von BOeinNackter » So 22. Mär 2020, 14:55
Ich finde die Frage, wie man sich outet sehr wichtig.
Zunächst ist es immer ein Wagnis, etwas von sich zu erzählen, wenn man nicht weiß, wie das Gegenüber reagiert. Dabei ist der erste Satz entscheidend, weil es, wie in de, Eingangsbeispiel, der letzte sein kann. Da bleibt kein Raum für Erörterungen der möglichen Gründe dafür, dass man manches gern nackt tut. Mit etwas Glück geht das Gespräch weiter.
Ich habe sehr unterschiedliche Erfahrungen mit Angehörigen, KollegInnnen und Bekannten gemacht. Immer habe ich mir überlegt, wie ich gegenüber bestimmten Leuten diesen ersten Satz formuliere. Es muss deutlich sein, dass er selbstverständlich rüber kommt.
Da ich in den letzten Jahren Tanz im FKK-Bereich anbiete, habe ich mich inzwischen auch mit vielen MitschülerInnen in meiner Tanzschule darüber unterhalten. Eine wirklich ablehnende Reaktion habe ich bisher noch nicht erlebt. Die meisten reagieren zunächst überrascht und belustigt. Ich habe gern mit jenen gesprochen, die ich schon gut kannte und die mich schon deshalb nicht in irgend eine Ecke stellen konnten. Natürlich breitet sich das Wissen auch aus. Viele haben mit mir schon erzählt, dass sie es schon gehört hätten. Leider hat noch nie jemand Interesse daran gezeigt, mit auf unserem FKK-Gelände zu tanzen. Nur eine Frau fragte sofort, ob auch auch nackt tanzen würde.
Da ich in der Schule sehr präsent bin und gern meine Ausbildung weiterführen möchte, bin ich andererseits etwas vorsichtig, um mich oder die Schule nicht in Schwierigkeiten zu bringen. Im Grunde taste ich mich allmählich vor.
Für meine neuen Tanzwochenenden wollte ich dort und an ähnlichen Orten gern offen werben. Leider kam mir jetzt Corona dazwischen. Auch in meiner alten Kirchengemeinde hatte ich begonnen, Kontakte aufzunehmen, was nun auch nicht weitergeht.
In beiden Bereichen sehe ich möglicherweise interessierte Menschen. Ich würde schon gern erfahren, ob es dort Leute gibt, die sich von meinem Angebot ansprechen lassen.
Warum Leute negativ reagieren, ist sehr verschieden. Ich habe bisher nicht erlebt, dass man mich für jemand Unsittlichen gehalten hat. Vielmehr trifft eher zu, dass man sich nicht vorstellen kann, nackt zu sein, ohne sexuell erregt zu werden. Entweder glaubt man also die Beteuerungen der FKKler nicht oder hält sie für ganz besonders geartete Wesen. Da werden Begriffe wie Naturismus oder Nudismus schnell als Diagnosen oder zumindest abweichende Neigungen verstanden, die man aber gern akzeptiert.
Einige gut informierte Leute denken bei FKK an Lustfeindlichkeit und der Verdrängung von Sexualität oder die völkisch, antimodern und patriarchalisch geprägte Geschichte der FKK, mit ihrer Betonung der traditionellen Familie.
Besonders unter den Angehörigen gab es allerdings auch einige, die Nacktheit einfach unanständig finden und mit denen auch kein weiteres Gespräch möglich ist. Es wird einfach beschwiegen, wenn man sich sieht. Auch wenn wir von unseren Aktivitäten erzählen, kommt selten die Sprache darauf, dass wir dabei nackt waren.