@ Aria
Es spielt von der Sache her keine Rolle, ob jemand die Nacktheit mit der Sexualität bewusst oder unbewusst verbindet. Diese Verbindung ist einfach sachlich nicht begründet. Diese mangelnde sachliche Begründetheit wird nicht dadurch geheilt, also behoben, weil viele Menschen diesen Fehlschluss begehen. Ich sehe unsere Aufklärungsarbeit darin, diesen sachlichen Fehlschluss durch entsprechende Erklärungen aufzuklären und dann darauf zu hoffen, dass unser Gesprächspartner dieses, wenn nicht gleich dann später, begreift und erkennt.
Ja, ich rede recht häufig auch von den gesellschaftlichen Tabus. Ich müsste hier ebenfalls konsequent von gesellschaftlichen tabuähnlichen Botschaften reden. Wenn es nämlich wirklich Tabus wären, dann könnten wir uns nicht so einfach darüber hinweg setzen. Bei einem Tabubruch müssen stets direkte körperlich wahrnehmbare Folgen eintreten und diese müssen für alle Altersgruppen stets die gleichen sein. Hinweise auf den guten Anstand, die guten Sitten oder auf ein unmoralisches Verhalten weisen nicht auf einen Tabubruch hin, auch wenn dieses in großen Teilen der Allgemeinheit so genutzt oder verstanden wird.
Aria, sei mir bitte nicht böse. Mir reichen selbst viele Beobachtungen von anderen Menschen nicht aus, um daraus eine Motivation ableiten zu können. Ich habe oft selbst erlebt, dass Kollegen in fachlichen Fragen völlig daneben lagen, weil sie sich nicht an den Erfordernissen der fachlichen Argumentation orientierten, sondern am allgemeinen Sprachgebrauch. Diese Fahrlässigkeit und Bequemlichkeit im Denken und Argumentieren führt dann zu völlig falschen Schlüssen. Ja, es ist anstrengend und nicht immer leicht, sich hier auch sprachlich völlig korrekt auszudrücken. Aber Schlampigkeit und Bequemlichkeit darf nicht die Grundlage unseres Denkens und Redens sein. Denn dann werden unsere Aussagen immer unbestimmter und schwammiger und wir meinen dann zu wissen, was der Andere sagt und dann kommen Missverständnisse zustande, die sich keiner mehr erklären kann. Die Epoche der Halbsatzsprache wird mittlerweilen abgelöst von der SMS-Sprache, was zu einer immer stärkeren Verflachung unserer Sprache und des Denkens führt. Wollen wir dieses?
Also, ich nicht. Auch dann nicht, wenn man mich als Oberlehrer oder als Arrogant beschimpft. Da ist es mir in der Tat lieber, man beschimpft mich, als dass die Argumentation in einem ungenauen Aussagenbrei verschwindet.
Noch einmal zurück zur Frage der Sexualität. Es spielt keine Rolle, ob Eine/r gelegentlich unbekleidet lebt oder häufig bis ständig, spielt für die Frage der Bewertung und der Impulsanregung der Sexualität keine Rolle. Sexuell motiviertes Verhalten, gleich ob die handelnden Personen bekleidet oder unbekleidet sind, gehören ab einer bestimmten Handlungstiefe in die Privatsphäre. Der Anstand, der gute Ton beschreibt diese Grenze. Auch wenn diese Grenze nicht in allen Zeiten die gleiche ist, also gewissen Schwankungen unterliegt, so ist diese doch stets vorhanden. Diese Grenzziehung hat nichts damit zu tun, dass die "gute" Sexualität jetzt plötzlich zu einer "schlechten" würde. Es ist lediglich eine Beschreibung, wann dieses als ein privates Ereignis anzusehen ist.
Du wurdest katholisch erzogen, ich auch. Du sehr streng mit keiner Wahlmöglichkeit, dieses zu hinterfragen. Ich kritisch, mit der Aufforderung, dieses zu hinterfragen; natürlich jeweils dem entsprechenden Alter gemäß. Mir ist noch sehr deutlich dein erster Beitrag im alten Forum in Erinnerung, in dem du mich zusammenfalten wolltest, weil ich eine Aussage von mir gegeben hatte, die deiner damaligen Ansicht nach nur von einem Pastor hätte kommen dürfen. Ok, wir hatten uns damals heftig gestritten (sachlich auseinander gesetzt) und heute setzen wir uns mit anderen Themen auseinander. Nicht minder heftig, aber stets ehrlich. Und diese Auseinandersetzung mit dir hier bringt selbst mir viel, weil ich hier gezwungen werde, meine eigene Position immer wieder zu prüfen und so einige Irrtümer, denen ich erlegen war, aufdecken und beheben konnte. Wie du siehst, lerne ich auch einiges und mache dieses jetzt auch immer deutlicher sichtbar.
Die Argumentation, die du hier vorträgst, höhre ich ja nicht so zum ersten Male. Aber ich werde überall dort, wo ich diese höre, ebenso hart, energisch, ehrlich und respektvoll dieser Argumentation entgegen treten.