Ja klar, ein schöner großer Massstab und schon sieht die Sache schön gefährlich aus. Aber solche Inflationsmassstäbe helfen nicht.
Bei den Chinesen waren ca. 5000 Tote zu beklagen, wobei möglicherweise die Zahlen nicht stimmen. Aber allein die Region Hubei, die am 23.Januar abgeriegelt wurde, hat 60 Millionen Einwohner.
Wenn du jetzt mit gleichem Massstab zwei Kreise ziehst, den einen für die Einwohner und den anderen für die Toten, dann siehst du nur einen Punkt in einem Kreis.
Im übrigen haben die Chinesen jetzt die Abriegelung nach zwei Monaten wieder gelockert, da ist also wieder so etwas wie Zuversicht zu erkennen. Während bei uns zwar die Infektionszahlen auch steigen, aber die Verdoppelung sich abgeschwächt hat. In Lübben haben sie sogar das Corona-Zelt vor der Spreewaldklinik wieder abgebaut.
Aber das eigentliche Problem hat Armin Laschet in der Welt am Sonntag angesprochen:
Als wir im letzten Jahr den 70. Geburtstag unseres Grundgesetzes feierten und den Vätern und Müttern unserer Verfassung in Festreden Dank zollten, hätte sich niemand vorstellen können, dass wir kaum ein Jahr später die Versammlungsfreiheit, die freie Berufsausübung, die Bewegungsfreiheit, die Gewerbefreiheit und sogar die Religionsausübung derart einschränken und die allgemeine Schulpflicht aussetzen würden.
...
Keine Krise rechtfertigt es jedoch, im Vorfeld solch massiver Eingriffe nicht das Für und Wider zu überdenken und abzuwägen. Selbst in der größten Krise gilt unsere Verfassung. Rechtsstaatlichkeit und Demokratie gelten immer. Nicht die schnellste Entscheidung ist die beste, sondern diejenige, die wirksam ist und gleichzeitig dem Verfassungsprinzip der Verhältnismäßigkeit entspricht.
Genau das hinterfrage ich! Sind die Maßnahmen noch verhältnismäßig? Ich denke nein.
Übrigens gibt es ja auch schon Leute, die sich über die "Maßnahmen" freuen und weiter denken.
Professor Thomas Schomerus (Uni Lüneburg) äußerte z.B.:
Auch weitgehende Freiheitsbeschränkungen, vergleichbar mit denen in der Corona-Krise, könnten im Kampf gegen die globale Erwärmung angemessen sein.
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Werden stringente Maßnahmen überzeugend kommuniziert, ist die Bevölkerung bereit, auch schwerste Grundrechtseingriffe zu akzeptieren.
Prof. Dr. Arnd Diringer (Hochschule Ludwigsburg) dazu:
Man fröstelt.
Alle Zitate aus Welt am Sonntag vom 29. März 2020.
Der eigentliche Witz ist ja, dass ich einer der Wenigen bin, die einen starken Staat fordern und die Freiheitsrechte sowieso Grenzen haben sollten. Aber bisher war ich mit meinen Ansichten weitgehend allein, aber jetzt erlebe ich allgemeinen Beifall, während sich Verfassungsrechtler die Haare raufen.
Noch ein Zitat vom Göttinger Kirchen- und Verfassungsrechtler Hans Michael Heinig:
...dass sich unser Gemeinwesen von einem demokratischen Rechtsstaat in kürzester Frist in einen faschistoid-hysterischen Hygienestaat verwandelt.
Und nun ein letztes von Ulrich Battis, ehem. Staatsrechtslehrer an der Humboldt-Uni,:
Mit Blick auf unsere gesamte Demokratie müssen wir immer bedenken: Die Medizin darf nicht gefährlicher sein als die Krankheit.
Das sollten wir alle nicht aus dem Blick verlieren. Wir sollten uns nicht von Angst dominieren lassen, sondern von Vernunft.
Und wir haben noch keine Krise in Deutschland. Aber aus Angst vor einer Corona-Krise verursachen wir eine Wirtschaftskrise und eine Krise der Demokratie. Da wäre doch wohl ein wenig Abwägung vernünftig.