Aktuelle Zeit: So 28. Apr 2024, 17:55

FKK-Freunde.info

Das deutsche FKK-Forum

Warum nackt und nackt nicht dasselbe sind

Hinweis auf Sendungen in Radio und Fernsehen, sowie Artikel in Printmedien. Medienanfragen von Presse, Radio und TV.
 
Beiträge: 528
Registriert: 27.04.2007

Re: Warum nackt und nackt nicht dasselbe sind

Beitrag von Calcit » Sa 13. Feb 2016, 00:49

Zum diskutierten Courbet-Bild gibt es ein aktuelles französisches Gerichtsurteil gegen Facebook: Ein Franzose darf nach französischem Recht gegen seinen Rausschmiß klagen, es steht ihm nicht nur der von Facebook genehmigte ausschließliche kalifornische Klageweg offen. Ein Lehrer hatte das Bild auf seiner Facebook-Seite aufgenommen, kollidierte prompt mit den amerikanischen Spielregeln und bekam auch in 2. Instanz vor französischem Gericht recht dahingehend, daß er auch in Frankreich klagen dürfe, er hatte in erster Runde Rücknahme seines Rauswurfes und 20000 Euro Schadenersatz gefordert:
BBC, 20160212, hat geschrieben: Paris court rules against Facebook in French nudity case
The Paris appeal court has upheld a ruling that Facebook can be sued under French - not Californian - law. A French teacher won in the Paris high court last year, arguing that Facebook should not have suspended his account because of an erotic image on his page. ... US-based Facebook says users can only sue in California. It removed a close-up of a nude woman, painted by Courbet. ... Facebook users have to agree to the tech giant's terms of service, which state that its jurisdiction is California. The Paris high court decided that the company's argument was "abusive" and violated French consumer law, by making it difficult for people in France to sue. ... The Facebook community standards say "we restrict the display of nudity because some audiences within our global community may be sensitive to this type of content - particularly because of their cultural background or age".
http://www.bbc.com/news/world-europe-35559036

Das ist ja lieb von Facebook, daß eine Ur-Ur-Oma aus Adenauers Zeiten nicht durch Herzkasper einen Platz im Pflegeheim freimachen soll. Hm, womit wurde sie Ur-Ur-Oma?

Online
 
Beiträge: 5423
Registriert: 08.07.2009
Geschlecht: Männlich ♂

Re: Warum nackt und nackt nicht dasselbe sind

Beitrag von Eule » Sa 13. Feb 2016, 01:02

@ Friedjof
Nackidei, zwischen einem pornographischen und einem künstlerischen Werk kann in der Regel deutlich unterschieden werden, weil die Ansprache an den Betrachter bzw. die Themartik der Abbildung sehr unterschiedlich sind. Ja, ich weiss, es gibt eine nicht zu kleine Grenzzone zwischen diesen beiden Arten der Darstellung, wo diese Abgrenzung nicht unbedingt einfach und deutlich ist. Aber in der Regel ist sie es.

Skandalbilder, gleich welcher Art, greifen Sehgewohnheiten an, in dem sie angebliche Tabus verletzen. Rege ich mich über diese Tabuverletzung auf, so habe ich das Wesen des entsprechenden Werkes nicht verstanden. Bei solchen Bildnissen, mit denen eine Tabuverletzung begangen wurde, sollte man wirklich überlegen, was mit dieser Tabuverletzung erreicht werden sollte.

Moderne zeitgenössige Kunst verlangt vom Betrachter, dass dieser sich von dem gewohnten Sehstil löst und die Dinge einmal mit anderen Augen betrachtet. So werden aus "Schrotthaufen" interessante Informationsträger. Wir sollten uns langsam daran gewöhnen, dass uns nicht alles so einfach präsentiert wird. Wir haben einen Verstand und dieses sollten wir auch bei der Betrachtung moderner Kunstobjekte nutzen.

@ Bummler
Der Staat als Staat ist ein schlechter Kunstkritiker. Wie soll der Staat ein Kunstsiegel definieren, der auch künstlerische Entwicklungen gerecht wird, die zum Zeitpunkt der Erstellung des Kunstsiegels noch nicht vorhanden waren? Wollen wir wirklich eine einheitliche Kunst haben, die in der ganzen Republik so anzutreffen ist? Oder ist uns nicht eine Vielfalt in der Kunst lieber?

Der Staat fördert die Kunst, in dem er den Künstlern Stipendien gibt oder Kunstwerke kauft und in die Museen bringt. Mehr kann und mehr sollte der Staat auch nicht tun.

@ alle
Die hier aufgetretene Debatte über die Kunst zeigt uns, wie schwierig eine allgemeinverbindliche Aussage hier getroffen werden kann. Gleichzeitig sehen wir, dass das Problem der Nacktheit in unserer Gesellschaft noch nicht gelöst ist. Für mich ein großes Zeichen dafür, dass unser gesellschaftliches Körperbild in keiner Weise abgesichert ist und wir alle noch feste daran arbeiten müssen.

Benutzeravatar
 
Beiträge: 4835
Registriert: 17.06.2006
Wohnort: Hessen
Geschlecht: Männlich ♂

Re: Warum nackt und nackt nicht dasselbe sind

Beitrag von Hans H. » Sa 13. Feb 2016, 01:05

Zum Beitrag von Calcit:
Das ist schon mal ein guter Anfang in Bezug auf das von der EU angestrebte Internetrecht. Bereits in der EU-Datenschutzgrundverordnung (Abk.: DS-GVO), die wohl in diesem Jahr nach langen Diskussionen endlich verabschiedet wird, wird festgelegt, dass die Anforderungen dieser Verordnung auch für Anbieter gelten, die keinen Sitz in der EU haben, aber ihre Dienstleistungen in der EU anbieten. Das ist rechtlich ein Novum und wie es durchgesetzt wird, weiß ich auch noch nicht, aber ich denke, die werden schon Wege finden. Jedenfalls ist es das Ziel in der EU, das Internetrecht insgesamt so zu gestalten, dass nicht mehr der Firmensitz als Rechtssitz gilt, sondern der Wirkungsraum in Bezug auf die Kundschaft gilt.

Nachtrag zum letzten Absatz von Eule: das ist gut geschrieben - meine 100%ige Zustimmung dazu.

 
Beiträge: 3293
Registriert: 17.03.2008
Wohnort: Oberpfalz

Re: Warum nackt und nackt nicht dasselbe sind

Beitrag von riedfritz » So 14. Feb 2016, 10:48

Bummler hat geschrieben:Genau wie der "Staat" über ein Bauwerk entscheidet, sollte der Staat auch über ein Kunstwerk entscheiden können. Das Problem ist doch nicht wer entscheidet, sondern ob er dies mit Sachverstand tut. Nicht umsonst halten sich Politiker bisher bei solchen Entscheidungen meist im Hintergrund, weil "Kunst" nicht so einfach zu definieren ist und zu oft mit "Geschmack" verbunden wird.
Genau hier liegt das Problem, denn wer entscheidet letzlich, was "entartete Kunst" ist. Man denke nur an die Hinterlassenschaften Reichsparteitagsgelände Nürnberg oder Königsplatz München usw.

Wie soll der Staat ein Kunstsiegel definieren, das auch künstlerische Entwicklungen gerecht wird,
Wenn der Entwurf von Klaus Staeck stammt, ist doch eindeutig, wie dieser Vorschlag gemeint ist.


Viele Grüße,

Fritz

 

Re: Warum nackt und nackt nicht dasselbe sind

Beitrag von Nudi » So 14. Feb 2016, 13:13

riedfritz hat geschrieben:
Wie soll der Staat ein Kunstsiegel definieren, das auch künstlerische Entwicklungen gerecht wird,
Wenn der Entwurf von Klaus Staeck stammt, ist doch eindeutig, wie dieser Vorschlag gemeint ist.


Viele Grüße,

Fritz


Das war 1972, und jeder der nicht gerade als Kind mit 'nem Klammerbeutel gepudert war hat das damals als Satire erkannt.
Leider habe ich eine Abbildung von dem "Siegel" trotz sorgfältiger Suche, nicht finden können. Hätte so gut zu dieser Diskussion gepasst. Klaus StaecK hat ne HP, ob man ihm mal schreibt?

Fragt Nudi

Benutzeravatar
 
Beiträge: 3195
Registriert: 05.12.2005
Wohnort: Lübben im Spreewald
Geschlecht: Männlich ♂
Alter: 68

Re: Warum nackt und nackt nicht dasselbe sind

Beitrag von Bummler » Mo 15. Feb 2016, 11:03

Hans H. hat geschrieben:Das ist so widersprüchlich, wie wenn einer fordern würde: "freie Fahrt auf allen Autobahnen, aber die Geschwindigkeit muss mit Radar kontrolliert werden, damit die freie Fahrt geschützt wird".


Das ist nicht widersprüchlich, sondern richtig. Der Verkehr muss reguliert werden, damit die freie Fahrt möglich bleibt. Beispiele gibt es bei Autobahnen, bei denen eine Geschwindigkeitsbeschränkung zu weniger Staus und Unfällen geführt haben.
Im übrigen ist die "freie Fahrt für freie Bürger" genau so eine Illusion wie die "Kunstfreiheit".
Es gibt nichts, was wirklich frei ist und wirkliche Freiheit gibt es nur mit Schuld. (Das ist nicht von mir).

Das Gegenteil von "Staat" ist ja nicht Freiheit, sondern Anarchie.
Wobei die Anarchisten (im Mittelpunkt stehen Freiheit, Selbstbestimmung, Gleichberechtigung, Selbstverwirklichung der Individuen...) ja der Meinung sind, dass ihre (Un)Ordnung auch funktionieren würde, wenn alle Mitglieder nur die Konventionen einhalten würden. Tun sie aber nicht. Genau wie in anderen gesellschaftlichen Formen. Das ist das Problem warum ich fordere Freiheiten zu schützen.

Tim007 hat geschrieben:Wenn jemand regulierend eingreifen darf, dann nur die Gerichte. Und an dieser Gewaltenteilung darf nicht gerüttelt werden.


Da hast Du natürlich Recht. Wobei mir letztendlich egal ist wer die Freiheit sichert. Ich hätte mir wegen dem Gewaltmonopol den Staat gewünscht, aber wenn das die Gerichte auch können, dann soll es mir recht sein. Freilich dürfen dann die Gerichte nicht so wie unser Richter Schleef sein, der nach dem Mainstream urteilt. Dann geht das in die Hose.

In unserem speziellen Fall sähe das dann so aus, dass die Kunstbehörde das Museum abmahnt oder ein Bussgeld anordnet, weil es die Künstlerin bei ihrer Kunst gestört hat. Im Zweifel hätte die Polizei eine Anlaufstelle, bei der sie nachfragen könnte ob diese Aktion Kunst oder keine Kunst ist. Und danach richtet sich dann der polizeiliche Einsatz.

Mir scheint das plausibel.

Benutzeravatar
 
Beiträge: 5133
Registriert: 24.01.2012
Wohnort: München
Geschlecht: Weiblich ♀

Re: Warum nackt und nackt nicht dasselbe sind

Beitrag von Aria » Mo 15. Feb 2016, 13:27

Bummler hat geschrieben:In unserem speziellen Fall sähe das dann so aus, dass die Kunstbehörde das Museum abmahnt oder ein Bussgeld anordnet, weil es die Künstlerin bei ihrer Kunst gestört hat.
Mit Verlaub, Bummler, aber das ist Blödsinn. In jedem Museum gilt das Hausrecht genauso wie in jedem x-beliebigen Haus; wenn ich nicht einmal in meinem Haus gefahrlos bestimmen könnte, was gemacht werden darf und was nicht, dann wäre das das Ende der Freiheit.

Benutzeravatar
 
Beiträge: 3195
Registriert: 05.12.2005
Wohnort: Lübben im Spreewald
Geschlecht: Männlich ♂
Alter: 68

Re: Warum nackt und nackt nicht dasselbe sind

Beitrag von Bummler » Mo 15. Feb 2016, 13:50

Aria hat geschrieben:...wenn ich nicht einmal in meinem Haus gefahrlos bestimmen könnte, was gemacht werden darf und was nicht, dann wäre das das Ende der Freiheit.


Du sagst es, genau das meine ich.
Es muss jemanden geben der bestimmt was gemacht werden darf und was nicht, damit die Freiheit nicht endet.

Online
 
Beiträge: 5423
Registriert: 08.07.2009
Geschlecht: Männlich ♂

"Expertenmeinung"

Beitrag von Eule » Mo 15. Feb 2016, 23:23

@ Bummler
Meine Freiheit hört grundsätzlich dort auf, wo die Freiheit des Nächsten beginnt. Hierzu brauche ich nicht die "Expertenmeinung" eines Dritten.

Freiheit bedeudet: "Bindung an ..." und nicht, wie viele meinen, Bindungslosigkeit. Jedoch, und dieses ist das Wesen der Freiheit, entscheidet jedes Individuum, woran es sich bindet, um seine Freiheit erleben zu können. Darum kann es auch für den Kunstbegriff keine Instanz geben, die letztendlich entscheidet, was Kunst und was keine Kunst ist. Der Begriff Kunst leitet sich von "Künden" ab und ein Werk, was nichts verkünden will, kann somit keine Kunst sein. Kunst muss auch nicht immer oder nicht immer sofort verstanden werden. Es reicht schon, wenn dieses Kunstobjekt dich anspricht und in dir etwas bewegt. Diese Ansprache muss schon auf einer kulturellen Ebene stattfinden. Und weil z. B. Pornographie nur die sog. "niederen Triebe" anspricht, ist Pornographie keine Kunst.

 

Re: Warum nackt und nackt nicht dasselbe sind

Beitrag von Nudi » Mo 15. Feb 2016, 23:34

Bummler hat geschrieben:
Aria hat geschrieben:...wenn ich nicht einmal in meinem Haus gefahrlos bestimmen könnte, was gemacht werden darf und was nicht, dann wäre das das Ende der Freiheit.


Du sagst es, genau das meine ich.
Es muss jemanden geben der bestimmt was gemacht werden darf und was nicht, damit die Freiheit nicht endet.


Nach dem Motto? Die Partei, die Partei hat immer recht! :mrgreen:

VorherigeNächste

Zurück zu FKK in den Medien

Wer ist online?

Mitglieder in diesem Forum: Eule und 87 Gäste