Manchen Leuten scheint die Sonne zu stark aufs Hirn – Zitat aus der heutigen Süddeutschen, und weil hinter der Paywall etwas ausführlicher:
Wieso entstehen solche Konflikte gerade im Freibad, wo sich die Besucher vor allem erholen wollen? "Der Ort wird von manchen Gruppen umdefiniert zur Kampfarena", sagt Andreas Zick, Professor für Sozialisation und Konfliktforschung an der Universität Bielefeld. Schwimmbäder seien eben auch "soziale Räume, in denen Konflikte um Identitäten, Ressourcen und die Vormacht im Raum entstehen können". Da unterscheide sich das Freibad nicht vom Kirmesplatz oder dem Fußballstadion, sagt Zick.
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Große Hitze scheint die Gewaltbereitschaft jedenfalls spürbar anzuheizen. Wenn es besonders heiß, eng, laut und überfüllt ist, "können Emotionen leichter bedeutsam werden", sagt Konfliktforscher Zick.
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"Kulturelle Missverständnisse und Mentalitätsunterschiede spielen bei vielen der Konflikte eine Rolle", sagt Peter Harzheim. Auffällig oft seien junge Männer beteiligt, viele von ihnen mit Migrationshintergrund, berichten Bademeister und Polizei.
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"Es sind aber nicht nur solche Fälle, oft sind auch Deutsche involviert", sagt Bademeister Harzheim. Der Migrationshintergrund sei oft weniger wichtig als die Tatsache, dass sich Gruppen "über Herkunft definieren, diese als Kultur verstehen und daraus eine Identität konstruieren", sagt Konfliktforscher Zick. Aber bestimmten Gruppen je nach Herkunft pauschal mehr Gewaltbereitschaft zu unterstellen, könne zu falschen Schlüssen führen.
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Jungs wollen ihre antrainierten Muckis präsentieren, Mädchen ihre schönen Rundungen. Manche fühlen sich durch zu viel Nacktheit provoziert. "Oft entbrennen Konflikte um Frauen bei Männern, etwa wenn sie meinen, ihre Freundinnen werden von jemandem ,angemacht'", sagt Andreas Zick, "dann entzündet sich aus dem scheinbar persönlichen Streit ein Gruppenkonflikt, Männer beziehen das dann mitunter auf ihre Gruppe, deren Ehre sie auch verletzt sehen."
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Teil des Problems ist, dass es viel zu wenig ausgebildete Fachkräfte gibt. Immer mehr Freibäder schließen wegen Personalmangels. Laut dem Bundesverband der Schwimmmeister fehlen in 6000 deutschen Bädern mindestens 200 000 Fachkräfte. In meiner Jugend haben Jungs auch den Bademeister ignoriert bzw. ausgelacht, wenn er sie ermahnte, nicht vom Rand ins Becken zu springen – sie haben einfach weiter gemacht. Sie waren halt viele und er meistens allein. Wenn sie allerdings zu zweit waren, war die Gefahr größer, erwischt zu werden, weil sie von zwei Seiten kommen konnten.
Und die Schlägereien hat es auch oft gegeben – meistens wegen Mädchen: Wenn in einem Dorf Kirmes oder die Freiwillige Feuerwehr ein Fest mit Musik und Tanz organisierte, gab es ungeschriebene Verhaltensregeln: Mehr als einmal durfte ein Bursche aus dem Nachbarsdorf nicht mit einem einheimischen Mädel tanzen. Und wenn doch, wurde erst gerangelt und geschubst, und wenn mehrere Jungs aus dem Nachbardorf da waren, kamen sie ihm zu Hilfe, und schon gab es eine Schlägerei zwischen den Jungs aus beiden Dörfern, die für manche im Krankenhaus endete.
Will sagen: Zeitweilige Clanbildung gehört wohl zum Repertoire aller Jugendlichen auf aller Welt. Wesentliches Element dabei ist gegenseitiger Schutz und des als eigen Empfundenes. In dem von mir geschilderten Fall wurden Mädels generell als Eigentum des „Dorfclans“ betrachtet, das es zu schützen gilt. Natürlich wurden Mädels gar nicht gefragt, ob sie „beschützt“ werden wollen – es war einfach so; ein „Zusammengehen“ mit einem Jungen aus Nachbarsdorf wurde als Fremdgehen betrachtet und mit Verachtung (heute sagt man dazu Mobbing) bestraft.
Diese alltäglichen, ja archaischen Mechanismen werden aber von bestimmten Kreisen ausgeblendet und bewusst als etwas kulturell Fremdes dargestellt, die dann in der Aussage gipfeln: Hätte Merkel die Fremden nicht ins Land gelassen, hätten wir diese Probleme nicht. Dabei ist eines wahr: Wir hätten nur weniger Probleme, die zudem nicht aufgebauscht würden, weil man ja weiß, dass es bei ganz gewöhnlichen Wirtshausschlägereien unter Einheimischen oft Verletzte und manchmal auch Tote gibt.
Täglich gibt es Vergewaltigungen, aber nur die von Migranten begangenen werden überregional bekannt und in den Sozialen Medien entsprechend kommentiert. Ähnlich ist die Situation bei Morden: In Deutschland gibt es rund 900 Morde pro Jahr. 90 % davon geschehen im Familien- oder Bekanntenumfeld, nur bei 10 % bestand zuvor keine Vorbeziehung zwischen Mörder und Opfer.
Dennoch werden fast nur die von Migranten begangenen Morde überregional bekannt und von den interessierten Kreisen aufgebauscht. So werden die ohnehin vorhandenen Ressentiments gegenüber Fremde weiter geschürt. Mit dem Ziel, daraus parteipolitisches Kapital zu schlagen. Sie sind damit besonders im Osten der Republik erfolgreich, weil Menschen dort nach wie vor ungeübt scheinen, Wahrheit von Halbwahrheit oder gar Lüge zu unterscheiden.