@ Bummler
Du hast einen sehr tollen und guten Bericht geschrieben. Hierfür zolle ich dir vollen Respekt.
Ich bin mit einem Arzt aus der ehemaligen SU befreundet, der ein völlig idealisiertes Deutschlandbild hat und jetzt mit Schwierigkeiten zu kämpfen hat, weil die Realität diesem Idealbild nicht entspricht. Und dein sehr offener und mutiger Bericht zeigt mir sehr viele Gleichheiten auf, die zwischen dir und diesem meinem Freund bestehen.
Für mich ist der Kommunismus kein Schimpfwort, ein überzeugter Kommunist/Sozialist ist eine ernst zu nehmende Persönlichkeit. Das kommunistische und das christliche Ideal sind nahezu deckungsgleich und beide Ideale sind aus den gleichen Gründen gescheitert. Das Ideal ist nicht schlecht, nur wir sind hierfür nicht geeignet. Es gibt nur eine kleine Gruppe von Menschen, die nach diesem Ideal leben könnten, wenn wir sie lassen würden.
So wie die FKK vielfältig ist, so ist auch die kommunistische/sozialistische und die kapitalistische Gesellschaft vielfältig. Jede dieser Gesellschaftsformen birgt Potentiale zum Missbrauch in sich, ebenso sind Potentiale vorhanden, die sich zum Segen für die Menschen gestalten lassen. Die Kunst besteht nun darin, das Eine von dem Anderen zu unterscheiden.
Wenn ich sage, dass du dich mit den kaufmännischen Fragen nicht befasst hast und darin auch nicht ausgebildet wurdest, dann meine ich damit, dass du diese kaufmännischen Fragen nur aus einer philosophisch-theoretischen Sicht kennst und siehst. Und diese Sicht war politisch nur einseitig geprägt worden und alles, was diesem philosophischen Ideal nicht entsprach, wurde als schädlich bezeichnet. Diese politisch einseitige philosophische Sicht ist verantwortlich dafür, dass der Sozialismus gescheitert ist. Es wäre wirklich interessant gewesen, wohin sich der Prager Frühling mit seiner Idee vom menschlichen Sozialismus entwickelt hätte, wäre dieser nicht von den Panzern niedergewalzt worden.
Der Angriff von vielen Wessis auf die DDR und die Verteidigung vieler Ossis der DDR sind nur Scheingefechte, weil beide Kontrahenten nicht wissen, worüber sie sich streiten. Es gibt hier meistens keine Einigung über den Gegenstand der Auseinandersetzung. Man haut sich hier Symbole um den Kopf und meint dann, damit Sachverhalte geklärt zu haben. Und jeder hat etwas anderes gemeint. Darum sind diese "Gefechte" so sinnlos und nicht zielführend.
Du verteidigst ein Idealbild. Nennen es sozialistisch oder christlich, es kommt in der Sache aufs Gleiche raus. Dieses Idealbild lässt sich in seiner Reinform jedoch nicht in unserer Realität verwirklichen. Und jetzt kommt es darauf an, wieweit darf ich mich vom Idealbild entfernen, ohne dieses gleichzeitig zu verraten? Kaufmännische Realitäten sind nicht immer gut und angepasst. In dem einen Fall sind diese zutreffend und so umzusetzen und in einem anderen Fall sind diese gleichen Realitäten aber schädlich und daher zu unterlassen. Unser Leben spielt sich immer an in einem Abwägen, was darf ich wann tun oder eben nicht tun?
Die FKK war in der DDR nicht anders als in der alten Bundesrepublik. Die DDR-Bevölkerung war nicht so kirchenfremd und die Bevölkerung in der alten Bundesrepublik nicht so kirchengebunden, wie dieses immer wieder dargestellt wird. Dass der Nudismus in der DDR auch eine politische Aussage gehabt haben kann, will ich nicht abstreiten und wäre für mich eben ein Beleg, warum dieser Nudismus sich nicht besser hat halten konnte. Mit dem Verlust dieser politischen Aussage (Freiheit von den politischen Normverständnissen und deren Demonstration) war auch die Notwendigkeit dieses Ausdruckes, der mit dem Nudismus verbunden war, entfallen.
Das dabei die wirtschaftlichen Ereignisse ebenso wie die pornografische Entwicklung (Stichwort Frauenbild) eine entscheidende Rolle spielten, ist völlig klar.
In der Tat kann ich nicht feststellen, dass das westliche Frauenbild durch eine ponographische Sicht auf die Frau geprägt sei. Ich stimme dir jedoch zu, dass das Frauenbild in der DDR stärker und selbstbewusster ausgeprägt war, als in den alten Bundesländern. Es war jedoch nicht emanzipatorisch ausgebildet. Das westliche und das östliche Frauenbild, wenn ich diese Ausdrücke mal so verwenden darf, war nur auf das männliche Selbstverständnis ausgerichtet. Die Frau wurde so zu einem den Manne ähnlichen Wesen. Die Emanzipation, nämlich die Gleichwertigkeit in seiner Unterschiedlichkeit, wurde so nicht erreicht.
Es wäre wirklich schön gewesen, wenn der Westen die Freiheit im Nudismus aus dem Osten übernommen hätte und sich im wiedervereinigtem Deutschland die Gedankenwelt der Reformbewegung, mit und ohne die FKK, wieder gemeldet hätte. Diese Reformbewegung hatte den ganzen Menschen im Fokus und da hatten auch sozialistische/christliche Gedanken durchaus ihren Platz.
Zum Schluss eine kleine Bemerkung von mir. Deine Kritik an unserer Realität, dass das Menschliche hierbei zu kurz kommt, teile ich voll und ganz mit dir. Auch wenn ich philosophisch höchstwahrscheinlich von der anderen Seite/Position komme.