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Warum nackt und nackt nicht dasselbe sind

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Re: Warum nackt und nackt nicht dasselbe sind

Beitrag von Tim007 » Fr 12. Feb 2016, 14:58

Bummler hat geschrieben:Genau wie der "Staat" über ein Bauwerk entscheidet, sollte der Staat auch über ein Kunstwerk entscheiden können.


Nein, nein, nein.

Willst Du allen Ernstes, dass saturierte Beamte im grauen Pullunder zu entscheiden haben, was "Kunst" ist?
Ach ja: "mit Sachverstand".

Was ist das?
Sieh Dir mal die "Kunst im öffentlichen Raum" an.
Dann wirst Du den Sachverstand und die Weisheit des Staates mit anderen Augen sehen.

Wenn ich nur daran denke, was alles "vom Staat" als "Kunst" angesehen wird und was nicht.
Ein Beispiel: Die Böttcherstraße in Bremen. Einige werden sie kennen. Besichtigenswert. Nur Hitler gefiel sie nicht. Sogar auf dem Parteitag der NSDAP 1936 geiferte er über "diese Art von Böttcherstraßenkultur". Immerhin verfügte er, dass die Böttcherstraße der Nachwelt erhalten bleiben solle,

als ein abschreckendes Beispiel dafür, was in der Zeit vor unserer Machtübernahme als Kultur und Baukunst ausgegeben worden
war.

Oder Breker. Oder der furchtbare sozialistische Realismus, dem andere Kunst zu weichen hatte. Oder ...

Wenn es nach "dem Staat" ginge, wären weder der Expressionismus noch (teilweise) l der Impressionismus "Kunst".

Nein, Bummler, die Gängelung des Staates in Kunstfragen muss der Vergangenheit angehören.

 

Re: Warum nackt und nackt nicht dasselbe sind

Beitrag von Friedjof » Fr 12. Feb 2016, 15:23

Zum „Skandalbild“ und dessen Interpretation sei noch folgendes angemerkt:
Sofern ein Künstler keine Aussage zu seinem Bild macht bleibt es dem Betrachter überlassen, sein Werk zu interpretieren und zu beurteilen. Und eine Interpretation ist immer individuell. Falsch oder richtig gibt es da nicht. Es sei denn, ich interpretiere in das „Skandalbild“ den Untergang des Abendlandes hinein, den der Künstler wohl nicht zum Ausdruck bringen wollte.
Man kann einem Künstler auch damit Unrecht tun, in sein Werk irgendetwas hineinzuinterpretieren, was er damit sicherlich nicht zum Ausdruck bringen wollte. Man muss einen Künstler schon sehr genau kennen, ihn studiert haben, um die Aussage eines seiner Werke richtig zu interpretieren. Und selbst dann kann ich nicht sicher sein, dass ich mit meiner Einschätzung richtig liege. Auch ein Künstler kann mal aus der Art schlagen und ein Kunstwerk erschaffen, welches man ihm niemals zuordnen würde.
Vor diesem Hintergrund ist es m.E. falsch zu sagen, dass diese oder jene Betrachtungsweise bzw. Interpretation nicht richtig ist. Pornografie hat es wahrscheinlich schon immer gegeben. Nur hat diese in jeder Zeitepoche ein wenig anders ausgesehen. Was im 16. Jahrhundert einen jungen Mann vielleicht unglaublich anregte würde heute wohl die meisten Männer abtörnen, zumindest in der damaligen, gemalten Form. Aus unserer heutigen Sichtweise ist Pornografie bei alten Bildern nur nicht immer gleich auszumachen.
Die Aussage, dass zur Pornografie mehr gehört als nur die exakte Darstellung von Genitalien kann ich so auch nicht teilen. Es gibt keine DIN-Norm, die aussagt, wie Pornografie auszusehen hat. Da hat ein jeder (der es braucht) seine Vorlieben. Ich will an dieser Stelle jetzt nicht sämtliche Facetten der teils bizarresten Formen und Auswüchsen menschlicher pornografischer Gelüste aufzählen. Nur so viel sei gesagt: Einschlägige Internetseiten sind voll von Bildergalerien und Filmen, die einzig die weiblichen oder männlichen Genitalien in Nahaufnahme darstellen. Der Markt dafür ist vorhanden; ansonsten gäbe es das Angebot nicht. Ist das nun keine Pornografie?
Im Übrigen verurteile ich das „Skandalbild“ auch nicht, wie ich auch insgesamt die Pornografie nicht verurteile (so lange sie sich im gesetzlichen Rahmen befindet und z.B. keine Kinderpornografie beinhaltet).
Und abschließend: Was Kunst ist und was ein Künstler mit einem bestimmten seiner Werke aussagen will liegt im Auge und im Verständnis des Betrachters. Ich maße mir nicht an zu sagen, dass jemand mit seiner Interpretation eines Werkes falsch liegt, es sei denn, ich kenne den Künstler und seine künstlerischen Vorlieben. Aber selbst dann muss ich mit meiner Beurteilung nicht richtig liegen. Zudem finde ich es nicht schlimm, wenn auch nach dem ausgiebigen Studium eines Kunstwerks ein Fragezeichen bleibt oder vollkommen konträre Meinungen über z.B. ein Bild bestehen. das macht auch Kunst aus!

 

Re: Warum nackt und nackt nicht dasselbe sind

Beitrag von Nudi » Fr 12. Feb 2016, 15:29

Dazu fällt mir gerade etwas ein. Damals in der Firma hatten wir einen ziemlich naiven Kollegen, der uns eines Tages damit überraschte, er hätte in einem Magazin- Spiegel oder Stern? - gelesen es gäbe jetzt das "Deutsche Kunstsiegel" Damit sollte amtlicherseits dokumentiert werden, was nun Kunst sei und was nicht; wir lachten darüber, aber er ließ sich nicht beirren! Soweit ich mich erinnern kann war das dem "Deutsche Markenbutter" - Siegel nachempfunden.
Ich hab jetzt mal danach im Netz gesucht, aber nichts gefunden, nur dass es 1972 von Klaus Staeck kreiert wurde. Wer weiss mehr?
... fragt Nudi

Nachtrag: Fundstelle www.klaus-staeck.de/biografie

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Re: Warum nackt und nackt nicht dasselbe sind

Beitrag von Bummler » Fr 12. Feb 2016, 17:23

Tim007 hat geschrieben:Nur Hitler gefiel sie nicht.


Mein lieber Tim, Du solltest Dich mal vom autoritären Trauma befreien. Es geht doch nicht darum dass irgend jemand auf Grund einer Machtkonstellation ihm nicht genehme Kunst verbietet, sondern es geht darum den Missbrauch der Kunst zu verhindern.
Kunstfreiheit ist ein hohes Gut, das geschützt werden muss. Und gerade deswegen muss es einer Institution möglich sein regulierend einzugreifen.

Genau wie bei den anderen Freiheiten.

 
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Re: Warum nackt und nackt nicht dasselbe sind

Beitrag von Tim007 » Fr 12. Feb 2016, 17:59

Mein lieber Bummler,

es steht dem Staat aber nun einmal nicht zu, Kunst als solche zu definieren und womöglich zu verhindern.
Wo es Macht gibt, gibt es auch Machtmissbrauch. Das war schon immer so und wird auch immer sio sein. Das hat mit einem autoritären Trauma nichts zu tun (obwohl ich tatsächlich eine Aversion gegen totalitäre Staaten habe. Doch das ist ein anderes Thema).

Wenn jemand regulierend eingreifen darf, dann nur die Gerichte. Und an dieser Gewaltenteilung darf nicht gerüttelt werden.

Art. 5 Abs. 3 GG darf wegen der üblen Erfahrung noch nicht einmal durch ein Gesetz eingeschränkt werden. Dennoch gibt es auch so Grenzen, die einen Missbrauch vermeiden sollen, nämlich dann, wenn es um die Kollision mit anderen Grundrechten geht.

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Re: Warum nackt und nackt nicht dasselbe sind

Beitrag von Hans H. » Fr 12. Feb 2016, 21:26

Bummler hat geschrieben:Kunstfreiheit ist ein hohes Gut, das geschützt werden muss. Und gerade deswegen muss es einer Institution möglich sein regulierend einzugreifen.

Das ist in sich schon ein Widerspruch. Kunstfreiheit kann nur entweder als hohes Gut geschützt werden oder es ist einer Institution möglich, regulierend einzugreifen. Beides gleichzeitig geht nicht. Das ist so widersprüchlich, wie wenn einer fordern würde: "freie Fahrt auf allen Autobahnen, aber die Geschwindigkeit muss mit Radar kontrolliert werden, damit die freie Fahrt geschützt wird".

Bummler hat geschrieben:Genau wie bei den anderen Freiheiten.

Andere im Persönlichkeitsrecht verbriefte Freiheiten können nur per Gesetz eingeschränkt werden, also nicht durch eine regulierende Institution, sondern durch eine klare Regelung, unter welchen Umständen und Voraussetzungen die Einschränkung zulässig ist.

Im Übrigen stimme ich den Ausführungen von Tim007 zu.

 
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Re: Warum nackt und nackt nicht dasselbe sind

Beitrag von Calcit » Sa 13. Feb 2016, 00:49

Zum diskutierten Courbet-Bild gibt es ein aktuelles französisches Gerichtsurteil gegen Facebook: Ein Franzose darf nach französischem Recht gegen seinen Rausschmiß klagen, es steht ihm nicht nur der von Facebook genehmigte ausschließliche kalifornische Klageweg offen. Ein Lehrer hatte das Bild auf seiner Facebook-Seite aufgenommen, kollidierte prompt mit den amerikanischen Spielregeln und bekam auch in 2. Instanz vor französischem Gericht recht dahingehend, daß er auch in Frankreich klagen dürfe, er hatte in erster Runde Rücknahme seines Rauswurfes und 20000 Euro Schadenersatz gefordert:
BBC, 20160212, hat geschrieben: Paris court rules against Facebook in French nudity case
The Paris appeal court has upheld a ruling that Facebook can be sued under French - not Californian - law. A French teacher won in the Paris high court last year, arguing that Facebook should not have suspended his account because of an erotic image on his page. ... US-based Facebook says users can only sue in California. It removed a close-up of a nude woman, painted by Courbet. ... Facebook users have to agree to the tech giant's terms of service, which state that its jurisdiction is California. The Paris high court decided that the company's argument was "abusive" and violated French consumer law, by making it difficult for people in France to sue. ... The Facebook community standards say "we restrict the display of nudity because some audiences within our global community may be sensitive to this type of content - particularly because of their cultural background or age".
http://www.bbc.com/news/world-europe-35559036

Das ist ja lieb von Facebook, daß eine Ur-Ur-Oma aus Adenauers Zeiten nicht durch Herzkasper einen Platz im Pflegeheim freimachen soll. Hm, womit wurde sie Ur-Ur-Oma?

 
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Re: Warum nackt und nackt nicht dasselbe sind

Beitrag von Eule » Sa 13. Feb 2016, 01:02

@ Friedjof
Nackidei, zwischen einem pornographischen und einem künstlerischen Werk kann in der Regel deutlich unterschieden werden, weil die Ansprache an den Betrachter bzw. die Themartik der Abbildung sehr unterschiedlich sind. Ja, ich weiss, es gibt eine nicht zu kleine Grenzzone zwischen diesen beiden Arten der Darstellung, wo diese Abgrenzung nicht unbedingt einfach und deutlich ist. Aber in der Regel ist sie es.

Skandalbilder, gleich welcher Art, greifen Sehgewohnheiten an, in dem sie angebliche Tabus verletzen. Rege ich mich über diese Tabuverletzung auf, so habe ich das Wesen des entsprechenden Werkes nicht verstanden. Bei solchen Bildnissen, mit denen eine Tabuverletzung begangen wurde, sollte man wirklich überlegen, was mit dieser Tabuverletzung erreicht werden sollte.

Moderne zeitgenössige Kunst verlangt vom Betrachter, dass dieser sich von dem gewohnten Sehstil löst und die Dinge einmal mit anderen Augen betrachtet. So werden aus "Schrotthaufen" interessante Informationsträger. Wir sollten uns langsam daran gewöhnen, dass uns nicht alles so einfach präsentiert wird. Wir haben einen Verstand und dieses sollten wir auch bei der Betrachtung moderner Kunstobjekte nutzen.

@ Bummler
Der Staat als Staat ist ein schlechter Kunstkritiker. Wie soll der Staat ein Kunstsiegel definieren, der auch künstlerische Entwicklungen gerecht wird, die zum Zeitpunkt der Erstellung des Kunstsiegels noch nicht vorhanden waren? Wollen wir wirklich eine einheitliche Kunst haben, die in der ganzen Republik so anzutreffen ist? Oder ist uns nicht eine Vielfalt in der Kunst lieber?

Der Staat fördert die Kunst, in dem er den Künstlern Stipendien gibt oder Kunstwerke kauft und in die Museen bringt. Mehr kann und mehr sollte der Staat auch nicht tun.

@ alle
Die hier aufgetretene Debatte über die Kunst zeigt uns, wie schwierig eine allgemeinverbindliche Aussage hier getroffen werden kann. Gleichzeitig sehen wir, dass das Problem der Nacktheit in unserer Gesellschaft noch nicht gelöst ist. Für mich ein großes Zeichen dafür, dass unser gesellschaftliches Körperbild in keiner Weise abgesichert ist und wir alle noch feste daran arbeiten müssen.

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Re: Warum nackt und nackt nicht dasselbe sind

Beitrag von Hans H. » Sa 13. Feb 2016, 01:05

Zum Beitrag von Calcit:
Das ist schon mal ein guter Anfang in Bezug auf das von der EU angestrebte Internetrecht. Bereits in der EU-Datenschutzgrundverordnung (Abk.: DS-GVO), die wohl in diesem Jahr nach langen Diskussionen endlich verabschiedet wird, wird festgelegt, dass die Anforderungen dieser Verordnung auch für Anbieter gelten, die keinen Sitz in der EU haben, aber ihre Dienstleistungen in der EU anbieten. Das ist rechtlich ein Novum und wie es durchgesetzt wird, weiß ich auch noch nicht, aber ich denke, die werden schon Wege finden. Jedenfalls ist es das Ziel in der EU, das Internetrecht insgesamt so zu gestalten, dass nicht mehr der Firmensitz als Rechtssitz gilt, sondern der Wirkungsraum in Bezug auf die Kundschaft gilt.

Nachtrag zum letzten Absatz von Eule: das ist gut geschrieben - meine 100%ige Zustimmung dazu.

 
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Re: Warum nackt und nackt nicht dasselbe sind

Beitrag von riedfritz » So 14. Feb 2016, 10:48

Bummler hat geschrieben:Genau wie der "Staat" über ein Bauwerk entscheidet, sollte der Staat auch über ein Kunstwerk entscheiden können. Das Problem ist doch nicht wer entscheidet, sondern ob er dies mit Sachverstand tut. Nicht umsonst halten sich Politiker bisher bei solchen Entscheidungen meist im Hintergrund, weil "Kunst" nicht so einfach zu definieren ist und zu oft mit "Geschmack" verbunden wird.
Genau hier liegt das Problem, denn wer entscheidet letzlich, was "entartete Kunst" ist. Man denke nur an die Hinterlassenschaften Reichsparteitagsgelände Nürnberg oder Königsplatz München usw.

Wie soll der Staat ein Kunstsiegel definieren, das auch künstlerische Entwicklungen gerecht wird,
Wenn der Entwurf von Klaus Staeck stammt, ist doch eindeutig, wie dieser Vorschlag gemeint ist.


Viele Grüße,

Fritz

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