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Eine Frage der Auslegung?

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Re: Eine Frage der Auslegung?

Beitrag von Eric » Mo 23. Dez 2019, 18:12

Was die Eingangsfrage ja eindeutig bejaht - es ist eine Frage des Auslegung.

Ob sich Leute, die sich subjektiv durch Nacktheit gestört fühlen, auch "juristisch objektiv" gestört fühlen dürfen, wird ja was man so hört von den zuständigen Stellen bei weitem nicht "einheitlch" gesehen. Aber für irgendwas muss ja eine Gummeparagraph ( = Gesetze von jener Unschärfe, die jegliche spätere Interpretation zulassen ) auch gut sein .....

 
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Re: Eine Frage der Auslegung?

Beitrag von PundV » Mo 23. Dez 2019, 18:45

Eric hat geschrieben:Was die Eingangsfrage ja eindeutig bejaht - es ist eine Frage des Auslegung.

Ob sich Leute, die sich subjektiv durch Nacktheit gestört fühlen, auch "juristisch objektiv" gestört fühlen dürfen, wird ja was man so hört von den zuständigen Stellen bei weitem nicht "einheitlch" gesehen. Aber für irgendwas muss ja eine Gummeparagraph ( = Gesetze von jener Unschärfe, die jegliche spätere Interpretation zulassen ) auch gut sein .....


Man braucht vielleicht schon Gummiparagraphen. Es ist z.B. nicht ausdrücklich verboten, in der U-Bahn jemandem laut etwas vorzulesen, worauf weder er noch andere Fahrgäste Lust haben. Man kann nicht ausdrücklich alle solche Sachen verbieten, gleichzeitig will man dagegen vorgehen können, wenn sich jemand belästigt fühlt. Leider wird dies oft missbraucht: sie fühlen sich gestört, aber objektiv ist dies nicht der Fall.

In den Niederlanden gibt es die Regel, dass FKK überall erlaubt ist, wo es üblich ist (Parks, Badeseen, usw.), es sei denn, die Gemeinde hat eine oder mehrere Stellen explizit als FKK-Gelände ausgewiesen.

Persönlich denke ich, FKK sollte überall erlaubt sein---nicht nur, weil es nicht verboten ist, sondern so, dass man es nicht de facto verbieten kann, wenn sich jemand gestört fühlt. Aber dadurch kommen wir nicht weiter. Es kann sogar nach hinten gehen, Stichwort Barcelona. Was jetzt nicht verboten ist, kann verboten werden.

 
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Re: Eine Frage der Auslegung?

Beitrag von Eric » Sa 4. Jan 2020, 21:44

PundV hat geschrieben:
Persönlich denke ich, FKK sollte überall erlaubt sein---nicht nur, weil es nicht verboten ist, sondern so, dass man es nicht de facto verbieten kann, wenn sich jemand gestört fühlt. Aber dadurch kommen wir nicht weiter. Es kann sogar nach hinten gehen, Stichwort Barcelona. Was jetzt nicht verboten ist, kann verboten werden.


Entspricht voll dem Zeitgeist. Draufhaun. Immer Draufhaun. Ich , ich und nochmals ich. Was interessieren mich die Gefühle und Wertvorstellungen anderer.

Hardcore Nackte. Die haben Zukunft. Die werden ganz sicher ganz viel erreichen in Zukunft. Hut ab.

 

Re: Eine Frage der Auslegung?

Beitrag von CHICO » So 5. Jan 2020, 11:09

@Eric

Die zwischenmenschlichen Beziehungen – darum geht es eben auch beim Nacktwandern, bzw. Nacktsein in der Öffentlichkeit – regelt für Alle ganz vorrangig der Artikel 2 des Grundgesetzes. Dort heißt es:


Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt


Und dieser Artikel räumt nicht nur Rechte ein, sondern er verpflichtet auch zur Toleranz; zur Duldung von Rechten Dritter, die einem ggf. nicht gefallen. So z. B. das Nacktwandern. Zu dem Thema Toleranz im Artikel 2 des Grundgesetzes schreibt sehr eindringlich und überzeugend Christof Gramm in der FAZ vom 21.07.2017. Mehr dazu hier: http://www.axel-geertz.de/dokumente/nacktwandern.pdf

Und als Anmerkung: Das sogenannte „Sittengesetz“ fordert diese Toleranz auch. Das „Sittengesetz“ besagt nicht, dass es nach den Moralvorstellungen der eventuellen Mehrheit geht.

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Re: Eine Frage der Auslegung?

Beitrag von Aria » So 5. Jan 2020, 16:41

CHICO hat geschrieben:Das „Sittengesetz“ besagt nicht, dass es nach den Moralvorstellungen der eventuellen Mehrheit geht.
Doch, es geht immer nach Moralvorstellungen der eventuellen Mehrheit: Sobald eine Mehrheit der Meinung ist, die aktuelle Gesetzeslage entspricht nicht mehr ihren Vorstellungen, werden (Straf-)Gesetze in die eine oder andere Richtung geändert. So geschehen im Zuge der sexuellen Revolution (z.B. Abschaffung des Kuppeleiparagraphen, teilweise Freigabe der Pornografie, etc.) und so geschah es danach und geschieht weiter (z.B. Verschärfung des Sexualstrafrechts, Erweiterung der Bereiche, die nun unter Pornografie fallen, etc.); hier regiert(e) immer der jeweilige Zeitgeist.

 

Re: Eine Frage der Auslegung?

Beitrag von CHICO » So 5. Jan 2020, 17:21

Dann sollten wir einmal genauer werden. Wenn Gesetze geändert werden, braucht es die Mehrheit in Parlamenten; nicht die Mehrheit der Bevölkerung! Die Moralvorstellungen in der Bevölkerung mit einer gegebenenfalls vorhandenen Mehrheit reichen nicht zu Gesetzesänderungen, wenn sich dazu im Parlament keine Mehrheit findet. Wir haben eine repräsentative Demokratie. Und dann gibt es Rechte in Gesetzen, die nicht mit einer einfachen Mehrheit geändert werden können: Die Grundrechte Artikel 1 bis Artikel 19 im Grundgesetz.

Und den Text des „Sittengesetzes“ gibt es nicht. Und locker formuliert, besagt die „Sitte“ nicht, dass das richtig ist, was die Mehrheit der Bevölkerung für richtig hält. Wie sind kulturell etwas weiter als Aria glaubt.

 

Re: Eine Frage der Auslegung?

Beitrag von CHICO » So 5. Jan 2020, 17:34

@Aria
Und noch etwas zu dem komischen „Zeitgeist“. Dieser muss sich immer dem Grundgesetz beugen. Also sind viele Gesetze bzw. Gesetzesänderungen am Votum des Verfassungsgerichts in der Vergangenheit gescheitert. Dazu empfehle ich als Lesestoff: Hans Jürgen Papier „Die Warnung“.

Wir sollten mit viel Verfassungspatriotismus das Grundgesetz leben, nachdem wir im letzten Jahr dieses des Bestandes von 70 Jahren wegen gefeiert haben.

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Re: Eine Frage der Auslegung?

Beitrag von Aria » So 5. Jan 2020, 20:28

CHICO hat geschrieben:Und noch etwas zu dem komischen „Zeitgeist“. Dieser muss sich immer dem Grundgesetz beugen. Also sind viele Gesetze bzw. Gesetzesänderungen am Votum des Verfassungsgerichts in der Vergangenheit gescheitert.
Ja, viele sind gescheitert, aber nicht alle Gesetze, die eindeutig gegen das Grundgesetz verstoßen haben, hat das Gericht zurückgewiesen. So geschehen z.B. mit dem sogenannten Homosexuellen-Urteil von 1957, in dem das Gericht feststellte, das gleichgeschlechtliche Betätigung eindeutig gegen das Sittengesetz verstoße – Zitat aus dem Urteil:

Gleichgeschlechtliche Betätigung verstößt eindeutig gegen das Sittengesetz. Auch auf dem Gebiet des geschlechtlichen Lebens fordert die Gesellschaft von ihren Mitgliedern die Einhaltung bestimmter Regeln; Verstöße hiergegen werden als unsittlich empfunden und mißbilligt. Allerdings bestehen Schwierigkeiten, die Geltung eines Sittengesetzes festzustellen. Das persönliche sittliche Gefühl des Richters kann hierfür nicht maßgebend sein; ebensowenig kann die Auffassung einzelner Volksteile ausreichen. Von größerem Gewicht ist, daß die öffentliche Religionsgesellschaften, insbesondere die beiden großen christlichen Konfessionen, aus deren Lehren große Teile des Volkes die Maßstäbe für ihr sittliches Verhalten entnehmen, die gleichgeschlechtliche Unzucht als unsittlich verurteilen.

Dein Satz, CHICO, dass sich der Zeitgeist immer dem Grundgesetz beugen muss, ist somit eindeutig falsch.

PS: Den einen Satz habe ich fett hervorgehoben, damit auch Eule, der den großen Einfluss der Kirchen auf die bürgerliche Moral gern negiert, es liest und hoffentlich begreift, dass dieser Einfluss noch in den 1950 Jahren auch im höchsten deutschen Gericht so präsent war, dass es unfähig war, im damals geltenden Recht Verfassungswidrigkeit zu erkennen.

 

Re: Eine Frage der Auslegung?

Beitrag von CHICO » So 5. Jan 2020, 22:04

@ Aria

Rechthaberei-Gehabe verblendet leicht. Der Satz „Der Zeitgeist muss sich dem Grundgesetz beugen“ bleibt immer richtig. Für das Beugen des Zeitgeistes ist ggf. das Bundesverfassungsgericht tätig. Wenn das Bundesverfassungsgericht dabei fehlerhaft entscheidet, das soll vorkommen, wird meine Aussage nicht falsch. Ich habe nicht geschrieben: Der Zeitgeist muss sich dem Bundesverfassungsgericht beugen. Einverstanden?

 
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Re: Eine Frage der Auslegung?

Beitrag von PundV » So 5. Jan 2020, 22:19

Eric hat geschrieben:
PundV hat geschrieben:
Persönlich denke ich, FKK sollte überall erlaubt sein---nicht nur, weil es nicht verboten ist, sondern so, dass man es nicht de facto verbieten kann, wenn sich jemand gestört fühlt. Aber dadurch kommen wir nicht weiter. Es kann sogar nach hinten gehen, Stichwort Barcelona. Was jetzt nicht verboten ist, kann verboten werden.


Entspricht voll dem Zeitgeist. Draufhaun. Immer Draufhaun. Ich , ich und nochmals ich. Was interessieren mich die Gefühle und Wertvorstellungen anderer.

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