Eule hat geschrieben:Wann und wo du deine ....
Diese verlockende Argumentation (moralische Empörung) lässt sich leider so wie sie da steht auch auf andere Sachen anwenden, sagen wir zB. auf‘s
Nacktwandern:
„Wann und wo du
ohne Kleidung wanderst ist in der Tat deine Sache. Aber sobald du die Öffentlichkeit hier mit einbeziehst, gleich ob du dieses beabsichtigt oder nicht, dann nicht mehr. Auch wenn es dir gleichgültig ist, ob fremde Personen dich bei der Ausführung
des Nacktwanderns beobachten zu können, übst du auf diese fremden Personen einen unmittelbaren Zwang aus, weil du diese nicht vorher gefragt hast, ob sie dieses anschauen wollen oder nicht. Ebenso, wie du sagen kannst, die müssen sich dieses doch nicht ansehen, können diese sagen, du musst dieses nicht vor meinen Augen verwirklichen. Dein Freiheitsanspruch steht nicht über den Freiheitsanspruch der Anderen.“
Kann man in dieser Form in zahlreichen Kommentaren zu Artikeln über‘s Nacktwandern finden. Meist allerdings expliziter formuliert („eklig“, „will ich nicht sehen“, „mangelndes Schamgefühl“, „triebgesteuert“, „diese Perversen“, etc, etc..
Und nun? Wie kommen gerade von einem sehr schönen Nacktwanderwochenende zurück. Hätten wir das jetzt gar nicht machen dürfen?
Was ich sagen will. Ich finde diese Form der Argumentation wenig hilfreich, da sie nur die eigenen Moralvorstellungen wiedergibt, und auf alle anderen überträgt, ohne diese Vorstellungen zu hinterfragen oder zu begründen, oder gar anzuerkennen, dass andere Leute/Kulturen eventuell ganz andere moralischen Werte haben.
Der einzige konkrete Inhalt beider Aussagen besteht aus nicht mehr als: „Ich finde Sex (in der Öffentlichkeit) ist bäh“, bzw.: „Ich finde Nacktsein (in der Öffentlichkeit) ist bäh“. Statt diese persönliche Meinung zu erklären oder zu begründen, (oder gar *schreck* zu hinterfragen), wird stattdessen ein auf alle anzuwendender Verhaltenskodex konstruiert. Und wer das anders sieht, hat mein Posting nicht verstanden... :-/
„Dein Freiheitsanspruch steht nicht über den Freiheitsanspruch der Anderen.“ Das ist eine unglaublich wichtige (und richtige!) Aussage, und der Ausgangspunkt für eine Diskussion genau darüber, wo diese jeweils liegen. Es ist hingegen NICHT die Begründung dafür, dass Dein Freiheitsanspruch der einzig richtige ist, und daher der andere auf seinen zu verzichten hat.