HTJ hat geschrieben:Aria hat mal gesagt, dass FKKler selber denken, sie machen etwas unmoralisches. Ich denke, das ist Quatsch. Ich weiß selber, dass Nacktheit nicht unmoralisch ist. Ich weiß aber auch wie die meisten Menschen darüber denken. Für die Mehrheitsgesellschaft sind FKKler wie kleine Kinder, die nicht erwachsen werden wollen, und hat dafür nur Hohn und Spott übrig. Welcher Mensch möchte denn verhöhnt und verspottet werden?
Gewohnheit, Sitte und Brauch sind stärker als Vernunft, was dazu führt, dass jede/r das tut, was die Allgemeinheit für richtig hält – wer das nicht tut, wird als Sonderling betrachtet, wobei nur sehr wenige diese Sonderrolle gewillt sind zu tragen.
Deswegen denke ich schon, dass es da einen Zusammenhang gibt zwischen FKK-lern, die insgeheim denken, sich nackt vor anderen Leuten auszuziehen wäre unmoralisch, und den FKK-Vereinen, die sich auf den ersten Blick nicht als FKK-Verein zu erkennen geben.
Erstmal ist da diese Abschottung der FKK-Vereine gegenüber der Außenwelt, die vielleicht vor langer Zeit nötig war, weil die Außenwelt es verlangte. Heute verlangt das die Außenwelt nicht mehr, dafür aber die FKK-ler (siehe
hier ein Beispiel), weil sie glauben, man würde ihnen etwas abschauen. Merkwürdigerweise denken sie das aber nicht, wenn der andere auch nackt ist. Das ist so, als ob der andere mit der Ablegung der Kleidung ein anderer Mensch geworden wäre. Um es auf die einfache Formel zu bringen: Die Angezogenen sind Voyeure, die Nackten aber nicht. Oder etwas provokant formuliert: Die Erlaubnis, Nackte zu schauen, wird mit der eigenen Nacktheit erkauft – anders ist es nicht zu erklären, warum hier so viele gegen CO sind.
Das Zweite ist: Wenn ich zu „meinem“ wilden FKK-Platz am See gehe, dann ziehe mich an Ort und Stelle aus – und wieder an, wenn ich gehe. Auf FKK-Vereinsplätzen kann man das auch tun, aber dort gibt es auch Umkleidekabinen*, die wahrscheinlich auch genutzt werden. Bei den Textilplätzen ist die Funktion der Umkleidekabinen klar: Man will nicht gesehen werden, wenn man sich die Straßenkleidung auszieht und Badekleidung anzieht – und umgekehrt. Aber bei der FKK ist dieses Umziehen nicht notwendig – daher die Frage: Wozu sind die da?
Die Ausstattung der FKK-Vereine entspricht in der Regel dem Willen der Mitglieder unter Berücksichtigung der lokalen Gegebenheiten. Dazu gehört auch die Außendarstellung. Es muss also Gründe für all das geben.
Es wird allenthalben gejammert, FKK-Vereine seien überaltert, deshalb habe man, um die jungen Leute anzulocken, die Hausordnungen und Vorschriften gelockert, sprich der Zwang, auf dem Gelände nackt zu sein, würde nicht mehr bestehen, lediglich am Strand sei das noch nötig. Die FKK-Vereine haben sich lange nicht um die Jugend gekümmert, und jetzt, als es unter Mitgliedern praktisch niemand mehr gibt, der unter 50 wäre, wollen sie sie es mit diesem Aktionismus erreichen.
Aber eigentlich wollte ich etwas anderes sagen: Es gibt seit einigen Jahren eine Interessenlosigkeit, was Vereine im Allgemeinen betrifft. Ich bin in 2 Kulturvereinen aktiv, die beide gemeinnützig sind und auch von der Stadt München unterstützt werden. Der eine hat 80 Mitglieder, der andere 300, wobei vor allem bei dem letzten auch jüngere dabei sind. Aber getragen und betrieben (Vorstandsarbeit, Periodika herausgeben, etc) werden beide Vereine von den Alten, die jüngeren sagen meistens, ihnen fehle die Zeit, sich mehr zu engagieren.
Aber das tut dem Ganzen keinen Abbruch, denn auch die heute jüngeren werden Rentner und dann mehr Zeit für den Verein haben.
Die Jugend und zunehmend auch die Alten tun sich ohnehin im Internet zusammen und verabreden dort ihre Aktionen. Um etwas gemeinsam zu tun oder sich über Gemeinsames auszutauschen, braucht man heute keinen Verein mehr.
Das gilt auch für FKK-ler. Man sollte sich davon verabschieden, irgendwo eine „Insel“ zu besitzen, in der nach besonderen Regeln gelebt wird. Allenfalls um Sport nackt zu betreiben, sind bzw. wären solche FKK-Gelände gut geeignet.
Eine Zeitlang war MaJu_BLN hier aktiv und hat u.a. dargestellt, warum „sein“ FKK-Verein (
Familien Sport Verein Adolf Koch e.V., Motto: Nacktsport und Body Positivity), in dem übrigens auch Nacktläufer aktiv ist, keine Schwierigkeiten hat, neue Mitglieder zu bekommen: Indem man sich darauf besinnt, was FKK einst unter weit schwierigeren äußeren Bedingungen ausmachte. Mit Sonne und Sport an der frischen Luft und ohne Kleidung glaubte man in den 1920er Jahren zurecht, etwas Gesundes zu tun. Klar, auch gesunde Ernährung, Alkohol- und Tabakabstinenz waren damals ein Thema, aber das ist heute Allgemeingut und kein Alleinstellungsmerkmal der FKK-ler mehr.
Okay, bei Alkohol ist das noch nicht ganz der Fall, aber kein so großes Problem mehr wie damals; es gibt auch ein Recht auf Rausch, oder?
Mehr muss man in die FKK nicht hineininterpretieren.
* Ich war vor 20 Jahren zum ersten und einzigen Mal auf einem FKK-Vereinsgelände, es ist daher möglich, dass es Umkleidekabinen dort nicht mehr gibt.