Die Artikel sind im Internet in voller Länge verfügbar. Da kann sich jeder selbst ein Bild von machen, worum es geht:
https://bibliothek.wzb.eu/fulltext/jour ... 19_165.pdfDas ist ein völlig anderes Thema, als was wir hier diskutiert haben. Dort geht es darum, dass die Sozialwissenschaften die Kenntnisse der Biologie in Bezug auf die Vererbung lange Zeit ignoriert haben. Die Kritik richtet sich allein gegen die Sozialwissenschaften und nicht gegen die Biologie, die zu diesem Thema klare Ergebnisse vorliegen hat, die jetzt durch die bessere Vernetzung mit den Sozialwissenschaften nicht geändert werden, umgekehrt aber durchaus (Zitat aus Seite 27):
Die Biologie lehrt, dass genetische Vererbung ein ganz zentraler Mechanismus für die Weitergabe von Eigenschaften über Generationen ist. Aber in der sozialwissenschaftlichen Forschung haben Gene bislang eine überraschend geringe Rolle gespielt.
Es wird auch gesagt, dass dies historische Gründe hatte. Gemeint ist die extrem übertriebene Bedeutung der genetischen Vererbung in der politisch gesteuerten und absurd falschen "biologischen" Lehre des dritten Reichs. Man hat danach die genetische Vererbung in den Sozialwissenschaften erst einmal ganz zurückgedrängt.
Jetzt erkennt man so langsam in den Sozialwissenschaften, dass es tatsächlich genetisch bedingte Unterschiede gibt, die Veranlagungen, Talente und manche Fähigkeiten deutlich beeinflussen, aber wie in dem Beitrag von J. Li auch richtig gesagt wird, ist für die Intelligenzentwicklung die Förderung in den ersten Lebensjahren von erheblich größerer Bedeutung, als die Gene. Sie beschreibt Beispiele, die belegen, dass die "vererbten" sozialen Ungleichgewichte (vererbt hier nicht über die Gene gemeint!) durch entsprechende Interventionen für die nächste Generation ausgeglichen werden können. (Was damit gemeint ist, bitte selbst lesen, z.B. S. 23 u. 24).
Also als Fazit: Das ist ein Gebiet in dem die Sozialwissenschaften zu lange die Kenntnisse der Biologie ignoriert haben, wobei man aber für den Durchschnitt keinesfalls den biologischen Einfluss der Gene überbewerten darf. Das tut die Biologie auch keineswegs, sondern sieht es schon lange so, wie in diesen Artikeln geschrieben. Das ist aber ein völlig anderes Gebiet, als das Thema der angeborenen oder gelernten Gefühle, Emotionen, Verhaltensweisen auf die Gefühle und Reflexe. Es ist also darauf nicht übertragbar.
@Eule: Jetzt noch zurückgeblättert zum Beitrag vom Sa 19. Okt 2019, 01:01, beginnend mit:
Dann belege mir bitte,
Überleg mal, was Du antworten würdest, wenn im Klima-Thread einer (so wie ein gewisser Professor aus Hanau) behauptet, das CO2 könnte keinen erwärmenden Treibhauseffekt bewirken und dann fordert: "Dann belege mir bitte, wo ich von der allgemeinen wissenschaftlichen Aussage abweiche. Lehrbuchtitel, Ausgabejahr, Seite." Das was Du darauf antworten würdest, gibt Dir einfach selbst als Antwort auf Deinen genannten Beitrag!
Nur zur Klarstellung: Meine Aussage des allgemein anerkannten wissenschaftlichen Kenntnisstandes bezog sich nur auf das Beispiel mit der angeborenen Angst, nicht auf die ursprüngliche Diskussion über den angeborenen Anteil der Scham. Das Beispiel mit der Angst sollte als eins (von verschiedenen möglichen Beispielen) verdeutlichen, dass es angeborene Instinkte gibt, die nicht nur in ihrer Grundform angeboren sind, sondern auch in der speziellen Ausrichtung. Dies hattest Du zuvor grundsätzlich verneint - nicht angezweifelt, wie es ein skeptischer Wissenschaftler tun würde, sondern die Aussage, dies gäbe es generell nicht, als feste Tatsachenbehauptung dahin gestellt.
Das ist eine grob unwissenschaftliche Vorgehensweise der Diskussionsführung. Diese allgemeine Behauptung hattest Du aufgestellt um damit die ursprüngliche Behauptung in Bezug auf Deine Sicht der Scham belegen zu können. Mein Beispiel war nur dafür gedacht, zu zeigen, dass diese Beweisführung nicht funktioniert, weil diese Grundsatzaussage falsch ist. Das Beispiel mit der Angst und dabei als Beispiel für einen konkreten angeborenen Auslöser die Spinnenangst, hatte ich deshalb gewählt, weil es ein so gut bewiesenes Beispiel und weltweit bei Kleinkindern vorhanden ist, dass in der Naturwissenschaft niemand an diesen Ergebnissen zweifelt. Dazu einfach zu schreiben, das sei nicht so, belegt nur wieder, dass Du Dir die Wissenschaft nach eigenem Gutdünken zurecht biegst, aber von genetisch vererbten, also instinktiven Gefühlen und Reaktionen im Grunde gar nichts weißt.
Bei meinen vorherigen Aussagen zum angeborenen und gelernten Anteil im Schamempfinden und den daraus resultierenden Reaktionen hatte ich mich dagegen nicht auf Lehrbuchwissen bezogen, sondern auf die Aussagen eines weltweit renommierten Institutes der Verhaltensforschung, das Dir offensichtlich unbekannt war (den Ort musstest Du erst einmal googeln). Aus deren Argumentation konnte ich nur Auszüge wiedergeben, denn ich war nicht dabei, sondern hatte nur Kontakte mit einem Wissenschaftler des Institutes. Daher hatte ich die Details aus diesen Forschungen nur in begrenztem Umfang erfahren. Ich zweifle nicht daran, dass es Möglichkeiten für Diskussionsansätze dazu gibt. Selbst wenn jemand mit guten Argumenten an den Schlussfolgerungen der Arbeitsgruppe Zweifel anmeldet, ist das aus wissenschaftlicher Sicht zulässig, und man könnte eine kreative Diskussion darauf aufbauen. Man würde Punkte zusammenstellen, die eher für und die eher gegen die Schlussfolgerungen in Bezug auf den angeborenen Anteil der Schamgefühle sprechen.
Wenn man aber einfach ohne jegliche sachliche Begründung schreibt, diese Aussagen seien falsch und sich dabei nur auf ein anderes Fachgebiet bezieht, das überhaupt keine Forschung zur genetischen Vererbung durchgeführt hat, dann ist das in höchstem Maße arrogant und anmaßend. Mit wissenschaftlicher Argumentation hat das nicht das Geringste zu tun. Wer gelernt hat, wissenschaftlich zu diskutieren und zu argumentieren, geht niemals so vor. Deshalb ziehe ich daraus meine klaren Schlussfolgerungen.