von Hans H. » Fr 6. Feb 2015, 21:17
@skyfire und andere: es ist immer wieder dasselbe, dass jemand, der selbst von einer Erkrankung betroffen ist, dann meint, seine persönlichen Erfahrungen damit gelten für alle anderen genauso. Wer nur mit den eigenen Erfahrungen argumentiert, der liegt in der Diskussion wirklich nicht besser als der, der mit angelesenem Halbwissen daherkommt.
Daher hier mal ein paar Dinge von einem, der sich während seiner Zeit in der medizinischen Forschung mit dicken Handbüchern und hunderten von Forschungsberichten mit groß angelegten medizinischen Statistiken zu diesen Themen sowohl aus dem klassisch medizinischen Bereich als auch aus dem naturheilkundlichen Bereich und der traditionellen chinesischen Medizin (=TCM) beschäftigen musste.
Für beide Krankheiten gilt: sie sind nicht ansteckend und sie sind mulitfaktoriell. Somit können die Ursachen bei mehreren betroffenen Leuten, die sich darüber unterhalten auch jeweils ziemlich verschieden sein. Die Hinweise, die dann der Eine gibt, können für den Anderen falsch sein. Gerade deshalb sind die Erfahrungen eines Einzelnen Betroffenen viel weniger Wert, als angelesenes Halbwissen. Z. B. die Aussage, dass bei stärkeren Schüben nur noch Kortison hilft, gilt nicht allgemein für Alle, aber die meisten Ärzte beschäftigen sich nicht genug damit und geben es der Einfachheit halber dann allen.
Psoriasis hat auf jeden Fall eine erbliche Komponente (wenn es ein Eltern- oder Großelternteil hatte, bekommen es die Nachfahren mit höherer Wahrscheinlichkeit) und mit ziemlicher Sicherheit eine Autoimmun-Komponente. Deshalb wird sie u.a. in der Literatur der allergischen Krankheiten behandelt. Manchmal werden Auslöser gefunden (die können auch aus der Ernährung oder aus Kosmetika stammen), mit deren Ausschaltung eine Verbesserung oder Heilung einhergeht.
Die atopische Dermatitis deren Bezeichnung Neurodermitis eigentlich veraltet weil falsch ist (es ist definitiv keine Nervenentzündung, wenn das auch nach wie vor von manchen Ärzten behauptet wird - auch wenn richtig ist, dass sie durch Stressbelastung verstärkt oder ein Schub ausgelöst werden kann) ist noch weniger bestimmten Ursachen zuzuordnen. Klar ist, dass es auch eine genetische Disposition gibt, und dass diese zum Teil über dieselben Gene verursacht wird, wie die Psoriasis. Also, zu behaupten, das seien zwei völlig verschiedene Dinge, ist daher auch schon mal nicht korrekt. Weiterhin spielt auch hier eine Immunreaktion eine Rolle, die zu Schäden in der Oberhaut führt und das Eindringen von Allergie-auslösenden Stoffen durch die geschädigte Oberhaut. Oft gibt es Sekundärinfektionen durch Bakterien und Haut-Pilze durch die Geschädigte Hautbarriere - dann besteht Übertragungsgefahr für diese.
Deshalb ist ein sehr guter Schutz der entzündeten Stellen mit geeigneten Pflegeprodukten sehr wichtig. Da ist auch nicht auf den nächsten übertragbar, was dem einen gut hilft. Jeder muss für sich das Beste herausfinden und kann am ehesten von Erfahrungen in der direkten Verwandtschaft profitieren. Betroffene bevorzugen oft beim Sonnenschutz (und anderer Kosmetik) Produkte, die völlig frei sind von Aromastoffen und anderen Zutaten, die nicht zu den Basiskomponenten des Präparates zählen, damit keinesfalls irgendwelche neuen potenziellen Allergene auf die Haut gelangen.
Sonnenlicht (in der richtigen Dosis - aber keinen Sonnenbrand riskieren!) hilft bei Psoriasis meistens und bei atopischer Dermatitis auch oft, vorausgesetzt man beachtet, dass die Haut draußen nicht austrocknet (sehr wichtig bei atopischer Dermatitis, weil sonst durch feine Risse wieder Allergene eindringen.) Aber in vereinzelten Fällen ist das Gegenteil der Fall.
Außerdem läuft atopische Dermatitis sehr häufig parallel zu asthmatischen Erkrankungen, deren Auslöser dann auch sehr schwer zu finden sind (oft nicht mit den normalen Allergietests). Es kann aber ein klares Allergen für eine allergische Erkrankung wie Asthma geben, oder auch eine Allergie durch einen Nahrungsmittelinhaltsstoff, der die Hautkrankheit zumindest deutlich verstärkt (ursprünglicher Auslöser ist letzterer aber in den meisten Fällen Fällen eher weniger).
Daraus folgt, dass die Ernährungsumstellung dann für den Verlauf helfen kann, wenn eine Verstärkung durch Allergene in der Ernährung vorliegt. Heute wird z.B. oft von der Milcheiweißallergie gesprochen, die sich zunächst anders auswirkt, aber eben die Hautkrankheiten verstärken kann. Die Milcheiweißallergie scheint mir aber auch eine "Modekrankheit" zu sein (nicht verwechseln mit Lactose-intoleranz!), also vielleicht sind es inzwischen mehr Menschen, die auf Produkte mit Milcheiweiß ganz verzichten, als wirklich allergisch darauf reagieren - das ist aber nur eine persönliche Vermutung, weil es das früher nicht so oft gab. Schwieriger sind die vielen Fälle bei denen allergische Reaktionen durch Luft-getragene Stoffe eine Rolle spielen (u.a. Stoffe in Rußpartikeln), die ggf. auch direkt auf die Haut wirken können, oder Stoffe, mit denen man bei der Arbeit in Berührung kommt (es gibt Bäcker, die den Beruf aufgeben mussten, weil sie "Neurodermitis", also atopische Dermatitis vom Mehl (insbesondere an Armen und Händen) bekommen haben.).
Der "Stein des Anstoßes" war in dieser Diskussion offensichtlich der allgemeine Tipp einer Ernährungsumstellung. Ich denke nicht, dass an der Stelle diese speziellen Fälle einer verstärkenden Lebensmittelallergie gemeint waren. In diesen Fällen lindert selbstverständlich die Vermeidung des Allergens die Krankheit. Das können Hafer, Roggen etc., eine bestimmte Hülsenfrucht, Nüsse oder irgendwelche Beeren oder sonstiges Obst sein. Diese Allergieauslöser verursachen zwar meistens nur Reizungen oder Schwellungen im Rachen und Kehlkopf, manchmal Magen-Darmentzündungen, aber gelegentlich auch neue Ausbrüche dieser Hautkrankheiten (sind dabei keinesfalls der alleinige Auslöser!), auch ggf. manchmal ohne dass der Betroffene direkt im im Rachen oder Kehlkopf etwas von einer allergischen Reaktion bemekt hätte (dann würde er ja längst die entsprechenden Nahrungsmittel vermeiden). Vielen Menschen hat auch eine besonders Vitamit B-reiche Ernährung geholfen. Manche schwören auf Bierhefe-Produkte als Nahrungsergänzung. Das macht Sinn im Zusammenhang mit den auslösenden Faktoren, kann aber auch wieder nicht als allgemeingültig erklärt werden.
Ich denke, der zuvor in der Diskussion genannte Tipp der Ernährungsumstellung war ganz allgemein gemeint (also ohne das Ausschalten speziell gefundener Allergene), wie es in der Naturheilkunde und der TCM gelehrt wird. Auch das hat tatsächlich in vielen Fällen positive Effekte und manche Menschen hatten danach keine weiteren Ausbrüche mehr. Die pauschale Abqualifizierung dieses Einwandes war daher unberechtigt. Wissen muss man aber: die allgemeine Ernährungsumstellung hat nur dann einen Erfolg, wenn dabei die Darmgesundheit wesentlich verbessert wird - das erreicht aber nicht jede Diät aus einer Illustrierten. Mit unserer heutigen extrem fleischreichen und oft noch heftig mit fast-food angereicherten Ernährung ist es so, dass weit mehr als die Hälfte der Menschen in Mitteleuropa keinen gesunden Darm mehr haben. Die allermeisten davon bemerken das aber nicht, weil es das Nervensystem nicht meldet. Ein sehr starker Zusammenhang der Häufigkeit und Stärke der Ausbrüche beider genannter Hautkrankheiten und auch der Akne (und einer ganzen Reihe anderer Krankheiten) mit der Darmgesundheit ist inzwischen in vielen Studien hochsignifikant nachgewiesen. Deshalb hilft es tatsächlich in vielen Fällen, zuerst einmal den Darm gesund zu bekommen.
Allerdings hat eine Ernährungsumstellung auch vielen nicht geholfen, weil sie erstens nicht die richtigen Tipps bekommen haben, was sie umstellen sollen (da gibt es zu viele unsinnige Diät-Theorien auf dem Markt) und vor allem, weil eine vorherige Darmsanierung in den meisten Fällen Voraussetzung für den Erfolg ist. Auch dazu gibt es nun zu viele Rezepte (vor Allem in der Naturheilkunde), als dass es sinnvoll wäre, hier etwas Bestimmtes zu nennen (es gibt gute und schlechte Ernährungsberater und Heilpraktiker!). Anschließend ist eine Ernährung mit vielen Ballaststoffen, Vollkorn, Gemüse und Obst und viel weniger Fleisch als zuvor erforderlich (ggf. auch weniger Bier etc.). Der Durchschnitt in Deutschland liegt bei 2,5 Kg Fleisch pro Woche und Person. Alle Wurstwaren werden natürlich mitgerechnet. Der sollte auf 250 bis 500 g Fleisch pro Woche und Person gesenkt werden, um die Darmgesundheit dauerhaft zu verbessern. (Das statistische Krebsrisiko wird auch signifikant verringert). Es sind tatsächlich viele Fälle bekannt, die alle möglichen allergischen Erkrankungen und auch die genannten Hautkrankheiten damit erheblich verbessern konnten. Es gibt aber Fälle, die damit keinen Erfolg haben, weil bei denen die Zusammenhänge der Auslöser ganz anders gelagert sind.
Es gilt eben immer: Die Statistik sagt aus, was mit eindeutiger Sicherheit (=signifikant) häufiger hilft, als ein Plazebo, aber niemals, ob es für einen bestimmten Einzelfall hilft. Deshalb gelten Einzelfallerfahrungen auch nie allgemein für alle anderen - weder positive, noch negative, sondern können für den nächsten Betroffenen immer nur ein Anreiz sein, das auch zu testen, was dem anderen geholfen hat - mehr nicht.