue ein Aufreger. Entweder wird der Scherz ernst genommen wie hier:

Elon Musk, der Gründer des Elektroauto-Konzerns Tesla, war zum Scherzen aufgelegt, als er am 1. April 2018 diesen Tweet absetzte: "Trotz intensiver Bemühungen, Geld aufzutreiben, einschließlich eines massenhaften Verkaufs von Ostereiern, sind wir traurig, mitteilen zu müssen, dass Tesla bankrottgegangen ist. So bankrott, wie ihr euch das nicht vorstellen könnt." Die Tesla-Eigentümer konnten über den Aprilscherz nicht lachen: Die Aktie stürzte um acht Prozent ab.


oder man scherzt gar nicht mehr.

"Angesichts des Gegenwinds, dem Technologieunternehmen heutzutage ausgesetzt sind, bitte ich alle Microsoft-Teams, keine öffentlichkeitswirksamen Aprilscherze zu machen." Die Erfahrung zeige, dass solche Gags "begrenzte positive Wirkung haben und unerwünschte Nachrichtenströme auslösen können".


Quelle: https://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/ ... -1.4388713

Das solche Scherze auch hier nicht so richtig lustig sind, ist wohl auch nur ein Ausdruck der allgemeinen Entwicklung.
Das damit eine über 400-jährige Tradition zu Ende geht ist bitter. Die Ursache wohl auch eine geistig-moralische Wende. :shock:

Ich kann noch drüber lachen, aber auch ich werde irgendwann sterben. :mrgreen:
Dann ist der letzte Scherzkeks gegessen und alles ist nur noch ernst.

Aber vielleicht ist die Ursache ja auch eine ganz andere, wie Heise schreibt:

So leben wir mit erstaunlichen Ergebnissen in interessanten Zeiten. Selbst der größte Aprilscherz schafft es nicht, sich an den Kalender zu halten.

https://www.heise.de/newsticker/meldung ... 56593.html

Womit der Brexit ganz treffend charakterisiert würde:

Die beste Aprilscherzrede hielt denn auch Steve Baker von der European Research Group des Jacob Rees-Moog. Er brüllte, dass er mit einem Bulldozer kommen und die Trümmer des Unterhauses in die Themse schieben werde.


Ja klar, da kann kein richtiger April-Scherz mithalten. Das treibt einem die Tränen vor Lachen in die Augen und die Briten haben erfolgreich ihren Ruf als witzigste Region der Welt verteidigt. Nur eben nicht zum 1.April.

Ich finde das undiszipliniert, nun gut das ist auch eine deutsche Tugend, das kann man dann nicht von jedem Volk fordern.

Benutzeravatar
 
Beiträge: 5133
Registriert: 24.01.2012
Wohnort: München
Geschlecht: Weiblich ♀

Re: Dokumente des Gesellschaftlichen Wandels II

Beitrag von Aria » Do 11. Apr 2019, 13:09

Wenn dieses Gesetz kommt, wird der gläserne Bürger endgültig zur Realität – Zitat:

Bislang gibt es in Deutschland keine Rechtsgrundlage dafür, Verdächtige zu zwingen, ihre Passwörter zu verraten. Dafür sorgt der sogenannte nemo-tenetur-Grundsatz. Er besagt: Niemand ist verpflichtet, aktiv an einem Ermittlungsverfahren gegen sich selbst mitzuwirken. Zudem hat jeder Beschuldigte das Recht, zu schweigen. Deshalb ist Beugehaft zur Herausgabe von Informationen bisher auch nur in extremen Fällen und nur gegen Zeugen möglich, nicht aber gegen Beschuldigte. Das soll sich nun ändern.

Benutzeravatar
 
Beiträge: 5133
Registriert: 24.01.2012
Wohnort: München
Geschlecht: Weiblich ♀

Re: Dokumente des Gesellschaftlichen Wandels II

Beitrag von Aria » Di 16. Apr 2019, 12:00

Man vergisst gerne, wie wichtig es ist, wie man sozialisiert worden ist. In der Süddeutschen ist am Wochenende ein Interview mit Herbert Renz-Polster erschienen, der u.a. auch Folgendes gesagt hat – Zitat:

Natürlich wird nicht jeder, der eine autoritäre Kindheit hatte, automatisch zum Rechtspopulisten. Aber wer rechtspopulistisch denkt, hat mit relativ hoher Wahrscheinlichkeit als Kind ein Weltbild erfahren, das eher durch Misstrauen als durch Vertrauen geprägt war. Jeder von uns verortet sich in seinem Leben durch biografische Erfahrungen auf einem Haltungsspektrum zwischen "ist gut, ich kann vertrauen, die Menschen sind in Ordnung" auf der einen Seite, und der Haltung "ne, die Menschen sind nicht in Ordnung. Ich habe Angst. Ich brauche ein ordnendes Prinzip" auf der anderen Seite.

Hier ist eine der möglichen Antworten zu suchen, warum gerade in Ostdeutschland Rechtspopulismus so viele Anhänger hat.

 
Beiträge: 3260
Registriert: 17.03.2008
Wohnort: Oberpfalz

Re: Dokumente des Gesellschaftlichen Wandels II

Beitrag von riedfritz » Di 16. Apr 2019, 12:29

"ist gut, ich kann vertrauen, die Menschen sind in Ordnung" auf der einen Seite, und der Haltung "ne, die Menschen sind nicht in Ordnung. Ich habe Angst. Ich brauche ein ordnendes Prinzip" auf der anderen Seite.
Nach der Wende ist mir bei Fahrten in den damaligen Osten aufgefallen, dass die meisten Grundstücke mit einem hohen Zaun umgeben waren, während bei uns viele Garten-/ Wohngrundstücke auch zur Strasse hin lediglich mit einem kleinen Mäuerchen oder Rasensteinen abgegrenzt waren.

Viele Grüße,

Fritz

Benutzeravatar
 
Beiträge: 3196
Registriert: 05.12.2005
Wohnort: Lübben im Spreewald
Geschlecht: Männlich ♂
Alter: 68

Re: Dokumente des Gesellschaftlichen Wandels II

Beitrag von Bummler » Di 16. Apr 2019, 12:49

...warum gerade in Ostdeutschland...


...in den damaligen Osten aufgefallen...



Fallt nicht drauf rein. Manchmal möchte man hören, was man glaubt um das zu verdrängen was wirklich ist.
Natürlich gibt es auch das Körnchen Wahrheit in dem obigen interview, das will niemand bestreiten. Aber das der Siegeszug des Rechtspopulismus eine Folge autoritärer Erziehung sein soll, ist nun mal ein frommer Wunsch. Der Rechtspopulismus ist nichts weiter als das Versagen der Demokratie.

Der Autoritarismus bedroht die freie Welt. Doch an Politikern wie Donald Trump sehen wir: Die größte Bedrohung für demokratische Staaten kommt von innen.


https://www.zeit.de/politik/ausland/201 ... ngen-5vor8

Diese Kräfte finden Gehör, weil die Regierungen ihren Bürgerinnen und Bürgern nicht mehr verlässlich bieten, was diese zu Recht erwarten: innere und äußere Sicherheit, ein fair verteiltes Wirtschaftswachstum, funktionierende Bildungssysteme, eine zukunftssichere öffentliche Infrastruktur und dazu eine angemessene Gesundheitsversorgung und Alterssicherung.


So einfach ist das.
Aber man kann sich natürlich selbst beweihräuchern.

Benutzeravatar
 
Beiträge: 5133
Registriert: 24.01.2012
Wohnort: München
Geschlecht: Weiblich ♀

Re: Dokumente des Gesellschaftlichen Wandels II

Beitrag von Aria » Di 16. Apr 2019, 16:59

Bummler hat geschrieben:
Diese Kräfte finden Gehör, weil die Regierungen ihren Bürgerinnen und Bürgern nicht mehr verlässlich bieten, was diese zu Recht erwarten: innere und äußere Sicherheit, ein fair verteiltes Wirtschaftswachstum, funktionierende Bildungssysteme, eine zukunftssichere öffentliche Infrastruktur und dazu eine angemessene Gesundheitsversorgung und Alterssicherung.
So einfach ist das.
So einfach hättest du wohl gern, aber die Wirklichkeit ist eine andere: Die Innere Sicherheit war z.B. in den 1970er Jahren durch die RAF bedrohter als jetzt (nervöse Polizei mit Maschinenpistolen überall). Auch die äußere Sicherheit war in den 1950er bis 1980er Jahren bedrohter als jetzt: Man denke hier an die atomare Aufrüstung, die bis in die 1980er Jahre andauerte.

Bildungssysteme haben noch nie wirklich tadellos funktioniert, lediglich in den 1970er Jahren gab es Neuerungen (z.B. BAföG), die zur mehr Bildungsgerechtigkeit führten, die aber ab den 1980er Jahren durch die 16-jährige von Bundeskanzler Kohl geführten Regierungen wieder nach und nach abgebaut worden sind. Erst ab 1998 mit der Schröderregierungen ging es wieder in umgekehrte Richtung, aber anschließend mit Merkelregierungen abermals abwärts.

Die Infrastruktur und die Gesundheitsversorgung waren früher schlechter als jetzt. Nur die Alterssicherung war besser, weil es früher kaum alte Menschen zu versorgen waren – der Blutzoll des II. Weltkriegs hat sich da bemerkbar gemacht.

 
Beiträge: 3260
Registriert: 17.03.2008
Wohnort: Oberpfalz

Re: Dokumente des Gesellschaftlichen Wandels II

Beitrag von riedfritz » Di 16. Apr 2019, 18:04

Bummler hat geschrieben:Aber dass der Siegeszug des Rechtspopulismus eine Folge autoritärer Erziehung sein soll, ist nun mal ein frommer Wunsch. Der Rechtspopulismus ist nichts weiter als das Versagen der Demokratie.
Da werden wir uns nie einig werden! Alles kann nicht einmal die Demokratie richten, vor allem weil die Rechtspopulisten (die Gegner der Demokratie) auch stimmberechtigt sind!

Viele Grüße,

Fritz

VorherigeNächste

Zurück zu Sonstiges

Wer ist online?

Mitglieder in diesem Forum: 0 Mitglieder und 27 Gäste