Hans H. hat geschrieben:Wenn du schreibst "Nun, ich bestreite, dass es so etwas wie eine Ur-Psyche gibt", solltest du das wirklich auf den hier diskutierten Sachverhalt begrenzen. Es gibt die Ur-Psyche eindeutig in Bezug auf andere Dinge. So wurde in den vergangenen Jahren wissenschaftlich klar bewiesen, dass Angst vor Spinnen eine solche angeborene Ur-Psyche ist, lediglich die Größe der Spinnen, die diese Angst auslöst, ist von Mensch zu Mensch verschieden. Diese Angst hat sich in der Evolution als Schutzmechanismus vor Giftspinnen herausgebildet, damit vor Allem in der Natur spielende Kinder beim Anblick von Spinnen zurückweichen. Jeder Urinstinkt kann beim Menschen (teils auch bei Haustieren) durch Lernen überdeckt werden. Wer regelmäßig mit Spinnen umgeht, verliert diese Angst gänzlich, ist aber durch seine Kenntnisse im Umgang mit den Spinnen auch geschützt.
Hier vermischt du wieder Ur-Psyche mit Urinstinkten. Vielleicht sollten wir erst einmal diese Begriffe klären.
Ein Urinstinkt ist für mich z.B. die angeborene Angst vor Spinnen. Sie ist auch in unseren Breiten vorhanden, obwohl es bei uns gar keine Spinnen gibt, die uns gefährlich werden könnten. Daraus folgt: Diese Angst haben wir geerbt, konkret aus Gegenden mitgebracht, wo diese Angst sinnvoll war, und wir leben in Mitteleuropa noch nicht lange genug, um sie zum Verschwinden zu bringen. Außerdem: Diese Angst stört nicht, also wird sie weiter vererbt.
Was aber eine Ur-Psyche sein soll, erschließt sich mir nicht.
Bummler hat geschrieben:Moment! Es gibt aber auch keinen rationalen Grund in der Öffentlichkeit zu vögeln!
Warum sollte man denn das tun?
Nur weil es GEHT?
Ja, weil es geht. Oder ganz simpel: Weil ein Verbot auf diesem Gebiet nicht rational begründet werden kann, was wir beide übereinstimmend festgestellt haben.
Beispielsweise kannst du auf der Straße essen oder (derzeit noch) rauchen, aber du muss es nicht tun, es reicht vollkommen, dass du es tun
darfst. Es wäre schön, wenn dies auch für die Nacktheit und Sex gelten würde. Weil beides etwas Schönes und Gutes darstellen. Etwas Schönes und Gutes zu verbieten steht im Gegensatz zu unseren sonstigen Gewohnheiten.
Bummler hat geschrieben:Insofern sind wir überhaupt nicht zusammen, das wollte ich nur klarstellen.
Doch wir sind zusammen, weil wir die Frage dieses Threads übereinstimmend beantwortet haben: Es gibt keinen grundsätzlichen Unterschied zwischen der Nacktheit und der Sexualität in der Öffentlichkeit: Beide werden von der Mehrheitsgesellschaft abgelehnt. Es gibt nur Unterschiede bei der Beurteilung der Schwere der Übertretungen von diesbezüglichen Geboten und Verboten – das aber sind nur Details.
Hans H. hat geschrieben:Solche von mir erwähnte versteckte Waldlichtungen und ähnliche Stellen sind zwar in öffentlich zugänglichem Bereich, aber nicht "in der Öffentlichkeit", weil man sich ja zurückzieht in Bereiche, an denen nicht ständig Menschen vorbeikommen.
Das bezeichne ich als sich zurückziehen in die Illegalität. Das ist immer so: Wenn etwas verboten ist, mach man das im Geheimen oder Halbgeheimen. Das mag bei jetziger Gesetzeslage die richtige Verhaltensweise sein, aber im Grunde bestätigt man damit die Ansicht der Gesellschaft, Sex sei nichts für die Öffentlichkeit.
Hans H. hat geschrieben:Zur Aussage von Aria: "... dann wären wir beisammen und könnten zumindest wir drei diese Diskussion beenden"
Es sind mit mir wohl mehr als drei, die soweit zusammen sind, dass es keinen rationalen Grund gibt, der aus harten Fakten abgeleitet werden könnte.
Gut dass du das sagst, Hans. Und nun sind wir schon 3!
Hans H. hat geschrieben:Wenn Eule nun als Stichwort den "Anstand" nennt, meint er damit die weichen Fakten, also solche, die nicht auf unveränderlichen Gegebenheiten beruhen, sondern auf dem derzeitigen Status quo der gegebenen gesellschaftlichen Entwicklung. An diesem kommen wir eben nicht so einfach vorbei. Ich denke, es ist eine reine Frage der persönlichen Ausdrucksweise und damit irrelevant, ob Eule das jetzt als einen rationalen Grund bezeichnet, oder ob wir sagen, dass dies kein rationaler Grund ist (weil nicht auf harten Fakten beruhend), wobei dennoch die Gegebenheiten der Gesellschaft und was im Allgemeinen als die "mehrheitliche Moralanschauung" bezeichnet wird (oder von der Kirche als Sittengesetz) eben einfach existieren und nicht mit links beseitigt werden können.
Das ist natürlich wahr, wenn auch ich meine, dass durch „weiche“ Fakten errichteten Gebote und Verbote leichter zu beseitigen sind als die durch „harte“ Fakten untermauerte.
Hans H. hat geschrieben: … wir müssen uns doch wirklich erst einmal eine viel größere Akzeptanz der Nacktheit in öffentlichem Raum einsetzen, bevor dieser hier diskutierte Wunsch, der nach meiner Einschätzung auch unter den FKKlern nur von einer Minderheit getragen wird, überhaupt eine Chance hat, ein wenig mehr Akzeptanz zu finden.
Ich halte es für eine falsche Strategie, sich durch unseres harte Vorgehen gegen Sexler (oder sich von ihnen zu distanzieren) bei der Mehrheit liebzumachen: „Seht, wir sind wie ihr, auch wir finden Sex in der Öffentlichkeit abscheulich, aber bitte, bitte, lässt uns unsere Nacktheit, wir tun doch niemand was an.“ Und nebenbei: Auch die Sexler tun niemand was an.
Solches Taktieren hat in anderen Bereichen vielleicht kurzfristig geholfen, aber am Ende wurden auch sie Opfer der gleichen Repression. Weil Repression noch mehr Repression zur Folge hat: Es ist nie genug. Dies vor allem dann nicht, wenn die öffentliche Moral in Gefahr ist. Die Unmoral lässt sich nämlich leichter bekämpfen als z.B. Wohnungseinbrüche. Aber das ist ein Thema für den Thread „Dokumente des gesellschaftlichen Wandels“.