Wenn die hier erörterte Thematik auch ziemlich speziell ist so ist sie vielleicht doch für den einen oder anderen User interessant. Schließlich geht es um evtl. Grenzen der Nacktheit der Eltern vor ihren Kindern und möglichen gesetzlichen Einschränkungen und sich daraus ergebenen vormundschaftsgerichtlichen Möglichkeiten und Maßnahmen für „betroffene“ Kinder und Jugendliche, denen die nackte Lebensweise nicht nur peinlich sondern aus deren Sicht unzumutbar ist.
@ Eule:
So, nun einmal ganz sachlich und freundlich, mich interessiert das nämlich: Der Regelverlauf, von dem du hier sprichst ist doch der, dass das Jugendamt, bzw. der für die betreffende Familie zuständige Bezirkssozialarbeiter/Sozialpädagoge, nachdem alle seine Bemühungen einer gedeihlichen Zusammenarbeit mit der Familie gescheitert sind oder eine Zusammenarbeit von den Eltern abgelehnt wird, gleichwohl aber das Kindeswohl der in der Familie lebende Kind bzw. Kinder gefährdet erscheint, einen schriftlichen Antrag auf vormundschaftsgerichtliche Maßnahmen (das können unterschiedliche sein) einleitet. Dies macht er/sie in eigener Verantwortung, ggf. nach Besprechung des Falles im Team und/oder Rücksprache mit der Abteilungsleitung. Hier wird also nicht das Vormundschafts- bzw. Familiengericht von sich aus tätig sondern auf Veranlassung des jeweiligen Jugendamtmitarbeiters, der die Familie evtl. schon länger kennt oder betreut.
Denkbar ist aber auch, dass Eltern, ein Elternteil oder auch ein Kind bzw. Jugendlicher sich direkt an das Familiengericht wendet (bei uns gibt es keine Trennung zwischen Familien- und Vormundschaftsgericht mehr). Dort nimmt sich zunächst ein Rechtspfleger der Angelegenheit an. Je nach Dringlichkeit der Angelegenheit schickt er die Vorsprechenden weiter an die zuständige Mitarbeiterin/Mitarbeiter im Jugendamt bzw. dessen Bereitschaftsdienst oder es wird in dringenden Fällen direkt der zuständige Richter eingeschaltet, der dann persönlich Kontakt mit dem Jugendamt aufnimmt und für ein unmittelbares Handeln sorgt.
Genau so habe ich diese Tätigkeit in meiner 25-jährigen Arbeit als Jugendamtsmitarbeiter zusammen mit ca. 20 weiteren Kollegen und Kolleginnen erlebt, bevor ich einen anderen Arbeitsbereich in der Jugendhilfe einnahm. Diese Arbeitsweise ist zumindest in den niedersächsischen Jugendämtern und Familien- bzw. Vormundschaftsgerichten üblich.
Was mich nun in diesem Zusammenhang besonders interessiert ist:
Eule hat geschrieben:Ich war niemals direkt dem Jugendamt unterstellt und hatte, obgleich ich damals Bediensteter der Stadt war, die Möglichkeit, eine Abkürzung im Verfahrensweg zu nehmen. Dieses bedeutete, dass ich vor dem Innendienst des Jugendamtes und unabhängig von diesem handeln konnte.
Wie soll das gehen, wenn grundsätzlich in gerichtlichen und vormundschaftsrechtlichen Verfahren das Jugendamt anzuhören ist und die Gerichte in diesen Verfahren die Jugendämter direkt anschreiben und dabei in aller Regel die Dienstpost von der Poststelle direkt an die zuständige Abteilungsleitung des Jugendamtes geht oder der jeweilige Bezirkssozialarbeiter selbst das Verfahren in Gang setzt?
Nebenbei: Der die Eltern bzw. das Kind vertretende Rechtsbeistand könnte ein Sorgerechtsverfahren anfechten, wenn die gesetzlich vorgeschriebene Verfahrensweise nicht beachtet wird (Nichtbeteiligung des Jugendamtes). Das von dir erwähnte Rechtsamt wird bei Familien- und Vormundschaftsangelegenheiten in aller Regel nicht beteiligt. Und auch da gibt es Ausnahmen. Wenn es beispielsweise um das Zeugnisverweigerungsrecht geht, über welches Sozialarbeiter in der Familien- und Jugendhilfe nur eingeschränkt verfügen (im Gegensatz zu Mitarbeitern in der Drogenberatung oder Psychosozialen Dienste der Gesundheitsämter) Hin und wieder benötigt auch mal ein Sozialpädagoge einen Rechtsbeistand.
Selbst bei "Gefahr im Verzuge", welches ein unmittelbares Handeln z.B. nachts oder an Feiertagen durch die Polizei erforderlich machen (nicht jedes Jugendamt hat einen 7/24- Bereitschaftsdienst) ist das Jugendamt im Nachhinein einzuschalten.
Natürlich kenne auch ich Abkürzungen des Verfahrensweges, aber niemals über ein anderes Amt! Ich hatte z.B. im Laufe meiner beruflichen Tätigkeit einen guten Draht zu den Richtern des Familiengerichts vor Ort. Da kam es bei Vormundschaftssachen schon mal vor, dass sich der zuständige Richter in einem Verfahren ganz unorthodox telefonisch an mich wendete, um beispielsweise einen gemeinsamen Hausbesuch bei einer Familie zu vereinbaren und um sich selbst einen Eindruck von der häuslich-familiären Situation zu verschaffen (z.B. bei Verwahrlosung). Aber das waren lobenswerte Ausnahmen.
Nach diesen Ausführungen wende ich mich daher in aller Freundlichkeit nochmals an dich mit der Frage nach der von dir erwähnten Möglichkeit der Abkürzung im Verfahrensweg durch dich als ein nicht dem Jugendamt unterstellter ehemaliger Mitarbeiter einer Kommune. Du kannst mir glauben, dass ich sehr genau die Amtsstrukturen, Aufgaben und Grenzen der Ämter 30, 40, 50, 51, 53 und weitere kenne. Von daher stelle ich mir u.a. die Frage, wie du zu deinen „Aufträgen“ gekommen bist und in welcher Funktion als das es dir möglich war, unabhängig und "vor dem Jugendamt" handeln zu können?
Ich denke, dass diese Frage durchaus berechtigt ist. Da du diese Möglichkeit erwähnst solltest du diese auch näher erläutern können. Ansonsten bleibt da ein dickes Fragezeichen.