Campingliesel hat geschrieben:Aber Glauben kann sehr verschiedenes sein. Es gibt nicht nur den religiösen Glauben an irgendwelche geistige "Wesen", denn es gibt auch den Glauben an sich selbst, an seine eigenen Fähigkeiten, und an "Dinge" wie Fantasie, Vorstellungskraft, Verstand, Seele, Gefühle, geistige Fähigkeiten, Talente, die man alle nicht materiel darstellen und berechnen kann, die sich aber dennoch irgendwie zeigen.
Das ist zwar richtig, hätte aber zu Beginn mit dem Verb "glauben" beginnen sollen und nicht mit dem Substantiv "Glauben", das in der Regel religiös besetzt ist. Im Ursprung dieser Diskussion hier ging es ja eigentlich um die religiöse Sicht des "Glaubens" - jedenfalls aus meiner Sicht. Mag sein, dass deshalb meine Ausdrucksweise mit der alleinigen Sicht darauf etwas zu absolut klang.
Dass man im allgemeinen Leben oft etwas glaubt, indem man einer Sache vertraut, wollte ich damit nicht ausschließen, weil ich auch über diese Ebene des Verbs "glauben" gar nicht gesprochen hatte. In diesem Sinne sagt man ja auch beim Vertrauen einem Menschen gegenüber, man glaubt ihm. Das ist ein wichtiger Punkt im gesellschaftlichen Zusammenleben, war aber nicht das Diskussionsthema meines Beitrags.
Wenn ich z.B. mit etwas Neuem begonnen habe, in der Überzeugung dass dies gut läuft, dann habe ich natürlich in diesem Sinne an die Sache geglaubt, wenn auch meine Wortwahl eine andere gewesen wäre. Ich vermeide die Ausdrucksweise: "ich glaube, es wird gut gehen". Da bevorzuge ich zu sagen: "ich bin überzeugt". Hier haben wir vielleicht verschiedene Ausdrucksgewohnheiten, stehen aber in diesem Punkt nicht im Widerspruch.
Eine andere Überlegung zum Wort "glauben":
Was ist, wenn die Zeit vorüber ist, dass jemand angekommen sein müsste, und ich hoffe, dass er gut angekommen ist. Von Zentralspaniern habe ich gelernt, dass man dort (nicht so in Lateinamerika) für "hoffentlich" einen anderen Ausdruck verwenden muss, als wenn man hofft, dass etwas in der Zukunft gut gehen wird (nur in letzterem Fall "ojalá"). Kann ich, wenn der erhofft gut gelaufene Vorgang in der Vergangenheit liegt noch sagen, "ich glaube dass es gut gegangen ist". Mir widerstrebt es, mich dann mit "glauben" auszudrücken, und dass aus dem selben Grund, warum das "hoffentlich" im Zentral-Spanischen für zukünftige und vergangene Ereignisse unterschieden wird. Das sind jetzt Feinheiten, aber man sollte mal darüber nachdenken, was hier "glauben" bedeutet, wenn es nur die eine oder andere Tatsache ("gut" oder "nicht gut") geben kann, die man mit einem Telefonanruf herausfinden könnte. Das Beispiel nenne ich hier zur Verdeutlichung meiner Denkweise, ganz ohne Anspruch darauf, dass dem andere folgen. Es reicht mir schon, wenn es andere verstehen.
Aria hat geschrieben:Manche brauchen eine Krücke namens Glaube, um leichter durchs Leben zu kommen. Insofern habe ich nichts gegen einen Glauben. Aber ich habe wohl etwas dagegen, dass die Gläubige für sich in Anspruch nehmen, auch alle anderen vorzuschreiben, wie sie zu leben haben, und sei es nur, um ihnen vorzuschreiben, wann sie arbeiten/feiern dürfen und wann nicht.
Du triffst es genau auf dem Punkt!
kuma hat geschrieben:Ich bin aus der Kirche ausgetreten, weil diese die Größten Rüstungshersteller (Vatikan mit Aktien an Fiat) waren, und die Evangelischen, mit den Herrschenden Gekungelt haben, so lange es ihnen Vorteile brachte.
Und ich, als ein Pastor sich von der Kanzel aus in den Wahlkampf eingemischt hat. Auf die Frage hin, ob wir nicht eine festgelegte Trennung von Kirche und Staat hätten, kam er mit "Meinungsfreiheit". Ich sehe einen Unterschied in Meinungsfreiheit und massiver Beeinflussung. Das ist ein Problem, dass mit den Influencern im Internet auch wieder eine große Bedeutung hat.
Tim007 hat geschrieben:Nenne mir doch mal irgend ein Beispiel, was mich im Leben weiter bringen würde, wenn ich daran glaube ohne es zu wissen.
Was Dich im Leben weiterbringt, lieber Hans H., weiß ich nicht. Das Leben ist allerdings kein Wunschkonzert. Wer nicht sehen will, der sieht nicht. Das kann man sogar wissenschaftlich untermauern.
Was hat denn das mit dem zu tun, was ich geschrieben habe? Das "Leben als Wunschkonzert" erkenne ich ausschließlich bei denen, die glauben, alles sei ohnehin von Gott vorbestimmt und deshalb würde jetzt aktuell die Impfung auch nichts bringen, bzw. nach einem Autounfall wegen grob fahrlässigem Verhalten sagen die, das war alles Gottes Wille. Bei solchen Ausreden, sich aus der Verantwortung zu ziehen, da kannst Du diesen Spruch mit dem Wunschkonzert anbringen, aber bestimmt nicht bei mir!
Tim007 hat geschrieben:Spannend, wie hilflos Menschen werden, wenn es gilt, das Entstehen des Urknalls zu erklären. Komplexer wird es dann, wenn es um das Entstehen der physikalischen Gesetze oder den "Weltenplan" geht.
Dann beweise doch, dass Du es besser erklären kannst und beschreibe es hier!
Tim007 hat geschrieben:Und der Nachbau eines Weizenkorns mag genauestens funktionieren. Dass er trotzdem nicht keimt, kehren wir sofort unter den Teppich der Ignoranz.
Es keimt nicht 100% künstlich, weil man nicht alle Mikro-Komponenten der Zelle nachbauen kann und man weiß genau, was fehlt (funktioniert also nicht "genauestens"). Ich denke, Du kennst nicht die Feinheiten, die da auf der Ebene des Zytoplasmas, der Mitochondrien und weiterer Kleinst-Komponenten im Nachbau der Zelle noch fehlen. Diese Teile, die bisher niemand in ihrer Mikro-Komplexizität nachbauen kann, muss man eben nach wie vor aus einer Pflanzenzelle nehmen, aber die Erbsubstanz im Zellkern kann man austauschen und die Keimung der neu konstruierten Pflanze funktioniert.