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Kampf gegen die Bekleidungspflicht–Don Quijote lässt grüßen!

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Re: Kampf gegen die Bekleidungspflicht–Don Quijote lässt grü

Beitrag von Eule » Mo 30. Mai 2016, 14:14

Das ganze Gespräcxh dreht sich jetzt im Kreis herum und keiner geht auf den Kern ein. Denn das Problem ist hier weniger ein gesetztes Recht oder eine verfasste Verpflichtung. Das Problem ist hier ein relativ uneinheitliches Verständnis von "den guten Sitten". Wie lässt sich der Wunsch nach einer "Entkleidung" mit dem Verständnis der "guten Sitten" verbinden und in Übereinstimmung bringen?

Damit jetzt nicht einige meinen, hier eine Polemik gegen religiöse Meinungen betreiben zu müssen, sei ausdrücklich darauf hingewiesen, dass es hier um den Begriff der Zivilisation geht. "Bin ich nur dann zivilisiert, wenn ich bekleidet bin?" Oder anders ausgedrückt: "Bin ich unzivilisiert, wenn ich nackt bin?"

 
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Re: Kampf gegen die Bekleidungspflicht–Don Quijote lässt grü

Beitrag von norbert » Mo 30. Mai 2016, 15:32

Das würde heißen, wenn man die Hose auszieht, verläßt man die Zivilisation.
Dem ist nicht so.

 

Re: Kampf gegen die Bekleidungspflicht–Don Quijote lässt grü

Beitrag von hajo » Mo 30. Mai 2016, 20:18

Eule hat geschrieben:... ein relativ uneinheitliches Verständnis von "den guten Sitten"...

Was sind die "guten Sitten"?

Eine Rechtsnorm?
Kann nicht sein, verlangt doch Art. 103, Abs 2 GG eine Definition der Strafbarkeit.

Dazu das Bundesverfassungssgericht u.a.:
L e i t s ä t z e

zum Urteil des Zweiten Senats vom 20. März 2002

- 2 BvR 794/95 -

Das Gebot der Gesetzesbestimmtheit gilt (Art. 103 Abs. 2 GG) auch für die Strafandrohung. Strafe als missbilligende hoheitliche Reaktion auf schuldhaftes kriminelles Unrecht muss in Art und Maß durch den parlamentarischen Gesetzgeber normativ bestimmt werden, die für eine Zuwiderhandlung gegen eine Strafnorm drohende Sanktion muss für den Normadressaten vorhersehbar sein.

Oder in meinen primitiven Worten:
" nullum crimen, nulla poena sine lege"
(Nein - ist schon so, das stammt nicht von mir.)

Ich frage mich schon seit sehr langem, was geht es andere Menschen eigentlich an, wie ich rumlaufe?

Ob mit Nasenpiercing oder ohne.
Ob mit Tatauierung oder ohne.
Ob mit Glatze oder ohne.
Ob mit weißen Socken oder ohne.
Ob mit Stock oder ohne.
Ob mit Bart oder ohne.

Es geht niemanden etwas an.
Schließlich kann man ja weggucken. (WegHÖREN ist schon schwieriger - erlebe ich jedes Wo-Ende durch Motorrad"liebhaber")

Also weiter:
Ob mit Klamotten oder ohne...

Oooh!
Nein, DAS geht nun aber nicht so ohne weiteres!
Warum nicht?
Ich bin doch in jedem solcher Fälle immer exakt DERSELBE!
Also: Warum nicht?
Na, weil es eben nicht um irgendwelche Sitten oder die Gefühle anderer geht.
DAS - so weiß der Bürger - DARF der doch gar nicht! Deer MUSS(!) sich doch was anziehen!
Endlich kann JEDER sagen: Das GEHT doch nicht! Das ist doch VERBOTEN!

Das ist - leider - typisch für (zu) viele Menschen:
Im sog. "Dritten Reich" waren viele Menschen bestrebt, den Nachbarn anzuzeigen, der z.B Radio BBC hörte.
In der DDR wurde bespitzelt, was das Zeug hielt...
Jetzt werden Menschen verfolgt - Smartphone raus, Foto und Anruf - , die sich nicht bekleiden.

Schade, dass Lärm (Nachbars Party bis nachts um 04:30), Gestank (Bauers Gülle) etc fast jederzeit möglich sind, aber nackt (so bin ich nun mal, ohne künstliche Bekleidung) durch den Ort laufen, ruft die Machthaber auf den Plan...

Schade.

 
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Re: Kampf gegen die Bekleidungspflicht–Don Quijote lässt grü

Beitrag von Eule » Di 31. Mai 2016, 00:00

@ Norbert
Das würde heißen, wenn man die Hose auszieht, verläßt man die Zivilisation.
Genau das ist die Frage. Denn nach unserem allgemeinen Verständnis der Zivilisation ist das Tragen der Kleidung ein wesentliches Merkmal.
Dem ist nicht so.
sagten schon die Begründer der FKK-Bewegung. Aber hat sich deswegen unser allgemeines Verständnis bezüglich der Zivilisation deswegen geändert?

Aus diesem allgemeinen Verständnis der Zivilisation leitet sich der Begriff der "guten Sitten" ab.

@ hajo
Der Begriff der "guten Sitten" ist in der Tat ein unbestimmter Rechtsbegriff und als solcher schwer zu fassen. Bedenke bitte, dass der Begriff der "guten Sitten" sich nicht nur auf strafrechtlich relevate Gegenstände bezieht, sondern viel weiter zu fassen und zu vertstehen ist.

Ob du bekleidet oder unbekleidet in der Öffentlichkeit gehst, ja das hat keinen Einfluss auf deine Persönlichkeit. Aber bekanntlich hört deine Freiheit dort auf bzw. wird dort begrenzt, wo sie die Freiheit eines anderen Menschen tangiert. Wir Menschen sind Wesen, die auf andere Menschen angewiesen sind und daher werden unsere Freiheiten durch die Bedürfnisse und Wünsche dieser anderen Menschen begrenzt und eingeengt.

Und wenn ich jetzt mal einen Bogen zum Thread von Aria bezüglich der Belege des gesellschaftlichen Wandels schlagen darf, so meine ich feststellen zu können, dass unser Verständnis von der Zivilisation und der "guten Sitten" sich trotz der Reformbewegung Anfang des 20. Jahrhunderts und der sog. sexuellen Revolution in den 7oger Jahren des 20. Jahrhunderts kaum vom diesbezüglichen Verständnis aus der Wilhelminischen Zeit verändert hat.

 

Re: Kampf gegen die Bekleidungspflicht–Don Quijote lässt grü

Beitrag von hajo » Di 31. Mai 2016, 13:43

Eule hat geschrieben:... unser allgemeines Verständnis ...

Ich weiß nicht, ob es anderen auch so geht...
Aber ich hab es nicht gern, wenn jemand vorgibt in meinem Namen zu schreiben...

Eule hat geschrieben:Aber bekanntlich hört deine Freiheit dort auf bzw. wird dort begrenzt, wo sie die Freiheit eines anderen Menschen tangiert.

Richtig. Da bin ich absolut bei dir.
Aber:
Wumm-wumm-wumm Lärm aus überdimensionierten Autolautsprechern, lärmende Rasenmäher, laute Motorräder, Düsenflugzeuge, die hier irgendwelche Aktionen üben...
All das MUSS ich ertragen. Deren Freiheit ist nicht ganz offensichtlich nicht meine.

Aber rumlaufen wie ich möchte, das geht nicht.
Nein, stimmt nicht. Wenn ich mich pierce, tätowiere, Ringe durch Nase, Lippe, Augenbrauen, Zunge stecke...
Das darf ich jederzeit.
Aber so rum laufen, wie ich nun mal bin, wenn ich keine gekauften Klamotten trüge... AUF KEINEN FALL!
Dabei kann da jeder das tun, was sehr viele Mitmenschen z.B. bei bestimmten Szenen in Film und Fernsehen machen:
wegsehen.

Eule hat geschrieben:... unser Verständnis von der Zivilisation ... kaum vom diesbezüglichen Verständnis aus der Wilhelminischen Zeit verändert hat.

Wieder diese Vereinnahmung durch dein so selbstgerechtes "unser".

Ansonsten liegst du in der Sache wohl eher richtig.

 
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Re: Kampf gegen die Bekleidungspflicht–Don Quijote lässt grü

Beitrag von Tim007 » Di 31. Mai 2016, 13:55

Ich bin in diesem Forum hoffnungslos verdorben worden.
Ich sehe das mittlerweile wie Hajo.

Der Piercing-Vergleich ist gut. Mir steht es nicht zu, anderen ein bestimmtes Aussehen zu oktroyieren.
Punkt.

 
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Re: Kampf gegen die Bekleidungspflicht–Don Quijote lässt grü

Beitrag von Eule » Di 31. Mai 2016, 22:24

@ Hajo
Eule hat geschrieben:
... unser allgemeines Verständnis ...

Ich weiß nicht, ob es anderen auch so geht...
Aber ich hab es nicht gern, wenn jemand vorgibt in meinem Namen zu schreiben...
Ich kann dein ungutes Gefühl für diese Formulierung nachvollziehen. Es ist jedoch eine Formulierung, wie sie in der Soziologie als ein Mengenbegriff vorkommt und so verstanden wird. Da es sich hier um einen Mengenbegriff handelt, ist dieser trennungsunscharf. Daher wirst du durch diesen Mengenbegriff nicht gezwungen, eine bestimmte Handlung, Meinung oder dergleichen vorzunehmen, anzunehmen oder zu vertreten, bzw. eben dieses nicht, sondern deine spezielle Meinung kann von diesem Mengenbegriff durchaus abweichen.

Wumm-wumm-wumm Lärm aus überdimensionierten Autolautsprechern, lärmende Rasenmäher, laute Motorräder, Düsenflugzeuge, die hier irgendwelche Aktionen üben...
All das MUSS ich ertragen. Deren Freiheit ist nicht ganz offensichtlich nicht meine.
Zum Teil ja, zum anderen Teil nein. Ich erlebe es auch, dass die Rücksichtsnahme auf die Belange des Anderen oft mißachtet werden und diese Rücksichtslosigkeit zurzeit einen relativ großen Raum einnimmt.

Eule hat geschrieben:
... unser Verständnis von der Zivilisation ... kaum vom diesbezüglichen Verständnis aus der Wilhelminischen Zeit verändert hat.
Wieder diese Vereinnahmung durch dein so selbstgerechtes "unser".
Dieses "unser"ist nicht selbstgerecht. Es beschreibt eine bestimmte Gesellschaft, nämlich die, in der wir leben. Darum das Wort "unser". Dieses "unser" unterscheidet uns also von der amerikanischen, britischen u.s.w. Gesellschaft. Es dient somit nur der "Ortsbestimmung" der gemeinten Gesellschaft.

 
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Re: Kampf gegen die Bekleidungspflicht–Don Quijote lässt grü

Beitrag von Eule » Di 31. Mai 2016, 22:32

@ Tim
Der Piercing-Vergleich ist gut. Mir steht es nicht zu, anderen ein bestimmtes Aussehen zu oktroyieren.
Punkt.
Der Piercing-Vergleich von hajo ist wirklich gut. Aber es kommt jetzt darauf an, in welchem Beruf oder in welcher Position der Piercingträger arbeiten will. Es gibt durchaus Berufe, Tätigkeitsfelder und Positionen, wo der entsprechende Stelleninhaber gewisse Erwartungen erfüllen muss, die nicht unbedingt mit seiner persönlichen übereinstimmen muss. Dann steht dieser vor der Frage, will ich meine Freiheit ausleben oder will ich diese berufliche Position oder Tätigkeit ausüben oder erreichen. Es wird hier immer ein Interessenkonflikt vorhanden sein, auch wenn die Maßstäbe sich hier in einem ständigen Fluss befinden.

 

Re: Kampf gegen die Bekleidungspflicht–Don Quijote lässt grü

Beitrag von Friedjof » Mi 1. Jun 2016, 12:48

Ja, auf das äußere Erscheinungsbild der Angestellten wird nicht erst heute von vielen Arbeitnehmern großer Wert gelegt. Es muss zum Image des Unternehmens passen. Beispiel Bekleidungsfachgeschäfte: Richten sich deren Angebote hauptsächlich an junge Menschen, sind oft Piercings, Tatoos, knallrote Haare etc. kein Problem. Im Gegenteil, die Verkäuferin/der Verkäufer suggeriert den Kunden "ich bin einer von euch". Da dürfen denn auch schon mal die Kunden, selbst wenn sie erwachsen sind, geduzt werden. Ganz anders aber in Bekleidungshäusern, in denen die finanziell besser betuchte Studienrätin, Frau Doktor und dergl. einkaufen. Da wird von dem Personal ein korrektes und seriöses Auftreten im Stil des Hauses verlangt. Korrekt sitzender Anzug, glattes Hemd, Krawatte, Kostüm... Die Vorgaben des Arbeitgebers machen sogar vor Art des Schminkens oder Form des Krawattenknotens nicht Halt. Piercings? Sichtbare Tattoos? Ein absolutes No go! Natürlich mag es da Ausnahmen geben. Es kommt eben immer auf die Kundschaft an.

Öffentlicher Dienst: Da gab es bereits zu Beginn meiner Tätigkeit dort Bekleidungsvorschriften, die sich bis heute gehalten haben: In Abteilungen mit Publikumsverkehr ist das Tragen von reiner Freizeitbekleidung in Form von z.B. Jogginghose und Kapuzenpulli untersagt. Allzu auffällige Tattoos und Piercings sind ebenfalls nicht gern gesehen und bei einer evtl. Beförderung hinderlich.

Wie man also sieht ist hajos Aussage:
hajo hat geschrieben:Wenn ich mich pierce, tätowiere, Ringe durch Nase, Lippe, Augenbrauen, Zunge stecke...
Das darf ich jederzeit.

so nicht in jedem Fall richtig oder ratsam. Zumindest dann nicht, wenn man in seinem Beruf noch etwas erreichen möchte. Man muss dabei eben unterscheiden zwischen Privat- und Arbeitsleben. Wer nun bei H&M arbeitet oder in einem Piercing-Studio kann oder besser sollte sich da schon etwas erlauben können.

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Re: Kampf gegen die Bekleidungspflicht–Don Quijote lässt grü

Beitrag von Klaus_59 » Mi 1. Jun 2016, 13:01

Eule hat geschrieben:bekanntlich hört deine Freiheit dort auf bzw. wird dort begrenzt, wo sie die Freiheit eines anderen Menschen tangiert.

Und jetzt erklärst du bitte noch, welche Freiheit anderer Menschen durch das Weglassen von Kleidung tangiert wird. Das konnte ich nämlich noch nicht herausfinden. Und vergiss dabei bitte nicht die andere Seite. Vergleiche also auch, ob die Freiheit des Kleidungsverweigerers tangiert wird, wenn man ihn zu Kleidung zwingen will und ob diese Freiheit nicht stärker tangiert wird als andersherum. Der Kleidungsverweigerer verlangt schließlich nicht umgekehrt, dass sich die Bekleideten ausziehen sollen.

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