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Alltag ohne Kleidung: Im Zweifel lieber nackt

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Re: Alltag ohne Kleidung: Im Zweifel lieber nackt

Beitrag von Zett » Fr 16. Jun 2017, 08:09

Ich finde, entscheidender, als methodische Kritik und Analyse der Begriffe, ist, dass es funktioniert und Menschen hilft - und das - und deshalb hier im Forum - durch Nacktheit.

 
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Re: Alltag ohne Kleidung: Im Zweifel lieber nackt

Beitrag von Campingliesel » Fr 16. Jun 2017, 11:51

Um mal all diese schönen Analysen auf einen Punkt zu bringen: Egal wie, wann und wo wir Nacktheit ausleben wollen dürfen können, -- Es wird in unserem zivilisierten Lebensraum niemals so selbstverständlich werden, wie das viele gerne hätten. Wir leben nun mal nicht in einem Umfeld wie es manche Naturvölker noch machen, die das auch vom Klima her problemlos machen können. Und selbst da ist Nacktheit oft nicht das, was wir Nacktheit nennen. In diesen Völkern genügt oft nur ein SChmuckband oder z.b. Penisfuteral und schon fühlen sich diese Menschen nicht mehr nackt. Genauso wie es bei uns mancheiner sagt, daß er sich nackig fühlt, wenn er bloß keine Armbanduhr dran hat. Oder eine Frau ohne Schmuck herumläuft. Und sie sind auch oft nicht mal so besonders stolz auf ihre nackten Körper, denn sobald sie mit unserer zivilisierten Lebensweise konfrontiert werden, egal ob freiwillig oder nicht, tragen sie unsere Art Kleidung und es gefällt ihnen sogar, weil sie das als exotisch empfinden oder eben als moderne Lebensart im Gegensatz zu ihrer bisherigen, meist in großer Armut. Sie tun das ganz sicher nicht, weil sie sich plötzlich voreinander schämen. Oder weil es ihnen plötzlich zu kalt geworden ist.
Für sie bedeuten Kleidung Reichtum, denn nur die Weiße Rasse, die im Vergleich zu ihrer eigenen Lebensweise eben reich ist, haben Kleidung. Vor diesem Kontakt waren sie zwar glücklich und zufrieden mit ihrer Lebensweise, auch wenn sie in unseren Augen arm waren, aber das Unbekannte und Neue reizt eben auch diese Menschen. Nur ob sie wirklich glücklicher und reicher damit geworden sind, ist eine andere Seite der Medaille. Meistens nämlich nicht.

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Re: Alltag ohne Kleidung: Im Zweifel lieber nackt

Beitrag von BOeinNackter » Fr 16. Jun 2017, 15:08

@wounderland - Schön, hier von dir zu lesen. Wir hatten ja schon mal Mails ausgetauscht. Offenbar läuft also dein Tanzangebot gut. Leider weiß ich immer noch nicht, ob und wann ich mal in der Nähe sein kann. Alles Gute.

@ Campingliesel - Danke für deine Äußerung. Ich habe die Kritik von Eule nicht so stehen lassen wollen. Nun steht sie wenigstens nicht mehr so allein hier. In so einem Forum geht nur schreiben. Tanzende Kommunikation geht hier leider nicht ;) .

@Eule - >Befreien kann ich mich nur von den Handlungsfolgen, die mir aufgezwungen wurden und die ich nicht verinnerlicht habe und somit aus einer Fremdbestimmung heraus handeln muss<
Ich kann hier nicht die Autorin vertreten. Trotzdem noch ein Versuch. :?
Wir alle haben zahlreiche Regeln internalisiert, durch Erziehnung, Anpassung und gewachsene Überzeugungen. Wenn wir unsere Gedanken, Verhaltensmuster und Gefühle genauerer Betrachtung, auch durch Tanz, Meditation und miteinander reden, aussetzen, könnte so manches zu Tage treten. Das alles ist Teil von uns. Schon diese Wahrnehmungen setzen etwas in Bewegung, verändern uns.
Wir können aber dann erst sehen, ob und was wir ändern wollen und wie. Das geht, indem man Grenzen, an die man eventuell sogar selbst lange geglaubt hat, überwindet. Vielleicht durch eine oder mehrere Aktionen, auch Nacktivitäten.
Dazu müssen wir uns verantwortlich entschließen. Vielleicht ist es ein Sprung ins kalte Wasser, es ist Bewegung nötig und es wird etwas bewegt. So geht Selbstbestimmung. Standpunkte, von denen aus man frei wählt, sind eigentlich Illusion, momentane, theoretische Konstrukte.

 
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Re: Alltag ohne Kleidung: Im Zweifel lieber nackt

Beitrag von Eule » Fr 16. Jun 2017, 16:43

@ Campingliesel
Um mal all diese schönen Analysen auf einen Punkt zu bringen: Egal wie, wann und wo wir Nacktheit ausleben wollen dürfen können, -- Es wird in unserem zivilisierten Lebensraum niemals so selbstverständlich werden, wie das viele gerne hätten.
Auch wenn es zurzeit wenig danach aussieht, wir sollten den Mut und die Hoffnung auf eine Veränderung im Sinne einer Liberalisierung nicht aufgeben. Wer den Kampf und die Hoffnung aufgibt, hat schon verloren.

Wir leben nun mal nicht in einem Umfeld wie es manche Naturvölker noch machen, die das auch vom Klima her problemlos machen können. Und selbst da ist Nacktheit oft nicht das, was wir Nacktheit nennen.
Hier gehe ich mit dir völlig einig.
Und sie sind auch oft nicht mal so besonders stolz auf ihre nackten Körper, ...
Normalität wird in der Regel nicht mit besonderem Stolz gelebt. Normalität ist deshalb normal, weil es die Regel und nichts besonderes ist.
... denn sobald sie mit unserer zivilisierten Lebensweise konfrontiert werden, egal ob freiwillig oder nicht, tragen sie unsere Art Kleidung und es gefällt ihnen sogar, weil sie das als exotisch empfinden oder eben als moderne Lebensart im Gegensatz zu ihrer bisherigen, meist in großer Armut.
Ich denke, es ist sogar noch härter, deren Nacktheit wird ihnen als Primitivität vermittelt.
Sie tun das ganz sicher nicht, weil sie sich plötzlich voreinander schämen.
Auch hier stimme ich mit dir völlig überein. Denn wenn die Fremden weg sind, legen sie oft die Kleidung wieder ab.

Für sie bedeuten Kleidung Reichtum, denn nur die Weiße Rasse, die im Vergleich zu ihrer eigenen Lebensweise eben reich ist, haben Kleidung.
Ja, dieses ist ein Aspekt. Ein anderer ist der, dass die weiße Rasse durch ihre Mobilität überlegen erscheint. Denn diese Mobilität ist ein Zeichen von überragender Verfügbarkeit über die natürlichen Ressourcen.
Vor diesem Kontakt waren sie zwar glücklich und zufrieden mit ihrer Lebensweise, auch wenn sie in unseren Augen arm waren, aber das Unbekannte und Neue reizt eben auch diese Menschen.
Ob dieses immer so zutrifft? Da bin ich mir nicht sicher.
Nur ob sie wirklich glücklicher und reicher damit geworden sind, ist eine andere Seite der Medaille. Meistens nämlich nicht.
Ja, hier stimme ich mit dir völlig überein.

@ BOeinNackter
Wir alle haben zahlreiche Regeln internalisiert, durch Erziehnung, Anpassung und gewachsene Überzeugungen.
Hier sehe ich noch keinen Widerspruch zu meiner Aussage.
Wenn wir unsere Gedanken, Verhaltensmuster und Gefühle genauerer Betrachtung, auch durch Tanz, Meditation und miteinander reden, aussetzen, könnte so manches zu Tage treten.
Hier gehe ich mit dir völlig einig. Es ist wirklich unerheblich, wie ich zu der Erkenntnis meines Selbst komme, wichtig ist nur, dass ich dieses mein Selbst auch annehme, akzeptiere und umsetze.
Wir können aber dann erst sehen, ob und was wir ändern wollen und wie.
Hier stimmen ich mit dir völlig überein.
Das geht, indem man Grenzen, an die man eventuell sogar selbst lange geglaubt hat, überwindet.
Nein, ich muss nur meine Grenze als solches erkennen. Sobald ich diese überschreite, verändere ich schon etwas. Das wäre der zweite Schritt.
Dazu müssen wir uns verantwortlich entschließen. Vielleicht ist es ein Sprung ins kalte Wasser, es ist Bewegung nötig und es wird etwas bewegt. So geht Selbstbestimmung.
Ja, hier stimme ich dir vollinhaltlich zu. Sobald ich diesen Schritt nicht selbstbestimmt vornehme, tausche ich nur einen Zwang gegen einen anderen aus.
Standpunkte, von denen aus man frei wählt, sind eigentlich Illusion, momentane, theoretische Konstrukte.
Dieses würe ich nicht so fundamental sagen. Denn man lernst auch durch das Beispiel eines anderen Menschens.

@ Campinglieser, BoeinNackter
Eure Gegenäußerungen zu meiner Kritik treffen meine Kritik nicht. Ihr habt gesehen, ich bin in vielen Detailansichten mit euch einer Meinung. Meine Kritik stützt sich auf die Aussage, dass der geäußerte Anspruch im realen Leben, so wie dieses vorgestellt wurde, nicht umgesetzt wird. Natürlich kenne ich die Grenzen und die sog. Sachzwänge, die einer Umsetzung dieser Idee und dieses Anspruches im Wege stehen. Nur dann muss ich diesen Anspruch anders formulieren. Es sollte, nein, es muss, eine Deckungsgleichheit zwischen dem geäußerten Anspruch und dem vorgelebten realem Leben hergestellt werden. Und dieses ist möglich.

 
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Re: Alltag ohne Kleidung: Im Zweifel lieber nackt

Beitrag von Campingliesel » Fr 16. Jun 2017, 19:31

an Eule: Ich wollte bei diesem Thema niemand kritisieren, sonst hätte ich vielleicht einige Sätze herausgreifen müssen, mit denen ich nicht übereinstimme. Aber das war eigentlich gar nicht nötig. Ich habe deshalb nur allgemein geschrieben, wie ich das sehe.
Natürlich stimmt es, wenn Du sagst: Wer nicht kämpft und hofft, hat schon verloren. Das sage ich aber nur bei Dingen, die ich wirklich nur für mich oder in meiner Familie erreichen möchte. Also Ziele, die ich erreichen kann. Aber die Nacktheit in einem ganzen Volk oder noch darüber hinaus durchzusetzen, halte ich für aussichtslos. Da kann ich noch soviel rund um die Uhr nackt sein, überall nackt aufkreuzen, wo es nur denkbar wäre, aber so lange lebe ich gar nicht, um genügend Leute zu erreichen und zu überzeugen. Und was die nächsten Generationen machen werden, kann ich nicht beeinflussen.
Selbst hier, wo ich wohne, erinnert sich kaum noch einer an einen vor 10 Jahren sehr bekannten Nacktwanderer, der in Zeitung und Fernsehen von seiner Lebenseinstellung berichtete und wieviele Leute er dazu bekehrt hat, wenn überhaupt, kann man vermutlich an eienr Hand abzählen.
Wenn es schon unmöglich ist, wie hier oft gesagt wurde, daß die überzeugten FKKler im weitgehend ursprünglichen Sinne die Leute davon überzeugen können, daß öffentliche Sexualität am FKK-Platz nicht dazugehört, sondern viele Leute diese darin mit einbeziehen wollen, dann wird das Ziel, die Nacktheit als selbstverständliche Lebensweise zu sehen erstrecht nicht erreicht werden. Ich sehe die Entwicklung eher in die andere Richtung laufen. Vor allem werden die Tabus, was öffentlichen Sex angeht, ganz sicher nicht lockerer, sondern eher wieder gefestigter werden. Wobei es da vermutlich schon große Unterschiede zwischen Großstädten und den ländlichen Gebieten gibt. Und da es in Deutschland nur 8 Großstädte über 1 Mio Einw. gibt, noch einige über 500 000, aber der Rest des Landes überwiegend eher ländlich ist, wird sich das auch in absehbaren Generationen nicht anders abspielen.

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Re: Alltag ohne Kleidung: Im Zweifel lieber nackt

Beitrag von Aria » Fr 16. Jun 2017, 21:42

Eule hat geschrieben:Befreien kann ich mich nur von den Handlungsfolgen, die mir aufgezwungen wurden und die ich nicht verinnerlicht habe und somit aus einer Fremdbestimmung heraus handeln muss.
Widerspruch: Verinnerlichung ist kein Kriterium. Als junger Mensch erkennt man den Zwang gar nicht als solchen: Für mich als 17-jährige war die Welt völlig in Ordnung so, wie sie mir durch meine Umgebung vermittelt worden ist: Ich habe sie voll verinnerlich. Aber später habe ich in der Großstadt eine andere Welt kennengelernt: Ich erkannte dort die Rückständigkeit, die in meinem Geburtsort herrschte und immer noch herrscht, wenn auch jetzt auf einem geringfügig anderen Level.

Wäre ich aus jener Kleinstadt nicht herausgekommen, ich würde wahrscheinlich heute noch die Meinung vertreten, dass dort größtenteils alles richtig sei, während in der Großstadt überwiegend Gauner und Perverse leben, die keinen Gott und – ganz wichtig – keine Scham kennen.

BOeinNackter hat es schon so ähnlich gesagt: Wir können nur Grenzen überwinden, wenn wir erkennen, dass sie uns einengen. Wer zufrieden mit dem Status Quo ist, der sieht vielleicht diese Grenzen auch, aber er hat sie als richtig erkannt und verinnerlicht, so dass er Menschen, die das nicht so sehen, oft gar nicht versteht oder sie gleich unter die Gauner und Perverse einordnet, was ihn übrigens von der Pflicht entbindet, sich mit ihren Argumenten auseinanderzusetzen.

 
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Re: Alltag ohne Kleidung: Im Zweifel lieber nackt

Beitrag von Eule » Sa 17. Jun 2017, 22:26

@ Campingliesel
Mit deinen Ausführungen gehe ich insofern einig, dass sich unsere Gesellschaft nicht zu einer nackten Gesellschaft entwickeln wird. Dieses ist ja auch nicht erforderlich. Bei diesem Thema hier geht es doch nur um die Schaffung einer Toleranz denen gegenüber, die sich nackt in der Öffentlichkeit bewegen wollen. Auch ich halte nichts von einem Tausch des Zwanges, vom "Anständig-Sein-Müpssen" und bekleidet zu gehen zum "Modern-Sein-Müssen" und nackt zu gehen. Mein Ziel ist es, zu solch einem "Gemischtwarenhandel" zu kommen, wie ich es damals in der noch DDR erleben durfte. Dort waren die Nackten und die Bekleideten friedlich miteinander auf einem offenem Gelände. Keiner nahm Anstoss am Anderen oder musste ich darüber lustig machen. Es war einfach normal, wenn mein Gegenüber Kleidung trug oder eben nicht. Diese Toleranz sollten wir erreichen.

Wenn es schon unmöglich ist, wie hier oft gesagt wurde, daß die überzeugten FKKler im weitgehend ursprünglichen Sinne die Leute davon überzeugen können, daß öffentliche Sexualität am FKK-Platz nicht dazugehört, sondern viele Leute diese darin mit einbeziehen wollen, dann wird das Ziel, die Nacktheit als selbstverständliche Lebensweise zu sehen erstrecht nicht erreicht werden.
Hier bin ich voll und ganz bei dir. Auch innerhalb der Nacktheit gibt es Grenzen, die einzuhalten sind.

@ Aria
Eule hat geschrieben:
Befreien kann ich mich nur von den Handlungsfolgen, die mir aufgezwungen wurden und die ich nicht verinnerlicht habe und somit aus einer Fremdbestimmung heraus handeln muss.
Widerspruch: Verinnerlichung ist kein Kriterium.
Dein Widerspruch wirft jetzt ein großes Streitthema auf. Dieser Streit läuft über die Frage, ob ich einen Lerninhalt, den ich so gelernt und nicht hinterfragt habe, verinnerlicht habe oder nur brav einer Anweisung einer höheren Instanz folge. Ist diese Bravheit ein Zeichen von einer Verinnerlichung und Akzeptanz des entsprechenden Lerninhaltes? Ich persönlich vertrete die Meinung, dass dieses nicht zutrifft. Ja, es gibt viele Fremdbestimmungen, denen wir im Laufe unserer Entwicklung unterworfen werden und die wir dann befolgen, weil wir diese befolgen mussten. Daraus kann sich eine Gewohnheit entwickeln, die niemals hinterfragt wurde. Viele Moralapostel handeln und argumentieren aus einer Gewohnheit heraus, die nicht gefährdet und hinterfragt werden darf, da man ja dann gezwungen würde, eine Entscheidung zu fällen. Und bei einer Entscheidung könnte man sich irren und somit falsch liegen.

Als junger Mensch erkennt man den Zwang gar nicht als solchen: Für mich als 17-jährige war die Welt völlig in Ordnung so, wie sie mir durch meine Umgebung vermittelt worden ist: Ich habe sie voll verinnerlich.
Nach meinem Verständnis hast du dieses nicht verinnerlicht, sondern du warst brav. Ich meine dieses jetzt nicht ironisch. Ich persönlich war auch eine sehr lange Zeit gezwungen, brav zu sein. Es hat viel Kraft gekostet, sich hieraus befreien zu können.
Aber später habe ich in der Großstadt eine andere Welt kennengelernt: Ich erkannte dort die Rückständigkeit, die in meinem Geburtsort herrschte und immer noch herrscht, wenn auch jetzt auf einem geringfügig anderen Level.
Ich habe ja einen Teil dieser deiner Entwicklung mitbekommen. Zuerst die Verwunderung, dass dieses alle auch anders geht. Dann die Ablehnung der gelernten Lerninhalte bis hin zum totalen Protest. Und jetzt könnte die wichtigste Phase laufen, nämlich das neubewerten der Lerninhalte und das Finden der Entscheidung, wie das eigene Leben ausgerichtet werden wird. Und diese Phase bezeichne ich als Prozess der Verinnerlichung. Denn nach einer Verinnerlichung musst du weder brav oder böse sein, du hast einen eigenen Standpunkt gefunden und kannst diesen vertreten.
Wäre ich aus jener Kleinstadt nicht herausgekommen, ich würde wahrscheinlich heute noch die Meinung vertreten, dass dort größtenteils alles richtig sei, während in der Großstadt überwiegend Gauner und Perverse leben, die keinen Gott und – ganz wichtig – keine Scham kennen.
Hier stimme ich dir zu. Diese Meinung hätte sich bilden können, jedoch nicht unbedingt. Der Bruch mit den alten Lehrmeinungen hätte dann eventuell länger gedauert und wäre also nur schrittchen für schrittchen erfolgt. Bei einer Freundin von mir, genauso alt wie ich es bin, habe ich gesehen, was mit einem Menschen passiert, der sich aus solch einer behindernden konservativen Erziehung nicht hat befreien können, obgleich sie viele Ortswechsel in ihrem Leben vorgenommen hatte.
BOeinNackter hat es schon so ähnlich gesagt: Wir können nur Grenzen überwinden, wenn wir erkennen, dass sie uns einengen.
Nein, BOeinNackter sprach nicht vom kennenlernen der Grenzen, er sprach vom Überschreiten der Grenzen. Und dieswer Notwendigkeit, die Grenzen überschreiten zu müssen, um diese zu überwinden, habe ich widersprochen. Ich verändere eine Grenze, die mich behindert und verschiebe sie also bis zu der Position, die ich als richtig und so berechtigt empfinde und erkenne. Beides ist eine Grenzverletzung. Nur mit dem Unterschied, dass in der Argumentation von BOeinNackter nicht ersichtlich ist, dass er Grenzen akzeptiert und selber setzt, seine Bewegungsfreiheit also einschränkt. In meiner Erklärung wird die Grenze korrigiert, aus einem zu eng gesetzt wird ein jetzt richtig gesetzt. BOeinNackter könnte dem Irrtum erlegen sein, dass Freiheit nur grenzenlos möglich ist. Freiheit verlangt jedoch eine Begrenzung. Nur setze ich diese Begrenzung selbst.
Wer zufrieden mit dem Status Quo ist, der sieht vielleicht diese Grenzen auch, aber er hat sie als richtig erkannt und verinnerlicht, so dass er Menschen, die das nicht so sehen, oft gar nicht versteht oder sie gleich unter die Gauner und Perverse einordnet, was ihn übrigens von der Pflicht entbindet, sich mit ihren Argumenten auseinanderzusetzen.
Dieser Satz ist ein Hammer. Denn er ist nicht so einfach zu beantworten. Da sind soviele Sachverhalte eingebunden, die sehr schwierig auseinander zu nehmen und dann zu besprechen sind. Ich will jetzt nicht alle Möglichkeiten erörtern, die dieser Satz enthält. Ich halte mich jetzt streng an den Wortlaut.
Wer zufrieden mit dem Status Quo ist, der sieht vielleicht diese Grenzen auch, ...
Ja, hier kasnn ich dir zustimmen.
... aber er hat sie als richtig erkannt und verinnerlicht,
Hier gehe ich mit dir nicht mehr einig. Denn es könnte ja sein, dass dieser Mensch nur brav ist und die gesetzten Grenzen nicht hinterfragt hat. Dann würde dieser Mensch zwar sich an diese Grenzen halten, weil er brav ist, aber er handelt im Grunde genommen nicht frei, weil seine eigene Entscheidung fehlt.
... so dass er Menschen, die das nicht so sehen, oft gar nicht versteht oder sie gleich unter die Gauner und Perverse einordnet, was ihn übrigens von der Pflicht entbindet, sich mit ihren Argumenten auseinanderzusetzen.
Das ist die Haltung des braven Menschens, der sein Handeln nicht hinterfragt und ein anderes Verhalten nicht dulden kann, da er sich dann einer Entscheidung stellen muss. Diesen Bürger bezeichne ich als einen "braven und unfreien Bürger". Weiter zeichnet dieser sich durch eine ausgesprochene Intoleranz aus. Der Bürger, der seine Werte verinnerlicht hat, hat die Freiheit, das Verhalten anderer Bürger zu tolerieren, auch wenn er von der Richtigkeit seiner eigenen Haltung überzeugt ist.

Der Bürger, der seine Lerninhalte verinnerlicht hat, steht ebenfalls nicht in der Pflicht, sich mit den Argumenten der Anderen auseinander zu setzen. Er kann es jedoch, aber eben nur dann, wenn er hierzu aufgefordert wird. Denn das Wesen der Freiheit verlangt nicht, sich stets zu allen Meinungen und Ansichten äußern zu müssen.

Du siehst, auch das Thema dieses Threads beinhaltet Aspekte der Freiheit.

 
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Re: Alltag ohne Kleidung: Im Zweifel lieber nackt

Beitrag von Campingliesel » So 18. Jun 2017, 10:09

Aria hat geschrieben:
Eule hat geschrieben:Befreien kann ich mich nur von den Handlungsfolgen, die mir aufgezwungen wurden und die ich nicht verinnerlicht habe und somit aus einer Fremdbestimmung heraus handeln muss.
Widerspruch: Verinnerlichung ist kein Kriterium. Als junger Mensch erkennt man den Zwang gar nicht als solchen: Für mich als 17-jährige war die Welt völlig in Ordnung so, wie sie mir durch meine Umgebung vermittelt worden ist: Ich habe sie voll verinnerlich. Aber später habe ich in der Großstadt eine andere Welt kennengelernt: Ich erkannte dort die Rückständigkeit, die in meinem Geburtsort herrschte und immer noch herrscht, wenn auch jetzt auf einem geringfügig anderen Level.

Wäre ich aus jener Kleinstadt nicht herausgekommen, ich würde wahrscheinlich heute noch die Meinung vertreten, dass dort größtenteils alles richtig sei, während in der Großstadt überwiegend Gauner und Perverse leben, die keinen Gott und – ganz wichtig – keine Scham kennen.

BOeinNackter hat es schon so ähnlich gesagt: Wir können nur Grenzen überwinden, wenn wir erkennen, dass sie uns einengen. Wer zufrieden mit dem Status Quo ist, der sieht vielleicht diese Grenzen auch, aber er hat sie als richtig erkannt und verinnerlicht, so dass er Menschen, die das nicht so sehen, oft gar nicht versteht oder sie gleich unter die Gauner und Perverse einordnet, was ihn übrigens von der Pflicht entbindet, sich mit ihren Argumenten auseinanderzusetzen.


Ich wohne immer noch in der Kleinstadt, wo ich aufgewachsen bin. Und ich fühle mich dort sehr wohl. Hier wohnen auch sehr viele Menschen, die irgendwann mal aus einer Großstadt zugewandert sind, und denen es hier wesentlich besser gefällt. Wer sagt denn, daß die Menschen in einer Kleinstadt nur engstirnig, spießig oder sonst wie weltfremd sind? Vielleicht traf das auf dich zu, wenn du aus einem solchem streng katholischen Elternhaus kommst. Aber was ist denn an dem Lebensstil in einer Großstadt so wesentlich anders? Ich kenne da auch genug Leute, die nie aus ihrem kleinen Stadtteil hinausgehen, die gerade mal den nächsten Park kennen, und auch nie alle Angebote an Veranstaltungen, an Bildungsmöglichkeiten oder Arbeitsmöglichkeiten nutzen. Die einen noch viel kleineren Horizont haben, und nicht weiter als bis zur nächsten Häuserreihe gucken.
Du glaubst wohl, daß die Großstadt automatisch die große weite Welt zu bieten hat, nur weil sich dort keiner um den andren kümmert, jeder meint, er kann tun und lassen was er will. Und natürlich auch Sex ohne Grenzen ausleben kann? Was Du offensichtlich tust? oder tun möchtest? Weil Du von deinem alten Extrem von zu Hause zum anderen Extrem in der Großstadt wechseln willst?
Meine Brüder sind durch ihr Studium nach München gegangen und haben dort auch danach ihren Beruf gewählt und üben ihn immer noch aus. Aber ihre verinnerlichte Erziehung und Einstellungen, die sie hier in der Kleinstadt gelernt und genosssen haben, haben sie trotzdem nicht vergessen, und nicht die für sie bewährten Werte über Bord geworfen, nur weil manche Leute in der Großstadt vielleicht darüber die Nase rümpfen und glauben, daß sie da bessere Werte haben. Man muß eben auch mal hinter die Kulissen gucken, und sich nicht von der schöne Schein- und Glitzerweilt der Großstadt blenden lassen, weil man das meiste davon eigentlich gar nicht braucht. Und nur viel unnötiges Geld ausgibt.
Ich habe hier in meiner Kleinstadt alles, was man normalerweise zum Leben braucht. Ich vermisse gar nichts. Und wenn ich mal Lust habe auf etwas Besonderem habe, was man z.b. in Nürnberg oder München finden kann, dann kann ich ja mal hinfahren. Nach Nürnberg zu fahren dauert auch nicht länger, als wenn einer von einem Stadtteil in Nürnberg quer durch bis zu einem anderen fahren muß. Oder gar in München.

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Re: Alltag ohne Kleidung: Im Zweifel lieber nackt

Beitrag von Bummler » So 18. Jun 2017, 10:47

Zu dem Thema gibt es auch einen Tipp von Eckart von Hirschhausen:

Tanzen Sie nackt durch den Regen...


In seinem Büchlein "Wunder wirken Wunder"

Und warum sollen wir nackt durch den Regen tanzen?

Eckert von Hirschhausen hat geschrieben:Wir sind in unserem Effizienzwahn im "Um-zu" gefangen. Um uns vor Krebs zu schützen, essen wir Brokkoli. Um etwas Gift auszuschwemmen, kippen wir ständig Wasser in uns hinein. Wir schlafen, um fit zu sein, wir joggen, um im Job länger durchzuhalten, wir haben Sex, um die Rente zu sichern und weil es gut ist für die Haut und den Blutdruck.
Uns fehlt die Ekstase, das Ent-rückt-Sein, die Pausen von "Um-zu", Vernunft und Messbarkeit.


Insofern macht Alice das richtig, mit den Tanzkursen. Da sollte sich der Eckhart mal ein Beispiel nehmen.

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Re: Alltag ohne Kleidung: Im Zweifel lieber nackt

Beitrag von Seelöwe » So 18. Jun 2017, 11:01

;)
Danke, Bummler, endlich wieder zum Thema zurück.
Grüße vom Seelöwen

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