von Campingliesel » So 29. Mär 2020, 00:18
@ Aria: Ich verstehe schon, wie Du das meinst. So klingt es auch verständlicher.
Nur ist deine Schilderung eben nur das, was die Zeitschrift wiederspiegelt. Aber wer real damals FKK gemacht hat, eben jahrelang einem VErein angehörte, und zusätzlich in noch mehr Jahren Urlaub auf Campingplätzen erlebt hat, sieht das trotzdem ein wenig anders.Für mich und die vielen anderen Leute, die in den 60er damit anfingen, FKK zu machen, sowohl im Verein wie auch in den Urlaubsreisen war natürlich spürbar, daß es immer mehr Leute wurden, immer mehr Plätze entstanden, daß die Vereine immer voller wurden und die Wartelisten immer länger, aber trotzdem änderte das nichts am Verhalten der Leute am FKK-Platz, also mit der Gesinnung und den Inhalten und Interessen der FKK selbst. D.h. die zahlenmäßige Beteiligung war für die Leute selbst eigentlich nebensächlich. Jeder genoß die schöne Zeit und trotz der hohen Touristenzahlen hatte man nie das Gefühl, daß alles total überfüllt war, daß man auf Campingplätzen wer weiß wie lange vorher buchen mußte oder man keinen Platz bekam oder sich in Restaurants um die Tische streiten mußte. Wir fanden immer einen Platz auch ohne zu buchen, konnten es uns oft sogar noch aussuchen, wo man sich hinstellen wollte und es war trotz allem sehr gemütlich, man fand immer nette Gesellschaft. Alles andere war belanglos. Und das blieb noch bis in die 80erJahre so. Leider kam aber auch dann der Krieg in Jugoslawien.
Was ich dann feststellte, als ich 2002 nach der längeren Pause wieder mal dort war, gefiel mir nicht so besonders. DAs habe ich auch schon mehrmals beschrieben. ES ist mir schon klar, daß sich der "Zeitgeist" geändert hat, das Verhalten der Leute am FKK-Platz, daß die junge Generation deutlich weniger wurden, und daß sich eben so Sachen eingeschlichen hatten, die es vorher nie gab.
Es nützt aber nichts, nur festzustellen, DASS es so ist, und sich einfach damit abzufinden, zusehen zu müssen, daß beliebte Plätze schließen, daß durch das Fehlen der jungen Generation eine Überalterung entsteht.
All das hat eine Ursache. UNd diese Ursache liegt nicht daran, daß es zu wenig attraktive Angebote für die jungen Leute gäbe, denn die gibt es nach wie vor und sind auch keine anderen, als die, die auf Textilplätzen oder Stränden angeboten werden, die da nach wie vor auch angenommen werden. (Vor allem die sportlichen und gesellschaftlichen) Es liegt auch nicht daran, daß die Vereine zu viele unzeitgemäße Regeln haben, zumal es ja nur noch 135 Vereine in D gibt, und einige haben sich ja schon für Tagesgäste und Urlauber geöffnet, wo man vom eigentlichen Vereinsbetrieb nicht mehr viel merkt. Ich meine auch ncht die Schrebergarten-ähnlichen Anlagen.
Es gibt ja mehr als genug vereinslose Plätze, wo die Lage der Altersgruppen genauso ist wie in Vereinen.
Die heutige Prüderie liegt eben tatsächlich an der allgemein zu starken Sexualisierung vor allem in den Medien, dem Mißbrauch der Bezeichnung FKK und die vielen bekannt gewordenen Mißbräuche in Heimen oder Inernatsschulen, und noch viele andere Dinge, wodurch die Leute äußerst sensibel geworden sind. So mancher alleinerziehender Vater traut sich gar nicht mehr mit seiner jugendlichen Tochter einzukaufen oder spazieren zu gehen oder etwas zu unternehmen, ohne daß er falschen Verdächtigungen ausgesetzt werden kann.
Wenn 2 Freundinnen besonders herzlich miteinander umgehen, heißt es gleich, daß sie lesbisch sind. Und noch dergleichen ähnliche Dinge.
Auch Lehrer in der Schule sagen oft, daß sie ständig mit einem Fuß im Gefängnis stehen, weil es häufig vorkommt, daß ihm irgendwelche sexuellen Straftaten angehängt werden, nur weil eine Schülerin sich wegen einer schlechten Note rächen will oder weil ihr sonst was nicht paßt. Oder die Mädels ziehen sich besonders "reizvoll" an und der Lehrer weiß schon gar nicht mehr, wo er hinschauen soll, um nicht in einen falschen Verdacht zu geraten. UNd oft wird den Mädchen eher geglaubt als dem Lehrer.
Man stelle sich dann nur noch vor, daß so ein Lehrer einer Schülerin zufällig in einer Sauna begegnet oder gar noch an einem FKK-Platz. Den Rest der Geschichte kann man sich dann lebhaft vorstellen.
Also Beispiele gibt es genug, die alle eine Rolle spielen. Und all diese Dinge legen sich natürlich auch auf die FKK nieder. Und natürlich ganz besonders der direkte Mißbrauch der Bezeichnung FKK für sexuelle Clubs. Und auch das kann man heute im Internet ganz schnell finden.
Sicher gab es solche Dinge auch früher schon, aber wie lange hat es denn gedauert, bis all die Mißbräuche in den Heimen und Internaten ans Licht kamen? Damals blieb das eben alles als Dunkelziffer liegen. Heute erscheint das alles schnell im Internet und ist sofort für Millionen Leute abrufbar und bekannt. Jede noch so kleine Zeitungsnotiz gibt es auch im Internet zu finden. Man muß nur mal KIndesmißbrauch bei Google eingeben, dann hat man seitenweise Nachrichten davon.
NIemand kann das abstreiten, wenn er nicht blind durch die Welt geht.
Wenn man also wenigstens die FKK von dieser Sexualisierung wegbringen will, muß man das sauber trennen und den Leuten sagen, daß das eine mit dem anderen nichts zu tun hat. Das ist aber heute noch schwieriger als vor 120 Jahren es war, die FKK durchzusetzen, was ja auch relativ lange gedauert hat.
Damals dachten die Leute halt einfach, daß Nacktheit immer mit Sex zu tun haben muß, weil sie nichts anderes kannten.
Heute hat sich das Sexuelle so breitgemacht, daß man eben wieder die Nacktheit automatisch damit verbindet. Und zwar noch massiver, weil es eben öffentlich überall zu sehen ist, vor allem eben durch die Medien, die es ja damals nicht gab. Und vor allem die negativen Seiten der Sexualität.
Wenn die jungen Leute den Älteren nicht glauben wollen, daß es mal Zeiten gab, wo die FKK nichts mit Sex zu tun hatte, dann müssen sie halt selber damit anfangen, das den Leuten klarzumachen, wenn sie das ganze Sexgedönse nicht mehr dabei haben wollen. Ansonsten hat die FKK wirklich keine Chance mehr. Nur wird das heute wahrscheinlich noch schwerer werden als damals, als die ersten FKKler mit ihren Freilichtübungen anfingen und die ersten Vereine gründeten.