Gern geschehen, Tim. Bin, wie geschrieben, durch Zufall auf diese Besonderheit gestoßen. Und mich gewundert, warum bei den vergangenen Diskussionen um die Intimrasur das keiner Erwähnung fand. Okay, Hinweise auf altes Griechenland, Rom und Orient hat es gegeben, aber dass in Europa die Intimrasur im ausgehenden Mittelalter und der frühen Neuzeit üblich war, das war mir neu.Tim007 hat geschrieben:Trotzdem eine großartige Zusammenstellung, Aria.
Danke! Absolut lesenswert.
Und da die Maler es bis zum Aufkommen der Fotografie immer versuchten, die Natur und Menschen so getreu wie möglich abzubilden, ist die Wahrscheinlichkeit sehr groß, dass sie tatsächlich auch gesehen haben, was sie abbildeten. So werden auch die gesellschaftlichen und kulturellen Veränderungen, die nach der französischen Revolution – im Biedermaier und dem sog. viktorianischen Zeitalter – vorgingen, sichtbar: Plötzlich gibt es Akte, auf denen Schamhaare zu sehen sind.
Die nackte Maja von Goya ist wohl das berühmteste Bild, auf dem wieder weibliche Schamhaare zu sehen sind. (Goya wurde 1815 wegen des Bildes vor die Inquisition zitiert, und ihm wurde anschließend der Titel des königlichen Hofmalers aberkannt.) Danach gab es, wenn überhaupt, nur noch Akte mit Schamhaaren, denn rasierte Scham galt fortan als vulgär. Das änderte sich erst in den 20er Jahren des 20. Jahrhunderts, als in den Künstlerkreisen die Intimrasur wieder aufkam, was sich auch in der Aktfotografie manifestierte. Doch anschließend erklärten die Nazis, die deutsche Frau ist nur mit Schamhaar eine solche und verboten alle Publikationen, die bis dahin rasierte Frauenkörper zeigten. Auch die entsprechenden Bilder in Museen mussten in Depots verschwinden, selbst wenn sie von berühmten Deutschen wie Dürer waren (der in Wirklichkeit halb Ungar war).
Da auch die FKK-Bewegung in jenen 12 Jahren völkisch ausgerichtet war bzw. wurde, gab es auch nach danach Schamhaare im Überfluss – man muss nur im Michis FKK-Museum ein bisschen stöbern, um das zu sehen.
Aus diesem quasi naturalistischen Standpunkt – Schamhaar sei natürlich, und was natürlich ist, soll der Mensch nicht verändern – ist es auch zu verstehen, warum sich die offizielle wie nicht offizielle FKK-Gemeinschaft so lange und so vehement gegen die Intimrasur sträubte: In dem Vorgängerforum fkk-freun.de war es sogar verboten, darüber zu diskutieren. Danke an dieser Stelle Horst, dass dem in diesem Forum anders ist.
Was ich sagen wollte: Wir, die jetzigen, sind nicht viel anders als unsere Vorgänger und Vorvorgänger. Die Sitten und Gebräuche ändern sich, wenn überhaupt, nur sehr langsam, denn diejenigen, die einer anderen Ordnung aufgewachsen sind, verteidigen diese – bis sie sterben.
Es geht auch gar nicht anders, denn wir alle sind Kinder unserer Zeit. Auch wir werden mal alt und werden mit Unverständnis auf die junge Generation blicken, die etwas Neues hervorbringen wird, das in Wirklichkeit aber ein alter, in Vergessenheit geratener Hut sein wird. Siehe die Intimrasur, die heute nur noch die Ewiggestrigen verteufeln.
Das steht schon in der Bibel: Was geschehen ist, wird wieder geschehen, was man getan hat, wird man wieder tun: Es gibt nichts Neues unter der Sonne.