von nordnackt » Mi 26. Jul 2017, 23:12
Heute war ich nachmittags in Dänemark, für meine inzwischen übliche Runde. Eigentlich schon nicht mehr der Rede wert. Immerhin gibt es einen Erlass des Umweltministeriums, wonach in den staatlichen Wäldern rücksichtsvolles Nacktwandnern ausdrücklich erlaubt ist. So ist es zwar in Deutschland grundsätzlich auch, aber die Lage ist hier doch etwas komplizierter; eben nur grundsätzlich. Deshalb fahre ich manchmal kurz über die Grenze, kenne dort meinen Wald und treffe fast nie Menschen. Probleme gab es jedenfalls noch nie.
Wie gesagt, eigentlich nicht mehr der Rede wert. Wenn nicht heute mal etwas passiert wäre....
Zu Beginn meiner kleinen Wanderung - ich gehe immer so um die zwei Stunden herum - konnte ich weit entfernt eine Gestalt mit Hund erkennen, in langer Kleidung. "Jo", dachte ich, also: Durchatmen, ruhig bleiben, vorsorglich räuspern für eine entspannte Stimme und einfach ganz freundlich grüßen. Dann passiert nichts. So klappt das eigentlich immer. Komplikationen hatte ich auf diese Weise noch nie, ganz im Gegenteil.
Plötzlich allerdings kam vor mir ein nicht angeleinter weiterer Hund aus dem Gebüsch und rannte von links nach rechts. Ein kräftiger Schäferhund. Nun besteht dort zwar Leinenzwang, war ich als nackter Ausländer aber nicht wirklich auf Theater aus. Ohnehin: Wo ein naher Hund ist, ist ein naher Herr nicht weit! Deshalb: Wie zuvor, locker durchgeatmet und entspannt weitergewandert.
Bis zur nächsten Kurve. Da sah ich den Herrn zu dem Hund. Und weitere Herren zu weiteren Hunden. In langer Kleidung. "Nee", dachte ich, "kann nicht sein". Doch, konnte sein: Die langen Hemden hatten hinten wirklich einen Aufdruck. Dort stand es ganz groß: POLITI. Dabei hätte es der Hemden gar nicht bedurft: Auf den diversen Polizeiwagen stand es nämlich auch: POLITI. Polizei. Überall. Mit tobenden Hunden und viel Spielzeug. Ein großer uniformierter Trubel. Mit Streifenwagen. Mitten im Wald. Und ich nackt dazwischen.
Entweder Training oder - meine Vermutung - Spielzeit für die Hundestaffel der nahen Grenzkontrolle an der A7, etwa drei Kilometer entfernt.
Da schaut man ganz schön doof. Aber es gab ja keinen Grund zur Sorge. Schließlich ist Nacktwandern in Dänemark doch erlaubt. Auch für Ausländer. Auch unter Polizisten. Punkt. Denkt man. In der Theorie.
In der Praxis folgte ein epischer nordischer Dialog.
Ich: "Hej!"
Die Polizisten: "Hej!"
Das war es! Mehr nicht. Da hat nicht mal einer länger geguckt. Nichts. "Hallo" und weggedreht. Unglaublich. Keine blöde Frage, kein Kommentar, keine Kontrolle, keine abwertende Geste. Nichts! Was für ein großartiges Desinteresse!
So bin ich meine Runde gelaufen, fröhlich und besten Gewissens sowie vollkommen ungestört. Fast. Kurz vor Schluss meiner Runde kam nämlich von der Seite noch ein Radfahrer angefahren. "Nun", dachte ich wieder, "locker atmen, freundlich grüßen und alles bleibt ruhig; viel los heute". So mein Plan für die Theorie. In der Praxis hielt der Radfahrer allerdings neben mir. Nach kurzer Frage, ob ich Däne oder Deutscher sei, kam die Frage: "Wanderst Du hier nackt?" Ganz offenkundig eine ziemlich dämliche Frage, stand ich doch nackt mit Rucksack und Wanderschuhen vor ihm. Nun denn, er führte das Gespräch fort: "Das ist so schön! Das mache ich hier auch oft, aber ich habe noch nie jemanden gesehen, der es auch macht. Ich dachte immer, ich sei der einzige und kam mir wirklich komisch vor. Dabei ist es ausdrücklich erlaubt! Die Polizei trainiert hier manchmal, die sagt auch nichts! Es ist so schön, dass Du hier unterwegs bist. Das macht mir Mut und freut mich!"
Heute war ich wohl mal im richtigen Film. ;.)))
Sobald ich Zeit habe, fahre ich wieder hin und empfehle Euch Dänemark als ideales Nacktwanderland!