Aria hat geschrieben:Aber diese Superfoods werden den Gesunden angeboten, damit sie angeblich noch gesünder werden. Wobei ich mich frage, ob das überhaupt geht: Gesünder als gesund?
Aber wie viele Menschen sind denn wirklich gesund? Wer übergewichtig ist, der ist definitiv schon mal nicht gesund. Und das ist ein hoher Anteil. Wer im Schnitt nur weniger als 1 Km am Tag zu Fuß geht ist auch nicht gesund, selbst wenn er sich so fühlt. Warum haben wir denn so viele Ärzte und bei allen volle Wartezimmer? Ich besuche nur 1 Mal jährlich zur Vorbeugung den Hautarzt (die Schwachstellen auf der Haut sind aber im Grunde selbst verursacht durch zu wenig Sonnenschutz in früheren Jahren) und 1 Mal jährlich den Zahnarzt zur Zahnreinigung (andere Behandlungen nicht erforderlich) und habe nur für drei Erkrankungsfälle in den letzten 35 Jahren einen anderen Arzt benötigt (dabei natürlich jeweils mehrere Besuche im Rahmen des Falls). Wenn das dem Durchschnitt der "gesunden" Bevölkerung entsprechen würde, hätten viele Ärzte lange Weile.
Deshalb haben manche Nahrungsergänzungsmittel durchaus bei vielen eine Wirkung und nicht alles, was du aufzählst ist ein "Superfood", worunter ich irgendwelche teuren und kaum wirksamen Dinge verstehe, die mit viel Marketing oder tatsächlich auch in Modewellen angeboten werden. Wie gesagt, würde ich Goji und Spirulina durchaus in diese Gruppe einordnen, aber z.B. keineswegs den zuvor von Ocean erwähnten Xucker. Aber dazu gleich: es gibt seit Jahrzehnten preisgünstigere Produkte mit demselben Inhalt und ohne die entsprechende Werbekampagne.
Der Aussage von Ocean: "der erste Süßstoff sein, der auch nach Zucker schmeckt" möchte ich allerdings gleich doppelt widersprechen:
1. ist es kein Süßstoff, sondern ein Ersatzzucker. Der Inhalt Xylit gehört zu der Gruppe der Monosaccharide, also der Zuckerarten. Monosaccharide werden auch als "Einfachzucker" im Gegensatz zu den Disacchariden bezeichnet. Zu letzteren zählt der "normale" Zucker Saccharose. Das Erythrit in der light-Variante ist auch ein "Einfachzucker", ist allerdings weniger interessant.
2. So wie andere Monosaccharide (Glucose, Fructose) jeweils verschieden und anders süß schmecken, als Saccharose, ist auch ein deutlicher Unterschied beim Xylit festzustellen. Da ist die Süßstoffmischung aus Aspartam und Acesulfame-K bereits in den 1990ger Jahren näher am echten Zuckergeschmack gewesen. Wenn überhaupt einer, war dieser Süßstoff der erste, der auch nach Zucker schmeckt. Deshalb hatte sich die Getränke-Industrie schließlich auf diese Stoffe gestürzt.
Warum nun Xylit kein Superfood ist: In Finnland hat man in den 1970ger Jahren in klinischen Studien nachgewiesen, dass bei täglicher Gabe von Xylit in kleinen Mengen, am besten immer nach den Mahlzeiten, die Karies-Häufigkeit von Schulkindern um 85% reduziert wurde (diese Zahl kommt aus der Turku-Studie - mehrere hundert weitere Studien wurden inzwischen weltweit durchgeführt). Um sich diesen Effekt zunutze zu machen, braucht man nur die Xylit-Kaugummis zu kaufen und nach jeder Mahlzeit einen zu kauen, denn es kommt nicht darauf an, im Essen den Zucker durch Xylit zu ersetzen (wie es die Käufer von Xucker wohl tun), sondern es kommt nur darauf an, nach dem Essen statt Zucker Xylit in der Mundhöhle zu haben, weil dieses von den Karieserregern zwar wie Zucker aufgenommen wird, aber dann nicht richtig verwertet werden kann. Die Bakterien verhungern damit. In Finnland ist es seither Standard, dass Schulkinder Xylit bekommen, während das in Südeuropa noch ziemlich unbekannt ist. Wir liegen dazwischen, auch was den Bekanntheitsgrad betrifft.
Ob es jetzt gut ist, den ganzen Zucker mit Xylit zu ersetzen ist eine ganz andere Frage. Wie reagiert die Darmflora darauf? Das war nicht Ziel der damaligen Untersuchungen und es ging eben nur um recht kleine Aufnahmemengen. Mit einem vollständigen Ersatz wäre ich vorsichtig, weil man das nach bisherigem Wissen nicht einschätzen kann. Da wir aber seit ca. 40 Jahren nie Zucker zum Süßen gekauft haben, brauchen wir auch kein Xucker, aber Xylit-Kaugummis verwenden wir seit sehr vielen Jahren. Andernfalls hätte ich inzwischen wohl auch mal mehr als nur die Zahnreinigung beim Zahnarzt machen lassen müssen.
Das war jetzt etwas ausführlicher zu einem ausgewählten Beispiel. Es gibt noch mehr Dinge in der Reihe, die nicht die abwertende Bezeichnung "Superfood" verdienen, weil sie ihre Existenzberechtigung haben, insbesondere viele Pflanzenpräparate. Dazu zähle ich Baobab und Jiaogulan (letzteres muss man nicht kaufen, das habe ich im Garten), aber auch heimische Pflanzen wie z.B. Petersilie, Brennessel und Löwenzahn. Dann gibt es noch viele verschiedene mediterrane Pflanzen mit ganz klarer Wirksamkeit bei bestimmten Infektionen oder Magen-Darm-Beschwerden (Thymian, Aloe vera, Cistrose, Dictamos aus Kreta und weitere).
Andererseits gibt es Dinge, die wirklich manchmal in Modewellen aufgetreten sind, die aber wenig oder nichts bewirken (Ginseng zähle ich zu den schwach wirksamen Modemitteln). Und es gibt "Heilmittel", die gefährlichen Schaden anrichten. Es gibt ein Video im Netz "MMS heilt Malaria" - gleich vorweg: die Daten halten keiner Überprüfung stand und das Zeug ist lebensgefährlich. Es hat schon Verfahren wegen fahrlässiger Tötung gegeben. Aber dennoch wird auch das als Allheilmittel weiterhin angepriesen.
Also als Fazit: In vielen Punkten gebe ich durchaus den Ausführungen von Aria Recht, aber ich wende mich entschieden gegen jede Art von Verallgemeinerungen.