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Gesundheitswahn

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Re: Gesundheitswahn

Beitrag von Friedjof » Di 29. Mär 2016, 19:23

Du hast recht Ocean. Lt. Statista waren es 1970 1815 gesetzliche Krankenkassen, im Jahr 2015 "nur" noch 124 zzgl. der BKKs. Das sind immer noch zu viele mit zu vielen Vorständen = Spitzenverdienern und einem Verwaltungsaufwand, der nicht nötig ist.

 

Re: Gesundheitswahn

Beitrag von Friedjof » Di 29. Mär 2016, 21:01

Eule hat geschrieben:@ Friedjof
In der Vergangenheit wurde zwar wiederholt von privaten Krankenversicherungen versucht, besondere Tarife für Nichtraucher, Antialkoholiker und Drogenabstinente einzuführen. Dieses scheiterte jedoch stets, und dies zu Recht. Denn damit würde das Solidaritätsprinzip, auf welches die Krankenversicherung aufbaut, zunichte gemacht.
Das Solidaritätsprinzip der Krankenkasse ist, mein lieber Nackidei, kein Freibrief für unverantwortliches Handeln.

Habe ich etwas anderes behauptet?
Die Solidargemeinschaft soll nur dann solidarisch handeln, wenn der Hilfeempfänger trotz aller gebotenen Vorsicht erkrankt oder sich verletzt. Für die Folgen eines unvernünftigen Verhaltens ist die Solidargemeinschaft nicht zuständig.

Sinnvoll wäre das vielleicht. Aber hast du schon einmal davon gehört, dass eine gesetzliche Krankenkasse die Kostenübernahme einer Behandlung für einen Freikletterer, der ohne jede Absicherung, den Tot stets vor Augen, abstürzt und sich die Gräten bricht? Oder die Kosten für die medizinischen Unfallfolgen eines Autofahrers, der unter Alkoholeinfluss einen Unfall verursacht? Fälle derartiger „unsolidarischer“ Verhaltensweisen, deren Folgen unsere Krankenkassen finanziell auffangen müssen, könnte ich beliebig fortführen.
Das finnische Krankenkassensystem unterschreitet wesentlich den Standart, den du hier für uns halten möchtest.

Ja, ich verteidige das staatliche finnische Sozialsystem „Kela“ welches eine medizinische Mindestversorgung der Bürger garantiert. Dafür zahlt der Bürger aber auch nur ca. 2,3 Prozent seines Bruttolohnes. Jedem Bürger steht es aber frei, sich besser abzusichern (freie Arztwahl, bestimmte Behandlungsformen etc.). Bei dem niedrigen KK-Beitrag ist das ja auch möglich. So erhält jeder Bürger die Leistungen, für die er auch bezahlt.
Was spricht dagegen? Unser Gesundheitssystem fördert geradezu unnötige ärztliche Behandlungen, Therapien und Operationen. Die Kosten im Gesundheitswesen kollabieren geradezu. Da ist ein Umdenken längst überfällig.
Ich weiß, dass das ein unbequemes Thema ist, insbesondere dann, wenn man nicht mehr die oder der Jüngste ist wie du Eule oder auch ich. Die Gesellschaft wird sich der Problematik aber stellen müssen.

 
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Re: Gesundheitswahn

Beitrag von Eule » Mi 30. Mär 2016, 02:32

@ kristofnrw
Man denke an (HOCH)Risikogruppen wie Skifahrer, Skater, Raser ab empfohlener Richtgeschwindigkeit von 130 km/h auf der Autobahn, Bergsteiger und umgekehrt Menschen mit Bewegungsmangel, ungesunder Ernährung und den entsprechenden Folgeerkrankungen.
Ja, die gesetzlichen Krankenkassen haben schon mal versucht, diese Hochrisikomitglieder aufgrund ihres erhöhten Risikos mit einem Zusatzbeitrag zu belegen. Leider sind diese Krankenkassen daran gescheitert. Bei den privaten Krankenkassen musst du schon wegen gesundheitlicher Risiken, auf die du keinen Einfluss hast, einen entsprechenden Risikozuschlag zahlen.

@ Aria
Er will nicht sehen, dass es z.B. Frauen gibt, die genetisch prädisponiert sind, Brustkrebs zu bekommen.
Du wirst es nicht glauben, Aria, ich kenne noch eine Vielzahl von weiteren genetisch vorgegebenen Risiken. Es ist jedoch bislang noch nicht bekannt, warum diese Risiken bei den einen Menschen zu einer ernsten Erkrankung führen und bei einer Vielzahl von anderen Menschen diese Erkrankung jedoch nicht ausbricht. Löse dich bitte mal von dem Gedanken, dass ein Gen für sich alleine etwas bewirken kann und bewirkt. Es sind immer mehrere Gene, die zueinander in einer bestimmten Beziehung stehen müssen. Wenn also ein Risiko innerhalb der Gene ausgemacht wird, dann fehlt ein Schutzmechanismus oder dieser ist zu schwach ausgebildet. Für den Ausbruch der entsprechenden Erkrankung ist dann immer noch ein Auslöser erforderlich.

Aria, es gibt keine "schlechten" Gene. Selbst ein Gen, welches z. B. Brustkrebs zulässt, kann für andere Erkrankungen durchaus hilfreich sein und den Ausbruch dieser anderen Erkrankung mit verhindern. Die Bezeichnung "gute Gene" und "schlechte Gene" entstammt der NS-Zeit und sollte daher nicht mehr genutzt werden.

Es gibt eine Menge Krankheiten, die erblich bedingt sind, was bei Krankenkassen zu erhöhten Kosten führt. Noch hält da die Solidargemeinschaft zusammen, aber wenn Meinungen wie die von Eule zunehmen - es gebe keine „schlechten“ Gene und jeder sei durch seinen Lebenswandel selbst für seine Gesundheit verantwortlich -, dann dürfte dies bald der Vergangenheit angehören.
Ja, es gibt Gene mit einem Schaden. Die Kosten der Behandlung der durch Genschäden verursachten Erkrankungen sollen und werden auch weiterhin durch die Solidargemeinschaft getragen, weil der Patient weder durch sein eigenes Verhalten diese Erkrankung verursacht hat noch verhindern kann. Deine Unterstellung, ich würde hier eine andere Haltung vertreten, ist nur Ausdruck einer sehr vereinfachten Sichtweise von dir. Bei den privaten Krankenkassen sieht dieses leider jedoch anders aus.

@ Friedjof
Eule hat geschrieben:
@ Friedjof
In der Vergangenheit wurde zwar wiederholt von privaten Krankenversicherungen versucht, besondere Tarife für Nichtraucher, Antialkoholiker und Drogenabstinente einzuführen. Dieses scheiterte jedoch stets, und dies zu Recht. Denn damit würde das Solidaritätsprinzip, auf welches die Krankenversicherung aufbaut, zunichte gemacht.

Das Solidaritätsprinzip der Krankenkasse ist, mein lieber Nackidei, kein Freibrief für unverantwortliches Handeln.

Habe ich etwas anderes behauptet?
Nackidei, lies mal den Text und dann wird dir auffallen, was ich gesagt habe.

Die Solidargemeinschaft soll nur dann solidarisch handeln, wenn der Hilfeempfänger trotz aller gebotenen Vorsicht erkrankt oder sich verletzt. Für die Folgen eines unvernünftigen Verhaltens ist die Solidargemeinschaft nicht zuständig.

Sinnvoll wäre das vielleicht. Aber hast du schon einmal davon gehört, dass eine gesetzliche Krankenkasse die Kostenübernahme einer Behandlung für einen Freikletterer, der ohne jede Absicherung, den Tot stets vor Augen, abstürzt und sich die Gräten bricht? Oder die Kosten für die medizinischen Unfallfolgen eines Autofahrers, der unter Alkoholeinfluss einen Unfall verursacht? Fälle derartiger „unsolidarischer“ Verhaltensweisen, deren Folgen unsere Krankenkassen finanziell auffangen müssen, könnte ich beliebig fortführen.
Du kannst ruhig die Aufzählung fortführen. meine Antwort wird stets die gleiche bleiben. Ja, das habe ich. Die Krankenkasse wird in der Regel zuerst in Anspruch genommen. Es ist der Krankenkasse jedoch nicht immer möglich, ihre Kosten bei einem anderen Kostenträger oder dem Verunfallten zurück zu holen. Ja, ich weiss es, du zielst jetzt auf die speziellen Unfallversicherungen an. Aber nicht jeder hat sie und die meisten alkoholisierten Autofahrer sowieso nicht.

Jedem Bürger steht es aber frei, sich besser abzusichern (freie Arztwahl, bestimmte Behandlungsformen etc.). Bei dem niedrigen KK-Beitrag ist das ja auch möglich. So erhält jeder Bürger die Leistungen, für die er auch bezahlt.
Ich möchte mal erleben, dass eine deutsche Regierung die gesetzliche Krankenkasse auf ein derartig niedrieges Niveau herunter fährt und jeder Bürger seine Behandlungskosten bis auf einen kleinen Grundbetrag selbst absicherun muss. Das wird ein Geschrei geben und du mit deiner politischen Grundeinstellung wirst dich dann auch sehr ereifern. Es ist schön, sich soetwas vorzustellen. Aber es ist etwas Anderes, dieses dann umsetzen zu müssen.

Ich weiß, dass das ein unbequemes Thema ist, insbesondere dann, wenn man nicht mehr die oder der Jüngste ist wie du Eule oder auch ich. Die Gesellschaft wird sich der Problematik aber stellen müssen.
Das wird aber noch ertwas dauern. Unsere Gesellschaft ist nämlich weitgehenst noch nicht dazu bereit, Verantwortung zu übernehmen, auch selbst nicht für das eigene Handeln. Der erste Schritt in dieser Richtung läuft jetzt über die Rentenversicherung. Aber ich denke, dass viele dieses noch nicht begriffen haben und dann wird aus der selbstverschuldeten Altersarmut wieder ein gesellschaftliches Problem. Sozialpolitik ist ein sehr schwieriges Arbeitsfeld, besonders hier in Deutschland. Der Vorteil der bismarkischen Polizeiverordnung kehrt sich jetzt in einen Nachteil um.

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Re: Gesundheitswahn

Beitrag von Bummler » Mi 30. Mär 2016, 09:41

Aber ich denke, dass viele dieses noch nicht begriffen haben und dann wird aus der selbstverschuldeten Altersarmut wieder ein gesellschaftliches Problem. Sozialpolitik ist ein sehr schwieriges Arbeitsfeld, besonders hier in Deutschland. Der Vorteil der bismarkischen Polizeiverordnung kehrt sich jetzt in einen Nachteil um.


Selbstverschuldete Altersarmut? Wahrscheinlioch weil die Leute einfach zu faul waren zu arbeiten. Und sich von ihrem Lohn nicht noch eine kapitalbildende Lebensversicherung und ein paar Aktienpakete zugelegt haben.

Eule, die bismarksche Sozialversicherung ist das Model das bisher am längsten funktioniert hat.

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Re: Gesundheitswahn

Beitrag von Aria » Mi 30. Mär 2016, 13:41

Eule hat geschrieben:Die Kosten der Behandlung der durch Genschäden verursachten Erkrankungen sollen und werden auch weiterhin durch die Solidargemeinschaft getragen, weil der Patient weder durch sein eigenes Verhalten diese Erkrankung verursacht hat noch verhindern kann. Deine Unterstellung, ich würde hier eine andere Haltung vertreten, ist nur Ausdruck einer sehr vereinfachten Sichtweise von dir.
Nein, ich lese nur genau, was du so schreibst, wenn der Tag lang ist. So hast du z.B. am Mo 28. Mär 2016, 23:09 in diesem Thread geschrieben:
Eule hat geschrieben:Es gibt keine "guten" und keine "schlechten" Gene. Auch sind bis auf ganz winzig wenige Ausnahmen keine Gene für das Übergewicht des modernen Menschen verantwortlich.
Dazu ein Zitat aus der Wikipedia:
Zwillingsstudien deuten darauf hin, dass Übergewicht auch eine genetische Komponente hat. Sie wird in dieser Betrachtung mit 70 % angegeben. Außerdem fand man bei Adoptivkindern einen starken Zusammenhang zwischen ihrem BMI und dem ihrer leiblichen Eltern, aber keinen Zusammenhang zwischen ihrem Gewicht und dem ihrer Adoptiveltern.
Diese Aussage ist so klar, dass sich weitere Kommentar erübrigen. Aber wie ich dich kenne, Eule, wirst du auch hier ein Haar in der Suppe finden, um damit deine ethisch bedenklichen Ansichten zu verteidigen.

 

Re: Gesundheitswahn

Beitrag von Friedjof » Mi 30. Mär 2016, 14:26

Eule hat geschrieben:Ich möchte mal erleben, dass eine deutsche Regierung die gesetzliche Krankenkasse auf ein derartig niedrieges Niveau herunter fährt und jeder Bürger seine Behandlungskosten bis auf einen kleinen Grundbetrag selbst absicherun muss. Das wird ein Geschrei geben… Es ist schön, sich soetwas vorzustellen. Aber es ist etwas Anderes, dieses dann umsetzen zu müssen.

Es ist ja nicht so, dass das finnische Sozialsystem und hier speziell das Gesundheitssystem schlecht ist. Die notwendige medizinische und therapeutische Versorgung ist auch dort gesichert. Es wird nur eben genauer hingeschaut und nicht alles Machbare gemacht, auch wenn es unsinnig ist. Und wie gesagt, auch in Finnland kann jeder Bürger auch die bei uns üblichen Leistungen im Gesundheitswesen erhalten, sofern sie es ihm etwas wert sind.
Die Lebenserwartung der Finnen ist übrigens gleich hoch wie die der Deutschen.
Unsere Gesellschaft ist nämlich weitgehenst noch nicht dazu bereit, Verantwortung zu übernehmen, auch selbst nicht für das eigene Handeln. Der erste Schritt in dieser Richtung läuft jetzt über die Rentenversicherung. Aber ich denke, dass viele dieses noch nicht begriffen haben und dann wird aus der selbstverschuldeten Altersarmut wieder ein gesellschaftliches Problem.

Da hast du vollkommen recht. Wir Deutschen sind in Sachen Eigenverantwortung besonders träge. Vom deutschen Wirtschaftswunder haben zwar die Industrie, Wirtschaft und auch der Verbraucher sehr profitiert. Aber wir sind auch träge geworden. Unser Wohlfahrtsstaat hat uns wie kein anderer Staat zu einem trägen Volk werden lassen, welches Eigenverantwortung aus seinem Vokabular streichen konnte. Wir verlassen uns alle viel zu sehr auf den Staat. Das hat Geschichte.

Und weil das Volk so träge ist muss die Regierung handeln. Die von dir angesprochene Rentenversicherung ist nur der Anfang. Die gesetzlichen Krankenversicherungen ziehen jetzt auch die Notbremse und zahlen nicht mehr alles, was früher selbstverständlich war. Beispiel: Trotz dem Fallpauschalesystem sind die gesetzlichen Krankenkassen bundesweit dabei, mit verschiedenen Kliniken Preise für besonders kostenintensive Behandlungen und Operationen auszuhandeln. Da erfolgen regelrechte Ausschreibungen mit Kontingentzusagen.
Ein konkreter Fall aus meiner beruflichen Tätigkeit: Ein Junge mit einer beidseitigen an Taubheit grenzenden Schwerhörigkeit sollte an einer HNO-Klinik vor Ort ein so genanntes Cochlear-Implantat eingesetzt werden. Die Prognose, nach der Operation evtl. sogar ohne Hörhilfen hören und eine Regelschule besuchen zu können war gut. Die Klinik vor Ort hat sich bundesweit einen guten Ruf mit der entsprechenden Operationstechnik verschafft und kann auf sehr gute medizinische Erfolge auf diesem Gebiet verweisen. Ein Vorteil der Operation am Wohnort wäre weiterhin gewesen, dass erforderliche, stationäre postoperative Nachuntersuchungen nicht mit weiten Anfahrten und Übernachtungen eines Elternteils verbunden wären.
Aber es kam anders. Die Krankenkasse lehnte die Operation am Wohnort ab und bestimmte eine 170 km entfernte Klinik. Auch die Nachsorgeuntersuchungen mit Übernachtung der Mutter erfolgten dort. Warum wohl? Ein Widerspruch der Eltern wurde abgeschmettert. Auf eine gerichtliche Auseinandersetzung verzichteten sie.
Anderes Beispiel: Nach Operationen ist häufig eine stationäre Reha-Maßnahme fällig. Da gibt es vor Ort zwei Möglichkeiten. Aber nein, bestimmte Krankenkassen schicken die Patienten lieber in eine Reha-Einrichtung, 150 km entfernt.
Den Namen der Krankenkasse(n) nenne ich hier nicht, da es sich um exemplarische Beispiele handelt und bereits etliche KVs derartig restringend vorgehen.
…und du mit deiner politischen Grundeinstellung wirst dich dann auch sehr ereifern.

Ja, aber nicht auf der Seite, wo du glaubst mich zu sehen. Meine Frau und ich haben ein ganzes Berufsleben lang Eigenverantwortung gezeigt und uns zusätzlich abgesichert, rentenmäßig und die medizinische Versorgung betreffend (als Pflichtversicherte). Mag sein, dass wir es aus diesem Grund noch nicht nach Mauritius oder auf die Osterinsel geschafft haben. Aber damit können wir gut leben. ;)

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Re: Gesundheitswahn

Beitrag von Hans H. » Mi 30. Mär 2016, 19:56

Aria hat geschrieben:Dazu ein Zitat aus der Wikipedia:
Zwillingsstudien deuten darauf hin, dass Übergewicht auch eine genetische Komponente hat. Sie wird in dieser Betrachtung mit 70 % angegeben. Außerdem fand man bei Adoptivkindern einen starken Zusammenhang zwischen ihrem BMI und dem ihrer leiblichen Eltern, aber keinen Zusammenhang zwischen ihrem Gewicht und dem ihrer Adoptiveltern.
Diese Aussage ist so klar, dass sich weitere Kommentar erübrigen. Aber wie ich dich kenne, Eule, wirst du auch hier ein Haar in der Suppe finden, um damit deine ethisch bedenklichen Ansichten zu verteidigen.

Nein, so klar ist diese Aussage nicht, denn man muss sie in den richtigen Kontext stellen. Die Aussage von Wikipedia besagt nur, dass es bei der Veranlagung eine genetische Komponente gibt, aber nichts darüber, unter welchen Bedingungen diese Leute dann tatsächlich Übergewicht bekommen. Hier liegt nämlich eine Statistik auf der Grundlage der heutigen durchschnittlichen Ernährungsweise zugrunde, bei der eben viele Menschen übergewichtig werden. Aber es werden bei derselben ungesunden Lebensweise nicht alle Menschen übergewichtig, weil eben die restlichen 30% genetisch anders veranlagt sind.

Es ist aber auch nachgewiesen, dass diese 70% mit der genetischen Veranlagung, leicht Übergewicht zu bekommen, bei einer ursprünglichen gesünderen Lebensweise bis auf ganz wenige Ausnahmen mit krankhaften endokrinen Veränderungen nicht übergewichtig würden. Und das ist schließlich der springende Punkt, dass man diese Leute dazu bewegen will, sich gesünder zu halten, um die Belastung der Solidargemeinschaft zu reduzieren.

Ich halte nichts von automatisierten Datensammlungen über Fitness-Armbänder mit Datenübertragung, App-Registrierung eines jeden Besuchs eines Fitness-Studios oder sogar Abfrage des Einkaufverhaltens in Bezug auf Lebensmittel, was schon diskutiert wurde, weil jede Auswertung eines Verhaltens der betroffenen Personen immer so offen sein muss, dass der Betroffene jederzeit erkennen kann, welche Daten bewertet werden, welche Score-Werte daraus berechnet werden, welche Schlussfolgerungen daraus gezogen werden und wie dann genau die Folgen in Bezug auf den Beitrag oder die zukünftigen Leistungen sind. Das ist bei einer automatisierten Massen-Datensammlung schwer möglich.

Aber es gab schon andere Bonus-Systeme, die durchaus vernünftig sind. Z. B. wenn man sich die Fitnesscenter-Besuche abstempeln lässt und dann am Ende selbst entscheiden kann, ob man die Karte einreicht (abhängig davon, ob es genügend pro Zeiteinheit waren) und wenn das dann jeweils eine einmalige Vergünstigung bewirkt. Also, wenn eine zeitlich überschaubare Aktion eine für den Betroffenen klar vorhersehbare Wirkung hat, zwar immer wiederholbar ist, aber jeweils auf den Einzelfall bezogen bewertet wird und ohne nachteilige Wirkung auf die Zukunft, wenn man nicht mehr mitmacht. So etwas gab es mal und das würde auch dem EU-Datenschutz-Gedanken entsprechen.

Es gab auch Aktionen, dass KK die Kosten für das Sportabzeichen getragen haben und denjenigen, die am Ende die Urkunde vorgelegt haben eine einmalige Vergütung in dem Jahr gewährt haben. Das ist allerdings alles nicht mehr zeitgemäß, weil nicht elektronisch, deshalb braucht man über solche Lösungen wohl heute nicht mehr nachzudenken.

Wie aber die neu diskutierten und teilweise begonnenen Methoden der Massen-Datensammlung für Krankenkassen datenschutzkonform werden sollen, bleibt abzuwarten. Zunächst einmal muss der letzte Feinschliff an der EU-Datenschutzgrundverordnung fertig werden und dann haben wir die Übergangszeit bis 2018, in der die zuständigen Behörden das mit den Krankenkassen ausdiskutieren können.

 
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Re: Gesundheitswahn

Beitrag von Eule » Do 31. Mär 2016, 01:08

@ Hans H.
Dein Beitrag ist gut und richtig. Aria bezieht sich auf einen Artikel in Wikipedia. Selbst bei Zwillingsuntersuchungen kann nicht ausgeschlossen werden, dass das sogenante genetische Verhalten auf ein Lernverhalten zurück zu führen ist. Bei der Zwillingsuntersuchung muss, damit diese aussagefähig wird, sichergestellt sein, dass es sich um eineiige Zwillinge handelt. Denn zweieiige Zwillinge sind genauso zu betrachten wie zwei "normale" Geschwister.

Wenn Aria sagt, dass bei der Zwillingsuntersuchung eine Rate von 70% Übereinstimmung mit einer genetischen Veranlagung herausgekommen sei, so müßte sie eigentlich das Ergebnis anzweifeln. Denn die Gene müssten, bei ihrem Verständnis der Wirksamkeit, zwingend eine 100-prozentige Übereinstimmung hervor bringen.

Mit so veröffentlichen Gutachten habe ich meine Probleme. Ich müsste das komplette Gutachten sehen, um es bewerten zu können. Ich fand einmal in einer Zeitung die Meldung, dass 70 % der deutschen Männer einer perversen Veranlagungen nachgingen. Also, diese Zahl war mir zu hoch und ich hatte erhebliche Zweifel an der Richtigkeit dieser Meldung. Per Zufall sah ich dann die vorherige Ausgabe dieser Zeitung. Darin wurde ebenfalls über diese Untersuchung berichtet und gesagt, dass 90 % der deutschen Männer sich sexuell unauffällig verhielten. Widersprachen sich jetzt beide Meldungen? Nein, denn im ersten Schritt wurden die 90% der sich sexuell normal verhaltenden Männer aus der Gruppe der zu untersuchenden Männer ausgefiltert. Es verblieb also nur die 10% der sich sexuell nicht normal verhaltenden Männer. Aus der Gruppe dieser 10% der Männer verhielten sich 70% in Sinne einer Perversion. Das Ergebnis wäre richtig so gemeldet worden: 7% der deutschen Männer verhalten sich sexuell im Sinne einer Perversion. Aber mit einer solchen Zahl kannst du keinen Verkauf ankurbeln.

Der Umgang mit Statistiken ist nicht einfach.

@ Bummler
Selbstverschuldete Altersarmut? Wahrscheinlioch weil die Leute einfach zu faul waren zu arbeiten.
Nicht nur so, sondern auch, in dem diejenigen keine private Altersvorsorge betreiben. Sie konsumieren jetzt lieber, als für die spätere Rente einen Verzicht zu leisten.

Eule, die bismarksche Sozialversicherung ist das Model das bisher am längsten funktioniert hat.
Bummler, da stimme ich mit dir völlig überein. Aber diese Vollversorgung hat die Menschen nicht dazu veranlasst, selbst Sorge für ihre Gesundheit und Versorgung im Alter zu betreiben. Es fehlt einfach an einem Gefühl für die Eigenverantwortung. Und dieser Mangel an Eigenverantwortung ist jetzt der größte Nachteil der bismarkischen Sozialversicherung.

@ Friedjof
Ja, aber nicht auf der Seite, wo du glaubst mich zu sehen. Meine Frau und ich haben ein ganzes Berufsleben lang Eigenverantwortung gezeigt und uns zusätzlich abgesichert, rentenmäßig und die medizinische Versorgung betreffend (als Pflichtversicherte). Mag sein, dass wir es aus diesem Grund noch nicht nach Mauritius oder auf die Osterinsel geschafft haben.
Na gut, ich war auch noch nicht dort. Aber ich muss auch nicht dorthin fahren. Wieweit du persönlich Vorsorge betrieben hast, entzieht sich meiner Kenntnis und meiner Beurteilungsfähigkeit. Ich habe jedoch nur von der politischen Seite gesprochen. Und dort habe ich die Erfahrung machen müssen, dass das politische Reden oftmals nicht mit dem persönlichen Leben in Übereinstfimmung steht und dieses insbesondere bei denen in den als links bezeichneten politischen Richtungen.

Ein Junge mit einer beidseitigen an Taubheit grenzenden Schwerhörigkeit sollte an einer HNO-Klinik vor Ort ein so genanntes Cochlear-Implantat eingesetzt werden. Die Prognose, nach der Operation evtl. sogar ohne Hörhilfen hören und eine Regelschule besuchen zu können war gut. Die Klinik vor Ort hat sich bundesweit einen guten Ruf mit der entsprechenden Operationstechnik verschafft und kann auf sehr gute medizinische Erfolge auf diesem Gebiet verweisen. Ein Vorteil der Operation am Wohnort wäre weiterhin gewesen, dass erforderliche, stationäre postoperative Nachuntersuchungen nicht mit weiten Anfahrten und Übernachtungen eines Elternteils verbunden wären.
Aber es kam anders. Die Krankenkasse lehnte die Operation am Wohnort ab und bestimmte eine 170 km entfernte Klinik. Auch die Nachsorgeuntersuchungen mit Übernachtung der Mutter erfolgten dort. Warum wohl? Ein Widerspruch der Eltern wurde abgeschmettert. Auf eine gerichtliche Auseinandersetzung verzichteten sie.
Ein bedauerlicher, jedoch kein Einzelfall. Die Mitglieder der gesetzlichen Krankenkassen glauben nicht daran, dass sie bei einem Widerspruchs- oder Gerichtgsverfahrfen sehr gute Erfolgsaussichten haben, wenn sie ihr Anliegen richtig begründen und vortragen.

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Re: Gesundheitswahn

Beitrag von Aria » Do 31. Mär 2016, 11:50

Eule hat geschrieben:Wenn Aria sagt, dass bei der Zwillingsuntersuchung eine Rate von 70% Übereinstimmung mit einer genetischen Veranlagung herausgekommen sei, so müßte sie eigentlich das Ergebnis anzweifeln. Denn die Gene müssten, bei ihrem Verständnis der Wirksamkeit, zwingend eine 100-prozentige Übereinstimmung hervor bringen.
Es war klar, dass du Zweifel an der Zwillingsuntersuchung anmelden würdest – ohne einen Beleg dafür zu haben. Und den Beleg gibt es im Internet frei verfügbar, zumindest als Zusammenfassung The body-mass index of twins who have been reared apart. – Zitat:

To assess the relative importance of genetic and environmental effects on the body-mass index (weight in kilograms divided by the square of the height in meters), we studied samples of identical and fraternal twins, reared apart or reared together. The samples consisted of 93 pairs of identical twins reared apart, 154 pairs of identical twins reared together, 218 pairs of fraternal twins reared apart, and 208 pairs of fraternal twins reared together. The intrapair correlation coefficients of the values for body-mass index of identical twins reared apart were 0.70 for men and 0.66 for women. These are the most direct estimates of the relative importance of genetic influences (heritability) on the body-mass index, and they were only slightly lower than those for twins reared together in this and earlier studies. Similar estimates were derived from maximum-likelihood model-fitting analyses--0.74 for men and 0.69 for women. Nonadditive genetic variance made a significant contribution to the estimates of heritability, particularly among men. Of the potential environmental influences, only those unique to the individual and not those shared by family members were important, contributing about 30 percent of the variance. Sharing the same childhood environment did not contribute to the similarity of the body-mass index of twins later in life. We conclude that genetic influences on body-mass index are substantial, whereas the childhood environment has little or no influence. These findings corroborate and extend the results of earlier studies of twins and adoptees.

Für diejenigen, die des Englischen nicht mächtig sind, hier der fettgeschriebene Satz in sinngemäßer Übersetzung: Wir stellen fest, dass der genetische Einfluss auf body-mass Index wesentlich ist, und demgegenüber die Umgebung, in der man aufwächst, wenig bis keinen Einfluss hat.


Hans H. hat geschrieben:Ich halte nichts von automatisierten Datensammlungen über Fitness-Armbänder mit Datenübertragung, App-Registrierung eines jeden Besuchs eines Fitness-Studios oder sogar Abfrage des Einkaufverhaltens in Bezug auf Lebensmittel …
Ich halte auch nichts davon, deshalb habe ich dies hier thematisiert. Jetzt hat sich die Diskussion auf das Übergewicht verlagert, was eine unzulässige Verkürzung auf den einen Aspekt bedeutet. Leider bin ich dafür selbst schuld, weil ich auf einen Beitrag von Eule, den er am Mo 28. Mär 2016, 23:09 schrieb, reagierte. Ich werde daher nicht weiter darauf eingehen.

 
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Re: Gesundheitswahn

Beitrag von Eule » Fr 1. Apr 2016, 02:45

@ Aria
Ich bezweifle nicht deine Aussage. Ich habe selber statistische Untersuchungen gemacht und ausgewertet. Das Ergebnis der statistischen Untersuchung ist immer abhängig von der Fragestellung und der gewählten Methode.

Du wirst bei gleichem Datenbestand unterschiedliche Ergebnisse bekommen wenn du einmal fragst, ob es eine genetische Veranlagung zur Fettsucht gibt oder nicht oder ob du fragst, ob die Umwelt Einfluss nimmt auf eine Fettsucht. Du wirst ebenfalls bei gleichem Datenbestand unterschiedliche Ergebnisse erzielen, wenn du die Statistik kreuzt, also die genetische Fettsucht mit den Umwelteinflüssen vergleichst oder die Fettsucht aufgrund von Umwelteinflüsse mit der genetisch verursachten vergleichst.

Wir stellen fest, dass der genetische Einfluss auf body-mass Index wesentlich ist, und demgegenüber die Umgebung, in der man aufwächst, wenig bis keinen Einfluss hat.
Dieser Satz sagt leider nichts darüber aus, ob es sich bei den untersuchten Personen ausschließlich um eineiige Zwillinge handelt und nichts über die Größe der Population der untersuchten Gruppe.

Aria, ich habe nichts dagegen, wenn dich diese statistische Untersuchung beeindruckt hat. Ich brauche aber, um diese statistische Untersuchung beurteilen und bewerten zu können, den kompletten Untersuchungsbericht mit den dazu gehörenden Anlagen. Und solange mir diese nicht vollumfänglich zugänglich sind, bleibe ich sehr vorsichtig.

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