Dieser Sachverhalt hatte schon im alten Forum zu einer Diskussion zwischen Aria und mir geführt, die unsere beiden unterschiedlichen Grundannahmen nicht zusammen führen konnte. Aria sprach von einer gesellschaftlichen Veränderung und ich hingegen nur von einer Modewelle. Der Unterschied in dieser Beurteilung liegt darin, dass bei einer Modewelle eine inhaltliche Auseinandersetzung nicht stattfindet, es also nur formal durchgezogen und umgesetzt wird. Weil es "in" war, erfolgte keine Entscheidung, sich in seiner moralischen Grundeinstellung zur Nacktheit neu zu positionieren. Wenn alle es machen, dann ist es ok so. Es fand nach meiner Auffassung keine bewusste Entscheidung zur FKK statt. Die Erziehungsbotschaften der Eltern wurde durch das Verhalten zwar ad acta gelegt, aber nicht hinterfragt und überwunden. Diese Modewelle verlor ihren Anreiz, als die Freiheit zur Nacktheit zur Normalität wurde. Und die Normalität ist alles andere als reizvoll. Die nachfolgende Generation empfand diese Freiheit nicht mehr als Freiheit und etwas besonderes; somit war der Reiz des Besonderen und des Außergewöhnlichen weg. Freiheit muss eben nicht nur gelebt werden, sie muss mit einem Sinn versehen werden.In Bezug auf die Eingangsfrage möchte ich hier nochmals auf die Zeit der 1970er Jahre zurückkommen, denn damals - zumindest im Süden Baden-Württembergs, wo ich damals war, hätte in dieser Zeit niemand die Idee gehabt, dass es Mut bedürfe, an eine FKK-Badestelle zu gehen. Damals war "out", wer sich negativ darüber geäußert hat!Nackt Baden war also "in".
Es sind nicht viele danach der FKK treu geblieben. Diese haben aber dann eine Entscheidung gefällt, sie wissen, warum diese Freiheit ihnen wichtig ist. Und sobald diese Entscheidung gefällt ist, spielt der Modetrend keine Rolle mehr.
Hier stimme ich dir zu. Der Mut wird erst dann erforderlich, wenn man sich außerhalb der Masse stellt, also nicht nur mit der Masse mit schwimmt.Ich bin deshalb der Meinung, es liegt nicht in den Menschen irgendwie fest verankert, beim ersten Mal Mut zu benötigen, sondern es liegt allein am Umfeld, in dem man lebt, und wie offen oder wie sehr nur im Verborgenen über Nacktbaden gesprochen wird.
Hast du alleine oder mit anderen FKK'lern mal Kontakt mit dieser Gruppe aufgenommen und ein Gespräch mit ihnen gesucht? Ein Gespräch mit dem Ziel, dieser Gruppe aufzuzeigen, dass sie hier nicht mit einem Faustrecht Gewalt gegen andere Menschen vorgehen können, die sich anders verhalten, als sie es sich wünschen. Ja, bei solchen Gesprächen war es mir auch oft recht mulmig im Magen. Aber recht häufig konnte so ein Konflikt bereinigt werden. Eine umfassende Toleranz wird nicht in jeder Erziehung gelehrt. Es wird auch nicht in jeder Erziehung gelehrt, wo die Grenzen der Toleranz liegen und wie man sich bei Grenzüberschreitungen verhalten soll. Und dieses ist ein sehr großes Problem bei vielen männlichen und vielen männlichen muslimischen Jugendlichen. Sie haben derartig große Probleme mit ihrem Bedeutungsverlust und müssen dann Reste ihrer Bedeutung mit unangemessenen Mitteln verteidigen.An dem betroffenen See sieht man diese Gruppen seitdem nahezu jeden Nachmittag oder Abend, wenn das Wetter halbwegs gut ist.
Ich kann es verstehen, dass man durch Ausweichen diesem Konflikt zu entgehen sucht. Insbesondere dann, wenn man hier nicht über die entsprechende Erfahrung im Gespräch mit derartig verunsicherten zugewanderten Jugendlichen verfügt wird. Dafür sollte es Sozialarbeiter geben, die man für diese Gespräche mit einbinden oder es ihnen auch übertragen kann. Informationen und Hinweise hierzu kannst du über das Jugendamt oder die Sozialverbände einholen.