Eule hat geschrieben:Dieses wirft die Frage auf, ob sich ein Rudeltier aus eigener Erkenntnis richtig und angemessen verhalten kann, dieses Verhalten auch ohne "scharfe" Dressur des Menschen in der freien Natur beobachtet werden kann.
Ja, und dazu gibt es sehr viele Berichte über Beobachtungen von Bären, Wölfen und anderen in der freien Natur.
Eule hat geschrieben:Unter dem Begriff Seewiese habe ich heute folgendes in Wikipedia gefunden: "Neues Max-Planck-Institut für Verhaltensbiologie
Wenn Du da erst Googeln musstest, gehe ich davon aus, dass Du in Deiner Laufbahn keine Kontakte mit Wissenschaftlern des MPI in Seewiesen (mit n am Ende!) hattest und auch deren Literatur der vergangenen Jahrzehnte nicht verfolgt hast.
Aber dennoch wagst Du eine Spekulation dieser Art:
Eule hat geschrieben:Einen Ansatzpunkt für die Frage der Bewertung bzw. Beurteilung der Scham sehe ich hier nicht gegeben.
Wenn Du es auch zunächst relativierst mit
kann ich nicht sagen, welche Beiträge früher geschrieben wurden.
folgt dann doch wieder:
Nur aus dem Arbeitsgebiet der Vorgängerorganisation würde ich mit einer Abhandlung über die Scham nicht rechnen.
Also eine Ablehnung, dass dort über das Thema geforscht worden wäre, wie ich es geschrieben hatte. Eine Ablehnung ganz ohne jegliches Wissen. Interessant! Vor allem interessant für meine Bewertung anderer Behauptungen, die Du in dieser und anderen Diskussionen ohne Belege als Tatsachen darstellst.
Hast Du vielleicht mal von dem Namen Irenäus Eibl-Eibesfeld gehört? Er war lange bei Konrad Lorenz am Max-Planck-Institut für Verhaltensphysiologie in Seewiesen tätig (ab 1956) und später Leiter der Forschungsstelle für Humanethologie in Seewiesen ("Arbeitsgruppe" ab 1970, "Forschungsstelle" ab 1975). Wenn da etwas neu ist, so wie Du schreibst "Neues Max-Planck-Institut für Verhaltensbiologie", dann ist das meiner Kenntnis nach nur das Max-Planck-Institut für Ornithologie, das dort seit 2004 besteht. Vielleicht ist die Namensänderung von "Verhaltensphysiologie" zu "Verhaltensbiologie" noch relativ neu. Die Bezeichnung habe ich nie so genau beachtet. Das Institut gibt es aber seit den 1950er Jahren.
Er war in den 1950er Jahren auf Forschungsreisen Reisen nach Afrika, Südamerika und Ostasien zur Erforschung universeller menschlicher Gemeinsamkeiten bei Gefühlen wie Trauer, Erstaunen, Furcht, Freude oder Verlegenheit. Bereits aus dieser Zeit stammen auch bereits seine Beobachtungen zur Scham in den verschiedenen Kulturkreisen.
Wichtig sind in dem Zusammenhang seine folgenden Werke:
Stammesgeschichtliche Anpassungen im sozialen Verhalten der Menschen, in: Nova acta Leopoldina, Halle 1983.
Die Biologie des menschlichen Verhaltens. Grundriss der Humanethologie, München/Zürich 1984.
Grundriss der vergleichenden Verhaltensforschung. Ethologie, München/Zürich 1999 (Erstauflage: 1967)
Wenn man schon am Zitieren ist, muss man auch Hans Peter Dürr aus Heidelberg berücksichtigen, besonders die 5 Bände von "Der Mythos vom Zivilisationsprozess", Frankfurt/Main, 1988 bis 2002, und darin die Themen "Nacktheit und Scham" (Band 1) und "Intimität" (Band 2).
Zu Aussagen von Eibl-Eibesfeld zitiere ich hier aus einem Bericht in GEO: "Das Verbergen des Geschlechtsverkehrs und der Genitalien gewährleiste ein ungestörtes Zusammenleben."
Ständige »Anmache« verursacht schließlich nur Ärger: "Das schamhafte Verhalten verhinderte ständige Rivalitätskämpfe unter den frühen Hominiden. Zudem könnte der Sex im Verborgenen vor Gefahren bewahrt haben. Während des Aktes ist der Mensch so an seinen Partner hingegeben, dass er die Umwelt nicht mehr klar wahrnimmt und daher verwundbar ist. Wenn er ständig entblößte Geschlechtsorgane sähe, würde das unentwegt Begierden wecken. Und die wiederum würden den Menschen von anderer Beschäftigung ablenken."
Und aus ganz anderer Quelle, nämlich dem Ethnologen und Anthropologen Joseph D. Unwin: "Jede menschliche Gesellschaft hat die Freiheit, sich zu entscheiden, ob sie hohe soziale Energie oder sexuelle Freizügigkeit will, Die Fakten zeigen, dass beides gleichzeitig nicht länger als eine Generation möglich ist. (Unwin: Sex and Culture, Oxford University Press, Humphrey
Milford, London 1934, S. 412). OK, das ist jetzt sehr alt! Aber gedanklich geht es in eine ähnliche Richtung. Wenn es jetzt wegen des Jahrgangs dieses Zitates kritisiert wird, ja, das war eine andere Zeit und da wurde auch wissenschaftlich manches aus anderen Blickwinkeln gesehen. Hab´s jetzt mal dennoch nicht weggelassen.
Jedenfalls hat Eibl-Eibesfeld den Schluss aus seinen weltweiten ethnologischen Beobachtungen gezogen, dass die "Scham gegenüber der Blöße", was wir also Nacktscham nennen, so konstant überall in verschiedensten Kulturen mit sehr unterschiedlichen Moraleinstellungen gegenüber Nacktheit vorkommt, dass sie nicht mit der Erziehung erklärt werden kann. Und ich meine, dass niemand hier im Forum auch nur einen Bruchteil der Erfahrungen und Kenntnisse hat, dass er mit sachlichen Argumenten I. Eibl-Eibesfeld widersprechen könnte.
Zur Aussage, dass Nacktscham in der Pubertät beginnt:
Nein, hier muss ich dir sehr energisch widersprechen. Die Nacktscham wird den Kindern schon im Vorschulalter "eingebläut".
Lies doch mal genau was ich geschrieben hatte! Was in der Pubertät beginnt, bzw. genau genommen eine gewisse Zeit davor, ist diese universell vorhandene Scham vor der Blöße, die es in jeder Kultur gibt, auch solchen, die mit Nacktheit sehr freizügig umgehen, also die, die auch von Eibl-Eibesfeld gemeint war. Das was Du schreibst ist ein ganz anderer Effekt, der sich damit überlagert, wenn vorhanden, und dann durch die Kombination des Angeborenen mit dem geprägten zu einer besonders hohen Ausprägung führen. Das geht zum Beispiel so weit, dass Frauen in Anatolien sich schämen, wenn sie zu Hause in Gegenwart von nicht zur Familie gehörenden Männern essen sollen.
Aber damit hat das nun gar nichts zu tun:
... weil da die Proportionen des Körpers aus dem Gleichgewicht geraten und sich Hautverunreinigungen zeigen. Das kindliche Körperbild wird hier zerstört und langsam durch des eines Jugendlichen und jungen Erwachsenen ersetzt.
Diese "körperlichen Unzulänglichkeiten", wie Du es nennst, wirken bei denen angezogen in völlig gleicher Art und Weise.
Wenn eine alte Theorie in Zweifel gezogen wird, entsteht ein wissenschaftlicher Streit. Dieser wissenschaftliche streit kann sehr kooperativ oder sehr kontrovers ausgetragen werden. Hier gilt es ja, entweder die Richtigkeit der alten Theorie zu verteidigen und zu behaupten oder der neuen Theorie die Herrschaft zur wissenschaftlichen Lehre und Forschung zu eröffnen und ermöglichen.
Hier ist die Frage, ob es überhaupt eine alte anders lautende alte Theorie gab. Von einem wissenschaftlichen Streit zu dem Thema habe ich nichts gelesen, sondern nur von allgemeiner Anerkennung der Aussagen von Eibl-Eibesfeld. Meine vorherige Position beruhte auf meinem Verständnis nach zwei Semestervorlesungen in der Verhaltensforschung. Es ist schwer zu sagen, was von den aus der Vorlesung verbliebenen Kenntnissen auf welchen wissenschaftlichen Erkenntnissen beruhte, oder ob es lediglich eine Schlussfolgerung aus den gelernten Fakten war. Ich kann es nicht mehr nachvollziehen. Wenn das bei Dir anders ist, solltest Du die wissenschaftliche Literatur darlegen, die dazu anderslautende Ergebnisse aufgezeigt hat.
Eule hat geschrieben:
Alles, was gelernt und somit eingeprägt wurde, kann umgelernt werden.
Wie ich geschrieben hatte, bei der frühkindlichen Prägung nur sehr schwer.
Nicht nur, aber auch. Leg dich hier nicht so einseitig fest.
Wer legt sich hier einseitig fest?
Dazu und auch zu dem danach Folgenden werde ich aber die Diskussion nicht weiterführen, denn wenn Du über wissenschaftlich berichtete Fakten einfach ohne wissenschaftliche Begründung schreibst:
Das halte ich für ein Gerücht.
dann erübrigt sich die Fortsetzung meinerseits. Die von Dir darauf folgenden Beispiele sind nur platt und oberflächlich und passen einfach nicht als Argumente. Aber natürlich muss dann noch kommen:
So einfach darf man sich dieser Frage nicht nähern.
Wer hat sich einfach der Frage genähert? Etwa die Wissenschaftler, die in umfassenden Untersuchungen dieser Frage nachgegangen sind? Ich persönlich habe dazu nichts interpretiert oder selbst mich der Frage genähert. Deshalb spiele ich den Ball zurück und vermute mal, dass Deine Aussage nicht auf der Basis wissenschaftlicher Arbeiten beruht. Deshalb also nochmals: Wer hat sich einfach der Frage genähert?
Weiter unten versuchst Du Dich mit Gedanken zur Evolution:
Die Evolution arbeitet grundsätzlich positiv, also im Sinne vom Nutzen und zur Weiterentwicklung der Gattung. Sollte sich hier ein eingeschlagener Weg als Irrtum erweisen, so führt dieser Weg zum Abbruch der Entwicklung und Aussterben dieses bestimmten Wesens. Das Gene sich verändern können, also Erbinformationen sich ändern können, bleibt hierbei völlig unbestritten. Abr das entsprechende konkrete Lebewesen, also nicht hat nur der Mensch oder die Tiere, können ihr Verhalten nicht gengesteuert negativ im Sinne von Vermeidung ausrichten.
Und was soll das nun in dem Zusammenhang besagen? Der angenommene Nutzen in der Evolution der Hominiden wurde im Zitat von Eibl-Eibesfeld klar deutlich.
Aber was soll heißen: "Verhalten nicht gengesteuert negativ im Sinne von Vermeidung ausrichten"?
Natürlich kann man durch trainiertes Verhalten nicht die Gene ändern, aber die Physiologie, die die Gene auslösen und die damit ein Verhaltensmuster in Gang setzen wird sehr wohl durch Lernen und Training bei vielen höher entwickelten Säugetieren gesteuert.