Das schon fast ungläubige Erstaunen in den beiden vorstehenden Antworten zerstreut meine Befürchtung, daß ich überempfindlich bin, das Klima dort wie von mir geschrieben als "irrenhausreif" zu empfinden.
Ausgelöst hatte ich diese Eskalation dadurch, daß ich, in naiver Unschuld mir nichts dabei denkend, etwas über 20 Minuten nach Beginn der FKK-Zeit wie gewohnt nackt meinen Kleiderspind belud, etwa 10m vor den männlich / weiblich getrennten Duschräumen, die an die Schwimmhalle angrenzen. Völlig unerwartet erschien ein Bademeister und forderte mich auf, mir etwas anzuziehen, der Kinder und der Frauen wegen. Ich überlegte zu gehen, duschte dann aber in Unterhose und schwamm auch darin, im Einklang mit der Mogelpackungsbezeichnung "FKK-Zeit" die in Wahrheit eine CO-Zeit ist. Das Schwimmen brach ich nach einiger Zeit aus Sicherheitsgründen ab, da ich mich zu sehr noch aufregte, nach 10min Pause auf einer Liege war der Puls noch das Doppelte vom Ruhepuls, das wir mir ein zu unkontrollierbarer kardiologischer Härtetest.
Nach einem halben Jahr Boykott des Schwimmbads beschwerte ich mich bei der Leitung in der Hoffnung, die Wogen glätten zu können. Ich wollte die Beleidigung nicht mehr länger auf mir sitzen lassen. In Klartext übersetzt war die Aussage des Bademeisters "FKKler sind kinderschänderische und frauenbelästigende Drecksäue".
Die Antwort, die ich immerhin nach zusätzlicher Erinnerung erhielt, goß noch einen Eimer Öl aufs Feuer, das ist unmißverständlich:
Antwortschreiben, 2011mmdd, hat geschrieben: ... Aus Erfahrungen im FKK-Bereich ist es häufig so, dass die teilnehmenden Personen am FKK gerade im Umkleidebereich ihre Privatsphäre bewahren möchten. Da das An- bzw. Auskleiden doch privater ist als das textilfreie bewegen [so geschrieben] im Schwimmbad [Satzbau Original]. Aus diesem Grund beginnt der FKK-Bereich während des FKK-Schwimmens auch erst in der Halle selber. [Hervorhebung durch Fettschrift von mir] ...
Ich empfinde diesen Versuch einer Argumentation als grotesk. Sollen doch Umzieher in der Umkleidekabine hinter geschlossener Tür falls nötig ihre verschissene Unterhose blickdicht verpacken und so zum Kleiderspind bringen, damit wäre die Privatsphäre bewahrt.
Diesem Schreiben zufolge besteht auch Pflicht zum bekleideten Duschen zur FKK-Zeit, Nacktheit nur in der Schwimmhalle, der Duschraum ist von ihr getrennt. Wie sich die Zeiten ändern, früher gab es verbreitet in Textil-Schwimmbädern im Duschraum eine Tafel mit der Aufforderung, beim Duschen das Badezeug abzulegen. Vielleicht es der berüchtigte Zeitgeist, der irrenhausreif geworden ist.
Ich bin auch Jahre später unverändert der Meinung, daß mein nacktes Kleiderspindbeladen innerhalb der FKK-Zeit kein Fehlverhalten meinerseits war, dagegen halte ich das Verhalten des Bademeisters wie auch das Antwortschreiben für Fehlverhalten, Schwimmbadangestellte werden nicht vom Bürger dafür bezahlt, Badegäste zu beleidigen.
Für mich als Dickkopf, der nicht bereit ist, zum Erreichen der Schwimmhalle mich ausgerechnet zur FKK-Zeit in Badezeug oder Wickelhandtuch, wie bei Anhängern der Saunaszene üblich, zu verhüllen, war eine kreative Lösung gefragt, bei Benutzung der Umkleidekabine wäre die Schwimmhalle für mich unerreichbar geblieben. Also habe ich mich beim ersten meiner beiden eingangs erwähnten späteren Testbesuche in der Schwimmhalle ausgezogen und meine Sachen eingetütet auf einer Liege gelassen, auf Benutzung des durch die Auflage für mich unerreichbaren Duschraums habe ich verzichtet. Das gab kein Problem. Es war jetzt noch die Reproduzierbarkeit des Experimentes zu beweisen. Beim zweiten Testbesuch längere Zeit später gab es aber ein Problem, das paßte dem Bademeister (einem anderen als dem Streitvomzaunbrecher) nicht. Statt gleich zu schwimmen gab es erst einmal eine längere diplomatische Verhandlung zwischen uns mit dem Ergebnis, den die Schwimmhalle abgrenzenden Glasgang als neutrales Niemandsland zu definieren, der zwar zur Schwimmhalle gehört aber doch außerhalb von ihr liegt und damit das Auskleiden, das in der Schwimmhalle unerwünscht ist, doch ermöglicht.
Das nervte, so etwas Kompliziertes habe ich in Jahrzehnten meiner FKK-Hallenbaderfahrungen nirgendwo sonst erlebt, und so blieb es bisher beim zweiten Testbesuch.
Juristisch erscheint es mir als riskant wenn ich mich durch Nacktduschen über das Schreiben hinwegsetzen würde, ich hätte nicht die Ausrede des Nichtwissens. Eine Vorstrafe wegen Hausfriedensbruch durch Nacktduschen zur FKK-Zeit wäre zwar recht originell, lohnt die Sache aber nicht. Es besteht das Problem des Hausrechts, jeder Schwimmbadbetreiber kann für die Besucher irgendwelche abstrusen Bestimmungen erlassen, z.B. das Tragen einer roten Wäscheklammer auf dem linken Ohr und einer grünen auf dem rechten beim Schwimmen in Analogie zu Brauchtum aus der Seefahrt. Da bleibt einem Kunden nur wegzubleiben wenn ihm das zu dämlich ist.
Schade, das war früher mal ein gutes Angebot, aber was kratzt es die Stadtwerke, daß ihnen durch das Verhalten ihrer Angestellten allein in meinem Fall ein Einnahmeausfall von inzwischen mehreren hundert Euro entstanden ist. Wie eingangs geschrieben war ich treuer Stammgast. Der Zahler kommunaler Gebühren freut sich nicht darüber, wenn Schwimmbäder noch defizitärer werden dadurch, daß Angestellte Badegäste wegekeln mit der Haltung "bei uns gilt der Kunde als Drecksau, aber nicht als König".