Eule hat geschrieben: Auf meinem Grund und Boden kann ich mich so verhalten, wie ich es will, sofern hier nicht ein Gesetz dieses bestimmte Handeln untersagt oder reguliert. Dieses ist erst einmal der Grundsatz.
Richtig. Jeder kann sich auf seinem Grund und Boden so verhalten, wie er es will, sofern hier nicht ein Gesetz dieses bestimmte Handeln untersagt. Das gilt natürlich auch für Mieter.
Eule hat geschrieben: Mein Verhalten innerhalb eines privaten Grundstückes kann keine Ordnungswidrigkeit auslösen, selbst wenn es für die Öffentlichkeit einsehbar ist.
Das kann nicht richtig sein.
Beispiele für Verstöße :
Herr Abc (Mieter oder Eigentümer) hat sich über seinen Nachbarn Herrn Xyz schrecklich aufgeregt. Er fertigt ein großes Transparent auf dem "Herr Xyz ist ein Archloch!" steht und hängt es in seiner Wohnung - nicht sichtbar von außen - an die Wand. Ist das eine Straftat (Beleidigung) ? Nein - sicherlich nicht. Jetzt hängt er das Transparent ab und hängt es über das Geländer seines Balkons, wo es auch der Nachbar Herr Xyz sieht. Ist das jetzt eine Straftat (Beleidigung) ? Ja, denn obwohl der Balkon zu seiner Wohnung gehört, gibt es hier eine "Außenwirkung". Herr Xyz kann also Herrn Abc wegen Beleidigung verklagen und hat sehr, sehr gute Chancen, vor Gericht Recht zu bekommen. Vergleichbares gilt, wenn Herr Abc in einem Telefongespräch mit Herrn Xyz diesen als Arschloch bezeichnet, obwohl er dieses Telefongespräch von seiner Wohnung aus führt.
Um schnell vom Strafrecht fortzukommen, hier ein Beispiel aus dem Ordnungsrecht:
Herr Abc feiert in seiner Wohnung eine Party - mit lauter Musik, die den Schlaf seines Nachbarn Xyz stört. Wenngleich es natürlich jedem frei gestellt ist, in seiner Wohnung beliebig lange "Party zu machen", kann das ruhestörender Lärm sein. Auch hier ist es wieder die "Außenwirkung" auf die es ankommt.
Fazit: Es ist durchaus möglich, durch Verhalten in der eigenen Wohnung gegen Ordnungsrecht zu verstoßen.
Eule hat geschrieben: Ob der Begriff der Nachbarschaft grundsätzlich den Begriff der Öffentlichkeit ausschließt, ja hier bin ich mir nicht so sicher.
Das ist hier auch nicht die Frage. Im §118 OWiG ist von "Allgemeinheit" die Rede - das klingt ähnlich, ist aber nach anerkannter Rechtsprechung zu unterscheiden. Ich darf in diesem Zusammenhang ein weiteres Mal auf eine Stellungsname des "Wissenschaftlichen Dienstes des Deutschen Bundestages" (Az. WF VII G - 178/05) hinweisen, die auch im Netz nachgelesen werden kann.
Ich darf daraus zitieren:
.... Beachtlich für die Erfüllung des § 118 OWiG ist der Begriff der Allgemeinheit. Hierfür kommt es nur auf die Beeinträchtigung einer unbestimmten, individuell nicht abgrenzbaren Personenmehrheit an ...
(Diese Formulierung stammt übrigens aus einem Urteil zum "Vorgänger" des §118 OWiG, der damals "Grober Unfug" hieß und sogar Zuchthaus als mögliche Strafe vorsah - die Autoren haben vermutlich einen berühmten, älteren Kommentar zum § 118 OWiG gelesen, der diese Formulierung übernommen hat)
Wie aus dem weiteren Text des Gutachtens des "Wissenschaftlichen Dienstes des Deutschen Bundestages" hervorgeht, sind Nachbarn eine "individuell abgrenzbare Personenmehrheit", so dass in der Ausarbeitung festgestellt wird, dass schon allein deshalb der § 118 OWiG nicht zur Anwendung kommen kann. Erst dann, wenn das Grundstück/der Balkon des Nackten (Mieter oder Eigentümer - das ist natürlich auch hier wieder egal) von z.B. einer öffentlichen Straße aus einsehbar ist, kann die Allgemeinheit betroffen sein.
Jetzt zum ganz anderen Thema "Mieter" - bzw zum Zivilrecht/Mietrecht und also ganz, ganz weit außerhalb vom Ordnungsrecht:
Kann ein Vermieter gegen seinen nackten Mieter vorgehen, wenn einer seiner anderen Mieter sich über den Nackten, den er z.B. von seinem Balkon aus sieht, beschwert ??
§118 OWiG und das StGB ist u.a. auch hier nach der Argumentation des "Wissenschaftlichen Dienstes des Deutschen Bundestages" ausgeschlossen. Der Vermieter kann jedoch gegen den Nackten z.B. durch Kündigung des Mietverhältnisses vorgehen, wenn er "berechtigtes Interesse" nachweist. Das kann der Vermieter indem er z.B. Kündigungsdrohungen seiner Mieter wegen des nackten Mieters vorweisen kann, denn dadurch wären seine wirtschaftlichen Interessen betroffen.