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Der Unterscheidung zwischen Nacktheit und Sexualität

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Re: Der Unterscheidung zwischen Nacktheit und Sexualität

Beitrag von Aria » Do 20. Okt 2016, 16:25

Eule hat geschrieben:Ich sehe diesen Sachverhalt so, dass im Biedermeier ein, auch damals nicht vorhandenes, heiles Familienbild propagiert wurde und heute wegen der uneingeschränkten und schnellen Nutzung des Internets eine massive Verunsicherung besteht. Vordergründig können beide Bewegungen weg von der öffentlichen Nacktheit gleich gesetzt werden. Jedoch die Motivation ist eine völlig andere.
Du verkennst, dass der Rückgang der Toleranz gegenüber öffentlicher Nacktheit schon vor dem Internet einsetzte.


Eule hat geschrieben:
hajo hat geschrieben:Eine Abhandlung zu den Puritanern und dem Puritanismus werde und kann ich hier nicht liefern - ...
Dieses ist auch nicht nötig. Denn religiöse Strömungen sind ja nicht Thema dieses Threads.
Richtig, religiöse Strömungen sind nicht Thema dieses Threads, aber es wäre ein Kopf in den Sand stecken, wenn man deren Einfluss nicht sähe.

Gerade in den USA, wo noch 75% der Bevölkerung an Gott glaubt, haben sie stark von der Religion geprägte moralische Ansichten, die die ganzen Gesellschaft betreffen. Und wenn eine Religion wie die christliche jahrhundertelang die Taufe mit der Begründung rechtfertigte, der Mensch sei (außer Maria!) in Sünde empfangen und in Sünde geboren, dann hat das natürlich einen Einfluss darauf gehabt, wie die Sexualität und die damit verbundene Nacktheit gesehen wird.


Eule hat geschrieben:Du vermutest, dass diese ambivalente Haltung der US-Bevölkerung Einfluss auf unsere Entwicklung gegen eine öffentliche Nacktheit gehabt habe bzw. noch hat. Dieses vermag ich nicht zu erkennen.
Du vermagst auch nicht zu erkennen, dass die Briten bereits eine wesentlich prüdere Ansicht bzgl. Nacktheit und Sexualität haben als wir, bzw. sagst, Großbritannien ist nicht Deutschland. Und wenn ich sage, in Bayern gelten andere moralische Grundsätze als in Schleswig-Holstein, sagst du wahrscheinlich auch, Bayern ist nicht Deutschland. Und das nur, um nicht zugeben zu müssen, dass es weltweit Entwicklungen gibt, die eindeutig in eine Richtung gehen: Weniger persönliche Freiheit und mehr Kontrolle auf allen Ebenen des öffentlichen Lebens.

 

Re: Der Unterscheidung zwischen Nacktheit und Sexualität

Beitrag von hajo » Do 20. Okt 2016, 16:57

Shiva205 hat geschrieben:... zum Teil aber auch daher, dass es immer noch viele Leute gibt, die als Kind durch "Missbrauch" und durch die Doppelmoral der Erwachsenen traumatisiert wurden.
Ich erinnere in diesem Zusammenhang an die "Wormser Prozesse"...

 
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Re: Der Unterscheidung zwischen Nacktheit und Sexualität

Beitrag von Eule » Fr 21. Okt 2016, 22:43

@ hajo
Ich verweise auf Mk 8.18...
Dein Verweis hier auf eine Bibelstelle im NT ist für mich nicht nachvollziehbar.
Eine Änderung der öffentlichen Haltung der Nacktheit gegenüber, dass Nacktbilder verpönt sind (siehe hier Diskussion über Werbung), dass andererseits solche seltsamen Sendungen wie der RTL Quatsch "Adam sucht Eva", die ich selbst allerdings nie gesehen habe (außer wenige Minuten im Internet), heute zu sehen sind, das entspricht doch durchaus der von dir dargestellten "ambivalente(n) Haltung der US-Bevölkerung".
Ich sehe hier keinen direkten Zusammenhang. Wir haben seit der sog. sexuellen Revolution ein verstärktes Auftreten sexualisierter Themen. War es in der ersten Welle unter dem Deckmantel der sexuellen Aufklärung (Schulmädchen-, Hausfrauenreport und wie sie sonst noch hießen) so ist es in einer zweiten Welle die Formate: "Adam sucht Eva, und wie diese lauten, und dieses einhergehend mit der Erweiterung der TV-Anbieter und Sendezeiten, jetzt der Kampf um den Zuschauer, die Quote. Das Interesse an dem Anschauen von Nacktheit und hier insbesonderer der sexualisierten Nacktheit, ist geschwunden. Die entsprechenden Sender versuchen jetzt ihre Zuschauer einmal mit mehr offen gezeigter "natürlichen" Nacktheit und der "Prominenz" ihrer Darsteller ihren Marktanteil zu halten oder auszubauen. Nacktheit und insbesondere sexualisierte Nacktheit wird hier nur kommerzial Ausgebeutet und je tiefer man in den Eimer greifen muss, um etwas heraus zu schöpfen, desto niedriger wird das Niveau.

Die US-amerikanische Ambivalenz zeigt jedoch auf einen anderen Sachverhalt hin. Da wird einerseits eine religiös motivierte Prüderie auf die Spitze getrieben und anderseits eine menschenverachtende Pornograhie betrieben und beides lässt sich aus einem puritanischen Gesichtspunkt heraus positiv bewerten. Der Erfolg wird gesehen als ein Zeichen der Gottgefälligkeit. Und dabei scheint es keine Rolle zu spielen, wie dieser Erfolgt zustande gekommen ist und worauf er sich bezieht. Eine solche Ambivalenz vermag ich hier bei uns in Deutschland nicht ansatzweise zu erkennnen.

Tim mag mich bitte korregieren, wenn ich hier falsch liege. Der Puritanismus in Deutschland zeigt sich mehr in einer Ablehnung der Freude am Leben. Wer sich den Freuden des Lebens hingibt, der begibt sich in die Fänge des Teufels.

Ber Rückgang der Nacktbadezeiten in den Bädern oder die Abnahme der Besucher auf den FKK-Flächen hat für mich etwas damit zu tun, dass es heute kein Zeichen einer Modernität und es daher nicht mehr "in" ist, sich unbekleidet öffentlich zu zeigen. Wenn Aria einwirft, dieses habe schon vor der Zeit des Internets begonnen, so ist dieser ihr Einwurf richtig und zutreffend. Das Internet und der unbeschränkte Zugriff auf das Internet hat diese Bewegung nicht verursacht, es war ein Modewechsel, nicht desto weniger hat sie diese Bewegung erheblich verstärkt und verschärft. Nacktheit war noch niemals in der Neuzeit (seit der Industriealisierung) ein Zeichen eines natürlichen So-Seins. Es war immer ein Zeichen von Schwäche, Wehr- und Hilfslosigkeit. Die Reformbewegung zum Ende der Wilhelminischen Zeit in Deutschland hat ja versucht, den Menschen in seiner Ganzheit und Natürlichkeit darzustellen. Daher die Entwicklung der FKK-Bewegung, die heute ja zu einer Naturistenbewegung mutierte, wobei der Bezug zur Natur als Naturerlebnis teilweise auch schon verloren gegangen ist.

Ich sehe das allerdings anders und bin überzeugt, nicht nur Lebensweisen und - arten aus den Vereinigten Staaten sind zu uns herübergekommen, sondern auch Ansichten und vor allem das in diesem Fall durchaus zu berücksichtigende Sexualstrafrecht, dessen bundesdeutsche Ausführung und Erweiterung in den letzten Jahren einiges befürchten lässt.
Hier wird dir Aria sicherlich voll und ganz zustimmen. Ich hingegen teile diese Ansicht nicht. Auch der Hinweis:
Die Verschärfung z.B. bzgl. sog. Kinderpornografie ist zumindest bemerkenswert. (siehe: Neunundvierzigstes Gesetz zur Änderung des Strafgesetzbuches - Umsetzung europäischer Vorgaben zum Sexualstrafrecht (49. StrÄndG))
vermag meine Haltung nicht zu erschüttern. Ich halte Letzteres für ein Zeichen, dass die Politik nicht mehr in der Lage ist, Gesetze vernünftig zu formulieren, zu überprüfen und zu erlassen. Alles muss sehr schnell erfolgen, weil es die Bevölkerung "so will". Wenn ein Gesetzt schon nach drei Monaten nach seiner Veröffentlichung berichtigt werden muss, dann ist dieses für mich der Beweis von der mangelnden Sorgfalt bei der Erstellung und Beschlussfassung des entsprechenden Gesetzes. Gerade im Sexualstrafrecht sind diese sog. Verschärfungen keine Verschärfungen des Tatbestandes, es sind nur Klarstellungen. Aus einer allgemeinen Formulierung wird eine spezielle gemacht, ohne den Gegenstand als solchen dadurch zu verändern.

Wenn wir uns dem Thema der Nacktheit wieder voll und ganz zuwenden, so werden wir sehen und erkennen müssen, dass es keine moralische oder gesetzliche Vorschrift gibt, die die Nacktheit als solches verurteilt. Und weil es keine moralische oder strafrechtliche Vorschrift gibt, die die Nacktheit in der Öffentlichkeit verbietet, tun wir uns so schwer, diese Nacktheit offensiv in der Öffentlichkeit zu verteidigen. Was es gibt, ja das ist die kulturhistorische Erziehung zum Tragen der Kleidung. Kleidung als Zeichen des Wohlstandes, den arme Menschen konnten sich nicht oder nicht ausreichend bekleiden. Und wenn jetzt ein Bürger, der sich die Kleidung leisten kann, nackt geht, dann löst dieses ein Gefühl der Bedrohung aus. Denn das Tragen der Kleidung wird als ein Zwang erlebt und damit als Symbol der Unfreiheit. Und je mehr die Menschen ihre Persönlichkeit an die Masse abtreten, desto mehr wird das Abweichen und Ausschehren aus der Masse als eine Bedrohung empfungen, erlebt und bekämpft.

Und jetzt komme ich schon fast zu einer Zusammenfassung und zu einem Abschluss des Themas der Nacktheit, ohne jedoch dieses Threadthema im Punkt der Nacktheit als solches schon beantwortet zu haben. Viele sehen, und ich schließe mich hier ausdrücklich mit ein, sehen die Nacktheit nicht als die Wiederherstellung des natürlichen Seinzustandes des Menschan an, sondern als ein Symbol und Ausdruck der Freiheit. Des sich loslösen Könnens von gesellschaftlichen Zwängen. Zugleich sehen wir uns aus unserer Erziehungstradition (kulturhistorischer Hintergrund) heraus nicht in der Lage, dieses auch so konsequent umzusetzen. Denn uns hindern weniger moralische Bedenken daran, als vielmehr die kulturhistorischen Begründungen, wie Zeigen des sozialen Statues, der wirtschaftlichen Kaufkraft und der Abgrenzung zum anderen Menschen.

@ shiva205
Zum Teil kommt er von Amerika, zum Teil aber auch daher, dass es immer noch viele Leute gibt, die als Kind durch "Missbrauch" und durch die Doppelmoral der Erwachsenen traumatisiert wurden.
Wenn ich es richtig sehe, so hat der Missbrauch von Kindern und Jugendlichen insgesamt nicht zugenommen. Auch wenn er heute öfters aufgedeckt wird, so ist dieses noch kein Zeichen für eine Steigerung der Missbrauchsfälle insgesamt. Weiter spricht meine Erfahrung mit Missbrauchsopfern eine andere Sprache. Es ist wirklich neu, gut, begrüßens- und unterstützenswert, dass die Missbrauchsopfer jetzt mehr den Mut finden, diesen erlittenen Missbrauch öffentlich zu machen. Hier sind wir jedoch erst am Anfang dieser Entwicklung. Den von dir gezogenen Schluss kann ich daher nicht beitreten.

@ Aria
Der Glaube an einem personalen Gott ist leider nicht immer tragend für ein moralisch richtiges Verhalten. Oftmals wird über diesen Gottesglauben ein unmoralisches Handeln transportiert. Das Bekenntnis zum Gottesglauben ist somit nicht immer der Beweis für ein entsprechendes moralisches Verhalten.

Dein Hinweis auf die Erbsünde entspricht leider einem bestimmten und nicht richtigem Religionsunterricht. Denn die Erbsünde hat mit der Sexualität als solches nichts gemein. Die Erbsünde beschreibt einen völlig anderen Sachverhalt und dieser Sachverhalt kennt keine Sexualität.

Du vermagst auch nicht zu erkennen, dass die Briten bereits eine wesentlich prüdere Ansicht bzgl. Nacktheit und Sexualität haben als wir, bzw. sagst, Großbritannien ist nicht Deutschland.
Ich bin in einer Stadt groß geworden, in der sich eine britische Garnison befand. Mir wurde gesagt, dass dort im Sommer kleine Kinder nackt über die Straße liefen, was du bei der deutschen Wohnbevölkerung nicht sehen konntest. Wenn du mich jetzt fragen solltest, nein, ich bin nicht dorthin gefahren, um diese Aussage überprüfen zu können. Die Berichterstatter waren für mich glaubhaft. Natürlich ist mir die Prüderie der viktorianischen Zeit bekannt. Aber dennoch halte ich die Briten nicht für so ambivalent, wie die Amerikaner und trotz ihrer Förmlichkeit doch mehr mit unserem Verhalten vergleichbar. Es gibt Unterschiede, keine Frage. Und mit diesen Unterschieden kommen sie den Amerikanern sehr nahe.

Und das nur, um nicht zugeben zu müssen, dass es weltweit Entwicklungen gibt, die eindeutig in eine Richtung gehen: Weniger persönliche Freiheit und mehr Kontrolle auf allen Ebenen des öffentlichen Lebens.
Natürlich laufen wir Gefahr, aufgrund der fragilen Sicherheitslage in eine zu starke staatliche Kontrolle zu geraten. Aber das, was wir dem Staat verweigern, geben wir in einem viel größerem Umfange freiwillig der Industrie bekannt. Aria, da liegt die viel größere Gefahr.

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Re: Der Unterscheidung zwischen Nacktheit und Sexualität

Beitrag von Shiva205 » Sa 22. Okt 2016, 11:46

Eule hat geschrieben:Wenn ich es richtig sehe, so hat der Missbrauch von Kindern und Jugendlichen insgesamt nicht zugenommen.
Ja, das sehe ich auch so. Trotzdem hat das Thematisieren und Aufarbeiten der "Altlasten" offensichtlich zu einer gewissen Hysterie und Verunsicherung geführt, die die Wurzei einer neuen (vermutlich nur vorübergehenden) Prüderie sein könnte.

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Re: Der Unterscheidung zwischen Nacktheit und Sexualität

Beitrag von Aria » Sa 22. Okt 2016, 12:28

Eule hat geschrieben:Gerade im Sexualstrafrecht sind diese sog. Verschärfungen keine Verschärfungen des Tatbestandes, es sind nur Klarstellungen. Aus einer allgemeinen Formulierung wird eine spezielle gemacht, ohne den Gegenstand als solchen dadurch zu verändern.
Du bist nicht gut informiert – gerade die letzten paar Änderungen waren keine Klarstellungen, sondern haben neue Straftatbestände geschaffen:

1. Einfache Nacktheit von Kindern (Personen unter 14 Jahren) kann jetzt als Kinderpornografie gedeutet werden – vorher waren dazu sexuelle Handlungen nötig.
2. Jugendpornografie (14 bis 17 Jahre) ist bis auf eine Ausnahme der Neudefinition der Kinderpornografie gleichgestellt worden – vorher war Jugendpornografie weniger restriktiv definiert und zudem ist deren Besitz jetzt auch strafbar.


Eule hat geschrieben:Und weil es keine moralische oder strafrechtliche Vorschrift gibt, die die Nacktheit in der Öffentlichkeit verbietet, tun wir uns so schwer, diese Nacktheit offensiv in der Öffentlichkeit zu verteidigen.
Das ist ein Widerspruch in sich: Wenn es, wie du sagst, hinsichtlich der Nacktheit keine moralische Vorschrift gäbe, müssten wir die Nacktheit auch nicht verteidigen. Aber wir verteidigen sie, weil es eben diesbezügliche ungeschriebene moralische Vorschriften gibt. Daran gibt es nichts zu deuteln.


Eule hat geschrieben:Und wenn jetzt ein Bürger, der sich die Kleidung leisten kann, nackt geht, dann löst dieses ein Gefühl der Bedrohung aus.
Das ist nicht ganz richtig – nur wenn ein Mann nackt geht, löst dieses ein Gefühl der Bedrohung aus. Das zeigt eindeutig, dass in seiner Nacktheit gleichzeitig auch seine Sexualität gesehen wird, ja von dieser nicht zu trennen ist. Das dürfte auch dir vor Augen führen, dass es absurd ist, diese beiden Begriffe trennen zu wollen.


Eule hat geschrieben:@ Aria
Der Glaube an einem personalen Gott ist leider nicht immer tragend für ein moralisch richtiges Verhalten. Oftmals wird über diesen Gottesglauben ein unmoralisches Handeln transportiert. Das Bekenntnis zum Gottesglauben ist somit nicht immer der Beweis für ein entsprechendes moralisches Verhalten.
Das stimmt - allerdings würde ich anstelle deiner Formulierung „nicht immer“ lieber „selten“ sagen.


Eule hat geschrieben:Dein Hinweis auf die Erbsünde entspricht leider einem bestimmten und nicht richtigem Religionsunterricht. Denn die Erbsünde hat mit der Sexualität als solches nichts gemein. Die Erbsünde beschreibt einen völlig anderen Sachverhalt und dieser Sachverhalt kennt keine Sexualität.
Das sagst du. Aber die katholische Kirche lehrte und lehrt teilweise noch heute anderes – dazu ein Zitat aus dem Vortrag einer Theologin, gehalten im Jahr 2002:

Sexuelle Lust und Begierde sind für Augustinus Folge des Verlusts der ursprünglichen Gnade durch den Sündenfall. Im Paradies hat der Mensch das fleischliche Begehren der Lust nicht gekannt; erst durch den Sündenfall hat sich das Fleisch gegen das Höhere, den Willen, erhoben und gehorcht ihm seither nicht mehr. Daraus ergab sich eine höchst merkwürdige Ehelehre: Die Ehe gilt als gottgewollt, da die Fortpflanzung nötig ist, der sexuelle Akt dagegen gilt als schändlich wegen der Lustempfindung und der Eigenmächtigkeit der sexuellen Begierde. Daher ist alles, was aus dem Beischlaf geboren wird, "Sündenfleisch", hat Anteil an der Ursünde. Erlaubt werden kann der in sich sündige Beischlaf nach Augustinus nur dadurch, dass die Eheleute nicht die Lust, sondern den Zweck der Ehe anstreben: die Fortpflanzung.
Diese Sicht, so verdreht sie uns heute vorkommen mag, hat weit reichende Folgen gehabt: Sie hat Sexualität und Sünde praktisch gleichgesetzt und sie hat Liebe und körperliche bzw. sexuelle Lust getrennt. Und in abgeschwächter Form bestimmt sie die offizielle römisch-katholische Lehre von Ehe und Sexualität bis heute, welche Sexualität nur im Hinblick auf die Fortpflanzung als erlaubt ansieht (vgl. das generelle Verbot von Verhütungsmitteln, also auch von Kondomen und dies im Zeitalter von Aids!). Diese Trennung von (ehelicher) Sexualität und Lust hat die Lebensgeschichten vieler Menschen, vor allem aber unzähliger Frauen bis in die Gegenwart hinein mit quälenden Spannungen und Schuldgefühlen belastet.


So sieht es aus, meine liebe Eule. Es wird Zeit, dass du dich von deiner These, nicht die Kirche, sondern Philosophie oder ein imaginärer „kulturhistorischer Hintergrund“ sei der Ursprung des Übels gewesen, verabschiedest.

 

Re: Der Unterscheidung zwischen Nacktheit und Sexualität

Beitrag von hajo » Sa 22. Okt 2016, 13:50

Aria hat geschrieben:
Eule hat geschrieben:Und weil es keine moralische oder strafrechtliche Vorschrift gibt, die die Nacktheit in der Öffentlichkeit verbietet, tun wir uns so schwer, diese Nacktheit offensiv in der Öffentlichkeit zu verteidigen.
Das ist ein Widerspruch in sich: Wenn es, wie du sagst, hinsichtlich der Nacktheit keine moralische Vorschrift gäbe, müssten wir die Nacktheit auch nicht verteidigen. Aber wir verteidigen sie, weil es eben diesbezügliche ungeschriebene moralische Vorschriften gibt. Daran gibt es nichts zu deuteln.

Siehe hierzu:
Das sogenannte "Sittengesetz", dessen wundersame Auslegung sich in den Karlsruher Urteilen gegen den Freiburger Dr. Niehenke niederschlug...

 

Re: Der Unterscheidung zwischen Nacktheit und Sexualität

Beitrag von hajo » Sa 22. Okt 2016, 14:11

Eule hat geschrieben:@ hajo
Ich verweise auf Mk 8.18...
Dein Verweis hier auf eine Bibelstelle im NT ist für mich nicht nachvollziehbar.

Schade. Da hab ich dich wohl falsch eingeschätzt (will sagen: intelligenter).
Eule hat geschrieben:@ hajo
Eine Änderung der öffentlichen Haltung der Nacktheit gegenüber, ... das entspricht doch durchaus der von dir dargestellten "ambivalente(n) Haltung der US-Bevölkerung".
Ich sehe hier keinen direkten Zusammenhang.
Schade.
Eule hat geschrieben:Die US-amerikanische Ambivalenz zeigt jedoch auf einen anderen Sachverhalt hin. Da wird einerseits eine religiös motivierte Prüderie auf die Spitze getrieben und anderseits eine menschenverachtende Pornograhie betrieben und beides lässt sich aus einem puritanischen Gesichtspunkt heraus positiv bewerten. Der Erfolg wird gesehen als ein Zeichen der Gottgefälligkeit.
Ach.
Eule hat geschrieben: Eine solche Ambivalenz vermag ich hier bei uns in Deutschland nicht ansatzweise zu erkennnen.

DU nicht...
Eule hat geschrieben:@ hajo
Ich sehe das allerdings anders und bin überzeugt, nicht nur Lebensweisen und - arten aus den Vereinigten Staaten sind zu uns herübergekommen, sondern auch Ansichten und vor allem das in diesem Fall durchaus zu berücksichtigende Sexualstrafrecht, dessen bundesdeutsche Ausführung und Erweiterung in den letzten Jahren einiges befürchten lässt.
Hier wird dir Aria sicherlich voll und ganz zustimmen. Ich hingegen teile diese Ansicht nicht. Auch der Hinweis:
Die Verschärfung z.B. bzgl. sog. Kinderpornografie ist zumindest bemerkenswert. (siehe: Neunundvierzigstes Gesetz zur Änderung des Strafgesetzbuches - Umsetzung europäischer Vorgaben zum Sexualstrafrecht (49. StrÄndG))
vermag meine Haltung nicht zu erschüttern.
Das hätte mich auch gewundert.
Eule hat geschrieben:Und jetzt komme ich schon fast zu einer Zusammenfassung und zu einem Abschluss des Themas der Nacktheit,

Tja, entschuldige. Aber deinen früheren Ausführungen hatte ich - ganz offensichtlich fälschlicherweise - entnommen, du seiest an einer DISKUSSION (mal im Duden nachschlagen, was das sein könnte) interessiert.

Insofern danke ich dir, dass du nun - einmal mehr - richtig stellst, das du daran überhaupt nicht interessiert bist.


Für meinen Fall bedeutet dies, dass ich nicht mehr auf irgendeinen deiner Beiträge reagieren werde. Denn außer: "für mich nicht nachvollziehbar", "Ich sehe hier keinen ,Zusammenhang", " vermag ich nicht zu erkennnen" und sogar: " jetzt komme ich zu einem Abschluss des Themas" habe ich keinen einzigen Beitrag von dir gelesen, der auch nur den Ansatz einer DISKUSSIONsbereitschaft erkennen ließe.

Schade.

 
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Re: Der Unterscheidung zwischen Nacktheit und Sexualität

Beitrag von Eule » Sa 22. Okt 2016, 22:31

@ shiva205
Ich teile deine Meinung. Nur muss sich im Medienrecht noch einiges ändern, damit man dieser Furcht wirkungsvoll begegnen kann.

@ Aria
1. Einfache Nacktheit von Kindern (Personen unter 14 Jahren) kann jetzt als Kinderpornografie gedeutet werden – vorher waren dazu sexuelle Handlungen nötig.
Hier handelt es sich um eine Kann-Vorschrift. Dieses war früher schon möglich und ist jetzt immer noch nicht zwingend; aus gutem Grund.
2. Jugendpornografie (14 bis 17 Jahre) ist bis auf eine Ausnahme der Neudefinition der Kinderpornografie gleichgestellt worden – vorher war Jugendpornografie weniger restriktiv definiert und zudem ist deren Besitz jetzt auch strafbar.
Die NS-Prozesse der letzten Jahre haben hier hinein gewirkt. Der Begriff der Beihilfe wird jetzt weiter gefasst und der Besitz eines solchen Materials wird jetzt als Beihilfe gewertet.

Wenn es, wie du sagst, hinsichtlich der Nacktheit keine moralische Vorschrift gäbe, müssten wir die Nacktheit auch nicht verteidigen. Aber wir verteidigen sie, weil es eben diesbezügliche ungeschriebene moralische Vorschriften gibt.
Die wesentliche Aussage, nämlich die von dem kulturhistorischen Erziehungshintergrund, hast du unterschlagen und somit ist dein Zitat unvollständig :!:

Eule hat geschrieben:
Und wenn jetzt ein Bürger, der sich die Kleidung leisten kann, nackt geht, dann löst dieses ein Gefühl der Bedrohung aus.
Das ist nicht ganz richtig – nur wenn ein Mann nackt geht, löst dieses ein Gefühl der Bedrohung aus.
Aria, hier musst du die Bedrohungslage weiter fassen. Die Bedrohnungslage wird durch den Grenzübertritt, sich eben anders zu verhalten, als allgemein erwartet wird, ausgelöst. Wenn man Nacktheit mit Sexualität gleich setzt, dann erkennt man natürlich diese viel feinere Bedrohungslage nicht.

Eule hat geschrieben:
@ Aria
Der Glaube an einem personalen Gott ist leider nicht immer tragend für ein moralisch richtiges Verhalten. Oftmals wird über diesen Gottesglauben ein unmoralisches Handeln transportiert. Das Bekenntnis zum Gottesglauben ist somit nicht immer der Beweis für ein entsprechendes moralisches Verhalten.
Das stimmt - allerdings würde ich anstelle deiner Formulierung „nicht immer“ lieber „selten“ sagen.
Ja, genau hier zeigt sich unsere unterschiedliche Sichtweise. :D

Leider konnte ich aus dem zitierten Artikel nicht entnehmen, wer der Referent war. Ich will jedoch nicht bestreiten, dass dieses eine Theologin war. Für mich ist es jedoch wichtig, was das Thema dieses Abends war. Denn die Themenbestimmung ist für den Inhalt des Referates verantwortlich.

Ich bin mir voll bewusst, dass das Thema der Erbsünde oft mit dem Beispiel der Sexualität verkünpft wird, um es besser und verständlicher darzustellen. Zum Zeitpunkt des Setzens der Erbsünde gab es noch keine Sexualität (philosophisch gesehen). Augustinus kannte den vollen Umfang der Sexualität noch nicht, insbesondere die weibliche Sexualität war ihm fremd. Nicht weil er ein Mönch war. Nein, weil diese zu seinen Lebzeiten unbekannt und unerklärlich war.

Die Erbsünde, heute spricht man auch schon besser von der Erbschuld, ist eine materiell nicht gebundene Sünde oder Schuld. Das Verständnis über die Erbsünde bzw. Erbschuld ist theologisch ausgesprochen problematisch und umstritten. Denn es stehen sich hier zwei ganz fundamentale theologische Aussagen feindlich gegenüber, die sich nicht so einfach miteinander verbinden (befrieden) lassen. Auch wenn es für mich ein besonderer Reiz wäre, hier mehr zu sagen, so muss ich dennoch den Willen von Horst respektieren und keine theologische Debatte führen. Wenn du dieses möchtest, dann sende mir eine PN. Über diesen Kanal können wir dieses Thema dann vertiefen. Ja, es ist bedauerlich, dass wir diese Diskussion nicht hier im Forum führen sollen und so viele an einer regen Teilnahme ausschliessen. Aber Horst will nicht, dass hier über Religion und Politik "gestritten" wird. Du hast selbst im alten Forum gesehen, zu welchen hässlichen und unnötigen Entgleisungen es bei diesen Themen gekommen ist.

@ hajo
Eule hat geschrieben:
@ hajo
Ich verweise auf Mk 8.18...
Dein Verweis hier auf eine Bibelstelle im NT ist für mich nicht nachvollziehbar.
Schade. Da hab ich dich wohl falsch eingeschätzt (will sagen: intelligenter).
Es reicht nicht, eine Zeile aus der Bibel zu zitieren und zu glauben, diese Zeile passe zu dem, was du vortragen willst. Ich habe mir diese Bibelstelle angesehen und überlegt, was du damit aussagen willst. Ich hielt dieses jedoch für nicht passend und darum mein Unverständnis.

Substantiell bringen deine weiteren Kommentare leider nichts. Ich habe jetzt hier den Eindruck, du bist lediglich auf eine Kontrastellung gestrickt. Mir ist es unerklärlich, warum du hier ab und zu die "beleidigte Leberwurst" spielst. Das hast du doch nun mal wirklich nicht nötig.

Das sogenannte "Sittengesetz", dessen wundersame Auslegung sich in den Karlsruher Urteilen gegen den Freiburger Dr. Niehenke niederschlug...
Hajo, hier hast du genau das Problem getroffen. Die Nacktheit verstösst gegen keine schriftlich abgefasste gesetzliche Norm. Und jetzt kommen die "guten Sitten" ins Gespräch und diese "guten Sitten" sind keine fest definierten Normen sondern nur als allgemein gültig angesehene Erziehungshaltungen. Und diese allgemein gültig angesehenen Erziehungshaltungen sind einem ständigen Prozess der Veränderung unterworfen. Die Rechtsprofessoren hinken hier immer etwas hinter der Entwicklung her. Darum verändert sich die Rechtsprechung bei den oberen Bundesgerichten immer wieder und oftmals überraschend.

 
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Re: Der Unterscheidung zwischen Nacktheit und Sexualität

Beitrag von Kantianer » Sa 22. Okt 2016, 22:39

Es wird das Schlagwort "Unterscheidung" gebraucht

Was kann ich (oder man) denn real unterscheiden, ist hier die große Frage?

Weiß <> Schwarz
Grün <> Rot

Hier wird es wohl keine Diskussion geben, dass man das klar unterscheiden kann, weil es genau definiert ist. Wer ein nromales Farbsehen hat, wird zu dem gleichen Ergebnis kommen.

http://www.vespafarben.de/vespa-ral-farben-farbpalette/

Bis hier her gibt es noch keine Divergenzen.

Aber was ist bei türkis

Einige Menschen halten es auf Grund des eigenen Farbsehvermögens für eine grüne Ausprägung und wieder andere für eine blaue.

Wer hat nun recht?

Was nun wirklich nackt ist, unterliegt ebenfalls der Ansicht des einzelnen Menschen,

- Naturisten werden sagen, wer keine Kleidung träigt ist nackt. Logisch, ist das schon.
> Wenn auch manchmal die bewertende Aussage fällt: "wie nackt läuft die denn rum".

Wer ist hier wiederum wirklich nackt?

Müsste nicht vorher geklärt werden, welche Kriterien, zu Nackheit und Sexualität zu zählen sind. In Folge das Urteil: "Nacktheit/Sexualität", wie zu bewerten ist.

Hinzu kommt, nicht jeder Mensch wird und will, seine Ansicht, einem sezierischen Skalpell ausliefern. Damit ist man ohnehin schon wieder auf Vermutugen angewiesen.

Dann noch ein fröhliches Diskutieren.

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Re: Der Unterscheidung zwischen Nacktheit und Sexualität

Beitrag von Zett » So 23. Okt 2016, 04:07

Der Thread ist ja nicht ganz korrekt überschrieben. Eigentlich müsste es wohl genauer heißen: "Worin liegt der Unterschied zwischen einfacher Nacktheit und einer Nacktheit, die gleichzeitig etwas Sexuelles ist?"
Dies ist ja die eigentlich brennende Frage. Die Frage, derer man sich evtl. anderen stellen muss, evtl. sogar den Behörden.

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