Juhu,
Gestern war krass! Vier (etwas ungeplante) Kilometer nackt im Schneesturm im Wald! Uff!
Vormittags ist schon tierischer Sturm, Hund hat mich ganz irritiert angeschaut, als ich mit ihm zur Gartentür rauswollte. Für Mittag ist dann zusätzlich noch Schnee angesagt, und Punkt 12 Uhr fängt es an zu schneien.
Hui,
Schneesturm. Da war ich noch nie joggen. Und nackt schon gar nicht. Ich bin ja gerade draußen im Garten, einen umgestürzten Baum zersägen, dabei wird einem trotz Schnee und Sturm gut warm. Also warum nicht direkt danach gleich loslaufen?
Kaum fertig, drinnen schnell Arbeitskleidung aus-, und Stirnband, Schuhe, T-Shirt und kurze Hose anziehen, und los geht's, den Hang hoch, oben bläst der Wind noch stärker, über die einzige Straße hier, und in den Wald.
Hinter dem ersten Busch deponiere ich wie immer mein bisschen Kleidung (außer Stirnband), und laufe meinen üblichen kleinen Trampelpfad rein:
Wooohaaa!!!!Der Schnee weht um mich herum und auf meine Haut, der Wind schneidet fühlbar kalt durch jede Lücke zwischen den Bäumen, um mich gleich wieder kuschelig warm im Windschatten der Bäume zurückzulassen.
Weiter vorne auf der Lichtung wirbeln der Wind und der Schnee aus allen Richtungen gleichzeitig und wollen mich wegtragen. Das ist toll und verrückt und überwältigend. Ich mache ein paar Luftsprünge und fühle mich so lebendig wie schon lange nicht mehr, mindestens seit gestern.
Ein Stück weiter habe ich dann die bescheuertste Idee überhaupt. Da es mir gerade etwas ZU toll und verrückt und überwältigend wird, will ich quer durch den Wald zum parallel verlaufenden großen Wanderweg abkürzen. Der ist nicht weit weg, und dort ist diese Eisfläche, wo ich gestern das Foto gemacht habe. Da mache ich heute ein Vergleichsfoto, und dann nichts wie ab zurück nach Hause.
Der Wald ist nicht so zugewuchert, und der Weg ist nicht weit weg, nur, ..., er kommt nicht. Nach 5min immer noch kein Weg. Das gibt's doch gar nicht, die beiden Wege führen doch im 50m Abstand parallel nebeneinander her. Oder so.
Ich schaue ungern auf mein GPS, weil das Handy bei Minusgraden sich gerne mal spontan abschaltet. Aber irgendwann wird es mir zu bunt, und, whoa, ich habe ohne es zu merken ne 90° Kurve gemacht, und laufe parallel genau zwischen beiden Wegen entlang. Na toll.
Also rechtsrum abgebogen, und was jetzt passiert ist echt erschreckend. Der Weg kommt und kommt nämlich wieder nicht. Wie schwierig kann geradeaus laufen eigentlich sein?
Weiter und weiter, kein Weg in Sicht, es hilft nichts, ich muss nochmal auf's Handy schauen. Und kann kaum glauben, was ich da sehe. Ich habe tatsächlich eine komplette Kehrtwendung gemacht, und laufe nun nicht nur in die genau entgegengesetzte Richtung, sondern bin noch weiter vom Weg weg als vorher.
Ok, ich brauche etwas zum Navigieren. Sonne, Mond und Sterne fallen aus, und ich kann nicht ständig aufs Handy gucken, mich wundert eh dass es bei der Kälte noch läuft. Bleibt noch der Wind, der bläst inzwischen relativ konstant aus einer Richtung, natürlich von vorne, da wo ich hin muss.
Also los, nackt und wild und entschlossen kämpfe ich mich durchs Unterholz. Jeder Lichtung sehe ich mit einem lachenden und einem weinenden Auge entgegen, denn da kommt man zwar schneller voran, aber dafür peitscht auch der Wind gnadenlos von vorne. Außerdem wird jedesmal die Hoffnung enttäuscht, dass die freie Stelle der gesuchte Wanderweg sein könnte.
Mindestens 5 Minuten gebe ich mir, bevor ich wieder aufs GPS schauen will, und, uff, nach gefühlt 4min59 treffe ich auf eine Lichtung, die sich als der Wanderweg herausstellt. Nun nur noch 1min den Weg zurück Richtung Heimat, und ich treffe auf die Stelle, wo ich das Foto machen wollte:
Selbe Stelle wie gestern Was für eine (Tor?)Tour! Wie sich später herausstellen wird, bin ich nicht nur in die umgedrehte Richtung gelaufen, sondern habe die Schleife sogar so gut hinbekommen, dass ich ein Stück quasi in meinen eigenen Fußstapfen zurückgelaufen bin. Natürlich ohne es zu merken mitten im Wald. Und zusätzlich habe ich zweimal meinen Standard Trampelpfad gequert. Auch ohne es zu merken. Erschreckend! So oft wie ich den schon gelaufen bin...
An meinem
Klamottenversteckbusch sieht es inzwischen so aus:
Das zieh ich bestimmt nicht mehr an! Alles in die Hand genommen, und ich schaffe es das Stück Straße entlang und in die Haustür rein, ohne dass mich jemand sieht. Wer ist auch verrückt genug, bei solchem Wetter nach draußen zu gehen?
Danach sofort Training, und nach einer halben Stunde Liegestütze, Klappmesser, Planking, Klimmzüge, Crunches und anderen Sachen bin ich wieder auf Zimmertemperatur. Dieses ist das erste Training, bei dem ich kein einziges Mal ins Schwitzen gerate...
Nach der längsten heißen Dusche meines Lebens futtere ich drei Portionen Nudeln, und als Nachtisch gibt es Vanilleeis mit heißen Himbeeren.
War das ein verrücktes Abenteuer!
Warum macht man sowas? Keine Ahnung. Warum springt jemand nur mit einem Gummiband von einem 50m hohen Kran, klettert auf den Mount Everest oder überquert alleine in einem Tretboot den Atlantik? Weil es toll ist, weil man es kann, weil man dachte, das das nicht geht? Weil es keine Möglichkeit gibt, es nicht zu tun? Ich weiß es nicht.
Ich laufe nackt im Schneesturm durch den Wald. Ich hätte nicht gedacht, dass das geht. Bin ich verrückt? Mit Sicherheit. Verrückt aber glücklich!
Falls mich irgendwann mal mein Gedächtnis verlässt, oder noch schlimmer, mich irgendwann mal mein Gedächtnis verlässt, habe ich zur Erinnerung ein kleines Dokumentarfilmchen gedreht:
Nackt im Schneesturm (Klick für Ton)Schön war's!
Marc