Nackt Joggen?

[CHICO]

Seit meiner Auseinandersetzung Anfang 2020 mit Polizei, Ordnungsamt und Amtsgericht meiner Nacktwanderung rund um Weidenbach wegen – schon damals ca. 15 Jahre andauernd – erlebe ich keine „Belästigungen“ seitens der Behörden bei meinem Nacktwanderungen mehr. Das damalige Verfahren wurde vom Amtsgericht eingestellt und Ordnungsamt und Polizei entsprechend benachrichtigt. Ich unterstreiche sehr die Ausführungen von BarfussUlrich zum Thema „angemessenes Verhalten“ und mache die gleichen Erfahrungen.

Grundsätzlich: Es gibt die Pflicht aller Bürger zur Toleranz aus GG Art. 2 hinsichtlich Verhaltensweisen, die ggf. der Einzelne für unangemessen hält und das sich für mich daraus (GG Art. 2) ableitende Recht auf nackte Wanderungen in passendem Umfeld nehme ich sehr bewusst wahr. Auf eine solche Rechtsposition sollte man nicht ängstlich verzichten und diese ggf. freundlich erläutern.

[CHICO]

@ Zett Ich halte es für keine gute Idee, Wünsche zu äußern, Gebiete, die offensichtlich für nackte Wanderungen oder eben nacktes Jogging geeignet erscheinen, als FKK-Gebiet oder Ähnliches auszuweisen. Ich halte es für verwerflich, sich Ghettos zu wünschen, in denen Nacktsein geduldet wird. Alle „Nicht-Ghettos“ wäre dann schnell erklärtermaßen Verbotszonen für Nacktheit.

Auch die „Nacktresorts“ in der Heide und im Harz sind in meinen Augen ungute Ideen. Nacktheit ist eine naturgemäße Lebensform und bedarf keiner Sonderregelung, wenn das Auftreten von Nackten in der Öffentlichkeit „sozialverträglich“ im Sinne GG des Art. 2 erfolgt. Mit Ghettos für Nackte wird ggf. nur die Tyrannei der Mehrheit mit ihrer selbstverliebten Moral bestätigt. Der grundsätzliche Anspruch auf Toleranz ist ein Wesensmerkmal der Freiheit. Und auf Freiheit sollte nie verzichtet werden.

[Zett]

Verfahren wurde vom Amtsgericht eingestellt

Soweit ich das hier im Forum mitverfolgt habe, wird dies wohl in der Regel wegen "Geringfügigkeit" eingestellt, sprich Gericht hat wichtigeres zu tun. Heißt aber leider nicht, dass Richter es gutheißt.

das sich für mich daraus (GG Art. 2) ableitende Recht auf nackte Wanderungen in passendem Umfeld

Das ist wohl keine logische Ableitung, weil eben dieser Passus mit dem "Sittengesetz" drinsteht. Damit ist dieser Artikel des Grundgesetzes schon ziemlich dehnbar auslegbar und es entsteht leider keinesfalls daraus ein Recht auf nackte Wanderung, auch nicht in "passendem" Umfeld.
Es kommt auf die jeweilige Situation an, neben einem Umfeld, das "wenig" mit Nichtbeteiligten frequentiert ist, meiner Meinung nach auch sehr auf das Verhalten des Nackten.

@ Zett Ich halte es für keine gute Idee, Wünsche zu äußern, Gebiete, die offensichtlich für nackte Wanderungen oder eben nacktes Jogging geeignet erscheinen, als FKK-Gebiet oder Ähnliches auszuweisen. Ich halte es für verwerflich, sich Ghettos zu wünschen, in denen Nacktsein geduldet wird. Alle „Nicht-Ghettos“ wäre dann schnell erklärtermaßen Verbotszonen für Nacktheit..

Der Problematik bin ich mir schon bewusst. Es handelt sich hier jedoch um ein relativ großes und abgeschlossenes Gebiet. Und ich habe einige Interessenten, die wohl nackt joggen würden, wenn es offiziell erlaubt wäre.

Auch die „Nacktresorts“ in der Heide und im Harz sind in meinen Augen ungute Ideen. Nacktheit ist eine naturgemäße Lebensform und bedarf keiner Sonderregelung, wenn das Auftreten von Nackten in der Öffentlichkeit „sozialverträglich“ im Sinne GG des Art. 2 erfolgt. Mit Ghettos für Nackte wird ggf. nur die Tyrannei der Mehrheit mit ihrer selbstverliebten Moral bestätigt. Der grundsätzliche Anspruch auf Toleranz ist ein Wesensmerkmal der Freiheit. Und auf Freiheit sollte nie verzichtet werden.

Es gibt kein "sozialverträglich im Sinne GG Art. 2"! Man ist laut diesem Artikel zum Einhalten des Sittengesetzes verpflichtet. Dies bedeutet nach meiner Kenntnis, dass sich der durchschnittliche Bürger nicht darüber aufregen darf. Es ist also die "Tyrannei der Mehrheit" (nennt man positiv auch Demokratie), wie Du dies empfindest, in diesem Artikel verankert - mit oder ohne ausgewiesenen FKK-Bereichen.

[CHICO]

Das "Sittengesetz" ist ein Märchen von vorgestern. In der Rechtsprechung vollkommen unbedeutend

[Zett]

Das "Sittengesetz" ist ein Märchen von vorgestern. In der Rechtsprechung vollkommen unbedeutend

Das ist aber ein Wunschdenken von Dir, sonst bräuchte es den 118 OWiG nicht.
Lauf mal nackt durch eine belebte Fußgängerzone, dann wirst Du ganz schnell daran erinnert, dass es das Sittengesetz noch ganz aktuell gibt.
Du meinst also, der Teil des Art. 2 GG, der Dir gefällt, ist gültig und der Teil des Art. 2 GG, der Dir nicht gefällt, ist ein "Märchen von vorgestern"?

[CHICO]

@Zett:
1. § 118 OWiG ersetzt nicht das „Märchen“ Sittengesetz im GG Art. 2.
2. Wer nackt durch eine belebte Fußgängerzone läuft, wird nicht zur Ordnung gerufen oder bestraft nach dem Sittengesetz.
3. Das Sittengesetz interessiert niemanden mehr; es hat sich lächerlich gemacht.
4. Die Volksmehrheit bestimmt noch lange nicht in jeden Fall, dass die Vorstellung der Mehrheit auch von der Minderheit zu befolgen ist.
5. Wer – wie Sie offensichtlich – glaubt, die Mehrheit bestimme immer, was alle zu tun und ggf. auch zu denken haben, sei Demokratie, hat Demokratie nicht begriffen. Bitte zur „Schule“ gehen! In einer Demokratie wie ich sie verstehe, gibt es auch immer Rechte der Minderheiten. Keine neue Erkenntnis!

[CHICO]

@Zett:
Nun kommt noch ein hilfreicher Beitrag zu Sitte, Gesetz, Gebote und Moral aus der Zeit, als es noch die gleichzeitig ungute und komische Demokratie mit der Bezeichnung DDR gab. Ein D sollte auch für eine „andere“ Demokratie stehen. Aufgeführt wurde der Text in der DISTEL.

Das ist bei uns so Sitte
Aus:„Das ist bei uns so Sitte" (Premiere 23.04.83)
Autor: Horst Gebhardt
Wir hatten mal Gebote,
Gebote zur Moral.
Sie waren sozialistisch,
die waren sehr formal!
Was blieb von der Kampagne?
Nichts mehr als blasser Rauch!
Das ist bei uns so Sitte –
das ist bei uns so Brauch.

So schnell verschwinden manchmal Gesetze/Gebote – dem Sittengesetz wird es ähnlich gehen.

[Zett]

Diese Art der Diskussion bringt uns kaum weiter, lassen wir es also mal so stehen.

[Konrad R.]

Dann bitte vorher auch nicht mit dieser Art beginnen.

[CHICO]

Die Diskussion um Toleranz und Freiheit in einer Demokratie – davon gibt es viele Varianten – sollte nicht einfach beendet werden. Also auch nicht die Diskussion um Nacktheit in der Öffentlichkeit.

Alle Bürger sollten begreifen, dass es nicht nur ihre eigenen, angeblichen Wahrheiten gibt. Freiheit ist aus meiner Sicht so verstehen, dass alles erlaubt ist, was nicht ausdrücklich verboten ist. Und dann ist man bei der Toleranz als Pflicht. Deutsche leben immer noch – wohl mehrheitlich – in der Vorstellung, dass alles verboten ist, was nicht ausdrücklich erlaubt ist. Eine armselige Idee der Lebensmöglichkeiten.